Mittwoch, 10. Dezember 2025

Vermischtes und Zeugs (CXXXIII)


Dass die US-amerikanische Regierung die EU hasst, sollte diese eigentlich als Kompliment nehmen. Das ist nämlich ein Zeichen, dass sie hervorragend funktioniert. Weil sie für vieles steht, das Leute wie Trump und Musk abgrundtief hassen. Für die künftigen Welthegemone kann es kaum Besseres und Erstrebenswerteres geben als ein Europa, das wieder in 28 mittlere bis kleinere Einzelstaaten zersplittert ist, die sich alle gegenseitig in Sachen Steuern, Löhne, Sozial- und Sicherheitsstandards unterbieten und in jeder Hinsicht gegeneinander ausgespielt und geknechtet werden können. Und am besten verschwönde dieser lästige Euro gleich mit.

Dumm nur, in so einer Weltlage einen Kanzler zu haben, bei dem, höflich gesprochen, Kleinhirn und Großhirn offenbar höchst unterschiedliche Reaktionszeiten haben. Und so kam Merz als Reaktion auf das 'neue', vom Kreml gelobte, von Trump-nahen Aktivisten zusammengetackerte und größtenteils auf Blödsinnsprämissen basierende US-Sicherheitskonzept gleich beim Orange-Utan angedackelt und diente servil eine Special Relationship Deutschlands ohne die lästige EU an. Grundgütiger!

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Ist es eigentlich bloß Zufall, dass beim Thema Rente alle nur von gierigen Boomern und von gebeutelter Jugend reden, aber kaum jemand davon, dass ein Teil der Probleme der Rentenkasse auch auf das Lohndumping der Nuller zurückzuführen sind? Als Schröder sich mit dem größten Niedriglohnsektor in Europa brüstete, Hans-Werner Sinn in Talkshows meinte, 5 Euro Stundenlohn seien immer noch deutlich zu viel? Und auf den fortgesetzten Lohnraub seit den Neunzigern -- wir sind schließlich Exportweltmeister, wir brauchen keine Binnennachfrage --, der die Reallöhne kontinuierlich sinken ließ und lässt? Wie könnte das bloß zusammenhängen? Grübel, grübel, studier. 

Oh, und apropos: Warum redet eigentlich niemand über jene volkswirtschaftlichen Akteure, die das bestehende System der Rentenversicherung gern abgeschafft sähen. Zum Beispiel, weil sie es voll doof finden, Arbeitgeberanteile berappen zu müssen?

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Worin hingegen der Sinn sein soll, Beamt:innen in die Rentenversicherung aufzunehmen, erschließt sich mir nicht. Außer bei Angestellten im öffentlichen Dienst werden reguläre Renten aus erwirtschaftetem Mehrwert von Unternehmen bestritten, die Altersversorgung von Beamt:innen und öffentlichen Angestellten aus staatlichen Mitteln. Wo also soll der Unterschied sein, deren Pensionen erst in den RV-Topf einzuzahlen, anstatt sie direkt zu überweisen? 

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Top-Marketing-Tipp für Bücher: Aufkleber mit der Aufschrift "KEIN beschissener SPIEGEL-Bestseller". Ich würd’s kaufen.

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Oh, und wo wir gerade dabei sind: Darüber, das Sozialversicherungsprivileg von Minijobs endlich zu beenden, was immerhin sechs bis acht Millionen Erwerbstätige beträfe, scheint auch niemand so richtig reden zu wollen. Also, was ist aus der Idee geworden, Minijobs abzuschaffen? Die sind, wenn man es so betachtet, nichts anders als eine indirekte Subvention von Arbeitgebern, da der Staat darauf verzichtet, Arbeitseinkommen bis zu einer gewissen Grenze adäquat mit Steuern und Sozialabgaben zu belegen (würde man jeden Minijob mit nur 50 Euro pro Monat pauschal rentenversichern, würde schon einiges zusammenkommen, selbst wenn man Rentner:innen und Studierende rausrechnet). Wirft man diesbezüglich eine Suchmaschine an, dann bekommt man zur Antwort, die Einkommensgrenze für geringfügige Beschäftigung werde, da sie an den Mindestlohn gekoppelt ist, 2026 auf 603 Euro pro Monat steigen. Wird also nicht abgeschafft? Frag ja nur.






9 Kommentare :

  1. Dass eine Institution von den Galionsfiguren einer anderen "gehasst" wird ist noch kein Beleg dafür, dass erstere "hervorragend funktioniert". Überhaupt sollte man erst mal definieren, was "hervorragend funktionieren" eigentlich bedeutet. Konzertiertes Aufhalten und Abschieben von Flüchtlingen vielleicht? Die wundersame Verwandlung von Diktaturen und Pseudo-Demokratien in sichere Herkunftsländer? Oder die anlasslose Datenspeicherung sämtlicher Nutzer von Internet-Diensten?
    Apropos Galionsfiguren: die Faschist*innenumarmerin VdL ist mir, vorsichtig ausgedrückt, ebenso unsympathisch wie der Möchtegern-Fascho im Weißen Haus. Was Korruption und Heuchelei angeht weiß ich allerdings nicht so genau, wer da grad die Nase vorn hat.

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    1. Genau! Alles Verbrecher, die da oben. Sind doch alle gleich. Endlich sagt's mal einer!

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    2. Ach, die da unten sind auch nicht viel besser. Wie der Herr, so das Gescherr. Das gilt leider auch für nicht wenige Blogbetreibende.

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  2. Hauptsache, nicht für anonym Kommentierende.

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  3. Rente: Das ist doch die Konsequenz aus dem Umstand, dass seit Thatcher und Co. (menschliche) Arbeit immer billiger zu sein hat. Da eine globalisierte Welt u.a. mit sich bringt, dass Lohndumping durch Verlagern an andere Ecken der Welt nicht mehr unbegrenzt funktioniert oder zu wenig abwirft, muss eben anders gedrückt werden wie durch die ganzen "Instrumente" Leiharbeit, Zeitarbeit, Werksverträge, Billigjobs. Die Konsequenz daraus ist eben das, was wir heute haben: Entlastete "Arbeitgeber" und einen immer geringeren Rentensatz bei immer weniger Einzahlern. Auch deswegen ist das Berechnen von Rentensätzen in x Jahren eher Orakel oder besser Verarsche und Angstmacherei, die anscheinend gut funktioniert. Ein weiterer Punkt ist aber, dass die Rente bei vernünftigen Löhnen überhaupt kein Problem wäre, wenn es nicht diese selbstgeschaffene "Finanzierungslücke" gäbe.

    USA vs. EU vs. Asien vs Russland: Orwells 1984 lässt grüßen und die Allianzen werden halt immer so gebildet, wie die jeweiligen Parteien sich daraus die meisten Vorteile versprechen - heute der und morgen der. Das dabei das Prinzip "teile und herrsche" bei Uneinigkeiten besser funktioniert = Binse. Merz geht dabei freilich gleich voll mit und versiebt sich´s mit den nächsten Staaten. Der Typ ist derart borniert und gleichzeitig schlicht in der Mütze, dass kann man gar nicht beschreiben. A. Merkel wusste schon, warum sie den nicht rangelassen hat.

    Nichtsdestotrotz ist die EU als organisation und Bürokratiemonster nicht "das Europa", welches so gerne darüber suggeriert wird. Da gebe ich dem Vorredner durchaus recht. Auch deren Maßnahmen sind m.E. ein teil dessen, was wir jetzt als Erfolg der Rechten wahrnehmen.

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    1. Die EU ist nicht Europa, stimmt. Aber es gibt Ähnlichkeiten. Europa wurde einst von einem Stier gebumst. Die EU heute von den USA, China und Russland. Autsch!

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  4. @Siewurdengelesen
    "nicht "das Europa", welches so gerne darüber suggeriert wird.
    Yepp, das stimmt.
    Wenn man die Macht der US-Tech-Konzerne plus die wirtschaftliche Macht Chinas 2025 betrachtet, sollte man aktuell für die "gesammelte Kraft" der EU sehr froh sein.
    Denkt man sich eine Situation ohne EU — wie der Forist schon schrieb: "Alleine machen sie dich ein".
    Gruß Jens

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    1. Soviel "gesammelte Kraft" sehe ich da gar nicht, sondern auch da eher den Punkt, dass beschlossen wird, was den Unternehmen und Banken in erster Linie nützt - siehe jetzt wieder das Absägen des "Verbrenner-Aus", damit in erster Linie die deutsche Autoindustrie weiter kassieren kann. Mit Griechenland war man weiland nicht so rücksichtsvoll im Umgang und D ist in etwa so ein (manchmal mehr gewollter) Hegemon der EU, wie es die USA im Globalen sein wollen.

      Ein Trump ist doch u.a. auch deshalb so eine Axt im Walde, weil abzusehen ist, dass die Vormachtstellung der USA schwindet. Man darf nie vergessen, dass Politik nun einmal der Arm der herrschenden Klasse ist. Dabei hat er ganz ähnlich wie unser Frühling ohne ä erstens keine Ahnung von nichts und zweitens kein langfristiges Konzept, sondern zerdeppert nur fleißig Porzellan für seine Attitüden und Lobby-Ziele. Es ist ganz schlecht, wenn Arroganz, Egomanie und Ahnungslosigkeit sich mit Macht vereinen und deren Träger ob der ersten Punkte eher leicht zu beeinflussen sind.

      Aus historischer Sicht muss sich jeder klar sein, dass es "das Europa" nie gegeben hat und auch der abendländische Muff mehr Schimäre als Realität war, auf den sich so gerne bezogen wird. Es gab schon immer eine Zahl an ehedem Königreichen und Fürsten- und Herzogtümern, die sich mit Beginn der Neuzeit in Nationalstaaten wandelten. In der Antike dominierten die Stadtstaaten, wenn man von den Reichen der Römer und teils der Byzantiner absieht, um das mal gaaaaaanz grob herunterzubrechen.

      Diese sich herausgebildet habenden Nationalstaaten sind sich eben wegen ihrer Konkurrenz mit dem entstehenden Kapitalismus nie dauerhaft grün gewesen, sondern es gab immer wieder Kriege durch die Zeit. Der "Pluspunkt" des aktuellen Zustands ist der, dass zumindest in Mitteleuropa eine gewisse Einigkeit besteht dank der EU, weil auch die wirtschaftlichen Hauptprobleme bzw. "Gegner" in etwa gleich sind. Aber auch da sieht man bereits Risse wie das Aussteigen der Briten. Der Angriff Russlands auf die Ukraine ist da nur etwas aus Mitteleuropa heraus verlagert und als weiterer Spielball zwischen den Mächten aus russischer Sicht gar nicht so dumm, hat er doch die Konkurrenzsituation EU - USA auf Kosten der Ukraine weiter zugespitzt. Aber der Plebs hat am großen Casino-Tisch ja noch nie interessiert, der dabei mit seinem Blut bezahlt.

      Ohne da herumorakeln zu wollen, dürfte das neuerliche Erstarken der Rechten dazu führen, dass nationale Bewegungen ein Abspalten von der EU zur Folge haben, sobald es scheinbare Vorteile verspricht. Ein Hinwegsetzen per Symbolpolitik über solche Regelungen wie die derr (imho völlig unsinnigen) Grenzkontrollen dürfte das eher beschleunigen. Es ist halt schade, wenn dabei der eigentliche europäische Gedanke kaputt gemacht wird.

      Es ist daher fraglich, ob die Vorteile eines weitgehend einheitlichen Europas der Machtgier solcher Typen wie Merz widerstehen werden, wenn dieser bereits jetzt völlig grundlos "sein eigenes Ding" dreht oder sich bei Trump prostituiert?

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