Dienstag, 22. Dezember 2020

Am Wegesrand

 
Da stand er. Im Herbst an der Straße. Opel Manta B. In wasweißichnicht-metallicgrün. Unrestauriert, aber auch unverbaut. Keine breiten Radkästen, nirgendwo Spoiler, Bodykits, Lufthutzen, Sidepipes oder sonstiger Zinnober. Keine neongrelle Lackierung, keine Kenwood- oder Yokohama-Aufkleber. Wie in Rüsselsheim vom Band gerollt. Seltenheit, so was. Klar, man soll nicht alles symbolisch aufladen, aber hier kam die Vergangenheit hoch.

Samstag, 19. Dezember 2020

Mord im Ancien régime


Wien zur Zeit des Fin de siècle fand ich von jeher faszinierend. Wie an dieser Nahtstelle zwischen West und Ost vor dem finalen Ersten Weltkrieg noch einmal alles versammelt war in Kunst und Wissenschaft. Klimt, Kokoschka, Schiele, Freud, Schnitzler, Schönberg, Mahler. Bis dieses letzte Aufblühen des alten Europa dann im Blutbad versoff. Natürlich enthält diese Ex post facto-Sicht einiges an Pathos und Kitsch. Klammert zum Beispiel aus, dass dieser jugendstilüppige, blattgoldsatte Exzess weitgehend den Oberen Zehntausend vorbehalten war. Die überwiegende Mehrheit der Schlechtergestellten musste, wie überall sonst, sehen, wie sie zurecht kam. Die protifierte (und profitiert noch heute) eher vom 'Roten Wien' der Zwanziger.

Dienstag, 15. Dezember 2020

Kulturelles

 
Zu den unangenehmen bis nervigen Eigenschaften des erweiterten Kulturbegriffs gehört die um sich greifende Manie, noch die banalsten Alltagsverrichtungen, die man halt so macht, zur 'Kultur' hochzuplustern. Selten ward das übrigens schöner karikiert als von den Herren Katz und Goldt, die einst ein älteres Ehepaar schwadronieren ließen, Schinkenbrote mit Messer und Gabel zu essen, sei ja irgendwie Teil ihrer Kultur (und dies untermalten mit der Interjektion "Kultur, Kultur").

Samstag, 12. Dezember 2020

Ronny des Monats - Dezember 2020

 
So, Vorhang auf für die letzten Ronnys des Jahres. Wie immer nur ein kleines Schlaglicht im Meer des Erwähnenswerten. Man kann zum Beispiel erwähnen, dass bereits nach den ersten drei Quartalen des Jahres ein All time high an rechtsextremen und rassitischen Straftaten erreicht war (3-2-1: "Aberaberaber ich lehne jeden Extremismus ab, Linksextreme sind genau so schlimmschlimm!"). Oder dass man auch als Ministerpräsident längst nicht mehr sicher vor den Morddrohungen des Nazi-Mobs ist (aber wenigstens eine bessere Chance auf Polizeischutz hat als ein ehrenamtlicher Bürgermeister). Erwähnen sollte man auch, dass unser aller Innen- und Heimatminister sich endlich bequemt hat, eine Veranstaltung wie die 'Sturmbrigade 44' zu verbieten ("Aberaberaber die Ärmsten werden voll kriminalisiert und mundtot gemacht und Meinungsfreiheit und Grundrechte und…", "SCHNAUZE!").

Mittwoch, 9. Dezember 2020

Chronik des Schreckens

 
Nach Ewigkeiten mal wieder in der nach eigenem Bekunden auflagenstärksten deutschen Zeitung gestöbert, dem von Anselm Lenz herausgegebenen und verantworteten 'Demokratischen Widerstand'. Und, ei sapperlot, was sah ich da? Sophia-Maria Antonulas schleudert dem allfällig wütenden Staatsterror ein entschlossenes "Nein!" entgegen.

Sonntag, 6. Dezember 2020

Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (26)


(Quasi eine Frage an die juristisch gebildeten unter den geschätzten Leser*innen)

Das schöne am Boom des Online-Handels ist ja, dass Einkäufe im stationären Einzelhandel auch zur Vorweihnachtszeit inzwischen deutlich entspannter sich gestalten. Und Konsum im stationären Einzelhandel ist, das haben wir ja alle vom Herrn Altmaier gelernt, "nationale, ja auch eine patriotische Aufgabe" Fun fact: Auf exakt den Trichter ist schon 2008 die intellektuelle und weltpolitische Großleuchte George W. Bush angesichts des von ihm höchstselbst angezettelten Irakkriegs und der Finanzkrise gekommen. Mir gäbe das ja zumindest ganz kurz zu denken. Aber wer bin denn schon ich?

Samstag, 5. Dezember 2020

Wir brauchen zwei, drei, viele Joes!


Der erste Gedanke bei Betrachten der zahllosen Bilder des Models und Gentlemen-Influencers Johannes Laschet (von seinen Insta-Freunden zärtlich 'Joe' genannt): Meine Güte, wie viel Sexappeal hält so ein Internet eigentlich aus, bevor es wahlweise in einer finalen eruptiven Lustaufwallung explo- oder mit einem letzten seligen Seufzer implodiert? Der zweite Gedanke: Typisch Schnösel aus konservativem Hause halt. Nix erkennbares geleistet, aber top vernetzt und immer mit voller Hose am stinken. In einer perfekten Welt würde so jemand einer sinnvollen Tätigkeit zugeführt, etwa in der Produktion.

Mittwoch, 2. Dezember 2020

Mitunter...

 
... ist es faszinierend, was einem so spontan durch den Kopf geht...

Sonntag, 29. November 2020

Große Erwartungen

 
Die ARD-Serie 'Tatort' wird heute 50 Jahre alt.
 
Und, ein Sektchen kaltgestellt? Paar Schnittchen vorbereitet? Das Fernsehzimmer ein wenig dekoriert für den festlichen Anlass? Heute wird der 'Tatort', gern und oft eines der letzten öffentlich-rechtlichen televisionären Lagerfeuer genannt, fünfzig Jahre alt. Am 29. November 1970 nahm Walter Richter alias Kommisser Trimmel im Taxi nach Leipzig Platz. Heute wird die 1.146. Folge ausgestrahlt. Natürlich gibt es nicht nur Gratulation, sondern auch Kritik. Mit am weitesten geht Anne Haeming in der taz, die der Serie jegliche gesellschaftliche Relevanz ab-, die ARD-Intendant Tom Burow ihr zusprechen will. Statt aktueller Themen bloß piefige Vorhersehbarkeit.

Samstag, 28. November 2020

Die andere Seite

 
Propaganda ist immer leicht erkennbar am Druck, der auf Tränendrüsen ausgeübt wird. Die übelsten Ausbeuter, denen Rendite über alles, das Schicksal einsamer Großmütter und allein erziehender Mütter hingegen sonstwo vorbei geht (denn das hat der Markt halt so geregelt und jeder bekommt schon irgendwie das, was er verdient), entdecken schlagartig ihr Herz für einsame Großmütter und allein erziehende Mütter. Wenn etwa die Lokführer wagen zu streiken, dann wird tränenreich gebarmt über das Schicksal im Regen stehender Alleinerziehender und ihrer traumatisierten Kinder, die am Wochenende nicht mehr mit der Bahn zur Omma können.