Donnerstag, 16. Juni 2022

Vom Gleichschalten und Treibjagen

 
Den klugen Paul Mason sinngemäß zitierend, könnte man sagen: Die unbestreitbare Tatsache, dass (westliche liberale) Demokratien zweifellos ihre systemimmanenten Fehler, Schwächen und blinden Flecken haben, macht noch lange keine Diktaturen aus ihnen. Diverse 'alternative' Medien bedienen sich zunehmend einer heillos entgrenzten Sprache, um aktuelle, von ihnen missbilligte Erscheinungen als Anzeichen dafür zu framen, dass wir in einer Diktatur leben. Da wird dann eine eher triviale Beobachtung wie die, dass an einen Mainstream gerichtete Medienangebote eben Mainstream-Erwartungen bedienen, zu 'Gleichschaltung' hochgejazzt. Der Unterschied zu Jana aus Kassel ist da nicht mehr besonders groß. Haste Kummer - mach die Opfernummer!

Montag, 13. Juni 2022

Vermischtes und Zeugs (XXIV)


Die Älteren werden sich vielleicht erinnern: In den 1970ern gab es Gruppierungen wie die RAF oder den 'Revolutionären Kampf'. Letztere waren die Leutchen um Matthias Beltz, Daniel Cohn-Bendit, Joschka Fischer et al., die beim Opel in Rüsselsheim anheuerten, um die dortigen Arbeiter zum Revolutionmachen zu bewegen. Die waren alle überzeugt, das herrschende System stünde unmittelbar vor dem Kollaps, ein letzter Schubs würde genügen, um es zum Einsturz zu bringen. Was, fragen sich heute viele mit gewissem Befremden, machte die bloß so sicher?

Samstag, 11. Juni 2022

Teurer Königsweg

 
Der Imperativ, sich bittesehr gesund, ausgewogen, aus frischen Zutaten zu ernähren und, wenn überhaupt mal, dann bitte nur ganz selten mal ganz hochwertiges Fleisch zu essen, mag aus ökologischer und physiologischer Sicht vernünftig sein. Nur haftet dem unter kapitalistischen Rahmenbedingungen auch immer ein unangenehmer Klassenaspekt an. Das empörte Fingerzeigen auf billiges Grillfleisch im Discount erinnert durchaus nicht zufällig an die empörte bildungsbürgerliche Frage, ob denn jetzt wirklich jeder Abitur machen und studieren müsse (will heißen: Die Welt war doch völlig in Ordnung, so lange im wesentlichen nur unsere Kinder diese Privilegien hatten und wir bestimmten, wer aus den niederen Ständen 'es schaffte').

Mittwoch, 8. Juni 2022

Ronny des Monats - Juni 2022

 
Schon wieder ist nicht nur fast das halbe Jahr, sondern auch ein kompletter Monat rum, und das bedeutet: Es ist Ronny-Time. Nachdem der Krieg in der Ukraine nicht mehr komplett die Nachrichten dominiert, kommen auch wieder vermehrt Neuigkeiten aus dem blaubraunen Lager und deren Assoziierten an die Öffentlichkeit. Und natürlich sind auch dieses Mal wieder einige auf der Shortlist gebleiben, ohne es in die Top 5 geschafft zu haben: Etwa dass im Land der unbegrenzten rechten Möglichkeiten der Verfassungsschutz wochenlang einen bekannten NPD-Politiker an der Pforte sitzen hatte. Man denkt dort also das Konzept des V-Manns konsequent zu Ende. Oder Springers 'Welt', die mutig zur Verteidigung deutschen Nachwuxes gegen die Verschwulungsversuche von ARD und ZDF schreitet...

Sonntag, 5. Juni 2022

Was Macht macht

 
So es denn eine gibt, lässt die Moral von der Geschicht', die die hervorragende dänische Serie 'Borgen' anbietet, sich recht kurz zusammenfassen: Macht ist eine Droge. Wer nicht beizeiten lernt, von ihr zu lassen, den wird sie zerstören. Zuverlässig und gnadenlos. Panzern. Hart und brutal machen. Sie zerstört nicht nur die, die sie haben, sondern auch deren Familien und deren Umfeld. Und noch etwas lernen wir: So etwas wie oben ankommen gibt es nicht. Wenn du oben bist, dann wird es erst richtig übel. Dann bist du der Gejagte und die Jäger werden immer jünger und zahlreicher. Daher musst du mindestens so viel Aufwand darauf verwenden, dich an der Macht zu halten wie auf deine eigentliche Arbeit.

Freitag, 3. Juni 2022

Vermischtes und Zeugs (XXIII)

 
Elon Musk will, dass alle Tesla-Mitarbeiter 40 Stunden pro Woche im Büro sind. Wer das nicht täte, so ließ er per Mail verlauten, bei dem werde davon ausgegangen, dass der Betreffende das Unternehmen verlassen hätte. Boah, ist schon ein voll krasser Visionär, der Elon! Herzlich willkommen im hypersupi quietschmodernen Digitalkapitalismus, wo wir genauso doof roboten gehen müssen wie 1960. Dann kann man's auch lassen.

Montag, 30. Mai 2022

Gut konserviert


Konservative und Rechte, die politischen Gegnern vorwerfen, in Traumwelten zu leben, sollten sich zunächst vielleicht mit den Traumwelten befassen, in denen sie selbst leben. Nicht nur in Deutschland natürlich.

Nicht alle, aber auch nicht eben wenige Konservative und viele Rechte werfen anderen gern Spinnerei vor, leben ihrerseits aber erst recht in einer Traumwelt. Ihnen träumt, früher sei so ziemlich alles besser gewesen. Die Leute hätten sich nicht scheiden lassen, junge Menschen nicht zügellos rumgemacht, sonntags seien die Kirchen voll gewesen, die Frauen hätten noch nicht aufgemuckt, und wenn doch, dann durfte der Ehemann auch mal ungestraft Gewalt anwenden. (Überhaupt hat damals eine gesunde Watschen noch keinem geschadet.) Alle waren hetero und wenn mal einer von der Brücke sprang, weil er das dauernde Mobbing (das früher noch nicht so hieß, sondern 'Hänselei' oder so) nicht mehr ertrug, dann war er halt zu weich für diese Welt. Und eh selbst schuld. Musste ja nicht so aus der Reihe tanzen.

Sonntag, 29. Mai 2022

Local Heroes


Am Wochenende war Local Heroes Night im hiesigen Kulturzentrum. Exoplanets aus der bescheidenen Heimatstadt, Kaozzz Konzzzept aus dem westfälischen Hamm. Gute Musik, nette Leute, entspannte Stimmung, günstiger Eintritt, bezahlbare Getränke, keine Masken mehr - passt. Herzwärmend. Hat gefehlt, so was. Mein Dank ergeht an alle Beteiligten.

Donnerstag, 26. Mai 2022

Vermischtes und Zeugs (XXII)


Aus dem Trubel um den Frankfurter OB Feldmann (SPD) lernen wir: Du kannst mit so ziemlich allem durchkommen. Damit, deiner Ehefrau Pöstchen zuzuschanzen, damit, in diverse Fettnäpfchen zu treten, alles kein Problem. Aber sich im Flieger öffentlich zu äußern über die hormonellen Wirkungen, die gewisse Flugbegleiterinnen haben bei einem -- da hört sich der Spaß auf. Sexistische Kackscheiße! Rücktritt! Pronto! Ach so: Wie wäre das eigentlich, wenn eine postklimakterische Petra Feldmann (SPD) sich in vergleichbarer Weise wohlwollend über männliche Flugbegleiter geäußert hätte? Frage für einen Freund.

Dienstag, 24. Mai 2022

Billiger Bumerang

 
Und? Auch schon so ein modernes Neun-Euro-Ticket besorgt? Billig Bus und Bahn fahren? Für neun Schleifen nach Sylt, Reiche gucken? Ich weiß ja nicht, was Sie so denken, aber mit meiner Vergangenheit als Bahnpendler würde ich sagen, die Milliarden, die der Bund ins das Ticket steckt, könnten sich am Ende als höchst erfolgreiche Kampagne gegen den ÖPNV entpuppen. Weil viele, die schon ewig nicht mehr ÖPNV gefahren sind, hinterher sagen werden: Nie wieder! Das Problem wird nicht sein, dass Züge und Busse überfüllt sein werden. Das wird vermutlich der Fall sein, vor allem an Wochenenden, aber damit werden die meisten eh rechnen.