Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Dienstag, 20. Oktober 2015
Cocooning ist keine Lösung...
... und Ängste machen dumm. Einige ungeordnete Gedanken zum ersten Geburtstag von 'Pegida'
In den Achtzigern prägten Soziologen den Begriff des 'Cocooning'. Frei übersetzen könnte man das mit 'sich verpuppen/in einen Kokon zurückziehen'. Beschrieben werden soll damit das Phänomen, dass Menschen in unsicheren Zeiten dazu neigen, sich in aus Sehnsucht nach Sicherheit und Geborgenheit in eine private Komfortzone zurückzuziehen. Es mag ein wenig hinken, dem Terminus vielleicht nicht ganz gerecht werden, aber vieles um das Phänomen Pegida kommt vor wie Cocooning im großen Stil. Deutsche zuerst. Grenzen dicht. Alle ausweisen aus meinem Vorgarten. Die da oben sind böse und jeder, der was anderes behauptet, will mir was.
Montag, 5. Oktober 2015
Glückwunsch nach München
Als fairer Sportsmann muss man dem FC Bayern München gratulieren. Nach gerade acht Spieltagen ist, wenn nicht noch völlig Unvorhergesehenes passiert, die Meisterschaft quasi entschieden, das Rennen um den Titel, so es eines war, vorbei. Den Tabellenzweiten mit einer Klatsche nach Hause geschickt und wenn überraschenderweise doch einmal ein Unentschieden droht, eilt der Schiri zu Hilfe - was soll da noch passieren? Für die Bayern dürfte es im folgenden nur noch um zwei Fragen gehen: a) Mit wie viel Punkten Vorsprung werden wir dieses Mal Meister? b) Holen wir einen, zwei oder drei Titel? Die siebzehn übrigen Vereine der Liga dürfen sich mit Fragen quälen wie: a) Wer wird Zweiter? b) Wer kommt in die europäischen Wettbewerbe? Willkommen in der spannendsten und attraktivsten Liga der Welt.
Mittwoch, 30. September 2015
Ich bin kein Hippie!
Und, merken Sie schon was? Die Stimmung, meine ich, wie sie kippt. "Endlich!", scheint es da bei einigen insgeheim geradezu erleichtert mitzuschwingen. Bei jenen, denen es seit Wochen und Monaten viel zu multikulturell zugeht und die deswegen den ganzen Tag nichts anderes tun als unken und schwarzsehen. Wehe, die Überfremdung! Einwanderung in unsere Sozialsysteme! Von unserem Geld! All die jungen Männer, die bald schon unsere Frauen und Töchter schänden werden, und zwar massenhaft! Es steht schlimm um Deutschland! Gut, kann man alles so sehen, wenn man mag. Diplom-Schwarzseher und staatlich geprüfte Bedenkenträger sind immer irgendwo dabei. Eines aber kann ich ums Verrecken nicht leiden: Diese ewigen Unterstellungen.
Donnerstag, 24. September 2015
Wenn der Klassenprimus schummelt
Die Geschichten sind zahlreich und wir kennen sie alle, nicht wahr? Wenn der Gebrauchtwagenhändler etwa sagt: "Also ich hatte das Modell ja selbst ein paar Jahre lang und bin den normalerweise mit fünfeinhalb Liter gefahren.", dann bedeutet das: Unter klimatischen Idealbedingungen, mit Fahrradbereifung, den Motor ausgekuppelt und bergab bei Rückenwind. Im wirklichen Leben tut gut, wer sich auf einen Verbrauch nicht unter acht, neun Liter einstellt. Mit Fragen wie der, wie viel Kilogramm Spachtelmasse durch das Wort "unfallfrei" semantisch noch abgedeckt sind, wollen wir gar nicht erst anfangen.
Montag, 21. September 2015
Kurzer Altherrenanfall
Wer deutschsprachigen Gangsta-Rap für die Höchststrafe in Puncto ödes Provokationstheater gehalten hat, kennt Schnipo Schranke nicht.
Um der Ehrlichkeit genüge zu tun: Ich bin nur deswegen beim Flanieren im Feuilleton darüber gestolpert, weil es in der Dachzeile durchaus korrekterweise hieß, Pisse sei ja kein besonders schlimmes Wort. Aufmerksamkeit erregt, job done, Schreiberling. Guter Mann! Man hat den Eindruck, als solle das Hamburger Frauenduo Schnipo Schranke, das sich einst an der Frankfurter Musikhochschule kennengelernt hat, als neue Hoffnung des deutschen Jungefrauen-Pop hochgeschrieben werden. Imagemäßig als eine Art böse Schwestern des enorm erfolgreichen Duos Boy. Und, wo wir schon mal beim Lesen sind, was kriegt man denn so geboten auf Schnipos Debutalbum 'Satt'? Jurek Skrobala von SPON hat die beiden interviewt.
Donnerstag, 17. September 2015
Nicht alles, was hinkt
Es ist eine Sache, den medialen Umgang westlicher Medien und Politik mit dem russischen Präsidenten Putin bzw. dessen Politik äußerst kritisch zu begleiten. Wer aber als Konsequenz daraus meint, uns Europäern täte allen etwas weniger Obama und mehr Putin gut, der hat in meinen Augen, bei aller ebenfalls berechtigten Kritik an Barack Obamas Amtsführung, nicht mehr alle Nadeln an der Tanne und offenbart damit unter Umständen mehr Sehnsucht nach Obrigkeit und einem starken Mann als ihm lieb ist.
Dienstag, 15. September 2015
The Jeremy Days
Die Wahl Jeremy Corbyns als demographisches Phänomen
Glaubt man den hysterischen Reaktionen der Journaille im In- und Ausland, dann handelt es sich bei dem mit knapp 60 Prozent zum neuen Chef der britischen Labour Party gewählten "Außenseiter" (ZEIT) Jeremy Corbyn um eine Art Mao von Islington. Ist natürlich Quatsch, trotzdem herzig, wie etablierte Journalisten gemeinsam mit New Labour-Profiteuren und 'sozialdemokratischen' Funktionären, da plötzlich das Ende aller Zivilisation heraufbeschwören. Und das nur, weil da die Basis einer sozialdemokratischen Partei sich symbolisch dazu entschieden hat, künftig lieber sozialdemokratische Inhalte statt Oberschichtinteressen zu vertreten, wie's ein Kommentator im 'Standard' schwer übertrefflich formulierte.
Donnerstag, 10. September 2015
Leave Eddie alone!
1977 brachten die Damals-noch-nicht-Rock-Dinosaurier von Uriah Heep das Album 'Innocent Victim' heraus. Das arg gewollte Cover kann man für damalige Verhältnisse als durchaus ein wenig gruselig bezeichnen. Im Jahr darauf befand die Band sich auf großer Tournee, die wohl auch in die Nähe meiner Heimatstadt führte. Neben der Grundschule, die ich damals zu besuchen die Pflicht hatte, war zu dieser Zeit eine größere Baustelle, die mit einem hölzernen Bauzaun abgesperrt war. Jede Menge Platz für Plakate also. Und er wurde genutzt. So auch für das Plakat für Uriah Heeps 'Innocent Victim'-Tournee. Das Teil zeigte im wesentlichen das Cover des Albums und wurde flächendeckend verklebt.
Samstag, 5. September 2015
Zahn, Zeit und der Rest
Seien wir ehrlich: Älter zu werden ist ab einem gewissen Punkt scheiße. Ja, sicher, man gewinnt an Lebenserfahrung, wird abgeklärter, hat vielleicht nicht mehr dauernd das Gefühl, sich oder anderen was auch immer beweisen zu müssen, wenn man so drauf ist. Aber irgendwann fangen einfach die Nachteile an zu überwiegen. Andauernd zwickt es irgendwo, aber das ignoriert man nicht mehr so einfach, seitdem Gevatter Hein angefangen hat, seine knochige Hand auch nach der eigenen Altersklasse auszustrecken. Hoppala, kommt dieser ziehende Schmerz da im Schulterbereich jetzt von der etwas zu ambitionierten Runde schwimmen oder kündigt sich da etwa ein Infarkt an? Sollte man das nicht mal abklären lassen? Puh, schon drei Flaschen Wasser heute! Liegt das nur an den 35 Grad im Schatten, oder dräut da Diabetes?
Dienstag, 18. August 2015
Bedrohte Arten
Heute: Das Kompliment
Wir wollen fair sein. Es mag sein, dass es nicht der Feminismus allein ist, der die Geschlechterbeziehungen in den Augen vieler so kompliziert gemacht hat. Nur ist, wenn es zwischen den Geschlechtern kompliziert wird, meist eine Feministin nicht weit. Ferner ist es ein Irrtum, wenn auch ein verbreiteter, dass Feminismus sich gegen Männer richte. Das stimmt insofern nicht, als dass Feminismus sich im Zweifel gegen alles richtet, was nicht auf dessen Linie liegt. Also durchaus auch gegen Frauen, das vielleicht gar in höherem Maße. Wer das nicht glaubt, sehe sich an, mit welchem Absolutheitsanspruch auf Deutungshoheit Alice Schwarzer gegen Amnesty International auskeilte - eine Organisation mithin, die bislang nicht eben als Zuhälter- und Mädchenhändlerring auffällig geworden ist.
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