Dienstag, 2. Juni 2020

Bye bye, Bufett!


"Das Frühstücksbufett ist tot", meint Gastronomieberater Jörg Reuter. "Und das ist auch gut so!", möchte man da ergänzen. Und zwar nicht nur Frühstücksbuffetts. All you can eat-Bufetts sind eine Entwicklung der letzten 20 Jahre. Sie basieren auf der Rechnung, dass es billiger ist, ein Überangebot vorzuhalten, dessen Reste vernichtet werden, als ausreichend Servicepersonal. Sparen am Service, gib ihnen zu fressen, lautet die Devise. Bufett sieht aus wie das Versprechen eines Schlaraffenlandes, ist aber letztlich bloß in Vitrinen gekübelter Wareneinsatz, "ein Symptom für Serviceunlust und Personalabbau" (Buggisch). An dem Elend ändern auch einzelne rühmliche Ausnahmen wie das inzwischen geschlossene Café Seitenblick in Bochum und Essen nichts.

Außerdem isst man da, so man nicht über die Selbstzucht eines buddhistischen Bettelmönchs verfügt, immer zu viel. Gut, das mag die Sache jedes einzelnen sein, aber warum redet alle Welt über die schädlichen Auswirkungen von Sesselfurzerjobs, Bewegungsmangel und Fastfood auf Gewicht und Blutwerte, aber kaum jemand über diejenigen dieser Fressdichtot-Veranstaltungen zum Dumpingpreis?

Vor allem aber passiert an Bufetts das, was immer passiert, wenn man zu viele Menschen einfach mal machen lässt: Die Arschgeigen und Soziallegastheniker haben bald das Kommando. Frühstücks- und andere Bufetts jenseits des privaten Rahmens bringen zuverlässig das Schlechteste in jenen zum Vorschein, die mit Freiheiten nicht umgehen können bzw. sie grundsätzlich dazu nutzen, ihren Mitmenschen auf die Nüsse zu gehen. Es wäre also eine sehr gute Nachricht, wenn das Ende des Frühstücksbuffetts dafür sorgte, dass folgende Leutchen freundlicherweise gleich mitverschwänden:

Typen, die vor einem stehen und stundenlang sinnieren, womit sie ihren hochsensiblen Gaumen wohl als nächstes verwöhnen oder mit ebenfalls anwesendem/r Partner/in ausgiebig diskutieren, welche erschröcklichen Auswirkungen der Verzehr von diesem oder jenem auf die Blutwerte haben würde.

(Glaube ja niemand, man könnte die einfach überholen. Diese Leute haben ein angeborenes Talent, im Weg zu stehen und einen sechsten Sinn für strategisch günstige Plätze dafür.)

Neugierige Kinder, die den Aufschnitt betatschen und deren Eltern es voll fascho fänden, sie daran zu hindern ("Schau nur, Malte-Jonathan-Mark Aurel entdeckt gerade seine Welt!").

Typen, die mit ihrer benutzten Gabel zum Bufett gehen und damit in der Auslage herumforkeln.

Typen, die sich ausgiebig Kimme und/oder Sack kratzen und danach mit selbiger Flosse in den Brötchenkorb greifen, weil die Zange zu benutzen voll schwul und unmännlich wäre, das Sesambrötchen nach ausgiebiger Begutachtung wieder zurücklegen, es gegen ein Mohnbrötchen tauschen und einen verständnislos anglotzen, wenn man sie darauf hinweist, dass das vielleicht nicht so wahnsinnig hygienisch ist. Eventuell duzen sie einem noch ein "Jetz sei mal nich so empfindlich hier!" aufs Auge.

Typen, die das Tuch, in die der Brotlaib, von den man sich selbst Scheiben absäbeln kann, aus Hygienegründen eingeschlagen ist, im Sommer zum Schweißabwischen verwenden und es dann wieder aufs Buffett zurücklegen (kein Scherz, selbst erlebt).

Typen (ausnahmsweise fast ausschließlich Frauen), die zu zweit oder mehreren neben einem stehen und einem ungefragt Details aus ihrem Intimleben bzw. dem einer Freundin aufnötigen.

Typen, die offenbar noch niemals in ihrem ganzen Leben Rührei gesehen, geschweige denn gegessen haben, sich daher ihren Teller bis zum Rand mit dieser raren, edlen Delikatesse vollladen und vor allem die ganze Schüssel leerschaufeln dabei, sodass man als nächster in die Röhre guckt.

Sollte man keine Träne hinterherweinen. Dabei verfüge ich als weitgehender Pauschalreisenverweigerer noch nicht einmal über morgendliche Erfahrungen aus Bettenburgen an touristischen Hotspots.

Doch ach, leider sieht es nicht so aus, als sei die Welt der Gastronomie ohne die SB-Hölle namens Buffett eine schönere. Denn da sind immer noch die, die meinen, sie hätten ein Anrecht. Ein naturgegebenes. So erhob die Aachener Filialbäckerei Nobis, bekannt für ihre Kräuterprinten, bei der Wiedereröffnung in ihren Cafés ein Tischgeld nach italienischem Vorbild (coperto) und rechnete das auch transparent vor. Niedrigere Auslastung bei nicht gleichzeitig gestiegenen Kosten für Hygienemaßnahmen und so. Woraufhin es einen Shitstorm in den 'Sozialen' Medien gab. Abzocke! Unverschämtheit! Nie wieder Nobis! Klar, Wörter wie 'Preiskalkulation' und 'Kostendeckung' haben schließlich mehr als drei Silben - zu viel für den Social Media-Pöbel, wie es aussieht. Oder hat am Ende das Klopapierhamstern solche Löcher in die Haushaltskassen gerissen?



14 Kommentare :

  1. Danke! Weinen wir dem Buffet keine Träne nach. Eine Ergänzung: Warum soll ich mich im Urlaub eigentlich selbst bedienen? Einer der wesentlichen Vorzüge einer Reise ist doch, das Essen serviert zu bekommen und das Bett nicht selbst machen zu müssen. Handtücher fallenzulassen, die wie von Zauberhand verschwunden sind, wenn man zurück ins Zimmer kommt. Buffet ist DIY, ein Verfall der Sitten.

    Eine weitere Ergänzung: Chinesische Buffets sind oft brutal schlecht, lauwarm, miese Qualität, kein Personal, das man ansprechen könnte. Danken wir Corona für das Ende des Buffetzeitalters.

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  2. Nun, ich mag das Buffet eigentlich sehr, da ich so verschiedene Leckereien durchprobieren kann ohne mich a la carte auf eine festlegen zu müssen.
    Bei der obrigen Aufzählung der Ungenießbarkeiten habe ich glücklicherweise viele nicht selbst erlebt.
    Allerdings bin auch ich ein Genießer des Services und habe daher den Hype um Vapiano und Konsorten nie verstanden.

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  3. Ich habe bei der Headline ernsthaft an einen Nachruf auf Warren gewettet.

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  4. Üppige Buffets, möglichst noch als all you can eat angepriesen, verleiten dazu, mehr zu essen, als mit aller Gewalt hinein geht. Ich mach so etwas auch schon mal in einem Luxushotel. Allerdings besteht die Gefahr, dass ich in der Unterhose wieder nach Hause fahren muss, weil keine normale Hose mehr passt. (Achtung Kalauer.) Kalorien sind nämlich die kleinen Dinger, die nachts heimlich in den Kleiderschrank eindringen und die Bundweite verringern.

    Aber dank meiner gerade im alpinen Sommer-Urlaub gesteigerten sportlichen Aktivitäten stimmt die Balance am Tag der Abreise.

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  5. "Luxushotel", "gerade im alpinen Sommer-Urlaub". Der autonomen Szene in Deutschland scheint es recht gut zu gehen ;o)

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  6. Mattes: Dafür lebe ich das Jahr über vom Containern, der Tafel, Pfandflaschensammeln und Second-Hand-Kleiderbörsen. Meine Wohnungseinrichtung ist eher so eine Sperrmüllsammlung. ;o)

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  7. Buffet? Wird in meinem Kopf gleich Buh, Fett! draus, Passt auch vorzüglich zu den meisten All you can eat-Frühstücksbuffets. Ranziger Räucherlachs, überfettete Bratwürstchen und Buletten, in Mayo ersoffene Salate etc. – ach geh. Reinhard Meys Song Die heiße Schlacht [allerdings] kalten Buffet gibt die gruppendynamische Lage perfekt wieder …

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  8. AM kalten Buffet ;)

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  9. @ Altauto

    Ich sach immer: Ein glühender Kämpfer für den Kommunismus kann seinen Marx auch auf den Malediven lesen.

    P.S.: Nur weil ich Udo Walz zur Rasenpflege einfliegen lasse, wirft man mir Dekadenz vor.

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    1. Und mir, weil ich Tofuschnitzel a la Özil mit Blattgold bevorzuge. Aber nur hauchdünn. Das Blattgold.

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  10. Nicht Özil sondern Ribery.

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  11. @ alti

    Du hast über vier Stunden für die Recherche zur Gag-Korrektur gebraucht? Nächstes Mal Bonetti Media engagieren. Wir lösen den Fall auf jeden Fall. Jetzt mit reduzierter Mehrwertsteuer. WUMMS !!!

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    1. Außerdem kommt der Preis vor allem daher, wie dieser Schaumacher das Leichenteil salzt (nachdem er ausgiebig darin herumgefingert hat). Das kann man dann filmen und auf Instagram oder so einstellen.

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    2. Matze: Meine Enkeltochter hat mich auf den Fehler aufmerksam gemacht. Denn von Fussball verstehe ich nix: Ob Real Madrid oder AC Mailand, egal, Hauptsache Spanien.

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