Donnerstag, 22. Februar 2024

Wahre Worte (73)

 
Heute: Leo Fischer über die FDP

"[Die] FDP wird nicht gewählt, um Reformen durchzusetzen, Bürger*innenrechte zu stärken oder Steuern zu senken. Sie wird gewählt als glänzender Goldsand im Getriebe, als ständiges Veto eines Industriekapitals, das noch im Jahr 3000 so wirtschaften möchte, als sei 1980. Sie wird gewählt, um Netzwerke zu festigen, Lobbypapiere in Gesetzestexte zu gießen und befreundete Start-ups mit Regierungsaufträgen zu versorgen. Die Partei ist insofern auch unabhängig von einer Stammwähler*innenschaft: Gewählt zu werden ist nur eine Frage des Marketings. Christian Lindners Durchbruch verdankt sich einer wohlfinanzierten Instagram-Kampagne, die jungen Wähler*innen vormachte, er habe für sie Perspektiven im Gepäck. Die FDP hat keine Wähler*innen, sie hat Finanziers.

Die derzeitige Schlappe der FDP ist daher nicht damit zu erklären, dass sie sich in der Ampel nicht durchsetzen könnte. Sie wird dafür bestraft, dass sie die Ampel nicht gänzlich zum Platzen bringt, dass sie die verhassten Grünen weiter regieren lässt. Ein Hass, den sie fleißig mitproduziert: Keine andere Partei lässt ihre Leute derart ungezügelt gegen die selbst gestellte Regierung austeilen. Wäre die FDP eine Partei wie jede andere, würde sie diese Stimmung aufnehmen, die Koalition beenden, doch ihre Funktion im Parteiengefüge ist eine andere. Das wissen ihre Strateg*innen, die deswegen die Umfragen unbesorgt an sich vorüberziehen lassen." (neues deutschland, 16. Februar 2024)


Anmerkung: Dass die FDP der parlamentarische Arm des Kapitals ist, dürfte für die wenigsten etwas bahnbrechend Neues sein, aber schön zusammengefasst und auf den Punkt gebracht. Vielen Dank.

Man könnte vielleicht noch hinzufügen: Seit Jahrzehnten verstehen es die Liberalen, mit minimalen Wahlergebnissen maximalen Einfluss zu nehmen (Stichwort: Zünglein an der Waage). Die FDP hat lange vor allen anderen kapiert, dass eine Regierungsbeteiligung viel effektiver ist, lästiges Ökö- und Sozialgedöns zu verhindern, zu torpedieren und bis zur Unkenntlichkeit zu verwässern, als ein Platz auf der Oppositionsbank. Momentan weiß man sehr gut, dass man in einer glänzenden strategischen Position ist und die Koalitionspartner an den Eiern hat: Einen Koalitionsbruch und Neuwahlen will momentan niemand riskieren, da dies eine Regierung mit der AfD bedeuten könnte, was keiner will. Einen Schwenk der Grünen in eine ‚Jamaika‘-Koalition würden diese politisch kaum überleben. Also arrangiert man sich, lässt die Gelben zähneknirschend gewähren und schluckt die von ihnen dargereichten Kröten.








7 Kommentare :

  1. ... ich schrub an dieser Stelle vor der letzten Bundestagswahl sinngemäß "hoffentlich kommt schwarz-gelb, damit die Leute sehen, was sie davon haben." Damals bekam ich an dieser Stelle reichlich Gegenwind.
    Schade das ich Recht hatte.
    Der Hass am rechten Rand auf die Sozen wird immer mehr zunehmen, falls die SPD wieder eine Groko eingehen wird.

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  2. Die FDP hat 1969 bis 1998 geräuschlos in der jeweiligen Koalition mitregiert. Bei Merkel gab es nur die Legislatur von 2009 bis 2013. Die FDP war in dieser Zeit so beschissen, dass sie von 14 auf 4 Prozent abgestürzt ist und aus dem Bundestag flog. Ich freue mich auf die Wahl im nächsten Jahr ;o)

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  3. … Herr Bonetti ist in der gleichen Anarchieklasse unterwegs, wie ich damals. "Gebt dem Pöbel endlich das harte Brot, nach welchem es ihm gelüstet"

    Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better.
    Samuel Becket

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    1. Wer sich über die FDP lustig macht und ihr den Untergang wünscht, muss nicht notwendigerweise ein Anarchist sein.

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  4. Mir ist bis heute schleierhaft, wer diese unberechenbaren Quertreiber jedesmal wieder über die 5%-Hürde wuppt bei Wahlen. So dämlich kann doch eigentlich keiner sein, dieses politische enfant terrible namens FDP jedesmal wieder aus der Mottenkiste zu holen und dann plustern sich diese Stümper jedesmal wieder zum Scheinriesen auf, zerlassen bulliddisch nur zerschlagenes Porzellan und machen andere dafür verantwortlich - die typische Sandkastendebatte im Kindergarten. Unter CDU-Fuchtel haben die ja nur die Klappe gehalten, weil sie als Mehrheitsbeschaffer praktisch auf der Welle der CDU mitgeschwommen sind. Gegenüber den durch die schwarzen versuchten und vorgenommenen Grundrechtseinschränkungen durch Überwachen etcpp.gab es bei den "liberalen Marktradikalen" auch kaum mehr wie den erhobenen Finger.

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  5. Bürger*innenrechte? Zuzeiten hab ich von Leo Fischer mal was gehalten.

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    1. Wenn ein Sternchen reicht, um den Puls zu erhöhen, hach :)

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