Bei Thomann, Deutschlands größtem Online-Instrumentenhändler, ist eine in Mexiko hergestellte Fender Telecaster ab 750 Euro zu bekommen. Je nach Ausführung können durchaus auch ein paar Tausender fällig werden. Gibson Les Paul-Gitarren sind so ab 1.400 Euronen aufwärts erhältlich. Das sind erstaunlich stabile Preise: In den Achtzigern klampfte ich als Schüler mäßig begabt auf der Gitarre herum, träumte aber gleichwohl heftig von der Fender Stratocaster im Schaufenster einer örtlichen Musikalienhandlung. Dafür hätte ich damals um die 1.500 D-Mark zusammenkratzen müssen. Schwierig, wenn man nebenbei noch den Ehrgeiz hat, eine Plattensammlung aufzubauen.
120 seiner Gitarren hat Mark Knopfler, Gründer und Gitarrist von Dire Straits, jetzt bei Christie's versteigern lassen. Über 10 Millionen Pfund (ca. 9 Mio Euro) sind am Ende nach Abzug aller Gebühren zusammengekommen. Ein Teil der Erlöse soll an mehrere soziale Organisationen in Großbritannien gehen. Eine schwarze Telecaster, auf der Knopfler einst 'Walk Of Life' gespielt haben soll, hat 330.000 Pfund gebracht. Die Les Paul aus 'Money For Nothing' eine halbe Million. 100.000 wurden für eine Ovation-Akustikgitarre gezahlt. Weniger spektakuläres Gerät wie Mandolinen, Lap Steel-Gitarren, Jazzgitarren und Bässe war günstiger.
Zu bedenken ist, dass es sich bei den Instrumenten, von Ausnahmen abgesehen, nicht um handgefertigte Einzelstücke, sondern in der Regel um in großen Stückzahlen produzierte Standardware handelt, wie sie in jedem gut sortierten Fachgeschäft zu haben ist. Knopfler galt nie als einer dieser Nerds und Bastler, die ihre Gitarren im Hobbykeller modifizieren wie Eddie van Halen oder komplett selbst bauen wie Brian May.
Sie finden das abgefahren? You ain't seen nothing yet. Für ein von Ringo Starr verwendetes Schlagzeug wurden schon zwei Millionen Dollar gezahlt, für eine von Kurt Cobain persönlich zerschmetterte Fender Mustang eine halbe Million. Die von ihm umgebaute Martin D-18E-Akustikgitarre, die er 1993 auf dem legendären 'Unplugged'-Konzert gespielt hat, sage und schreibe sechs Mille. Und das ist immer noch nicht alles. Hersteller verlangen teils kräftige Aufschläge für Signature-Modelle. Das sind Gitarren und Bässe, die exakt so aussehen wie welche von Stars, nötigenfalls auf alt und zerschossen gemacht.
Als katholisch Sozialisierter mit Messdienerhintergrund klingelt da natürlich was bei mir. Der Reliquienkult kommt da unweigerlich in den Sinn. Fragmenten, meist Knochensplittern von Heiligen, wird heilsbringende Wirkung zugesprochen. In jedem Altar einer katholischen Kirche ist idealerweise eine Reliquie eingelassen. Und da es Menschen gab, die für Reliquien jeden Preis zahlten, entstand schon bald nach Gründung der Veranstaltung ein schwunghafter Handel. Je näher dran am Religionsstifter, desto teurer. Für den kleinen Geldbeutel gab es so genannte Berührungsreliquien: Gegenstände, die durch ein Loch im Sarg eines Heiligen in Kontakt mit dessen Überresten gebracht wurden. Ganz unten auf der Preisliste: Devotionalien, die an einem Wallfahrtsort gesegnet wurden.
Eine besonders eifrige Souvenirsammlerin war Flavia Iulia Helena Augusta (um 248-330), die Mutter Konstantins I. Die tiefreligiöse Patrizierin ließ im Heiligen Land alles aufkaufen, was irgendwie mit Jesus zu tun hatte und transportabel war, und den heiligen Krempel nach Rom verfrachten. Darunter das Kreuz Christi, die Heiligen Nägel, die heute im Kölner Dom befindlichen Reliquien der Heiligen drei Könige und die Scala Santa. Das soll jene Treppe gewesen sein, auf der Jesus Christus zu seinem Prozess geführt wurde.
Berühmt ist das Turiner Grabtuch, in das die Leiche des gekreuzigten Jesus gewickelt worden sein soll. In Trier wird der Heilige Rock verehrt, angeblich die Tunika Jesu Christi, in Aachen die vier 'großen Reliquien': Das Kleid Mariens, die Windeln und das Lendentuch Jesu sowie das Enthauptungstuch Johannes' des Täufers. Im italienischen Calcata befand sich die bei dessen Beschneidung angefallene Vorhaut Christi, die aber 1983 unter ungeklärten Umständen verschwand.
Nicht nur für Händler waren solche Superreliquien ein einträgliches Geschäft. Als Stadt besonders heilige Reliquie zu besitzen, lohnte sich. Unzählige pilgerten zu den heiligen Überresten, mussten irgendwo unterkommen, essen und trinken. Und waren meist geneigt, vor Ort noch diverse sakrale Mitbringsel zu erwerben. Noch heute ziehen Veranstaltungen wie die Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier, zuletzt 2012, oder die Zeigung der Aachener Reliquien alle sieben Jahre viele Tausende an. Ein Wirtschaftsfaktor.
Zurück zu musikalischen Hinterlassenschaften. 2015 brachte eine von Kurt Cobain getragene Strickjacke (ungewaschen, mit Zigarettenlöchern) bei einer Auktion in New York 137.500 Dollar. Ein von ihm benutztes Tablettenfläschchen aus Kunststoff, ein Cent-Artikel, knapp 4.000 Dollar. Nun will ich niemandem hineinreden, für welchen Tinnef er überschüssiges Geld rausballert, dennoch kann ich mich folgenden Gedankens nicht erwehren: Gott mag, wie von Nietzsche einst diagnostiziert, tot sein. Magisches Denken und Heilsglaube indes sind wohl nicht totzukriegen.
120 seiner Gitarren hat Mark Knopfler, Gründer und Gitarrist von Dire Straits, jetzt bei Christie's versteigern lassen. Über 10 Millionen Pfund (ca. 9 Mio Euro) sind am Ende nach Abzug aller Gebühren zusammengekommen. Ein Teil der Erlöse soll an mehrere soziale Organisationen in Großbritannien gehen. Eine schwarze Telecaster, auf der Knopfler einst 'Walk Of Life' gespielt haben soll, hat 330.000 Pfund gebracht. Die Les Paul aus 'Money For Nothing' eine halbe Million. 100.000 wurden für eine Ovation-Akustikgitarre gezahlt. Weniger spektakuläres Gerät wie Mandolinen, Lap Steel-Gitarren, Jazzgitarren und Bässe war günstiger.
Zu bedenken ist, dass es sich bei den Instrumenten, von Ausnahmen abgesehen, nicht um handgefertigte Einzelstücke, sondern in der Regel um in großen Stückzahlen produzierte Standardware handelt, wie sie in jedem gut sortierten Fachgeschäft zu haben ist. Knopfler galt nie als einer dieser Nerds und Bastler, die ihre Gitarren im Hobbykeller modifizieren wie Eddie van Halen oder komplett selbst bauen wie Brian May.
Sie finden das abgefahren? You ain't seen nothing yet. Für ein von Ringo Starr verwendetes Schlagzeug wurden schon zwei Millionen Dollar gezahlt, für eine von Kurt Cobain persönlich zerschmetterte Fender Mustang eine halbe Million. Die von ihm umgebaute Martin D-18E-Akustikgitarre, die er 1993 auf dem legendären 'Unplugged'-Konzert gespielt hat, sage und schreibe sechs Mille. Und das ist immer noch nicht alles. Hersteller verlangen teils kräftige Aufschläge für Signature-Modelle. Das sind Gitarren und Bässe, die exakt so aussehen wie welche von Stars, nötigenfalls auf alt und zerschossen gemacht.
Als katholisch Sozialisierter mit Messdienerhintergrund klingelt da natürlich was bei mir. Der Reliquienkult kommt da unweigerlich in den Sinn. Fragmenten, meist Knochensplittern von Heiligen, wird heilsbringende Wirkung zugesprochen. In jedem Altar einer katholischen Kirche ist idealerweise eine Reliquie eingelassen. Und da es Menschen gab, die für Reliquien jeden Preis zahlten, entstand schon bald nach Gründung der Veranstaltung ein schwunghafter Handel. Je näher dran am Religionsstifter, desto teurer. Für den kleinen Geldbeutel gab es so genannte Berührungsreliquien: Gegenstände, die durch ein Loch im Sarg eines Heiligen in Kontakt mit dessen Überresten gebracht wurden. Ganz unten auf der Preisliste: Devotionalien, die an einem Wallfahrtsort gesegnet wurden.
Eine besonders eifrige Souvenirsammlerin war Flavia Iulia Helena Augusta (um 248-330), die Mutter Konstantins I. Die tiefreligiöse Patrizierin ließ im Heiligen Land alles aufkaufen, was irgendwie mit Jesus zu tun hatte und transportabel war, und den heiligen Krempel nach Rom verfrachten. Darunter das Kreuz Christi, die Heiligen Nägel, die heute im Kölner Dom befindlichen Reliquien der Heiligen drei Könige und die Scala Santa. Das soll jene Treppe gewesen sein, auf der Jesus Christus zu seinem Prozess geführt wurde.
Berühmt ist das Turiner Grabtuch, in das die Leiche des gekreuzigten Jesus gewickelt worden sein soll. In Trier wird der Heilige Rock verehrt, angeblich die Tunika Jesu Christi, in Aachen die vier 'großen Reliquien': Das Kleid Mariens, die Windeln und das Lendentuch Jesu sowie das Enthauptungstuch Johannes' des Täufers. Im italienischen Calcata befand sich die bei dessen Beschneidung angefallene Vorhaut Christi, die aber 1983 unter ungeklärten Umständen verschwand.
Nicht nur für Händler waren solche Superreliquien ein einträgliches Geschäft. Als Stadt besonders heilige Reliquie zu besitzen, lohnte sich. Unzählige pilgerten zu den heiligen Überresten, mussten irgendwo unterkommen, essen und trinken. Und waren meist geneigt, vor Ort noch diverse sakrale Mitbringsel zu erwerben. Noch heute ziehen Veranstaltungen wie die Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier, zuletzt 2012, oder die Zeigung der Aachener Reliquien alle sieben Jahre viele Tausende an. Ein Wirtschaftsfaktor.
Zurück zu musikalischen Hinterlassenschaften. 2015 brachte eine von Kurt Cobain getragene Strickjacke (ungewaschen, mit Zigarettenlöchern) bei einer Auktion in New York 137.500 Dollar. Ein von ihm benutztes Tablettenfläschchen aus Kunststoff, ein Cent-Artikel, knapp 4.000 Dollar. Nun will ich niemandem hineinreden, für welchen Tinnef er überschüssiges Geld rausballert, dennoch kann ich mich folgenden Gedankens nicht erwehren: Gott mag, wie von Nietzsche einst diagnostiziert, tot sein. Magisches Denken und Heilsglaube indes sind wohl nicht totzukriegen.
"Magisches Denken und Heilsglaube" ... nun ja, die Vorstellung, dass dieses oder jenes Ding jemand gehört hat, der vom Käufer der Devotionalie sehr verehrt wird. Es hat auf jeden Fall etwas Rührendes. Mit rationalen Argumenten kommt man da nicht weit. So ähnlich wie die Gefühle on Personen beim Betrachten ihrer ersten Armbanduhr (falls man diese noch besitzt)
AntwortenLöschenGruß
Jens
Sorry für den Klugscheißermodus, aber ,,Berührungsreliquien'' sind welche, die angeblich ein Heiliger usw. berührt hat. Es sind sozusagen Reliquien zweiter Klasse.
AntwortenLöschenVon der ,,heiligen Vorhaut'' gibt IIRC sogar mehrere.
So steht es bei Wikipedia. Ich habe irgendwo aber auch schon irgendwo Särge mit kleinen Klappen an der Oberseite besichtigt, die dem oben beschriebenen Zweck dienten.
LöschenIch ebenso:
Löschen> Eine Sonderform der Reliquien sind „Berührungsreliquien“, Gegenstände, mit denen Heilige zu Lebzeiten in Berührung kamen oder gekommen sein sollen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Reliquie
"Berührungsreliquien" .... übelstes Beispiel: Oldtimerfans, die auf irgendwelchen Events prominente Fahrer etc. nötigen, ihren Oldtimer mit einem Autogramm per mitgebrachtem Filzstift zu adeln.
LöschenGruß
Jens
Ich habe die Gitarre, auf der Tupac "Let it be" gespielt hat. Original mit Einschusslöchern.
AntwortenLöschenIch dachte, von dem sei 'Imagine'...
LöschenNein, das ist von Snoop Doggy Dog.
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