Freitag, 24. Januar 2020

Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (21)


Kürzlich frühmorgens in eine nicht eben alte Jeans gestiegen und - zack! - verabschiedete der Reißverschluss sich auf finale Weise aus seinem aktiven Dienst. Ärger. Nachmittags, nach der Arbeit mal geschaut, ob ich den Beleg noch hatte. Hatte ich. Sinnvoll, in zunehmenden Alter Alteleutegewohnheiten zu entwickeln wie Kaufbelege aufzubewahren. Etwas über sechs Monate her, der Kauf. Puh. Zwar beträgt die gesetzliche Gewährleistungsdauer zwei Jahre, aber nach sechs Monaten kehrt sich die Beweislast um, weswegen es im Gespräch mit einzelnen Einzelhändlern bereits zu, sagen wir, mitunter unschönen Szenen gekommen ist.

Außerdem dürfte sich meine in Jahren gewachsene Meinung über das Talent deutscher Unternehmen für Service und Kundendienst inzwischen herumgesprochen haben. Mit gemischten Gefühlen packte ich das Teil in den Rucksack und sattelte das getreue Fahrrad, das mangelbehaftete Beinkleid zu retournieren. Dort angekommen traf ich auf eine nicht gestresste (ich war der einzige Kunde), überaus freundliche Dame mittleren Alters und es entspann sich folgende denkwürdige Szene:

"Guten Tag, ich habe da ein Problem. Ich habe vor einiger Zeit diese Jeans hier gekauft. Und jetzt ist der Reißverschluss defekt und..."
"Darf ich mal sehen? Oh ja, das ist blöd. Haben Sie den Beleg noch?"
"Natürlich. Hier bitte."
"Och, das ist ja gar nicht so lange her. Ist es in Ordnung, wenn ich Ihnen eine neue Hose gebe, selbes Modell?"
"Öhm, ja, gern."
"Mal sehen, ob ich die vorrätig..." Sie geht zum Regal und sucht kurz, kommt dann mit der neuen Hose zurück.
"So, da ist sie. Dann muss ich Ihnen nur noch schnell einen neuen Beleg ausdrucken und wir sind schon fertig. Möchten Sie eine Tüte?"
Eigentlich sagt man als alter Scherzkeks in so einem Moment: "Nein danke, Kiffen bekommt mir nicht.", doch ich war derart baff, ja überfahren ob so viel Professionalität und Service in einem deutschen Einzelhandelsunternehmen, dass es nur für ein knappes "Nein danke.“ reichte.
"Schönen Tag noch."
"Ja danke, Ihnen auch."

Und ich so, draußen, nach versteckten Kameras suchend: "What the hell…?"







6 Kommentare :

  1. Ich habe Anfang Dezember ein Notebook retourniert, das ich im Februar 2019 gekauft habe. Diese Woche kam es repariert zurück. Kein neues Gerät, sondern mein altes. Ich erkannte es an der Art, wie ich das Kameraloch abgeklebt hatte. Es läuft! Habe zwar letzten Monat schon ein neues Notebook gekauft, aber jetzt habe ich ein Gerät zum Verschenken oder auf Vorrat. Damit hatte ich gar nicht gerechnet.

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  2. Selbes Modell?
    Und in 6 Monaten ist dann der Reißverschluss wieder kaputt?

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    1. Ich habe eine identische Hose seit ca. 4 Jahren. Der Zipper funzt immer noch top. Ich denke, da wurde einfach ein schlechtes Teil verbaut.
      @Eberling: Manchmal wundert man sich...

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  3. Garantie auf eine Jeans? Was hat die Hose beim Nobelaustatter denn gekostet?
    :-)

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    1. Garantie ist hier irrelevant - Gewährleistung does the trick...

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  4. Puh ja manchmal passiert das einfach. Ich hatte auch eine Phase wo mir nichts mehr gepasst hat, liegt vermutlich an meinem gemütlichen Lebensstil - Essen auf Rädern und Couchsurfing. XD https://www.meyer-menue.de/

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