Sonntag, 19. November 2017

Babylon Berlin


Da wurde, wie es heißt, auf Intervention des Berliner Kultursenators Klaus Lederer (Linke) die Verleihung des 'Karlspreises' (nicht zu verwechseln mit dem Aachener) an Ken Jebsen abgesagt, die im Berliner Kino 'Babylon' stattfinden sollte, und Teile des Netzes wähnen sich endgültig im Vierten Reich angekommen. Jetzt ginge es endgültig los, barmen sie in voller Ausübung ihrer Redefreiheit, Staatszensur, kein Zweifel, die Redefreiheit werde nunmehr endgültig abgeschafft.

Ist natürlich, wie so oft, hysterischer Quatsch. Die Ironie ist doch, dass nirgends der drohende Verlust von Meinungs- und Redefreiheit heftiger bejammert wird als dort, wo sie am hemmungs- und schrankenlosesten praktiziert wird. Jebsen darf weiterhin seine Webseite betreiben und sich öffentlich äußern, ohne dass ihm das jemand verbieten würde oder könnte. Nur gibt es kein Menschenrecht darauf, dass einem immer und überall ein Forum dafür geboten wird. Das Kino 'Babylon', in dem das Event steigen sollte, kassiert Fördermittel aus Steuern und muss es daher hinnehmen, dass die Politik sich beizeiten einschaltet, so vertraglich nicht anders geregelt. Wer damit ein Problem hat, muss sich nach einer anderen Location umsehen. Überdies scheint Lederer im Rahmen seiner Kompetenzen gehandelt zu haben, sollte das nicht der Fall gewesen sein, dann besteht die Möglichkeit, gerichtlich dagegen vorzugehen. Es wäre nicht der erste Prozess, den ein Bundesland verlöre und würde nicht der letzte bleiben.

Freitag, 17. November 2017

Tesla-Terror


Obwohl zeitweiser Autofahrer, hasse ich die Gurkerei meistens. Sicher, in einem netten Spaßwagen, vielleicht einem offenen Roadster, bei entsprechendem Wetter, die passende Musik dazu, über kurvige münsterländische Land- oder gebirgige Bergstraßen zu gondeln, dem könnte ich schon was abgewinnen. Die tagtägliche Karrerei aber, die vor allem darin besteht, sich über verstopfte Straßen quälen und die automobile Inkompetenz sowie das fehlende Sozialverhalten von geschätzt 30 Prozent imbeziler Mitverkehrsteilnehmer ertragen zu müssen, ist nichts weniger als nervig. Warum tue ich mir das noch an? Nun, weil ich manchmal doch ein Auto brauche, das Fahrrad nicht alle Probleme löst, Car Sharing in meiner Gegend nicht nennenswert vertreten ist und man sich als nicht allzu dolle Verdienender zwischen Dauerkarte für Öffis und Auto entscheiden muss. Leider.

Dienstag, 14. November 2017

Schmähkritik des Tages (12)


Heute: Heinz-Josef Bontrup über die absehbaren Folgen einer 'Jamaika'-Koalition

"Was soll im Ergebnis herauskommen, wenn sich vier neoliberale Parteien beziehungsweise ihr sogenanntes Spitzenpersonal auf eine Koalition verständigen? Die Prognose ist leicht: In vier Jahren wird es in Deutschland noch mehr Arme, Arbeitslose und prekär Beschäftigte geben. Der Umwelt wird es nicht besser gehen. Die Energie- und Klimaziele werden verfehlt werden. Die Altersarmut größer und die Vermögenden noch reicher sein. Die extreme Rechte wird weiteren Zulauf bekommen und am Verfall der EU wird die deutsche Jamaika-Regierung mit ihrer neoliberalen Wirtschaftspolitik kräftig mitgemischt haben. Am Ende bleibt 2021 nur gesellschaftlicher Jamaika-Frust. […]" (Heinz-Josef Bontrup in: Frankfurter Rundschau vom 13.11.2017)

Samstag, 11. November 2017

Ronny des Monats - November 2017


Kinners, ist der Monat schon wieder rum? Zeit für die Ronny-Verleihung. Und dieses Mal muss ich wirklich ein Kompliment aussprechen. Sind das bereits die ersten Auswirkungen des neuen Bundestages? So fleißig wie diesen Monat jedenfalls wurde sich selten beworben. Dadurch geraten die üblichen Ekligkeiten wie etwa rassistische Übergriffe in öffentlichen Verkehrsmitteln (z.B. in Bottrop und Halle) etwas in den Hintergrund, sollen aber trotzdem erwähnt werden. Was gab es noch? Es sollen, wie das einzig wahre Nachrichtenmagazin meldet, immer mehr deutsche Rechte beim ukrainischen Freiwilligenbataillon 'Asov' anheuern, weil sie angeblich Europa vor dem Aussterben retten wollen. Brav. Endlich kann man ihnen sagen: "Dann geh' doch nach drüben, wenn's dir hier nicht gefällt!" und hat neben Polen und Ungarn noch eine weitere Anlaufstelle für sie.

Die Top 5 des Monats November:

Donnerstag, 9. November 2017

Lest we forget


Am 9. November 1938 versuchten SA-Trupps die Synagoge meiner Heimatstadt in Brand zu setzen, was aber misslang. Die angegliederte Schule, das Gemeindezentrum und andere jüdische Einrichtungen wurden vandalisiert und geplündert. Die Synagoge brannte nicht aus, wurde aber stark beschädigt. Die Reste wurden eingerissen, abgetragen, das Gelände wurde planiert und die Kosten der Jüdischen Gemeinde in Rechnung gestellt. Hilde Auerbach, Ehefrau von Rabbi Dr. Selig Auerbach und Überlebende, erinnerte sich 1986:

Mittwoch, 8. November 2017

Ressentiments vs. Logik


Das Abendland geht mal wieder unter. Berliner Polizeischüler mit Migrationshintergrund seien, den Aussagen von Lehrern und Ausbildern zufolge, in jüngster Zeit wiederholt durch respektloses und unangemessenes Verhalten aufgefallen. Ohne etwas dagegen ausrichten zu können, schwirren mir angesichts solcher Meldungen spontan zwei Fragen im Kopfe herum: Erstens, nach welchen Kriterien und mit welchen Verfahren angehende Berliner Ordnungshüter so ausgewählt werden. Zweitens, wie es um die Qualität der Ausbilder so bestellt ist. Kann und mag ich beides nicht beurteilen. Meine Phantasie und meine Berufserfahrung reichen aber schon für einiges, sowohl auf Seiten von Auszubildenden und Ausbildern.

Samstag, 4. November 2017

Warum immer reden?


Jetzt, gut siebzig Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges, da die, die ihn noch erleben mussten, nach und nach leiser werden, bis sie bald ganz verstummen werden, geht der politische Diskurs in Deutschland ungefähr so: Mögen Rechte provozieren, pöbeln, prügeln, morden, brandschatzen gar, die wahre Gefahr geht von Linken aus. Denn die wollen irgendwie alle enteignen, zünden Autos an und sind derart arrogant und von Hass zerfressen, dass sie besorgten, allein von Sorge ums deutsche Vaterland getriebenen Bürgern roh das Gespräch verweigern. Man müsse mit Rechten reden, so lautet der momentan durchs Dorf getriebene Imperativ, als handele es sich um ein paar Lausejungs, die etwas ausgefressen haben. Aktuell wird das per Buch ventiliert von Per Leo, Maximilian Steinbeis und Daniel-Pascal Zorn, die einen 'Leitfaden' zum Thema verzapft haben.

Mittwoch, 1. November 2017

Asterix am A...


So denn, der neue 'Asterix'-Band ist vorletzte Woche erschienen. Der dritte, nach dem Albert Uderzo eingesehen hat, dass er's nicht mehr wirklich bringt und an Jean-Yves Ferri und Didier Conrad übergeben hat, die die Reihe seitdem fortsetzen. Nach Italien soll es unsere beiden Lieblingsgallier dieses Mal verschlagen, dort waren sie erst zwei Mal. Um ein Wagenrennen über die gesamte Halbinsel soll es gehen, so war zu erfahren. Klang nicht unreizvoll für mich. Zumal das an 'Tour de France' anknüpft, nach Meinung vieler, unter anderem meiner, einer der gelungensten Bände der ganzen Reihe. Grund zu vorsichtigem Optimismus gab es ja. Die beiden letzten Bände 'Asterix bei den Pikten' und 'Das Papyrus des Cäsar', waren eingermaßen gelungen und enthielten nicht unflotte Anspielungen auf aktuelle Entwicklungen. Noch nicht die alte Qualität, so das überhaupt möglich ist, aber mit Potenzial, habe ich gedacht.

Dienstag, 31. Oktober 2017

Großer Kürbis reloaded


(Zweite, durchgesehene Auflage)

Es ist wieder so weit: Das Fest des großen Kürbis ist da. Bizarr bis gruselig herausgeputzte Kinder erpressen von den Nachbarn Süßigkeiten und nicht minder zurecht gemachte Erwachsene strömen in Scharen zu Halloween-Partys, auf denen sie die Nacht zum Tage werden lassen, um den folgenden Morgen des stillen Allerheiligen-Tages in gebührender Wortkargheit zu begehen. Schließlich sind auch die Supermärkte seit einiger Zeit nicht nur voller Weihnachtsgebäck, sondern auch voller Horror-Zubehör. Das gefällt nicht allen. So bezog zum Beispiel in Polen die katholische Kirche schon vor Jahren mutig Stellung gegen das satanische Fest, an dem Okkultismus und Zauberei gehuldigt werde. Auch hierzulande ist man auf der Hut: Weil gewisse, sehr deutsche Dödel sich nicht nur in jeder freien Minute auf Traditionen besinnen, sondern auch sonst voll kritisch durchblicken, ist man in diesen Kreisen schwer um die einheimische Kultur besorgt. Von amerikanischem Kulturimperialismus wird da gern gemoppert. Müssen wir denn wirklich immer alles mitmachen, was von dort kommt? Und überhaupt sei das doch alles eh nur Kommerz und jappjappjapp.

Sonntag, 29. Oktober 2017

Burgermeister Attila


Vielleicht ist es ein Fehler, diesen Beitrag zu schreiben. Denn er verschafft Attila Hildmann, seines Zeichens Oberveganer und Chefmimose der Nation, weitere Aufmerksamkeit, wenn auch in bescheidenem Rahmen. Und darum allein scheint's ihm, hierin nervenden Epigonen wie Til Schweiger und Oliver Pocher nicht unähnlich, bestellt zu sein. Für alle, die es nicht mitbekommen haben sollten: Eine Mitarbeiterin des 'Tagesspiegel' war nach einem Besuch in Hildmanns Berliner Schnellrestaurant ein wenig unterwältigt. Ihr Fazit lautete in etwa, dass Hildmanns Besserweltbutze mitnichten ein weltlicher Wallfahrtsort des Genusses und der Achtsamkeit gegenüber Bruder Brathuhn und Schwester Spanferkel ist, sondern im Prinzip nichts anders als eine fettmiefende Frittenschmiede, in der hygienisch herausgeforderte Stiernacken zwar tierfreien, aber schwer genießbaren Fraß zu überteuerten Preisen verabfolgen.