Sonntag, 21. Mai 2023

Unter Realitätsverweigerern


In letzter Zeit fällt mir immer öfter das ein, was ich irgendwann mal 'atheistischer Fehlschluss' nannte. Atheisten, und nicht nur die, neigen mitunter zu der Annahme, ein Verschwinden der Religion aus dem öffentlichen Leben bzw. ein Verlust an Bedeutung führe dazu, dass überall Vernunft und Rationalität Einzug halten. Ich bin da skeptisch, würde sogar sagen, das Gegenteil ist richtig. Gilbert Keith Chesterton, Erfinder der Figur des Pater Brown, sagte einst den klugen Satz:

Freitag, 19. Mai 2023

Dolce vita alla scatola


"Dosenravioli verfeinert man am besten, indem man sie ungeöffnet in den Müll schmeißt." (Kommentar auf chefkoch.de)

Zwei Dinge sollte man tunlichst nicht in einem Topf verrühren: Das, was man essen würde, wenn es sonst keine Alternative gibt zum Hungertod (das ist eine Frage des nackten Überlebens), und das, was man essen würde, wenn man mehr oder minder die Wahl hat (das ist eine Frage von Geschmack, Esskultur und meinetwegen auch von Gesundheitsbewusstsein; neuerdings immer öfter auch eine Frage der Moral).

Dienstag, 16. Mai 2023

Vermischtes und Zeugs (L)


"Nur Unerwachsene, Schwächlinge und Feiglinge sind stolz darauf, einer Nation anzugehören." (Wiglaf Droste)

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte für das Diktum, Deutschland sei das Land der Unentspannten, genügt ein Blick in die medialen Reaktionen auf das deutsche Abschneiden beim heurigen ESC. Man hat sich doch solche Mühe gegeben, nicht uncool zu sein, und dann das!

Samstag, 13. Mai 2023

Schmähkritik des Tages (66)


Heute: Bernhard Torsch über den Kampf der Rechten gegen angebliche 'Frühsexualisierung'
 
"Lange hatten rechte und rechtsextreme Kräfte nach einem Thema gesucht, mit dem sie die gesellschaftliche Liberalisierung skandalisieren können - in der herbeiphantasierten »Frühsexualisierung« unschuldiger Kinderlein haben sie es gefunden. Das Geraune von der »Frühsexualisierung« entpuppt sich oftmals als projektiver Ausdruck der eigenen Phantasien. An einer Lesung von Männern und Frauen in Drag vor Kindern ist objektiv nichts sexuell oder gar erotisch. Kinder ab vier Jahren, an die sich die Münchner Lesung richten sollte, betrachten Trans-Personen nicht mit der verklemmten Geilheit erwachsener rechter Politiker, sondern eben mit Kinderaugen.

Mittwoch, 10. Mai 2023

Ronny des Monats - Mai 2023


Naheliegend mag es erscheinen, den Ronny des Monats dieses Mal an Boris Palmer zu vergeben. Aber ich mag nicht. Ich kann mich selbstredend täuschen, aber der Mann ist kein Rechter oder Nazi, sondern wirkt bloß wie jemand, der Zeit seines Lebens gern provoziert hat und die empörten Reaktionen als Beleg dafür nimmt, richtig zu liegen. Der aber irgendwann den Knall nicht mehr gehört hat und inzwischen wirkt wie der peinliche Onkel Erwin auf der Familienfeier, der immer diese haarscharf daneben liegenden Witze raushaut, der pubertierenen Nichte Komplimente macht, die eine kleine Spur drüber sind und der höchst beleidigt reagiert, wenn jemand ihn, egal wie dezent, darauf hinweist. Nee, reicht nicht, bedaure.

Sonntag, 7. Mai 2023

Kopf. Krone.


Disclaimer: Ich habe mir die gestrige Krönungszeremonie angesehen. Aus Interesse. Wenn der nunmehr Bekrönte so lange durchhält wie seine Mutter, dann gönge ich bei der nächsten Krönung in Westminster Abbey stramm auf die Achtzig zu. So ich dieses Alter erreiche. Vielleicht teilt Charles III. bis dahin aber auch das Schicksal seines Namensvetters aus dem 17. Jahrhundert, der sein Leben bekanntlich mit 30 Zentimetern weniger Körpergröße beendete. (Dekapitation war damals ein so legitimes wie erprobtes, auf jeden Fall sicheres Mittel, dynastische Scherereien final zu regeln. Wäre heute nicht mehr so das Mittel der Wahl.)

Donnerstag, 4. Mai 2023

Kopf. Tischkante.


"Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken können - das macht den Journalisten." (Karl Kraus)

Es gibt so Momente, da fragt man sich: Meinen die das jetzt wirklich ernst? Oder testen die einfach nur aus, was so geht ohne schallend ausgelacht und mit nassen Fetzen aus der Stadt getrieben zu werden? Nehmen wir Nikolaus Blome, eins der Sturmgeschütze des Neoliberalismus beim Spiegel. Dort verbrutzelte er jetzt eine Kolumne, in der er den gierigen Gewerkschaftern mangelnde "linke Solidarität" vorwarf. Denn sie dächten, so ist dem Teaser zu entnehmen, nur an sich und ihre Geldbeutel und nicht an ihre arbeitslosen Genossen. Pfui!

Montag, 1. Mai 2023

Vermischtes und Zeugs (XLIX)

 
"Lieber ein erfahrener Ü70 als ein abgebrochener Student", so ließ es Berlins Ex-Regierender nun verlauten. Oh ja, der "abgebrochene Student", der sich erdreistet, einfach so Politik machen zu wollen, obwohl er noch nicht mal ein Examen hat! Dies neue Feindbild des gnatternden Kleinbürgers. Reiht sich nahtlos ein in das der linksliberalen woken Birkenstockträger/Lastenradfahrer, die allen immer alles verbieten wollen.

Samstag, 29. April 2023

Jenseits der Blogroll - 04/2023

 
Politik. Hey, Linke! Wollt ihr wissen, wie ihr wieder relevant werden könnt? Schaut mal nach Österreich. Macht eine Fortbildung bei Elke Kahr (KPÖ), der Bürgermeisterin von Graz. Fun fact: Die Frau schafft es ein ganzes Interview lang ohne gendersensible Sprache und den Hinweis darauf, wie überlebenswichtig gendergerechte Toiletten sind. Auch im Land Salzburg ist die KPÖ aus dem Stand auf 11 Prozent gekommen. Das Geheimrezept? Zu den Menschen gehen, zuhören, sich kümmern, konkrete Hilfen anbieten. Anstrengend? Ja. Anstrengender als endlose marxistische Theoriedebatten oder welche über Mikroaggressionen und gendergerechte Klos. Aber erfolgreich, wie es scheint.

Freitag, 28. April 2023

Spurensuche

 
Es gibt durchaus so etwas wie die Ungnade der späten Geburt. Denn für den 'Baum' war ich zu jung. Der 'Baum' war eine Szenekneipe in meiner Heimatstadt. In einem Gründerzeitbau mit hohen Decken und neuromanischen Gewölben. Der Name kam daher, dass drinnen ein echter Baum stand. Keine Ahnung, was für einer. Als der Laden 1983 schloss, war ich noch nicht im kneipenfähigen Alter. Wäre ich ein paar Jahre älter, ich hätte wohl dauernd dort abgehangen. Unter anderem, weil es keinen Verzehrzwang gab. Der Laden verstand sich nicht als reine Kneipe, sondern als soziokultureller Treffpunkt. In den späten Siebzigern funktionierte so was. Zumindest eine Zeitlang.