Sonntag, 30. Juni 2024

Kein Zufall


Bislang kannten wir so was nur von siechen Päpsten, zuletzt Johannes Paul II. Oder von sowjetischen Apparatschiks, die qua Greisenalter gesundheitlich bereits so angeschlagen waren, dass sie ihre immer rareren öffentlichen Auftritte nur noch mit stärksten Medikamenten durchstanden. Und obwohl allen klar war, das geht eigentlich nicht mehr, wurde die Fassade um jeden Preis aufrecht erhalten. Die mürben Potentaten abgeschirmt, gestützt. Alles in Ordnung, nur eine Erkältung, wird schon wieder. Und bei der späten Elizabeth II. war man, bei allem Respekt vor ihrer Rüstigkeit, doch erleichtert, dass Monarchen heutzutage nur mehr eine zeremonielle Rolle spielen und auch als grenzdemente Gaga-Opas bzw. -Omas nicht allzuviel kaputtmachen können.

Freitag, 28. Juni 2024

Jenseits der Blogroll - 06/2024


Die Links und Fundstücke des Monats, werte Lesende. Die Nachricht der letzten Tage war sicherlich, dass Julian Assange wieder frei ist. Ich muss gestehen, mit dem Fall nie so wirklich klargekommen zu sein. Einerseits war das natürlich ein Versuch staatlich-militärischer Stellen, ein Exempel zu statuieren. Der Umgang mit ihm war eine Schande, ihn ohne Prozess zehn Jahre eingebuchtet zu halten, zivilisiert sich nennender Länder nicht würdig. Man mache sich da nichts vor: Der Deal, der ihn jetzt auf freien Fuß gebracht hat, war kein Akt der Humanität, sondern ist nur zustande gekommen, weil die richtigen Leute (endlich) zu dem Schluss gekommen sind, ihn weiter eingesperrt zu lassen, habe keinen weiteren Nutzen mehr.

Donnerstag, 27. Juni 2024

Vermischtes zur Eh-Em (IV) - Vorrundenbilanz


Die Vorrunde wäre glücklich überstanden. Zeit für eine erste Zwischenbilanz.

Der überwiegend gruselige letzte Gruppenspieltag ordnete das 1 : 1 der DFB-Elf gegen die Schweizer ein bisschen ein. Die Franzosen mühten sich gegen die Polen zu einem Unentschieden. Und die Niederländer haben von den Österreichern gar eine Niederlage kassiert. ÖFB-Trainer Rangnick lieferte zwei Erkenntnisse. Erstens sollte der Unfug, bevölkerungsärmere Länder hätten tendenziell schwächere Teams, womit die Österreicher sich lange selbst blockiert haben ("Schaun's, mir san a kleines Land…"), endgültig vom Tisch sein. Und zweitens zeigt das Beispiel, was für ein Kokolores das Gerede ist von wegen, ein Nationaltrainer habe ja quasi keinen Einfluss auf die Entwicklung seiner Mannschaft und sei mehr so ein Gute Laune-Onkel, der bloß ein wenig Stimmung machen kann.

Montag, 24. Juni 2024

Vermischtes zu Eh-Em (III)


So langsam nimmt das Public Viewing auch hier in der Provinz Fahrt auf. Schon Stunden zuvor sind dekorierte Fans in der Stadt unterwegs. Zum Glück lärmen sie nicht. Zumindest nicht vor dem Spiel. Wobei ich bei den meisten dekorierten Frauen den Eindruck nicht loswerde, denen geht es gar nicht um das Spiel, sondern die sehen darin bloß einen Anlass, sich mit schwarzrotsenfenen Accessoires maximal aufzumascheln. Kann mich natürlich täuschen. Und wieso man nach einem Unentschieden noch stundenlang wild hupend durch die Gegend fahren muss, als habe man gerade den Titel geholt, erschließt sich mir nicht wirklich.

Sonntag, 23. Juni 2024

Opa und der Krieg


"Mit den falschen Selbstgewissheiten derjenigen, die sich für bessere, stets auf der richtigen Seite befindliche Menschen halten, ist aus dem Nationalsozialismus nichts zu lernen." (Götz Aly)

Es sind Zeiten, da läuft man mitunter Gefahr, sich beim Kopfschütteln ein Schleudertrauma einzuhandeln. Jetzt haben sie wieder was gefunden, das sie Robert Habeck anhängen können. Hat der Mann es doch tatsächlich gewagt, die Nation nicht frühzeitig und vollumfänglich darüber informiert zu haben, dass sein Urgroßvater eine NS-Größe war, gar mit Joseph Goebbels befreundet gewesen sein soll. Ja, also wirklich, schlimm aber auch! Wie kann er nur, der Ungut? Da sieht mans wieder! Das ist umso dämlicher in einem Land, das zu seiner Vergangenheit gelinde gesagt kein wirklich einfaches Verhältnis hat und in dem Stimmen, man solle das Vergangene doch bitte endlich mal ruhen lassen, nie völlig verstummt sind.

Donnerstag, 20. Juni 2024

Vermischtes zur Eh-Em (II)


Die Regelung, dass jetzt nur noch die Mannschaftskapitäne mit dem Schiedsrichter reden dürfen, ist ein wahrer Segen. Das ist im Rugby übrigens schon ewig so und die einzig tolerierten Antworten auf Ansagen des Schiris sind "Yes Ma'am" bzw. "Yes Sir". Dämlich-pubertäre Rudelbildung, unwürdiges, lächerliches und nerviges Reklamieren und Feilschen bei jeder Bagatellentscheidung -- all das hat schlagartig ein Ende. Welche Wohltat! Sollte unbedingt sofort in allen Verbänden und Ligen eingeführt werden. Einzig erkennbarer Nachteil: Wenn der Torwart Kapitän ist, macht der echt Kilometer.  

Montag, 17. Juni 2024

Fragen über Fragen


Der Berliner Abgeordneten Tuba Bozkurt (Grüne) ist bei einer Fragestunde im Berliner Abgeordnetenhaus anlässlich des Todes des Polizisten Rouven Laur ein Spruch entfleucht, der mit Mitte, Ende zwanzig gut und gerne auch mir hätte entfleuchen können. Nur, dieser Unterschied ist nicht völlig unwichtig, war ich mit Mitte, Ende zwanzig kein Abgeordneter und stand nicht vergleichbar im Lichte der Öffentlichkeit.

Sonntag, 16. Juni 2024

Vermischtes zur Eh-Em (I)


Ist es nicht wieder herrlich? Semmelt Die MannschaftTM zwischen den Turnieren nicht jeden Gegner mit mindestens viernull vom Platz, geht die Welt unter und wir haben ein weiteres Indiz für den unaufhaltsamen Niedergang Deutschlands. Der Bundestrainer ist dann ein Idiot und imbeziler Ranzdepp, der keine Ahnung vom Fußball hat und den verwöhnten Jungmillionärsnieten, die gar nicht wissen, was Arbeit ist, nicht genügend in den Hintern tritt (fun fact: England hat in der Vorbereitung 0 : 1 gegen Island verloren). Legt die Truppe aber einen einigermaßen überzeugenden Auftritt hin wie jetzt gegen die schottische Mannschaft, dann ist plötzlich Sommermärchen, man Titelkandidat und quasi schon Europameister.

Donnerstag, 13. Juni 2024

Vermischtes und Zeugs (LXXXVI)


"Falls ihr euch fragt, wie ich mich auf die Heim-EM so vorbereite: Ich sitze gerade nur mit schwarz-rot-gold-farbenen Hawaiiketten bekleidet vor meiner Laube, aus den Boxen dröhnt Gigi D'Agostino, während ich das Halb-und-halb-Hack roh und mit den Händen aus der Plastikverpackung esse und mein dressierter Schäferhund Thor mir mit einer Tattoomaschine im Maul »DIE MANNSCHAFT POWERED BY COCA COLA« auf die Stirn fräst, ehe er dann in der Halbzeit meinen nächsten Sylturlaub anhand der Brückentage im kommenden Jahr planen darf. Insofern: Alles wie immer. Falls mich wer besuchen will, kommt doch gern vorbei." (11freunde)

Dienstag, 11. Juni 2024

D-Day, 80 Jahre später


"Dies ist ein Krieg der Motoren und der Oktanzahl. Ich erhebe mein Glas auf die amerikanische Autoindustrie und die amerikanische Ölindustrie." (Josef Stalin)

Es ist Mode geworden und auch Teil der Lebenslüge Russlands, den US-amerikanischen Beitrag zum Sieg über Hitlerdeutschland schlechtzureden oder zu bagatellisieren. Weil: Amerikaner = böse Imperialisten. Sicher, die Sowjetunion hatte die höchsten Verluste an Soldaten und Zivilisten zu erleiden, nicht zuletzt, wegen der deutschen Vernichtungskriegsdoktrin, von der viele andere eroberte Länder weitgehend verschont geblieben sind. Auch waren die für die Amerikaner verlustreichsten Schlachten im Westen 1944f. nicht vergleichbar mit den Massakern im Osten. Aber ohne die amerikanischen Lieferungen aus dem Leih- und Pachtgesetz (Lend-Lease Act) hätte Stalin den Krieg vermutlich 1942 verloren.