Dienstag, 7. August 2018

Reiseimpressionen (8)


Länger her, dass ich mal mehr als einen Tag lang in den Niederlanden war. Nicht, dass ich nicht gewollt hätte, hatte sich nur irgendwie nicht ergeben. Jetzt war es mal wieder so weit. Und wieder einmal kam dieses relaxte, sympathische Nachbarland mir vor wie eines, an dem sich studieren lässt, wie es auch gehen könnte. Natürlich, auch dort gibt es Schattenseiten, zudem sind meine Eindrücke flüchtig und oberflächlich. Zumal man in Urlaubsstimmung gewisse Dinge eh anders wahrnimmt. Als ich im einmal im Supermarkt sah, wie die Kundin vor mir ein ausgiebiges Schwätzchen mit der Kassiererin hielt, dachte ich: Ach ja. Daheim, gestresst und womöglich einen Termin vor der Brust, wäre ich vermutlich schwer genervt gewesen davon. Sogar das badeschwammartige Brot kann einem da schmecken (oder zumindest nichts ausmachen). Ist also alles mit Vorsicht zu genießen. Trotzdem, einiges sticht schon sehr ins Auge:

Wenig spürbares Nationalgewese außerhalb von Sportveranstaltungen bzw. Anlässen, bei denen ein Mitglied des Königshauses zugegen ist.

Ein generell freundlicheres, entspannter wirkendes Miteinander im Alltag.

Mehr kleine, inhabergeführte Geschäfte, weniger Ketten.

Kaum Polizeipräsenz, auch in Großstädten.

Religion ist konsequent Privatsache.

Keine Funklöcher. Nirgends.

Kaum ein Autofahrer hupt.

Mofas, 50 cm³-Roller und andere Kleinkrafträder behindern nicht wie bei uns den Autoverkehr, sondern müssen auf den Radweg.

Radwege. Von jeher legendär. Hat sich nichts dran geändert. Liegt daran, dass Radfahrer als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer gelten.

Apropos Kleinkrafträder: Offenbar keine Helmpflicht.

Bestünde die Tour de France nur aus Flachetappen, gewänne jedes Jahr ein Niederländer (oder Belgier). Noch nie so viele professionell ausgestattete, eisern verbissen trainierende Rennradler gesehen.

Apropos Fahrräder: Außer den erwähnten Rennradfahrern trägt kaum jemand einen Helm.

Keine Kneipe, in der man nicht mindestens 10-12 Biere bekommt, darunter diverse Witt-, Abtei- und Trappistenbiere.

Fritten. Nuff said.

Matjes. Nuff said.

Aufgeschlossenheit gegenüber moderner Architektur. Ich weiß nicht, ob es eine Chance gäbe, etwa in Rotterdam einen Teil der historischen, im Krieg zerstörten Altstadt 1 : 1 wieder aufzubauen wie jetzt in Frankfurt.

Fertig geschnittenes Gemüse im Supermarkt. Dekadent? Meinethalben, aber irre bequem.

Eine gewisse Schmerzfreiheit beim Konsum ungesunder, chemisch aufgerüschter Lebensmittel.

Vertrauen in technische Lösungen. Ist wohl zwangsläufig so, wenn das halbe Land unter dem Meeresspiegel liegt und das Wohl und Wehe vom Funktionieren der Pumpstationen abhängt und davon, dass die Schutzdämme halten.

Schönes Land. Dank u wel! Würde ich auswandern wollen? Nö. Nicht, dass es mir nicht gefällt, aber wer in einen Sehnsuchtsort emigriert, kann eigentlich nur enttäuscht werden. Aber wieder öfter hinfahren, das sollte ich auf jeden Fall.






4 Kommentare :

  1. Haben Sie gewusst, dass es am Amsterdamer Bahnhof drei Warteräume gibt: Erste Klasse, Zweite Klasse, und einen für den König. Falls der König mal mit der Bahn fahren will und zu früh dran ist.

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    1. Das ist interessant - und passt ins Bild. Gekrönte Häupter warten ja normalerweise nicht, sondern lassen warten.

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  2. Als Leichtkraftradfahrer fühle ich mich nicht als Verkehrshindernis! *empörtguck*

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    1. Es gibt da ja durchaus verschiedene: Solche, die man relativ problemlos überholen kann und solche, die traumwandlerisch die geometrische Mitte der Fahrbahn finden...

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