Mittwoch, 23. Dezember 2015

Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft - Weihnachtssondernummer


Fall 1: Der von Oma geerbte E-Herd gibt nach sehr langer Nutzungsdauer seinen Geist auf. Reparatur lohnt nicht, erst recht nicht bei der Energieaufnahme des Teils. Es hilft nichts, ein neuer muss her, und zwar fix, denn die Antiquität ist komplett hinüber und tut keinen Mucks mehr. Mal das Deutsche Museum fragen, vielleicht hätten die noch Verwendung. Ein Neugerät sitzt finanziell drin und ich beschließe, Hobbykoch, der ich bin, mir ein ordentliches Arbeitsgerät zu gönnen. Zunächst suche ich einen lokalen Händler weißer Ware auf, einen Einzelunternehmer. Im Ladenlokal sitzt eine junge Auszubildende. Die kann mir weder zu Geräten noch zu Preisen irgendeine Auskunft geben, immer mit der Begründung, der Chef sei nicht da. Aha. Auf die Frage, wann der denn wieder da sei, bekomme ich zur Antwort, heute nicht. Aha. Ein Laden, der ohne den Chef offenbar komplett handlungsunfähig ist. Interessantes Geschäftsmodell!

Montag, 21. Dezember 2015

König Porno


Spulen wir eimal kurz um zirka 25 Jahre zurück. Es war die Zeit, in dem Rosa von Praunheim den Schwiegermutterliebling Hape Kerkeling als homophil outete und dafür Tags darauf vom Springerblatt den schwiegermütterlichen Anschiss "Pfui, Rosa!" kassierte. Es war eine Zeit, in der es vorkommen konnte, dass man sich dumme Sprüche anhören musste, wenn man erzählte, sich am Wochenende die weiß Gott harmlose, ja höchst spießige Sönke-Wortmann-Verfilmung von 'Der bewegte Mann' angesehen zu haben. Seitdem ist einiges passiert. Schwule Spitzenpolitiker, Entertainer, Schauspieler und andere öffentliche Personen locken heute kaum jemanden jenseits extremistischer und fundamentalistischer Milieus mehr hinter dem Ofen hervor, und das ist auch gut so. Man muss nur durch alte Zeitschriften stöbern, sich das verklemmte Geschwiemel zu Gemüte führen, das oft anhub, sobald es um Gleichgeschlechtliches ging, um zu ermessen, was sich seitdem getan hat

Freitag, 18. Dezember 2015

#zunahamwasser


Ahhh, ich hatte das fast verdrängt. Diesen Werbespot, in dem Grandpa Dalton Jahr für Jahr mutterseelenallein in der kalten Butze hockt, in vergeblicher Erwartung, dass die Familie gefälligst mal aufschlägt zum Fest. Wie gesagt: fast. Aber dann kam Kollege Epikur des Weges und musste mich ja unbedingt daran erinnern. Musser jetzt durch. Hatter jetzt davon. Fangen wir vielleicht mit etwas Höflichem an: Weil bald Weihnachten ist, kann man der Einkaufsgenossenschaft deutscher Kolonialwarenhändler durchaus einmal Respekt zollen für die Verdienste um die finanzielle Versorgung alternder Darsteller, die sonst nicht mal mehr in einer Daily Soap einen Schirmständer spielen dürften. Warum man sich aber bei der Schmierenkomödie die Augen aus dem Kopf flennen muss, wie dies Abermillionen rührseliger Klick-Zombies angeblich getan haben - schon das entzieht sich komplett meinem Verständnis.

Dienstag, 15. Dezember 2015

In eigener Sache: Nicht lustig


Normalerweise lösche ich keine von mir geschriebenen Beiträge nachträglich. Was ich geschrieben habe, ist in der Welt und dazu stehe ich, so viel Rückgrat muss sein. Anders liegt der Fall, wenn Dritte in unguter Weise involviert sind. In meinem letzten Beitrag 'Ronny des Monats – Dezember 2015' habe ich einen Ehrenronny vergeben an drei jüngere Leute (ob sie eine Familie sind, ist nicht bekannt) aus dem Mecklenburgischen Boizenburg, die sich in einem viral gegangenen, knapp dreißig Sekunden langen Video in übler bis lachhafter Weise über Flüchtlinge äußern. So scheint die eine Gerüchte über eine angebliche Vergewaltigung durch Flüchtlinge weiterzugeben. Eine andere, offenbar Minderjährige  behauptet gar, ein fünfjähriges Mädchen sei bei lebendigem Leibe gegessen worden.

Sonntag, 13. Dezember 2015

Ronny des Monats - Dezember 2015


Ein wenig unheimlich ist mir das schon. Ich meine, da hebe ich letzten Monat diesen neuen Preis für die beste rassistische Einzelleistung aus der Taufe und schon legen sich die Ronnys der Nation so richtig ins Zeug. Die Flut an Widerlichkeiten, die es seit der letzten Verleihung zu verzeichnen gab, spricht da eine deutliche Sprache. Es war so viel los, dass mir die Wahl wirklich schwer fiel und ich Kandidaten, die ich schon sicher auf dem Treppchen glaubte, wieder aus der Wertung nehmen musste. Etwa jenen Bock in Gärtnergestalt, der ausgerechnet am Berliner LaGeSo Securitydienst schob. Oder die besorgten Nachbarn der Erfurter Zahnärztin Kathleen Trobisch, die ihr freundlicherweise dieses Schreiben (fb!) unterjubelten. Und die - hihi! - Ergüsse des renommierten Fickologen Björn H. sind mir natürlich auch wieder durchgegangen. Mist!

Wie gesagt, die Wahl fiel schwer. Hier die Top Five:

Freitag, 11. Dezember 2015

Glück durch Arbeit


Viel um die Ohren gehabt, die Woche – but there are still monsters to be slain. Zum Beispiel diese kreuzdämliche Leier vom Glück durch Erwerbsarbeit. Die von zig Karriereberatern bzw. -coaches gepredigte Schnurre, es sei mit ein bisschen gutem Willen und ein wenig (kostenpflichtigem) Coaching jedem möglich, eine erfüllende, den eigenen Neigungen und Stärken entsprechende Arbeit zu finden. Die Ratgeberliteratur ist voll von inspirierenden Geschichten über glückliche Hackfressen, die ihrem Herzen gefolgt sind und nun als kernzufriedene Spaßbacken ihr Restdasein verbringen. Und der Restwelt damit nicht selten gehörig auf die Eier gehen. Das Problem ist ja nicht, dass es solche Menschen gibt, sondern dass uns suggeriert wird, jeder, bei dem das nicht so sei, mache gewaltig etwas falsch.

Montag, 7. Dezember 2015

Zum einrahmen


Beim Stichwort 'FAZ.NET' fällt mir ja so einiges ein. Klar, konservativ als erstes, dann noch wirtschafts- bzw. neoliberal, Stimme der Arbeitgeberschaft und der Kapitaleigner. Ferner kommen einem in den Sinn: Jasper von Altenbockum, Don Alphonso und noch einiges mehr, aber you get the picture. Eines hingegen würde mir als Attribut für die alte Frankfurter Frakturtante als allerletztes einfallen. Wenn überhaupt. Und das wäre linksfaschistisch.

Samstag, 5. Dezember 2015

Orientalischer Adventskalender


Hier am Ort gibt es eine Kirche, in der eine Gruppe Ehrenamtlicher alle Jahre wieder eine riesige Krippe aufbaut. Obwohl agnostisch unterwegs, rührt mich solches Engagement, das keinen anderen Nutzen hat, als Menschen Freude zu machen, schon ein wenig an, das muss ich zugeben. Sie bemühen sich, der liebevoll gestalteten Landschaft einen orientalischen Touch zu verleihen. Weil Bethlehem ja irgendwie im Orient liegt. Auch kümmern sie sich darum, den drei Königen ein dezidiert orientalisches Aussehen zu verpassen, handelte es sich doch, der einschlägigen Überlieferung zufolge, um Weise aus dem Morgenland. Wo heute die Moslems sitzen. Kein Problem also, alles roger. Sollte man jedenfalls meinen.

Donnerstag, 3. Dezember 2015

Bavaria Blue


Mit der Polizei ist es ja ein wenig wie mit Hausmeistern. Leicht ist man genervt von ihnen, doch kann man in Situationen geraten, in denen man durchaus froh und dankbar ist, dass es sie gibt. Obwohl ich sie nicht ablehne oder gar hasse, bin ich normalerweise froh, mit der Truppe nicht allzuviel zu tun zu haben. Die machen ihres, ich mach meines. Daher sind mir auch Polizeiuniformen ziemlich egal. Bis vor zirka zehn Jahren war das diesem Staat auch ziemlich egal. Uniformierte Polizeibeamte liefen in einem Sammelsurium in grün, beige, schwarz, weiß und irgendwie erdfarben herum. Wäre die 'POLIZEI'-Aufschrift nicht gewesen, sie wären nicht nur von Menschen aus anderen Ländern mit der Forstaufsicht verwechselt worden.

Sonntag, 29. November 2015

Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (9)


So, erster Advent, der Geburtstag des Religionsstifters naht wieder einmal. Paar Geschenke kaufen gehen. Muss ja. So schön es ist, Menschen eine Freude zu machen, so unschön oft die Begleitumstände auf dem Weg dorthin. Denn obwohl ich natürlich alles online bestellen könnte, gehe ich in die Stadt. Rock the Kasbah, Baby, keine Schmerzen! Ich glaubte, einigermaßen abgebrüht zu sein. Schwer zu schocken. Ich dachte: Der Gedanke, dass für Bücher von Dieter Bohlen, Thilo Sarrazin, Akif Pirinçci und anderen Bäume gefällt werden, zieht dich längst nicht mehr runter. Schlimme Erlebnisse haben dich abgehärtet. So hast du verkaufsoffene Sonntage im Oberhausener Centro und in der Essener Innenstadt ohne bleibende Schäden überstanden.