Dienstag, 21. Mai 2019

Jenseits der Blogroll - 05/2019


Die Fundstücke und Leseempfehlungen des Monats: Politik. Als das Ereignis mindestens der Woche kann das unfreiwillige Filmdebut von zwei ehemaligen Teilen der FPÖ-Führungsriege gelten. (Meine Güte. Erst HC Strache als Depp enttarnt und nun auch noch Niki Lauda verstorben! Was muss dieses schwerst geprüfte Nachbarland noch alles ertragen? Und wie geht es eigentlich Dietrich Mateschitz?) Diverse getroffene Hunde jedenfalls jaulten sofort so herum, wie es zu erwarten war: Whataboutism, Täter-Opfer-Umkehr, relativieren, Rachephantasien, wirre Geheimdienst-Spinnereien und natürlich das unerlässliche, klebrige Selbstmitleid. Eine der besten Analysen der Methode Strache kommt von Nils Minkmar, schöne Polemiken von Bernhard Torsch und Robert Misik.

"Ich weiß nicht, warum immer gemeckert wird. Ich finde, dass der Videobeweis hervorragend funktioniert." (Chris Kurbjuhn)

Apropos Video: Jetzt weiß ich auch, woran mich die Ästhetik de Filmchens erinnert:

Das Weitere. Deana Mrkaja über ihre Vergangenheit als Arbeiterkind.

Sven Fischer wohnt in Prenzlauer Berg und mag nicht aus seiner Wohnung ausziehen. Das passt dem Vermieter nun gar nicht. Gruselig, womit Vermieter inzwischen so alles durchkommen. Ich frage mich regelmäßig: Was sind das für Leute? Wie muss man drauf sein, was muss schief gelaufen sein im Leben, wenn man sich vollauf berechtigt fühlt, Menschen derartig zu schurigeln und zu drangsalieren und das auch noch zumindest akzeptabel zu finden? Ein Gutes hat die ganze Sache: Solche kernverkommenen Arschmaden tragen aktiv dazu bei, dass das Sozialprestige von Vermietern sich langsam aber sicher demjenigen von Mädchenhändlern, Knabenbefummlern und Hühnerdieben annähert. Auch wenn's schade ist um die seriösen Nicht-Halsabschneider in der Branche.

Apropos freier Markt: Der SPD-Wahlkampfmanager Frank Stauss mit seiner penetranten Coaching- und Marketingfuzzi-Attitüde ist mir suspekt (was ihm egal sein wird). Aber wo er recht hat, hat er recht: Der Markt reguliert einen großen Scheiß. Wenn diese Erkenntnis Konsens würde bei den Spezialdemokraten und entsprechendes Handeln triggerte, das wäre ja schon was. Doch da wird wohl der Seeheimer Kreis vor sein.

Christian Geulen über die herrschende Bildungskatastrophe. Tja, könnte man da süffisant sagen, so kann‘s gehen, wenn man Bildung reduziert auf den bloßen Erwerb von 'Kompetenzen', die vor allem der wirtschaftlichen Ausbeutbarkeit dienen sollen und alles Tiefergehende, Erkenntnisfördernde seit mindestens drei Jahrzehnten zu bloßem 'Gelaber' kleingeredet und allenfalls als 'nice to have' denunziert wird -- wenn‘s nicht so traurig wäre.

Wie eine ehemalige Fernsehjournalistin in die Welt der so genannten 'Verschwörungstheorien' geriet.

Kultur. Zahlreiche Nachrufe wurden verfasst auf den so früh gegangenen Wiglaf Droste. Die besten, da berührendsten kamen von Arno Frank sowie seinen alten Weggefährten Jürgen Roth und Hans Zippert ("Er wurde mit Tucholsky verglichen, doch der hätte kein Lied wie 'Grönemeyer kann nicht tanzen' schreiben können." - so isses). Sein langjähriger Buddy Archi W. Bechlenberg, mit dem er sich vor einigen Jahren, wie mit so vielen, heillos und unkittbar verkracht hatte, liefert Bedrückendes aber Ehrliches.

Zu deren 74. Geburtstag erschien ein so überfälliger wie nötiger Verriss der rheinischen Kitschtrulla Ulla Hahn. Von Magnus Klaue. Endlich sagt's mal einer!

Viel Kritisches wird inzwischen geschrieben über das Internet und seine Auswirkungen auf uns alle. Vieles davon nicht zu unrecht. Dann aber stößt man auf etwas wie das Projekt 'All Of Bach' der Nederlandse Bachvereiniging (Netherlands Bach Society). Die hat sich zum Ziel gesetzt, das Gesamtwerk (!) von Johann Sebastian Bach auf dem aktuellen Stand der musikhistorischen Aufführungspraxis einzuspielen und digital der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Kantaten, Passionen, Konzerte, Suiten & all that jazz. Jeden Dienstag und Donnerstag etwas neues. In HD. Umsonst (um Spenden wird gebeten). Pures Glück!



(Es existiert übrigens auch ein YouTube-Kanal).

Essen, trinken, gutes Leben. Zwar trinke ich tagsüber so gut wie nie Alkohol (reine Vorsichtsmaßnahme, undisziplinierter Trinker, der ich bin, wäre ich sonst regelmäßig schon mittags hackenstramm und meine Hausärztin bald arg streng mit mir), täte ich’s aber, dann gehörte für die sonnigen Tage neben Campari Soda auch Pastis zum Repertoire. Ein Getränk wie ein ausgestreckter Mittelfinger, findet Tobias Haberl.

Apropos trinken: Wenn Sie das Bedürfnis verspüren sollten, unbedingt sehr schnell sehr betrunken werden zu müssen, besuchen Sie doch eine Dorfdisco, rät Niko Kappel. Nicht wegen der Musik, sondern wegen der Getränke:

"Jede Dorfdisco hat ihren eigenen Signature-Drink. Bei meiner Dorfdisco heißt der 'Laterne'. […] Die Laterne wird vom Barpersonal in einem Maßkrug serviert. Darin enthalten sind: Eine Flasche Weißwein, ein paar Zentiliter Kirschlikör und Sprite. Kostenpunkt: 10,20 Euro." (Niko Kappel)

Es ist rein gar nichts dagegen einzuwenden, einem soliden Wein durch Gewürze (was bekanntlich schon die Alten RömerTM taten) oder ein Schüsschen Likör einen Twist zu verleihen. In Frankreich nimmt man dazu Crème de Cassis, nennt das Resultat Kir und es ist zu recht ein Klassiker. (Der Rest Cassis, den ich noch im Hause hatte, half letztens, einen gruseligen Jurançon wenigstens halbwegs trinkbar zu machen. Jurançon kommt übrigens aus Südwestfrankreich, aus der Gegend um Lourdes. In der Tat muss man schon einiges an Gottvertrauen mitbringen, um das Zeug genießbar zu finden. Oder genügend Eiswürfel vorrätig haben. Wer weiß, vielleicht erscheint einem nach zwei Flaschen auch die Jungfrau Maria. Jedenfalls nix für Atheisten und andere Glaubensschwache, das Zeug.) Nur pflegt Kir weder schweinetroghaft im Eimer verabfolgt noch mit aufkarbonisierten Aromenbrühen wie Sprite verpanscht zu werden. Das ist der feine Unterschied.

Sidney Gennies fordert: Hört auf mit dem Craftbier-Gepansche! Was hat der Mann bloß? Was hat er nur? Recht hat er!

Zum Rezept des Monats. Kochblogs sind ja, wie gesagt, nicht so meins. Gibt natürlich Ausnahmen. Den von Frau Oberste Berghaus etwa. Relativ unkomplizierte, solide Rezepte, kein Chichi, aber mit einem Touch Verfeinerung. Etwa Schweinefilet in Apfel-Calvados-Sauce. Gefällt mir ausnehmend. Auch dass sie Spitzkohlgemüse als Beilage empfiehlt, zeugt von Horizont. Vermag doch der edle Spitzkohl, richtig zubereitet, jegliche Anklänge an muffig-plumpsige Furzeintöpfe, die einst vor allem um ihrer Billigkeit und des Bauchvollkriegens willen gefuttert wurden und das Treppenhaus vollstanken, schlagartig vergessen zu machen. Und macht dabei kaum Arbeit.







2 Kommentare :

  1. Einen Berliner Entmieter mit einem Schweinehirten zu vergleichen - das hat der Schweinehirte nicht verdient. Smiley. Wie wäre es mit "Schweinedieb"?

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  2. Eigentlich hat es vor allem das Schwein nicht verdient... Die haben es ja nun echt schwer genug.

    (Falls das jetzt mehrmals kommt - das CAPTCHA hatte mich am Wickel) Mistding!

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