Mittwoch, 8. Mai 2019

In Edekas Neandertal


Warum es zu kurz greift, den umstrittenen Edeka-Muttertagsspot nur für männerfeindlich zu halten.

Männer, Familienväter zumal, in allen häuslichen Belangen als in jeder Hinsicht überforderte, imbezile Totalausfälle darzustellen, gehört in der wunderbaren Welt der Reklame seit Jahrzehnten zur Standardfolklore. Die vermutlich angepeilte Kernzielgruppe - jene Frauen, die, Marktforschungen zufolge, im durchschnittlichen Privathaushalt inzwischen 80 Prozent aller Konsumentscheidungen treffen - mag das erheitern. Meinetwegen, so's einen denn weiterbringt (nicht mein Menschenbild, nicht meine Peergroup). Männer fühlen sich durch so was jedenfalls zunehmend angepisst und reagieren genervt, in sozialen Netzwerken zumal.

Jüngstes Beispiel dafür, wie in der Werbung Männer/Väter nur mehr als unnütze Marmelade aus der Unbegabtenabteilung der örtlichen Förderschule in Erscheinung treten: Ein Werbespot zum Muttertag, den die Einkaufsgenossenschaft deutscher Kolonialwarenhändler bei der Werbeagentur Jung von Matt in Auftrag gegeben und der für einiges an Wirbel gesorgt hat. Darunter für sehr klugen.

Klar, die Empörung ist verständlich, aber eben auch unglaublich langweilig. Und unkreativ. Auf jede Zumutung sofort mit Persönlichnehmen bzw. Beleidigtsein zu reagieren und zum (meist recht kurzlebigen) Boykott aufzurufen, nutzt sich halt irgendwie schnell ab. Der Marketingabteilung von Edeka, die den Fall Gillette vermutlich genau studiert hat, dürfte das bewusst sein und man hat diesen Effekt wohl einkalkuliert. Wer sich über die maßlose Empörung, in die zum Beispiel AfD-nahe Kreise in sozialen Netzwerken noch bei den absurdesten Fake News mit der Sicherheit eines Schweizer Uhrwerks zu verfallen pflegen und am liebsten noch den Kiosk an der Ecke mit Boykott belegen würden, sollte sich vielleicht zu schade sein, sich in gleicher Weise zum Horst zu machen.

Man könnte zum Beispiel das tun, was ein geschätzter Mitstreiter getan hat, und einfach doofe Fragen stellen. Etwa die: Wieso teilen sich in einer Welt, wie sie uns jetzt wieder in dem Edeka-Filmlein präsentiert wird, starke, kluge, empathische, als geradezu omnipotent gefeierte Frauen eigentlich immer Tisch, Bett und Haushalt mit linkischen Vollpfosten, die Haare auf dem Hirn haben und bereits an ihre intellektuellen Grenzen stoßen, wenn sie einen Küchenmixer bedienen oder ein Kleinkind richtig herum halten sollen? Wenn das wirklich das anlassbezogene Riesenkompliment für Frauen/Mütter sein soll, dann ist es ein arg vergiftetes. Nun gut, so lange Neandertal-Männe genügend Kohle ranschleppt, kann frau sich vielleicht das Hausfrauendasein auf diese Weise schönreden.

Der Edeka-Spot ist keineswegs nur männerfeindlich. Er ist im feministischen Sinne auch mindestens genauso frauenfeindlich bzw. hat mit Feminismus, der sich nicht in ödem, sexistischem Männerabwerten genügt, so gut wie nichts zu tun. Ich würde sogar sagen, das Ding ist komplett reaktionär. Lässt man sich nicht von Empörung den Blick verstellen, ergibt sich nämlich noch eine andere Dimension. Wenn Männer allein qua Y-Chromosom derartige Nichtsnutze im Haushalt sind, dann kann daraus doch nur die Ableitung folgen: Da muss halt Mutti ran, um den Tag zu retten. Geht nicht anders. Die Natur. Und deswegen kann Mutti sich auch nicht mehr um ihr berufliches Fortkommen kümmern.

Nicht nur werden also Männer/Väter als für Hausarbeit per se ungeeignet hingestellt (und damit natürlich herabgewürdigt), nein, Haus- und Erziehungsarbeit erscheinen gleichermaßen als quasi-natürliche Frauensachen. Womit hinter der Maske, sich über die hach wie ungeschickten, doofen Kerle lustig zu machen und die segensreiche Arbeit der Mütter zu feiern, ganz subtil und en passant herrschende patriarchale Strukturen zementiert werden. Ehrlich, wäre ich eine feministisch tickende Frau, also in zweifacher Hinsicht ungefähr das Gegenteil von mir, ich würde da nicht applaudieren, sondern ebenfalls protestieren. Aber was weiß denn schon ich als Mann?





1 Kommentar :

  1. ich stimme zu und finde, dass der Spot nicht nur Männer- und frauenfeindlich ist, sondern auch noch Kinderfeindlich. Einen jungen Mann in einer maximal entwürdigenden Szene zeigen und am Ende die für Kinder fatale Entfremdung von einem Elternteil als Normalität auszugeben, ist schon eine Sauerei.

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