Hier und da erwähnte ich schon mal, dass ich nach wie vor am Bargeld hänge. Dabei hat diese Gewohnheit weniger mit Nostalgie zu tun, sondern mit persönlichen Spleens. Gehe ich mit Karte im Anschlag einkaufen, dann kaufe ich fast immer mehr als ich will. Ich bin anfällig für Sonderangebote, Aktionen, künstliche Verknappung etc. und habe zudem gern Vorräte. Das abstrakte, unhaptische Zahlen per Karte lässt bei mir wohl ein paar Sicherungen mehr durchbrennen als bei anderen, und so schiebe ich beim Einkauf nach wie vor gern Scheinchen rüber, was auf Dauer dem Kontostand guttut. Ich bin also gewiss kein Maschinenstürmer und weiß Gott der letzte, der eine gewisse Bequemlichkeit nicht zu schätzen wüsste. Tanken und größere geplante Ausgaben tätige ich jederzeit gern bargeldlos.
Eine Rolle spielen mag auch meine von Bargeld dominierte Sozialisation in Kindheit und Jugend. Einer Zeit, in der mit großer Geste einen Euroscheck zu unterschreiben und lässig rüberzuschieben bereits als schwer weltmännisch galt. Demonstrierte man damit schließlich auch, dass man ein vertrauenswürdiger Bankkunde war. Jeder Euroscheck mit einem Höchstbetrag von 300 DM* war durch die Bank gedeckt, 10 Stück in der Tasche zu haben, war also gleichbedeutend mit 3.000 DM Kredit. Kreditkarten? Die hatten damals gefühlt nur Bankdirektoren, Chefärzte, Manager und andere Honoratioren. Schon in den frühen Neunzigern, vor über dreißig Jahren, hatte sich das geändert. Als ich da aushilfsweise an einer Tanke jobbte, um ein paar Extrapenunzen fürs Studium zu generieren, wurde schon ungefähr die Hälfte der Transaktionen mittels diverser Karten abgewickelt. Nicht alle, weil Kartenzahlung erst ab einem Mindestbetrag zulässig war. Der Gebühren wegen.
So ist es vielleicht zu erklären, dass immer noch ein leichtes Befremden mich überkommt, wenn junge Menschen vor mir an der Supermarktkasse eine Dose Cola und ein Päckchen Kaugummi mit Karte zahlen.
Weiterhin bin ich regelmäßiger Schwimmer und als solcher im Besitz einer Jahreskarte für die kommunalen Frei- und Hallenbäder. So ein praktisches Utensil kostet in der bescheidenen Heimatstadt einen niedrigen dreistelligen Betrag im Jahr, was meiner Ansicht nach ein mehr als fairer Preis ist. Letztes Jahr wurde in allen Bädern alles auf digital umgestellt. Mehrfach- und Jahreskarten sind jetzt aufladbare Chipkarten, alle alten Registrierkassen wurden durch moderne Computerkassensysteme ersetzt. Und so sagte ich, da meine Jahresgebühr abgelaufen war, in meiner, wie sich herausstellen sollte, mit ‚galaktisch‘ nur höchst unzureichend umrissenen Ignoranz an der Kasse des Bades, nichts Böses ahnend: "Mit Karte, bitte!"
"Öhm, das geht leider nicht."
"Äh, wie bitte?"
"Kartenzahlung geht nicht, tut mir leid.“
"Ist was kaputt oder grundsätzlich nicht?"
"Nein, gar nicht."
"..."
"Da kann ich nichts für.“ Achselzuck.
"Dann haben wir jetzt wohl ein Problem!", gab ich bass erstaunt zur Antwort, verließ den Ort des Geschehens und brummelte im Hinausgehen noch "Unfassbar!" Was sollte ich auch groß eine Szene machen? Die Dame an der Kasse war ja wirklich unschuldig an dem Elend. Die Verantwortlichen sitzen woanders.
Führen wir uns das einmal kurz vor Augen: In der Verwaltung der heimischen Kommune tummeln sich offenbar Entscheider, ordentlich besoldet, wie anzunehmen ist, die zwar in der Lage sind, teure moderne digitale Bezahl- und Buchungstechnik für die örtlichen Bäder anzuschaffen und auszurollen, es aber augenscheinlich verpennt oder nicht für nötig gehalten haben, auch eine Möglichkeit zur Kartenzahlung zu integrieren. Und entsprechend entschieden haben. Im Jahr 2025. In Zeiten, in denen inzwischen jeder roh zusammengetackerte Bretterkiosk, jeder ambulante Bratwurstverkäufer und jede ölige Frittenbude ein Kartenterminal hat, schon Cent-Beträge per Plastik berappt werden, es immer mehr Menschen gibt, die auch in der Gastro die Zeche nicht mehr bar entrichten und in denen die letzten Oasen, in denen noch ausschließlich Bargeld lacht, vermutlich Flohmärkte und mehr oder minder krumme Geschäfte sind.
Dachte ich zumindest.
Wenn man nun freundlich bleiben und Bräsigkeit/Dummheit und/oder Vergesslichkeit als Ursachen für solch ein Versäumnis ausschließen möchte, was bleibt dann als Erklärung? Kosten? Oh ja, guter Witz! Die Umstellung auf digital war Teil einer größeren Umbaumaßnahme, die im Frühjahr 2022 begonnen hatte und im Herbst desselben Jahres abgeschlossen sein sollte, sich aber bis in den Spätherbst 2024 zog (was sie beim BER können, können wir hier in der Provinz schließlich schon lange). War bestimmt auch nicht billig, das. Gebühren der Banken? Mag sein. Aber jeden Tag oder ein paar Mal in der Woche die Tageseinnahmen zur Bank bringen und bar einzahlen, ist auch nicht gratis, so weit ich weiß.
Wie ging es weiter? Ich machte mich auf den Weg in die Nachbarstadt. Dort haben sie eine Badeeinrichtung, die von den Stadtwerken als GmbH betrieben wird. Auf dem Kassentresen stand ein nagelneues Kartenterminal. Auch kontaktlos konnte man zahlen. Sogar per Handy! Wow. Nein, privat ist gewiss nicht immer besser als staatlich, aber nachdem Bargeld mich derart übel ausgelacht hatte, fühlte ich mich in dem Moment ein wenig, als sei ich in der Zivilisation angekommen.
=====
* Vorläufer des Euro im Altertum
So ist es vielleicht zu erklären, dass immer noch ein leichtes Befremden mich überkommt, wenn junge Menschen vor mir an der Supermarktkasse eine Dose Cola und ein Päckchen Kaugummi mit Karte zahlen.
Weiterhin bin ich regelmäßiger Schwimmer und als solcher im Besitz einer Jahreskarte für die kommunalen Frei- und Hallenbäder. So ein praktisches Utensil kostet in der bescheidenen Heimatstadt einen niedrigen dreistelligen Betrag im Jahr, was meiner Ansicht nach ein mehr als fairer Preis ist. Letztes Jahr wurde in allen Bädern alles auf digital umgestellt. Mehrfach- und Jahreskarten sind jetzt aufladbare Chipkarten, alle alten Registrierkassen wurden durch moderne Computerkassensysteme ersetzt. Und so sagte ich, da meine Jahresgebühr abgelaufen war, in meiner, wie sich herausstellen sollte, mit ‚galaktisch‘ nur höchst unzureichend umrissenen Ignoranz an der Kasse des Bades, nichts Böses ahnend: "Mit Karte, bitte!"
"Öhm, das geht leider nicht."
"Äh, wie bitte?"
"Kartenzahlung geht nicht, tut mir leid.“
"Ist was kaputt oder grundsätzlich nicht?"
"Nein, gar nicht."
"..."
"Da kann ich nichts für.“ Achselzuck.
"Dann haben wir jetzt wohl ein Problem!", gab ich bass erstaunt zur Antwort, verließ den Ort des Geschehens und brummelte im Hinausgehen noch "Unfassbar!" Was sollte ich auch groß eine Szene machen? Die Dame an der Kasse war ja wirklich unschuldig an dem Elend. Die Verantwortlichen sitzen woanders.
Führen wir uns das einmal kurz vor Augen: In der Verwaltung der heimischen Kommune tummeln sich offenbar Entscheider, ordentlich besoldet, wie anzunehmen ist, die zwar in der Lage sind, teure moderne digitale Bezahl- und Buchungstechnik für die örtlichen Bäder anzuschaffen und auszurollen, es aber augenscheinlich verpennt oder nicht für nötig gehalten haben, auch eine Möglichkeit zur Kartenzahlung zu integrieren. Und entsprechend entschieden haben. Im Jahr 2025. In Zeiten, in denen inzwischen jeder roh zusammengetackerte Bretterkiosk, jeder ambulante Bratwurstverkäufer und jede ölige Frittenbude ein Kartenterminal hat, schon Cent-Beträge per Plastik berappt werden, es immer mehr Menschen gibt, die auch in der Gastro die Zeche nicht mehr bar entrichten und in denen die letzten Oasen, in denen noch ausschließlich Bargeld lacht, vermutlich Flohmärkte und mehr oder minder krumme Geschäfte sind.
Dachte ich zumindest.
Wenn man nun freundlich bleiben und Bräsigkeit/Dummheit und/oder Vergesslichkeit als Ursachen für solch ein Versäumnis ausschließen möchte, was bleibt dann als Erklärung? Kosten? Oh ja, guter Witz! Die Umstellung auf digital war Teil einer größeren Umbaumaßnahme, die im Frühjahr 2022 begonnen hatte und im Herbst desselben Jahres abgeschlossen sein sollte, sich aber bis in den Spätherbst 2024 zog (was sie beim BER können, können wir hier in der Provinz schließlich schon lange). War bestimmt auch nicht billig, das. Gebühren der Banken? Mag sein. Aber jeden Tag oder ein paar Mal in der Woche die Tageseinnahmen zur Bank bringen und bar einzahlen, ist auch nicht gratis, so weit ich weiß.
Wie ging es weiter? Ich machte mich auf den Weg in die Nachbarstadt. Dort haben sie eine Badeeinrichtung, die von den Stadtwerken als GmbH betrieben wird. Auf dem Kassentresen stand ein nagelneues Kartenterminal. Auch kontaktlos konnte man zahlen. Sogar per Handy! Wow. Nein, privat ist gewiss nicht immer besser als staatlich, aber nachdem Bargeld mich derart übel ausgelacht hatte, fühlte ich mich in dem Moment ein wenig, als sei ich in der Zivilisation angekommen.
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* Vorläufer des Euro im Altertum
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