Samstag, 18. Mai 2019

Not. Gonna. Happen.


Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich bin entzückt und freue mich wie ein Schnitzel, dass der inzwischen zurückgetretene österreichische Vizekanzler Heinz 'Bumsti' Christian 'Dreibier' Strache und sein mindestens genauso doofer Schoßhund und Leibfux Johann 'Wotan' Gudenus nunmehr ziemlich ohne Hosen dastehen. Weil sie sich in diesem Oligarchenvilla-Video im Gespräch mit einer angeblichen russischen Oligarchennichte exakt als die quasimafiösen Hackbraten erweisen, für die sie von ihren politischen Gegnern schon immer gehalten wurden. Unter anderem ließen die Herren sich zu dem Angebot hinreißen, die privatwirtschaftliche, mehrheitlich im Besitz der Funke Medien Gruppe befindliche 'Kronen Zeitung' in russische Hände zu überführen.

Aha. Ich kenne mich zwar im österreichischen Recht nicht aus, aber in Deutschland wäre so was meines Wissens nach ohne Enteignung kaum machbar. (Hiiilfäää, ein Kommunist! Er hat 'Enteignung' gesagt! DDR reloaded!!1!)

Die betreffende Dame ist im Bild nicht zu sehen. Doch liegt die Vermutung nahe, dass da mindestens ein dummer Gockel unter dem Einfluss von zu viel Alkohol - auch von Nasenata ist die Rede - meinte, unbedingt eine Frau beeindrucken zu müssen und sich so zur Nematode gemacht hat. Dabei kann man aus der Geschichte lernen: Nicht der sexy Dauerständer Marcus Antonius ging aus dem Machtkampf um Caesars Nachfolge als Sieger hervor, sondern der kühle Octavian, der für die Reize Kleopatras unempfänglich war. Auch die politische Karriere eines Franz-Josef Strauß lehrt, dass man sich besser zwei Mal anschaut, in welcher Gesellschaft man sich als Politiker die Kante gibt und sich gehen lässt. Dumm gelaufen für den berühmtesten Ex-Waldläufer der Republik Österreich.

Wäre man oberflächlich, dann könnte man auch so einiges sagen über die pornöse, halbwelthafte Red Bull-Wodka-Stillosigkeit dieser kleinbürgerlichen aber umso großmäuligeren Parvenüs, gegen die jeder sozialdemokratische Erbsensuppenstand sich ausnimmt wie eine Oase der Solidität (was beim gegenwärtigen Zustand der Sozialdemokratie nicht eben eine Kleinigkeit ist). Doch wir wollen uns nicht mit derlei Geschmacksfragen aufhalten. Hier geht es nicht um Stilistisches oder um irgendwelche Schlafzimmergeschichten, die außer die Beteiligten vielleicht noch deren Familien bzw. das engere Umfeld etwas angehen, sondern womöglich um Strafwürdiges.

Es gäbe also Grund zur Freude für alle, Österreicher oder nicht, die die FPÖ lieber heute als morgen in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sähen. (Zu schön die Vorstellung, wie Strache und Gudenus jedes Mal die Ärsche auf Grundeis gegangen sein mussten, wenn Jan Böhmermann 'Ibiza' erwähnte.)

Gäbe. Denn das mit der Bedeutungslosigkeit wird wohl leider nicht passieren. In anderen Zeiten wäre das vielleicht so. Aber nicht in Zeiten der Filterblasen. Ich habe da ein ganz dummes Gefühl.

Man bedenke: Auch bei Lügenbaron Trump hat sich bislang noch jede Hoffnung zerschlagen, er würde über seine Dummheit, Arroganz, Unreife sowie seine maßlose Eitelkeit stolpern und sich so selbst aus dem Spiel nehmen. Auch die vollfanatisierten evangelikalen Betschwestern, die sonst jeden demokratischen Kandidaten, der mit 16 versehentlich an einem Joint gerochen hat, für des Teufels halten, sind so schmerzfrei, Trump sämtliche Verstöße gegen diverse göttliche Gebote nachzusehen, ihn sogar als Abgesandten des Allmächtigen zu feiern, solange er ihnen nur verspricht, Abtreibung zu verbieten.

Ferner sollte man bedenken, dass niemand die Opferrolle so perfektioniert hat wie die Rechten. Vornehmlich in deren Spektrum, aber nicht bloß exklusiv dort, veredelt man sich gern das Ego mit der Selbstwahrnehmung, vom 'Establishment' verfolgt zu werden, wodurch man sich die Weihen des Widerstandskämpfers und des Märtyrertums verleihen kann. Zumal dort auch das Narrativ kursiert vom schwer gepeinigten, eh schon an der Belastungsgrenze balancierenden Politiker der eigenen Reihen. Sieh mal, er hat es doch schon so schwer. Was der Übermenschliches leistet, der Ärmste! Und dann macht er mal einen Fehler... Pfff, die anderen sind auch nicht besser. Die machen doch auch Dummheiten. Wer ohne Sünde ist...

Auch unter FPÖ-Anhängern dürften sich genügend zelebral Komplettentkernte finden, die ihrem Bumsti das durchgehen lassen, weil dessen Tritt in den Honeypot ihn in ihren Augen nicht zum potenziellen Landesverräter macht, sondern zum armen Opfer einer linksgrünversifften Verschwörung mit darauffolgender Hexenjagd (für einen Drogendealer, der auf einen Undercover-Polizisten reinfällt, gälte das natürlich nicht). Die Honks im Forum der 'Kronen Zeitung' sollen schon dementsprechend freidrehen. Alles eine Verschwörung linkslinker Lockspitzel, die FPÖ ist trotzdem super, wird weiterhin gewählt und damit basta. So wie ja auch jeder Tankstellenräuber auf einem Überwachungsvideo grundsätzlich niemals ein Räuber ist, sondern Opfer einer raffiniert von den Mineralölkapitalisten ausgelegten Falle.

"Demokraten sind gegenüber Nichtdemokraten im strategischen Nachteil, sich an demokratische Gepflogenheiten zu halten und ihren Maßgaben entsprechend zu handeln. […] Die »etabliert« genannten Parteien – früher in LTI-Sprache: »Systemparteien« genannt, machen es den Rechtsradikalen leicht: Sie übernehmen entweder in weiten Teilen die Forderungen der Rechtsradikalen oder sind durch Lobbyismus oder andere Formen der Korruptheit alles andere als taugliche Werbemittel oder Testimonials für demokratisch verfasste Verhältnisse." (Wiglaf Droste)*

Auf keinen Fall sollte vergessen werden, dass es FPÖ, AfD, Rassemblement National, Lega Nord und wie sie noch heißen mögen, niemals um so was wie politischen Diskurs geht. Sie wähnen sich im Krieg gegen ein von ihnen als korrupt und verrottet identifiziertes System, und da sind eben alle Mittel recht. Da müssen Reihen geschlossen, Wagenburgen verstärkt und manches halt nicht so eng gesehen werden. Daher kommen sie, die sich so gern als Saubermänner und Anstandswauwaus gerieren, mit ihren Brunnenvergiftungen, Lügen, Denunziationen und anderen 'Ausrutschern' auch immer durch bei ihren Anhängern und Parteigängern. Die der FPÖ werden sich von solchen Skandälchen jedenfalls kaum beeindrucken lassen, geschweige denn abbringen vom rechten Pfad.

Wie gesagt, ich habe da ein ganz dummes Gefühl. Zu früh freuen sollte man sich nicht.



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*Pardon, hier sind aus aktuellem Anlass gerade Droste-Festspiele. Müssen Sie jetzt durch.


5 Kommentare :

  1. Natürlich ist das nicht das Ende der Rechtsradikalen in Österreich, aber das Ende der Regierungsbeteiligung. Neuwahlen und eine Regierung ohne FPÖ sind das Maximum, das wir uns in dieser Situation erhoffen können. Es ist momentan offenbar nicht möglich, die Nazis aus den europäischen Parlamenten fernzuhalten. Umso wichtiger sind solche Momente, wo sie die Axt nicht mehr an den Kern der Demokratie legen können. Ich bin inzwischen schon für die kleinsten Schritte des Antifaschismus dankbar.

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  2. In Old Germany nennt man solche Ereignisse, allerdings ohne Kamera, "Hintergrundgespräche".

    Hervorragender Text mit passendem Droste-Zitat. Eine fettes LIKE!

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    1. Danke. Das mit den Hintergrundgesprächen stimmt natürlich, nur scheinen sich die anderen halt nicht so saudumm anzustellen dabei. Sich als Mitglied einer hochkontroversen Partei von einer wildfremden Person abfüllen zu lassen und noch Marschierpuder reinzuschnorcheln, zeugt schon von besonders exklusiver Dämlichkeit. Ist ja kein Zufall, dass die richtigen Mauscheleien oft auf Golfplätzen ausbaldowert werden - die sind sehr schwer zu verwanzen.
      @Eberling: Wie gesagt, ich habe heftig gegrinst. Nur werden jetzt eben die aalglatten Vollprofis wie Norbert Hofer übernehmen. Keine Ahnung, ob das besser ist. Wichtig erscheint mir aber, dass es diesen Gudenus erwischt hat. Offener Antisemit und aufgrund seines jugendlich-feschen Geschaus ein echter Stimmmagnet bei den Honks.

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  3. Natürlich rücken für zwei abgegangene Rechtsextremisten andere Rechtsextremisten nach. Aber wichtig ist doch, dass FPÖ-Innenminister Kickl, zuständig für Polizei und Geheimdienst, weg ist und hoffentlich nach der Wahl im Herbst kein anderer Rechtsextremist seinen Posten übernimmt. Über die FPÖ-Interna brauchen wir gar nicht zu diskutieren, aber darüber, wie man sie von der Exekutive fernhält.

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  4. "Auf keinen Fall sollte vergessen werden, dass es FPÖ, AfD, Rassemblement National, Lega Nord und wie sie noch heißen mögen, niemals um so was wie politischen Diskurs geht. Sie wähnen sich im Krieg gegen ein von ihnen als korrupt und verrottet identifiziertes System, und da sind eben alle Mittel recht."
    Um einer möglichen Fehlinterpretation des obigen Textes vorzubeugen die übliche Frage, die sich für mich stellt:

    Sind rechte Parteien, Rechtsradikale nur ungeliebte Fehlentwicklungen einer ansonsten gesunden bürgerlichen Gesellschaft oder sind sie das was "zwangsläufig auf dem Fusse folgt" wenn die bürgerliche Gesellschaft zerfällt, wenn sie aus sich heraus all die Vorlagen liefert, welche es den Rechten bisher immer schon leicht gemacht hat , diese bürgerliche Gesellschaft relativ leicht zu zerlegen und dort anzuknüpfen wo es sie am empfindlichsten trifft, an ihrer Korruptheit.

    Leider hilft es überhaupt nicht weiter, da gegeneinander etwas aufzuwiegen, weil das Endergebnis wird sich nicht besonders unterscheiden.

    Wer sich darauf einlässt, klebt schon im Spinnennetz.

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