Samstag, 25. März 2017

#Shaming allerorten


"Wenn einer bei uns einen guten politischen Witz macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel." (Kurt Tucholsky 1919)

"Die deutsche Humorlandschaft ist wie eine Allee von Stromkästen in Berlin-Mitte: Irgendeiner ist immer angepisst." (Micky Beisenherz 2017)

Sicher, die paranoide Wahrnehmung, als Otto Normalmensch auf Schritt und Tritt von einer linksgrünen Gedanken- und Wörterpolizei umstellt zu sein, die wegen eines jeden falschen Wortes, egal aus welchem Grund und in welchem Zusammenhang geäußert, auf Hexenjagd geht, ist normalerweise heillos überzogener Blödsinn. Wer sich auch nur kursorisch durch so genannte Soziale Netzwerke, Kommentarspalten und anderes klickt, erkennt leicht, wie problemlos es möglich ist, so ziemlich jeden rassistischen, misogynen oder sonstwie menschenfeindlichen Dreck zu kübeln, ohne etwas befürchten zu müssen deswegen. Außer natürlich, man stellt sich dabei ganz besonders extrablöd an.

Dienstag, 21. März 2017

Der blinde Fleck


"... und wenn jemand Ihnen sagt, er kenne keine unfähigen Lehrer, dann kennt er aus einem ganz bestimmten Grund keine." (Volker Pispers, 2002)

Lehrer standen schon lange vor Gigi Schröders Diktum von den 'Faulen Säcken' in dem Ruf, überbezahlte, unkündbare, jammernde Halbtagsjobber mit fünfzig Tagen Urlaub zu sein, die aus Ratlosigkeit zwei halbe Fächer studiert haben, weil's für ein richtiges nicht reichte in der Runkel. Das deckt sich nur wenig mit meinen Erfahrungen der letzten 10, 15 Jahre, während derer ich immer wieder an und mit Schulen zu tun hatte und habe. Die allermeisten Lehrer, die mir da begegnet sind, waren bzw. sind freundliche, positive, engagierte Leute, die ihren Job gern machen, für ihre Schüler da sind, mindestens die halben Ferien an der Schule verbringen oder über Korrekturen hängen und dabei Wochenstundenzahlen schieben, die jeden Tarifangestellten im öffentlichen Dienst auf die Barrikaden treiben würden.

Sonntag, 19. März 2017

Goodebye, Chuck!


Ob Chuck Berry (1926-2017) den Rock 'n Roll erfunden hat? Keine Ahnung. Aber es dürfte defintiv niemanden auf der Welt geben, der irgendwie mal von Rock 'n Roll, aber nie das Intro zu Johnny B. Goode gehört hat. Und die beste, da originellste Hommage an den Großen Duckwalker ist und bleibt die aus Robert Zemeckis 'Zurück in die Zukunft' von 1985.  Ich weiß bis heute nicht, wie lange ich damals gebraucht habe, um das Grinsen aus meinem Gesicht zu kriegen. Go, Johnny go...

Samstag, 18. März 2017

Ist Heidis nomen omen?


Gleichermaßen faszinierend wie erschreckend, wie einen so ein Smartphone, dessen Display vorgestern morgen spontan und sehr überraschend entschied, den Dienst zu quittieren und die schnelle Anschaffung, vor allem aber das Einrichten eines neuen Geräts einen in Beschlag nehmen können. Erst recht, wenn man wie ich in grenzenloser Starrköpfigkeit entschieden hat, dass Google nicht allzuviele Daten bekommen sollte. Ich sag mal so: Es geht, das Migrieren. Vieles ist von Hand machbar. Aber man muss sich schon arg reinfuchsen und sollte sich nichts weiter vornehmen. Migrieren aber ist das Stichwort. Eigentlich wollte ich schon vorgestern etwas zu Frau Hetzer geschrieben haben. Komme aus genannten Gründen aber erst heute dazu.

Dienstag, 14. März 2017

Win-win


"Staaten haben keine Freunde, nur Interessen." (Charles de Gaulle)

Berlin, Bundeskanzleramt. Ende Februar 2017. Wind. Die Frisur sitzt.

Vorzimmer. Frau Bundeskanzlerin, Herr Erdogan wäre jetzt in der Leitung.
Angela Merkel. Dolmetscher?
VZ. Steht hier neben mir.
AM. Soll reinkommen. Stellen Sie durch. *klick, bratz, tüüt* Merkel?

Sonntag, 12. März 2017

Ronny des Monats - März 2017


Zweite Woche des Monats - Zeit für die allmonatliche Ronny-Verleihung. Tja, wo soll man anfangen dieses Mal? Vielleicht mit der Meldung, dass eine große Liebe wohl erkaltet ist. Jürgen Elsässer, Herausgeber des Nicht-Lügen-Magazins 'Compact', war ja ganz vernarrt in Frauke Petry, saftelte vor einem Jahr gar: "Ihre Mundwinkel besuchen die Ohren, kräuseln sich am Ende, ihre Augen blitzen schelmisch, ihr Kinn hebt sich mit verhaltener Arroganz – wer denkt da nicht an Audrey Hepburn in Frühstück bei Tiffany?" (wurde schon beobachtet, wie Ms. Hepburn sich im Grabe umgedreht hat?). Hui, wem da nicht die Hose aufgeht.

Und, was macht sie, die schelmisch blitzende Kurzhaarfrisur? Verklagt ihren Förderer und Verehrer schnöde! Weil er es irgendwie nicht so dolle fand, dass sie maßgeblich das Ausschlussverfahren gegen den originellen Parteitheoretiker Höcke betrieben haben soll. Wo sie gerade letzterem doch so nett zur Seite gestanden hat. So was! Man hole das Popcorn und stelle das Bier kalt.

Oder soll man erwähnen, dass Ronny & Co. im Osten der Republik mittlerweile ein echter Wirtschaftsfaktor sind, weil die das mit den No-go-areas einfach besser draufhaben als Genosse Migrant? Ich meine, was ist schon so ein popliges Duisburg-Marxloh oder Berlin-Neukölln gegen eine richtig National Befreite Zone in der Neufünfland-Provinz?

Wie dem auch sei, die Auswahl war wie immer groß und am Ende mussten fünf übrig bleiben. Die sind's:

Freitag, 10. März 2017

Schmerzkekse einst und jetzt


Bevor man einmal mehr den baldigst dräuenden Weltuntergang qua allgemeiner Verrohung der Sitten ausruft, kann ein Blick in die eigene Vergangenheit zuweilen hilfreich sein. Man verdrängt da gern so einiges. Etwa wie wir uns damals immer, wenn irgendwo etwas Schreckliches passiert war, zu einer Gruppe von Scherzkeksen formierten, in der darum gewetteifert wurde, wer den härtesten, geschmacklosesten Spruch, den makabersten Witz über das traurige Ereignis draufhatte. Wir waren begeisterte Leser des seinerzeit von Herbert Feuerstein herausgegebenen MAD Magazins und hatten gelernt, dass man besser durch seine Jugend kommt, wenn man nichts und niemanden ernst nimmt. Paar Beispiele gefällig? Von mir aus (nicht, dass es heißt, es sei nicht gewarnt worden):

Montag, 6. März 2017

The longer read: Über Benimm, decency und das Verbieten


Obwohl prinzipiell antiautoritär eingestellt, kann ich nicht umhin zu konzedieren, dass es Einschränkungen und Verbote gibt, die sehr wohl ihren Sinn haben und Gutes bewirken. Als Student hatte ich kein Auto, so lieh ich mir eines Tages Vaterns Opel Kadett D, als ich einmal etliches an Fachlektüre in die Bibliothek zu transportieren hatte. Meinen Führerschein hatte ich noch nicht allzu lang, doch war die Unsicherheit des totalen Fahranfängers bereits der trügerischen Gewissheit gewichen, alles im Griff zu haben. So fuhr ich gern halb liegend, das Steuer lässig mit zwei Fingern bedienend, nahm Geschwindigkeitsbegrenzungen als eher unverbindliche Vorschläge und verfuhr meist so nach Gefühl. Und wenn's mich ritt, dann trat ich auch schon mal drauf. Nun ja, im Rahmen dessen, was mit 55 PS aus 1,4 Litern Hubraum so möglich war.

Samstag, 4. März 2017

Schmähkritik des Tages (6)


Heute: Arland von Kittlitz über die Weltretter aus dem Silicon Valley

"Wie zur Hölle, frage ich mich [...], kommt es, dass die Menschen aus dem Valley so unheimlich selbstvernarrt und siegesgewiss dermaßen riesige Behauptungen aussprechen? [...] Inwiefern haben jüngere Stars des Valley, der Taxidienst Uber zum Beispiel oder das soziale Netzwerk Instagram, die Welt verbessert? Wenn ich jetzt anfangen würde, im Internet Würmer für Angler zu verticken, sodass ein paar alte Lädchen dichtmachen müssten, dürfte ich im Valley wahrscheinlich auch behaupten, ich hätte die Welt verbessert. Überall sonst würde man mich auslachen.
In Wahrheit ist es doch so: Die 'Weltverbesserung' des Valley beschränkt sich zumeist auf das Auffinden und Bearbeiten banaler Probleme. Die billigste Mikrowelle, sagt mir Google, gibt es bei resterampe.de; und dem Restaurant, das ich neulich so blöd fand, dem gebe ich dank Googles toller Bewertungsfunktion jetzt mal bloß einen Stern, weil voll langsamer Service, die Schweine! Aber die Probleme, deren Lösung tatsächlich die Welt verändern würde: das Problem sozialer Ungerechtigkeit zum Beispiel oder die Erwärmung des Humboldt-Stroms, die wirklich großen Probleme also werden vom Valley nicht bearbeitet.
Wie kann es sein, dass niemand dem Valley und seiner Aufgeblasenheit widerspricht? Wieso ist der Diskurs dermaßen devot?" (in DIE ZEIT, 05/2017)

Dienstag, 28. Februar 2017

Handlungsbedarf, sofortiger


Es ist ja längst nicht nur der deutsche Jungmann, der ein quasi erotisches Verhältnis zum Auto pflegt. Zu Zeiten, in denen ich, lang ist’s her, in der Jugendarbeit aktiv war, da fiel zum Beispiel eine Clique polnischstämmiger Aussiedlerjungs durch einen gesteigerten Autofetisch auf. Ab der Pubertät trieb sie nur noch ein Thema um: Was für ein Auto kaufen, wenn man 18 ist? Für sie war die Sache in Marmor gemeißelt und sonnenklar. Etwas aus Stuttgart mit einem Stern auf der Haube, was anderes kam nicht infrage. Darauf lebten sie hin. Wer ihnen gegenüber aber meinte: Pfff, keine Ahnung, um ein Auto mache ich mir keinen Kopf, ich sehe erst mal zu, dass ich die Schule hinbekomme, den bedachten sie mit einem Blick, als hätte man ihnen soeben offenbart, man genieße nichts so sehr wie zu Klängen von Ernst Moschs Oberkrainern in Muttis getragene Schlüpfer zu onanieren.