Sonntag, 30. November 2025

Vermischtes und Zeugs (CXXXII)


Früher, als das Internet nur was für ein paar Nerds war, kaufte ich als Student allmontäglich den Spiegel und manchmal donnerstags, wenn das Geld noch reichte, die Zeit. Zusätzlich kehrte ich einmal in der Woche in der Cafeteria der Essener Stadtbibliothek ein, wo die beiden italienischen Betreiberinnen nicht nur hervorragenden Cappuccino zum Kampfpreis brauten, sondern auch alle wichtigen überregionalen Zeitungen zur freien Lektüre auslagen (sogar rauchen durfte man dort). Das war, abgesehen vom Fernsehen, mein gesamter Medienkonsum. Nicht gerade viel im Vergleich zu heute. Schon damals jammerten Konservative übrigens in Endlosschleife über den öffentlich-rechtlichen 'Rotfunk' herum, den Vorläufer der 'linksgrünen Systemmedien'.

Donnerstag, 27. November 2025

Sauerländer Scholle


"Nach meiner Asienreise hat mich die frische, raue Luft des Sauerlands umgeschmissen." (Heinrich Lübke)

Angela Merkel mag im öffentlichen Auftreten das Temperament einer Terrine Kartoffelsuppe verströmt haben, als sei ihre Kanzlerinnenschaft von der Firma Pfanni gesponsert gewesen. Aber die bloße Tatsache, dass sie die erste Frau im Kanzlerinnenamt war, überstrahlte vieles und ließ Deutschland plötzlich als Speerspitze von Emanzipation und Fortschritt erscheinen. Olaf Scholz? Sieht man von CumEx- und anderen Verstrickungen ab, schlumpfte der so durch die Weltgeschichte und tat nach außen vor allem das, was er am besten kann: Nicht auffallen. Wie viel auch das wert sein kann, zeigt sich gerade wieder.

Montag, 24. November 2025

Fakten, Fakten, Fakten


Das mit den 10 belanglosen Fakten über sich geht gerade ein wenig um unter Bloggern. Ich hab’s bei den Herren Rau und Gigold zuerst gesehen. Anyway, eine nette Idee und eine Abwechslung vom üblichen Einerlei, wie ich finde:

1. Benutzt du Zahnseide?
Nein. Ich weiß, ich sollte, aber ich habe da echt kein Gen für. Paarmal probiert und mir jedes Mal einen abgebrochen. Also Interdentalbürstchen. Leider auch nicht konsequent genug. Dafür zwei Mal PZR/Kontrolle p.a.

Samstag, 22. November 2025

Jenseits der Blogroll - 11/2025


"Es ist ein neuer Versailler Vertrag -- mit dem wichtigen Unterschied, dass diesmal nicht der Aggressor bestraft wird, sondern das Opfer, und der Aggressor belohnt wird. Es ist ein neues Münchner Abkommen, weil es dem Aggressor Appetit auf mehr machen wird und sogar die Voraussetzungen für künftige Aggression schafft." (Carlo Masala)

Wieder einmal bewahrheitet sich: Wer nicht mit am Tisch sitzt, steht auf der Speisekarte. Wenn der von den USA und Russland ohne Beteiligung der Ukraine bzw. über deren Kopf hinweg ausbaldowerte 'Friedens'plan tatsächlich in Kraft treten sollte, dann bedeutet das nichts weniger als eine Kapitulation der Ukraine und des Westens vor Waldimir Putin, der nicht nur gegen ein paar windelweiche Erklärungen ('Nichtangriffspakt' -- ein Spitzenwitz since 1939!) fast alle seine Kriegsziele erreichen würde, sondern auch indirekt Kontrolle über die NATO bekäme, alle Sanktionen vom Hacken hätte und wieder vollwertiges Mitglied der Weltgemeinschaft würde. Das kommt eben dabei raus, wenn ein skrupelloser Imperialist und ein halbintelligenter, erratisch agierender Hirndimpfel das tun, was Friedensfreunde immer fordern: Verhandeln.

Mittwoch, 19. November 2025

Vermischtes und Zeugs (CXXXI)


Na, Männer, erinnern sich alle noch an die Musterung damals? Daran, in Unterwäsche auf den zugigen Fluren des örtlichen Kreiswehrersatzamtes warten zu müssen? An den obligatorischen Witzbold, der seinen Urinbecher randvoll machte? Den mit den acht Dioptrien und dem Beckenschiefstand, der unbedingt Kampfpilot werden wollte? Und natürlich an den Moment, in dem ein wildfremder Doc "Hose runter!" befahl und einem mit beherztem Griff und der Aufforderung zu husten ins Gemächt griff (für einige von uns gerade der Pubertät entronnenen Gymnasiasten die erste sexuelle Erfahrung im Leben)? Wir können uns freuen: Der 'Eiergriff' wird auch in Zukunft Bestandteil der Musterung sein. 

Montag, 17. November 2025

Good news - bad news


Dass es besser ist, sich mit der Tatsache zu arrangieren, dass die Ganzrechten erst einmal nicht mehr verschwinden werden, sondern sich als politische Kraft rechts der Konservativen dauerhaft etabliert haben und es bis auf weiteres nur darum geht, sie von den Schaltstellen der Macht möglichst fernzuhalten, sollte, auch wenn’s widerstreben mag, Konsens sein. Dass es ferner Kokolores ist, die Rechten kontrollieren bzw. kleinhalten zu wollen, indem man ihre Forderungen erfüllt, war hier auch schon Thema, und zwar so oft, dass man das wirklich nicht noch einmal vorbeten muss. Die Umfragewerte sprechen da eine überdeutliche Sprache.

Dienstag, 11. November 2025

Performatives


"Aus beruflichen Gründen fliegt bei uns hier im Feuilleton unverzüglich vor Freude das Dach weg, sobald wir draußen Menschen mit einem Buch erblicken. Und inzwischen bejubeln wir mit gütigster Toleranz alles: den neuen Precht, einen frühen Handke, das Zweitbeste aus der Barocklyrik, den antiquarischen Reiseführer Saarbrücken oder die hippe Vampirinternatsromanze auf Schloss Fummelstein, wir sind da überhaupt nicht judgy, wie man in den sozialen Medien sagt." (David Hugendick)

Wenn es eine Erscheinung des fortschreitenden Alters ist, insgesamt langmütiger zu werden und nicht mehr an jedem Blödsinn gleich Anstoß zu nehmen, dann soll mir das sehr recht sein. Was wäre die Alternative? Ein gnattriger Boomer zu werden, der schon morgens nach dem Aufstehen und noch vor dem Blutdruckmessen die Hasskappe aufhat? Oder ein selbstmitleidiger Sitzsack, der sich fortwährend einen Pullover daraus strickt, immer nur beloochen, bedroochen und hinnergongen worden zu sein im Lääben? Nö danke. Dabei bin ich noch nicht einmal Boomer, sondern Generation X. Die allerangeschissenste von allen, wie der Economist weiß. Aber auch das ist mir einigermaßen egal. 

Samstag, 8. November 2025

Vermischtes und Zeugs (CXXX)


Bevor jetzt angesichts der Präsentation des neuen WM-Trikots des DFB, vorerst das letzte von Adidas, das große nostalgische Geflenne ausbricht ("Eine Ära geht zu Ende!"), sei an folgendes erinnert: Die Partnerschaft zwischen DFB und Adidas blieb lange auf Schuhe beschränkt, beginnend mit Adi Dasslers legendären Schraubstollenschlappen 1954. Dassler verstand sich immer als Schuhmacher und seine Firma war daher lange ein reiner Schuhhersteller. Erst in den 1960ern wurde auch Sportbekleidung ins Sortiment genommen, zuerst Trainingsanzüge (angeblich, weil man einen Großauftrag der Bundeswehr an Land gezogen und noch Produktionskapazität frei hatte). Zur WM 1978 trat die Nationalmannschaft in Trikots von Erima an, mit denen damals die halbe Bundesliga ausgestattet war, und das 'Jahrhundertspiel' gegen Italien 1970 ward gar in Leibchen des britischen (!) Herstellers Umbro bestritten.

Mittwoch, 5. November 2025

Bargeld lacht. Mich aus


Hier und da erwähnte ich schon mal, dass ich nach wie vor am Bargeld hänge. Dabei hat diese Gewohnheit weniger mit Nostalgie zu tun, sondern mit persönlichen Spleens. Gehe ich mit Karte im Anschlag einkaufen, dann kaufe ich fast immer mehr als ich will. Ich bin anfällig für Sonderangebote, Aktionen, künstliche Verknappung etc. und habe zudem gern Vorräte. Das abstrakte, unhaptische Zahlen per Karte lässt bei mir wohl ein paar Sicherungen mehr durchbrennen als bei anderen, und so schiebe ich beim Einkauf nach wie vor gern Scheinchen rüber, was auf Dauer dem Kontostand guttut. Ich bin also gewiss kein Maschinenstürmer und weiß Gott der letzte, der eine gewisse Bequemlichkeit nicht zu schätzen wüsste. Tanken und größere geplante Ausgaben tätige ich jederzeit gern bargeldlos. 

Sonntag, 2. November 2025

Bla-Bla-Land


"Neu in meinem Stadtbild: Eine indische Familie (Opa mit Turban), die holländisch spricht und in ein Auto mit holländischem Kennzeichen steigt. Fragen Sie mal Ihre Tochter ..." (Bonetti)

Wenn man sich vor Augen führt, dass die amtierende Regierung mit 1.000, in Worten: ein-tausend Milliarden Euro an zusätzlichem Geld einen finanziellen Spielraum zur Verfügung hat wie wohl noch keine deutsche Regierung vor ihr, dann kann man, nein, dann muss man ihre Performance nicht anders als beschämend nennen. Wo sind die großen Projekte, die großen Würfe? Die Infrastrukturoffensiven, die Bildungsreformen, die Digitalisierungsinitiativen? Alles bitter nötig. Statt dessen so? Ach neee, lass uns lieber mal weiter Verbrenner bauen und fossile Energie verballern. Digitalisierung? Hats damals auch nicht gegeben, Und, hat's uns geschadet? Wollen wir nicht doch wieder Atomkraftwerke…? Ach ja, auf jeden Fall Bürgergeld abschaffen!