Montag, 14. August 2023

Vermischtes und Zeugs (LVIII)

 
Missionarisch veranlagte Veganer waren schon voller Vorfreude: Da gibt es in den USA eine Zeckenart, deren Biss den Fleischfressern die Lust am Fleisch vergällt. Die Viecher bugsieren ein Zuckermolekül namens Alpha Gal in den Körper des Wirts, wo es dann beim Konsum von rotem Fleisch teils schwere allergische Reaktionen auslösen kann, das sogenannte Alpha-Gal-Syndrom. Symptome können Übelkeit, Bauchschmerzen, Ausschlag und Atemnot sein. (Geflügel und Fisch reagieren nicht auf das Molekül.) Wäre das nicht geil? Die Leute hören ganz einfach so auf, tote Tiere zu essen, weil sie davon krank werden. Nun aber dumm gelaufen: Die Allergie kann von selbst wieder abklingen und es werden bereits Schweine gezüchtet, deren Fleisch keine Immunreaktion auslöst.

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"Grüne holzen Wälder ab und betonieren sie für Windräder, die SPD feiert das Ende des auch für kleine Leute erschwinglichen Automobils, während Konservative den Rock'n'Roll verteidigen und die lustfeindliche Spießigkeit von NDR-Redakteurinnen mit Entsetzen zur Kenntnis nehmen. Alles anders als noch neulich. Irgendetwas stimmt hier nicht." (Jens Peter Paul)

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Franz Josef Wagner hat es bis ins 80. Lebensjahr geschafft. Da ich das Blatt, in dem er veröffentlicht, aus Prinzip nicht lese, kann ich nichts Fundiertes sagen zu seiner täglichen Kolumniererei. Nach dem, was man so mitbekommt, changiert sein Geschreibsel irgendwo zwischen dadaistisch-grenzgenial und reif für die Klapse. Ihm scheint das egal, er liefert sechsmal pro Woche, gibt einen Shit darauf, ob und wie diverse Kritiker sich abarbeiten an ihm und wird von Springer dafür so honoriert, dass er sich ein kommodes Leben leisten kann. Typen wie ihn gibt es nicht mehr viele. Die sich, unbeeindruckt von Moden, täglich einen Liter französischen Weißen reinschrauben, vielleicht noch einen Pastis zum Aperitif, dazu qualmen wie nicht gescheit und gern mal im Seventies-Porsche an die Côte d’Azur brettern. Einfach so, weil es da schön ist. Nicht dass so ein Lebensstil massentauglich wäre oder gar ratsam, aber in diesen von Selbstoptimierung besessenen Zeiten ertappe ich mich immer öfter dabei, so einen irgendwie zu mögen.

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Ikea-Hotdog auf bayerisch. Die Leberkässemmel kostet hier seit 2006 einen Euro. Mit einer Unterbrechung 2015, da waren es mal 1,20 Euro. Vermutlich kam es aber daraufhin wie einst 1844 zu wütenden Protesten. 


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Betrachtet man den Sensations-Transfer von Harry Kane nach München aus Kanes Perspektive, dann bleibt von der Sensation nicht viel übrig. Es liegt weniger an der Strahlkraft des Sterns des Südens, sondern hat mit nüchternem Abwägungen zu tun. Kane war Urgestein bei Tottenham Hotspur, einem Traditionsklub mit, klar, viel Tradition, klangvollem Namen, einer lebendigen Fanszene und einem schmucken Stadion, nur leider ohne Titel. Der letzte war 2008 der Ligapokal, und der zählt in England nicht, da zählt allein die Meisterschaft. Tottenham ist also eine Art Borussia Dortmund oder eher Mönchengladbach der Premier League.

Kane will aber Titel. Warum? Aus persönlichem sportlichem Ehrgeiz heraus, gewiss. Aber nicht nur. Titel sind die Währung, die alternde europäische Spieler interessant machen für die neuen superreichen Klubs in Saudi-Arabien und anderswo. Zumal er mit 30 als Stürmer langsam zu alt wird für den brutal harten Ligaalltag in der Premier League. Und da ist der FC Bayern als quasi sicherer Seriensieger einer international an Bedeutung verlierenden Liga, in der es etwas gemächlicher zugeht, die aber noch genügend Restprestige im Paket hat, der ideale Kandidat. Was soll da schiefgehen, wenn der BVB als ärgster Verfolger noch nicht einmal in der Saison 2022/23 was ausrichten konnte, als die überforderte Bayern-Vereinsführung Fehler an Fehler reihte?

Der Mann wird also wahrscheinlich ein paar Jahre beim FC Bayern bleiben und ein paar deutsche Meisterschaften abgreifen. Er wird seine Tore machen, denn sie werden das Spiel, wenn er nicht zu viel Bockmist baut, auf ihn zuschneiden wie einst auf Lewandowski (dem er von der Spielanlage weit ähnlicher ist als Sadio Mané). Zudem ist er vermutlich klug genug zu wissen, dass sie ihn in München lieben werden, wenn er die Folklore mitmacht, also gelegentlich mit Lederhose, Weißbier und Brez'n posiert, brav mit zur Wiesn kommt und eine Maß gen Kamera stemmt (was der Muslim Franck Ribéry hinbekommen, Mané wohl zu oft versäumt hat). Danach wird er seine Karriere bei richtig fetten Bezügen in einem Scheichtum oder der US-Liga ausklingen lassen. Die 100 Mille Transfersumme lassen sich heutzutage fast allein über Trikotverkäufe wieder reinholen.

RB Leipzig hat beim Supercup am Samstag vermutlich mehr Tore geschossen als Kane Ballkontakte hatte. Aber man sollte das Spiel nicht überbewerten. Borussia Dortmund hat bisher drei Mal den Supercup gegen den FCB gewonnen und sah sich jedes Mal schon als künftiger Meister. Zu unrecht.

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Woran du erkennst, dass du definitiv alt wirst, Nr. 3457: Wenn an deiner Pinnwand keine Zettel von Pizzaservices mehr hängen, sondern welche mit deinen nächsten Arztterminen.








8 Kommentare :

  1. Zu den missionarisch veranlagten Veganern mal ein Video, das momentan auch im TV läuft:

    https://www.youtube.com/watch?v=0z3aj1Ed_F8

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    1. PETA? Ist das nicht der doppelmoralische Verein, der jährlich Tausende Tiere tötet?

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    2. Siewurdengelesen16. August 2023 um 20:08

      Die Erklärung von PETA zu diesen Tötungen und weitere FAQ zu PETA. Einen etwas älteren Artikel zu diesem Thema aus der Zeit und dann noch eine Einschätzung der Agentur, welche diese Kampagne in erster Linie betreibt - gerne auch selber weiter recherchieren.

      Auch bei zoos.media und Kroiß als Betreiber der Seite hat man den Eindruck, dass es sich beinahe um etwas auf persönlicher Ebene handelt, dazumal das Impressum eher auf eine Briefkastenfirma mit interessanten Verflechtungen hinweist.

      Die Sicht Kroiß´ auf Zoos halte ich auch für nicht unvoreingenommen, denn da gibt es ebenfalls Kritik von nicht unbedingt radikaler Seite vor allem an der Menge und den damit ausstattungsbedingten Haltungsproblemen.

      PETA sehe ich in etwa auf demselben Niveau wie Extinction Rebellion, aber die geben immerhin zu, dass sie radikal sind. Den Punkt Tierrechte=Menschenrechte sehe ich als höchstens ethisch diskussionsfähig an, weil Tiere nun einmal Teil unseres Essens sind. Die Kritik an den Bedingungen dafür durch die industrielle Massenproduktion teile ich dagegen, bei denen es letztendlich wie bei allem nur darum geht, so viel Fleisch wie möglich so billig wie möglich zu "produzieren", um maximalen Profit zu erzielen. Ganz ähnlich wie bei anderen Ansätzen wird m.E. der gedachte Weg von PETA das Problem aber nicht lösen können, aber das wäre tl;dr.

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    3. „… weil Tiere nun einmal Teil unseres Essens sind.“

      Nicht, dass man das auf irgendwie ändern könnte.

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    4. Siewurdengelesen17. August 2023 um 02:21

      "Nicht, dass man das auf irgendwie ändern könnte."

      Das ist richtig.

      Allerdings habe ich da so meine Zweifel, ob sich das auf die gesamte menschliche Zivilisation anwenden lässt und ob dadurch die Zustände in den "Fleischfabriken" tatsächlich besser würden?

      Fleischlose Ernährung muss man sich auch erstmal leisten können und da gibt es auch hierzulande genug, bei denen das nicht der Fall ist.

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    5. Ich gehe davon aus, dass unsere Ernährung in den nächsten Jahren eh deutlich fleischärmer wird. Für die Hersteller von Wurstwaren sind fleischlose Alternativen eine Riesennummer, weil der Rohstoff Fleisch ungeheuer aufwändig zu handeln ist (Kühlkette, Labore, Verderb, Gewichtsverlust bei Dauerwürsten). Die Rohstoffe für Veggiewurst sind fast alle Pülverchen und super zu lagern, verderben nicht und die Hauptzutat im fertigen Produkt ist Wasser. Meine Prognose: Fleisch/Wurst/Schinken wird wie handwerklich hergestelltes Brot mehr und mehr zum Nischenprodukt werden.

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  2. Siewurdengelesen: "Fleischlose Ernährung muss man sich auch erstmal leisten können und da gibt es auch hierzulande genug, bei denen das nicht der Fall ist." Hä? Ist sogar billiger. Einfach kochen und ernähren wie bisher, nur Fleisch, Wurst, Fisch etc. einfach weglassen. Die Grundnahrungsmittel wie Brot, Gemüse, Kartoffeln, Reis, Hülsenfrüchte und Obst gelten unter Tierleichenfressern verharmlosend fälschlicherweise als "Beilagen".

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    1. Siewurdengelesen17. August 2023 um 15:43

      "Tierleichenfresser"

      Geht es auch etwas entspannter und ohne Schaum vor dem Mund und beleidigend zu werden - meine Güte?

      Bevor durch die Landwirtschaft der Mensch sesshaft wurde, war tierische Nahrung immerhin Hauptbestandteil, weil das die leichteste Form war, den Energiebedarf zu decken. Im Mittelalter war der Verbrauch schwankend, stieg aber im Laufe der Zeit an und war im Schnitt sogar höher als heute. Ob der Fleischkonsum tatsächlich auch einen entscheidenden Anteil daran hat, dass der Mensch sich zu dem entwickelt hat, was er heute ist, darüber streiten sich die Geister ja noch.

      Was die Preisfrage betrifft, sehe ich das dennoch so, wenn nicht einfach der Schritt von Billigfleisch zu billiger Pflanzenkost gemacht wird, wo dann Obst und Gemüse um die halbe Welt gereist, die Produktionsbedingungen und der Einsatz von Pestiziden und Insektiziden nicht hinterfragt wird oder irgendwelche Fake-Biokram vom Discounter gekauft wird. Schaut man wirklich nach lokal usw., dann ist das durchaus ein Kostenfaktor, den sich zwar viele durchaus leisten können, viele aber eben auch nicht.

      Ob der Blog-Betreiber recht hat mit dem Rückgang des fleischlichen Anteils wegen der leichteren Herstellung und Lagerung, da habe ich auch noch so meine Zweifel. In meinem subjektiven Empfinden und Umfeld sehe ich da eher, dass sich viele durchaus bewusster dem Thema stellen und auch ihre Gewohnheiten ändern. Die grundsätzlich-gegen-alles-Fraktion gibt es sowieso und statt des missionarischen Ansatzes ist da Geduld vielleicht der bessere Weg.

      Solange Fleisch aber ein "Markt" ist, werden wie bei Auto und anderen kontraproduktiven Sachen für Umwelt, Klima und Gesundheit die Unternehmen mit ihrer Lobby daran arbeiten, dass es so bleibt. Den Schwenk wird es also dann geben, wenn sich in großem Stil damit verdienen lässt wie bei künstlich produziertem Hackfleisch. Daran ändert das Verbrauchsverhalten m.E. wenig bis nichts ebenso wie an den unterirdischen Zuständen in den Ställen, denn das ist wieder die Mär des mündigen Verbrauchers, der ja nur die richtigen Entscheidungen an der Theke treffen muss, um die Welt zu ändern. So btw. sollten wir nicht immer nur unsere eigene Perspektive sehen, sondern auch mal den Blick über Deutschland oder unsere relativ gesicherte westliche Welt hinaus lenken.

      Zu guter Letzt noch ein paar Fakten zu tierischer und pflanzlicher Ernährung und zumindest für D die Zahlen der geschlachteten Tier, die tendenziell rückläufig sind:

      https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/landwirtschaft-fischerei/tierhaltung-fleischkonsum/_inhalt.html

      https://www.umweltbundesamt.de/themen/landwirtschaft/landwirtschaft-umweltfreundlich-gestalten/fragen-antworten-zu-tierhaltung-ernaehrung#Frage2_3

      https://dgvn.de/meldung/eine-zukunftssichere-ernaehrung-ist-pflanzenbasiert

      https://www.bundestag.de/resource/blob/906768/67c788e9aa2274910ebf73708b139966/WD-5-068-22-pdf-data.pdf

      https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/08/PD23_313_413.html

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