Samstag, 15. Oktober 2016

Ronny des Monats - Oktober 2016


Meine Güte, war es der nationale Gedenktag, der die Ronnys der Nation sich im letzten Monat so hat ins Zeug legen lassen? Eine Menge an üblichem Kram gilt es zu vermelden. So verging auch dieses Mal der Monat nicht, ohne dass sich  irgendein AfD-Komiker zum Obst gemacht und sehr schön demonstriert hätte, wie wenig Platz in dieser Partei wirklich ist für Kryptonazis und Ewiggestrige. Dieses mal war es der saarländische Spitzenkandidat Rudolf Müller, der sich als nebenberuflicher Devotionalienhändler entpuppte. Apropos Müller: Natürlich gab es auch wieder eine Menge Verbaldiarrhoetiker wie Klaus Müller, die auf Facebook, gern auch unter Klarnamen, aus ihrem Herzen keine Mördergrube machten.

Überhaupt, Dresden. Da wären die Bombenleger, die bewiesen haben, dass man in der Welthauptstadt der Bombenopfer nach wie von ein Händchen hat für so was, und schließlich die Grölemänner vom dritten Oktober. Quasseln was von Diktatur, beschimpfen die Staats- und Regierungsspitze lautstark in einer Weise, für die man sie in jeder Diktatur, die diesen Namen verdient, sofort ins Loch werfen und den Schlüssel wegschmeißen würde, kommen hier aber ungeschoren damit durch und bemerken den Fehler auf dem Bild nicht.

Menge Holz, das. Schwer, da eine Auswahl zu treffen. Ich habe es trotzdem versucht. Die Top 5 des Monats:

Donnerstag, 13. Oktober 2016

Schmähkritik des Tages (4)


Heute: Denis Scheck über Margot Käßmann

"Gibt es Jämmerlicheres, als wenn Erwachsene beim Besuch im Kindergarten oder in der Grundschule so tun, als wären sie selbst Kindergartenkinder oder Grundschüler? Dieses literarische Leben auf Kredit, diese geborgte Naivität, dieses Sich-blöd-stellen mit großen Stauneaugen ist der basso continuo von Margot Kässmanns publizistischem Oevre. 'Für dieses Buch habe ich über viele Monate Zeitungsauschnitte gesammelt und war am Ende fast erschlagen von der Vielfalt der Probleme, der Stimmen, der Ansätze', schreibt sie. Ein unnötiges Buch, von der Konzeption her Kraut und Rüben, in der Ausführung lieblos hingerotzt, ein Buch, dessen Leser sich wie zu Unrecht ans Kreuz geschlagen fühlen müssen." (Über 'Mehr als Ja und Amen')

"Zwölf Aufsätzlein der Ex-EKD-Vorsitzenden zu Themen wie Mut, Trost, Liebe und Geborgenheit versammelt dieses leider illustrierte Büchlein. "Ich denke, jeder Mensch muss für sich selbst herausfinden, wo die eigenen Kraftquellen liegen", schreibt Margot Käßmann darin. Aus dem Mund einer FDP-Vorsitzenden klänge das akzeptabel, für eine protestantische Theologin aber ist das bis zur Selbstaufgabe lasch und opportunistisch: ein Offenbarungseid." (Über 'Sehnsucht nach Leben')

Und, weil's so schön ist und alles nun einmal zwei Seiten hat:

Dienstag, 11. Oktober 2016

Huch! Bio doch nicht besser


Irgendwie war das zu ahnen. Seit Jahrzehnten wird dem deutschen Konsumenten nunmehr gepredigt, er solle sich, ungeachtet finanzieller Möglichkeiten, gefälligst bio ernähren, der bösen Agrarindustrie und der noch verwerflicheren Massentierhaltung durch sein Konsumverhalten dadurch den Stinkefinger zeigen. Nebenbei wurde dem Volke erzählt, Bio-Lebensmittel seien grundsätzlich immer gesünder, ihre Produktion stets ressourcenschonender. Nun scheint sich herauszustellen, dass bei solchen Heilsversprechen eher Zurückhaltung und Skepsis geboten sind. War aber schon länger klar. Wer es wissen wollte, wusste z.B. schon längst, dass im Bio-Landbau kein Kunstdünger erlaubt ist und daher mit Naturdünger gearbeitet werden muss. Das ist entweder Kompost oder, weil der sehr teuer ist, Gülle bzw. Stalldung. Bio-Landwirtschaft ohne Tierhaltung ist also schwierig. Außerdem sind die Erträge niedriger, sodass der Flächenverbrauch höher ist.

Samstag, 8. Oktober 2016

Über hiesige Satire


"Während [Satire] in der Rezeption und Kritik andernorts längst als eine etablierte Kunstform unter anderen gilt, muß es hierzulande stets ans Eingemachte gehen: Hinter jedem miefigen »Was darf Satire?« ist schon der Wunsch eines Verbots erkennbar, es tönt nach Begrenzung und Maßregelung, jeder Witz muß sich dem Kollektiv, der Nation, wahlweise dem Unternehmen Aufklärung oder dem, was sich dafür hält, als dienlich erweisen. Noch die kleinste Ambivalenz, die kleinste Uneindeutigkeit - Elemente, ohne die Humor schlicht nicht denkbar ist - müssen mittels Projektion oder moralischer Vereinnahmung getilgt werden." (TITANIC 10/2016)

Dienstag, 4. Oktober 2016

Singende Tofuletten


Woher rührt eigentlich dieser Irrglaube einiger Hobbymusiker, jenseits privater Anlässe ostentativ vorgetragener Dilettantismus spiele keine Rolle, sei, im Gegenteil, völlig okay oder wirke gar besonders authentisch, solange man bloß für eine edle Sache eintritt? Hach, wir können das ja eigentlich gar nicht richtig, aber unser Anliegen ist uns halt sooo wichtig, dass ihr das bestimmt aushalten werdet, lautet dann meist die Ausrede. Wir sind halt keine Profis, aber bemühen uns doch so dolle. Honoriert das doch auch mal. Nein! So was ist schlicht respektlos. Wieso soll ich gezwungen sein, mich mit Ohrenfolter molestieren zu lassen, bloß weil deren Urheber glauben, die Wahrheit mit besonders großen Löffeln eingepfiffen zu haben? Wer schon einmal vollkornbrotenes Kirchentags-Geklampfe und -Gequerflöte auszuhalten hatte, weiß: Schon ein bisschen davon kann deutlich zu viel sein.

Sonntag, 2. Oktober 2016

Gretchenfragen zum Dritten


Wie anderswo bereits ausgeführt, entspricht mein Verhältnis zum morgigen dritten Oktober, vulgo: Annexionsgedenktag, in etwa dem eines Atheisten zum Weihnachtsfest. Nett, den Tag frei zu haben, ansonsten schnurz. Selbst wenn die Festivitäten gegenüber meiner Haustür stattfänden, meine Lieblingsbands Gratiskonzerte gäben und Mitglieder der Bundesregierung eigens dafür abgestellt würden, sich in Lakaienlivreen um mein Wohl zu sorgen, mir Luft zuzufächeln, mir bis zum Verlust der Muttersprache alle halbe Stunde einen Humpen frisch gezapften Festtagsbieres oder einen Schoppen guten Rheinweines ans Sofa zu bringen hätten, wozu "Kanzlerwanstminister Altmaier" mir die passenden Leckereien kredenzen dürfte (der Mann versteht definitiv was von gutem Essen und das Treppensteigen bekäme ihm sicher hervorragend) - ich nähme dankend an, geriete aber trotzdem nicht in Feierstimmung. Nationalismus ist Sippenhaft und macht doof, und wer behauptet, die Dinge hätten sich seit 1990 für alle zum Besseren entwickelt, hat entweder den Knall nicht gehört oder noch nie was von Neoliberalismus.

Freitag, 30. September 2016

Of Mice and Women


Es ist ja nicht so, dass ich es nicht ärgerlich fände, mich teils auch fremdschämte, wenn Männer sich unangemessen aufführen, aber einen Skandal vermag ich darin meist nicht zu sehen. Ich komme da nicht ganz mit: Vergleichsweise junge Frau und allein erziehende Mutter tritt in eine Partei ein, in der in großen Teilen noch die Alten Säcke das Sagen haben, die vielleicht die Partei mit der größten Dichte an Alten Säcken ist. Was im übrigen kein Staatsgeheimnis ist. Alte Säcke unter anderem, die ohne rot zu werden beklagen, ihre Partei sei sozialdemokratisiert. Die Frau macht in dieser Partei ziemlich schnell eine ziemlich steile Karriere und wundert sich dann, dass die Alten Säcke sich exakt so benehmen wie Alte Säcke sich halt so benehmen. Was hat sie erwartet? Geht sie auf der Kirmes auch immer in die Geisterbahn und beschwert sich hinterher, das sei ja gar kein Streichelzoo? Haben Manuela Schwesig und Heiko Maas schon das #teamjennabehrends ins Leben gerufen bzw. sich einem angeschlossen?

Dienstag, 27. September 2016

Debatten abwürgen leicht gemacht


"Ist schon Kommunismus oder darf ich mich wieder hinlegen?" (Doris Akrap)

Keine Frage, über Erbschaftssteuer zu reden ist notwendig und überfällig angesichts der Besitzverhältnisse im Lande. Das lässt Don 'Im Gegensatz zu euch Mieter-Losern besitze ich Wohneigentum, historische Ölbilder, silberne Teekannen und Rennräder und habe auch sonst alles richtig gemacht im Leben - erwähnte ich übrigens schon, dass eure Armut mich ankotzt?' Alphonso deswegen gleich über Enteignung der von Vorfahren und ihm gestapelten Assets herumbarmen und quasi schon die Weltrevolution vor der Tür stehen sehen. Kann man machen, muss man sich andererseits aber die Frage gefallen lassen, wieso dann Erwerbsarbeit, die ja immer noch die Basis dafür ist, sich, so man über keines verfügt, ein vererbbares Vermögen aufzubauen, im Verhältnis zum Erben so viel stärker besteuert wird.

Sonntag, 25. September 2016

O'zapft war!


"Für Wirtschaftstheoretiker der neoliberalen Schule ist das Oktoberfest ein einziger Horror. Hans-Werner Sinn, der frühere Leiter des ifo-Instituts, dürfte hyperventilieren vor Schreck, wenn er an die Wiesn denkt. Schließlich ist dort so gut wie alles anders, als es sich die neoliberale Ideologie so vorstellt: Die ganze Unternehmung ist extrem erfolgreich, obwohl sie von der öffentlichen Hand - der Stadt München - veranstaltet wird. Es gibt keinen freien Marktzugang, denn es kann keineswegs jeder, der Lust drauf hat, Geschäfte auf der Theresienwiese machen." (Franz Kotteder)

So denn, sie haben es geschafft. Haben mich breitgeschlagen. Und ich habe mich lassen. Letztes Jahr um diese Zeit noch gespöttelt über den hiesigen Ableger des größten Massenbesäufnisses des Planeten, dieses Jahr saß ich selbst im Zelt, habe gegessen, gezecht, gefeiert. So kann's gehen. Zu meiner Entlastung kann ich immerhin anführen, dass ich das im Gegensatz zu schätzungsweise 90 Prozent der übrigen Anwesenden nicht in irgendeinem Trachtenfummel getan habe, sondern in gewöhnlicher Kleidung. Erstens, weil ich nicht über so etwas verfüge, zweitens, weil ein bisschen gegen den Strom halt sein muss. Auch Lenin war im Hofbräuhaus und durchaus angetan. Außerdem ist, siehe die oben zitierten Ausführungen Kotteders, nicht alles schlecht an der Wiesn.

Donnerstag, 22. September 2016

Zeigt her eure Befunde!


"If you need a role model you are a dick." (Charlie Brooker)

In den USA und in Österreich scheint man uns in einem Punkt definitiv voraus zu sein. Dort hat man neuerdings die Gesundheit amtierender bzw. ein Amt anstrebender Politiker als politische Größe entdeckt. Hillary Clintons Schwächeanfall und die Nachricht von ihrer Lungenentzündung nutzte ihr Rivale Donald Trump in gewohnter Weise dazu, zu beweisen, dass er nicht nur der Präsidentschaftskandidat mit dem monströsesten ökonomischen Sachverstand, den schlichtesten Lösungen und dem Längsten aller Zeiten ist, sondern auch der allergesündeste von allen. Auf die naheliegende Idee, dass eine Ochsentour wie ein Wahlkampf inklusive Vorwahlkämpfe einem Menschen von Ende sechzig schon mal an die Kraft gehen kann und so jemand sich dann halt mal was wegholt, kommt freilich keiner mehr. Nein, wer die mächtigste Militärmacht der Welt regieren will, hat gefälligst in jeder Hinsicht perfekt zu sein. Man muss weiß Gott kein Anhänger Hillary Clintons sein, um diese Entwicklung bedenklich zu finden.