Der Begriff 'bürgerlich' ist ja nicht völlig ohne Grund ein wenig belastet. Nicht nur, weil der große Wolfram Siebeck entweder sofort die Flucht oder die nächste Pumpgun ergriff, sobald irgendwo von 'bürgerlicher Küche', oder schlimmer, 'gutbürgerlicher Küche' die Rede war.
Bürgerlich, das kann im schlechten Sinne bedeuten: Kleingeistigkeit, Enge, Intoleranz, Bigotterie, Abschottung, Krämerseeligkeit, Missgunst, als Bescheidenheit ausgegebene Rapschigkeit. Andererseits kann das auch einen gewissen Lebensstil, ein bestimmtes, gar nicht mal unsympathisches Mindset bedeuten. Umgangsformen. Höflichkeit. Dezenz. Anstand. Eine gewisse Grundfreundlichkeit, Langmut und Großzügigkeit. Weltoffenheit, kultureller Horizont, Neugierde, Theater- und/oder Konzertvormiete, Büchereiausweis, Sinn für die schönen Dinge des Lebens. So in der Art. Ich weiß, wovon ich rede. Ich bin in im weitestem Sinne klein- bis bildungsbürgerlichen Verhältnissen groß geworden und habe sowohl das eine als auch das andere erlebt.