Faschisten und Gewalttäter sind zuverlässig an der Kombination aus großer Klappe und grenzenlosen Selbstmitleid zu erkennen. Nehmen wir die Nazis und deren Anhänger:innen 1939 ff. Einen Weltkrieg vom Zaun brechen, sich dicke tun damit, Städte in Schutt und Asche zu legen und noch legen zu wollen ("coventrieren", "ausradieren"), und wenn es dann die verdiente Quittung dafür gibt, unter anderem in Form einer um vieles härteren Bombenkampagne, über "angloamerikanische Terrorbomber" und über "unschuldige" Zivilisten, Frauen und Kinder jammern. Zumal ja die Wehrmacht und die arischen Edelmenschen von der SS vor allem in den eroberten Ostgebieten sich geradezu vorbildlich um unschuldige Zivilisten, Frauen und Kinder kümmerten.
Es geht oft unter, dass die britische Kriegführung gegen Deutschland in Großbritannien keineswegs unumstritten war. Es gab heftige Parlamentsdebatten darum, auch hohe christliche Geistliche schalteten sich öfter ein und stellten die Frage, bis zu welchem Punkt es zu rechtfertigen sei, Barbarei mit Barbarei zu bekämpfen. Der umstrittene Arthur Harris pflegte das mit der trockenen Bemerkung zu kontern, wenn die Deutschen ihre Zivilisten, Kulturgüter und Kirchen schützen wollten, dann sollten sie eben keinen Krieg führen. Auch Winston Churchill war kein Heiliger, man kann ihm gewiss, nein man muss ihm das eine oder andere ankreiden. Aber er wusste zwei Dinge recht genau: Dass Krieg eine furchtbare Sache ist und dass eine Welt, in der die Adolf Hitlers und Josef Stalins das Sagen haben, noch viel schlimmer sein würde.
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es ist in Deutschland faktisch unmöglich jemals irgendetwas zu verbessern, es könnte morgen gratis Schnitzelbrötchen regnen und Boomer wären sauer, weil sie „FRÜHER AUCH OHNE AUSGEKOMMEN SIND“ und „IHNEN DAS GUT GETAN HAT“
— E L H O T Z O (@elhotzo) August 26, 2025
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Eigentlich sollte ich aus dem Alter heraus sein, aber trotzdem gibt es immer wieder Dinge, die einen geradezu kindlichen Anti-Reflex bei mir auslösen. Nehmen wir diese an Schulen geschraubten Tafeln, denen zu entnehmen ist, dass es sich um eine "Schule ohne Rassismus" handelt. Das ist mir von jeher aus zwei Gründen suspekt. Erstens dürfte das glatt gelogen sein. In einer Institution, in der Tag für Tag mehrere hundert bis über tausend Menschen vom Kinder- bis zum fortgeschrittenen Erwachsenenalter zwangsweise zusammenkommen, ist es schlechterdings ausgeschlossen, dass nicht irgendwo zumindest ein paar Klappspaten, allen ehrenwerten Unternehmungen zum Trotze, rassistisches Gedankengut Gassi führen.
Weiters sollte nicht rassistisch zu sein in einer idealen Welt keine extra hervorhebenswerte, preiswürdige Errungenschaft sein, sondern eine klitzekleine zivilisatorische Selbstverständlichkeit. Und die Tatsache, dass man so was eigens plakatieren muss, lässt da gewisse Rückschlüsse zu. Eine Zeitlang dachte ich jedenfalls immer, wenn ich so ein Schild sah: "Ah ok, schönschön. Und wo ist hier die nächste Schule mit Rassismus?" Neuerdings geht mir im Supermarkt, wenn ich Eier kaufen möchte und auf dem Karton zu lesen ist "Ohne Kükentöten" immer diese Frage durch den Kopf, wo denn hier die Eier mit Kükentöten sind, denn ohne schmeckt einfach nicht.
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Was wir in Foodblogs demnächst vermutlich lesen werden: Wasser kochen mit der Heißluftfritteuse -- sooo viel leckerer und sooo gesund!
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"Kulturkampf von rechts ist eine Chiffre für ein umfasssenderes Ermächtigungsprogramm. Es hat mit den üblichen Parteiengegensätzen nichts zu tun, auch nicht mit der politischen Kultur von einst. Das Ziel ist die Liquidierung: Er zielt auf die Verflüssigung jener Bereiche, in denen Geld und Macht allein nichts ausrichten konnten, in denen sich soziale Subsysteme selbst organisierten. In der Schule, in der Wissenschaft oder der Justiz ist es, nach den Regeln der offenen Gesellschaft, theoretisch egal, wer etwas möchte. Entscheidungen werden autonom getroffen. [...]
Nichts soll mehr nach Regeln ablaufen, sondern alles nach persönlicher Macht. Darum ist Kulturkampf eine Verniedlichung dieses Versuchs: Es geht um die Abschaffung der offenen Gesellschaft und die Errichtung einer Ordnung, in der wenige mächtige Männer die Welt unter sich aufteilen. Bei den digitalen Plattformen ist das ja schon fast der Fall." (Nils Minkmar)
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Debatten über das deutsche Schulwesen kranken meist daran, dass sie überwiegend von bourgeoiser Mittelschicht geführt werden. Von Leuten, die früher auf dem Gymnasium waren und ihre Kinder aufs Gymnasium schicken.
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Rechte, Feminist:innen, Querdenker und woke Linke haben eines gemeinsam: Sie wähnen sich permanent im Widerstand. Gegen Ausländer, gegen Systemparteien und Altmedien, gegen das allmächtige Patriarchat, gegen eine Impfdiktatur, ein illegitimes Regime, gegen allgegenwärtigen Rassismus und die kleinste Mikroaggression etc. etc. Das verleiht ihrem Leben neben Sinn eine bequeme Eindimensionalität -- der Feind ist bekannt, die Fronten sind klar -- und gibt dem Tag Struktur. Zumal die intellektuellen Mühen eines Aktivist:innendaseins überschaubar sind. Im Gegenteil ist ist zu viel Klein-klein da eher hinderlich. Wirklich wissen muss man nur eines: Man hat recht, recht und nochmals recht. Ein großer strategischer Vorteil gegenüber denen, die sich noch mit drögen Sachfragen auseinandersetzen.
Herr Minkmar hat ja nicht unrecht, analysiert aber wie meistens freundlich an der Oberfläche herum. Eine wirklich "offene" bzw. freie Gesellschaft kann in keinem kapitalistisch verfassten Staatswesen existieren, weder im unsrigen, noch im amerikanischen, chinesischen, russischen etc. pp. Unterschiede in der Lebensqualität des Einzelnen gibts natürlich. Grundsätzlich gilt: je mehr Knete du hast, desto mehr Freiheiten kannst du dir herausnehmen. Es ist ein alter Hut, aber trotzdem: Marx lesen hift, immer noch.
AntwortenLöschenUnd Hitler und Stalin sind sicher beide gleich gut in der Hölle aufgehoben, ich würde sie aber trotzdem nicht in einem Atemzug nennen, schon gar nicht als Deutscher. Überhaupt sollten die Enkel der Herrschaften, die etliche Millionen Russen hingemordet haben, Kritik an Russland wirklich sehr, sehr vorsichtig formulieren, selbst wenns bloß um tote russische Despoten geht.