Sonntag, 21. Februar 2021

Alpiner Pott

 
Monokultur und Selbstüberschätzung sind ungut. Rächt sich früher oder später. Fällt einem auf die Füße. Ich spreche da als eingeborener Bewohner des Ruhrgebiets aus Erfahrung. Um die 150 Jahre lang hat man hier fast ausschließlich auf die Montanindustrie gesetzt. Die brachte viele Probleme, aber auch Wohlstand. Die letzten paar Jahrzehnte bekamen sogar die Arbeiter ein bisschen davon ab. Bis in die Achtziger hinein stolzierte die RAG (Ruhrkohle AG), später die DSK (Deutsche Steinkohle AG) mit breitester Brust einher. Schaltete doppelseitige Anzeigen in allen großen Zeitungen und Zeitschriften. Unsere deutsche Kohle sichert die Zukunft der Nation. Bis in alle Ewigkeit. Systemrelevant. Gockel, gockel, gaaack. Kikeriki!

Donnerstag, 18. Februar 2021

Schmähkritik des Tages (45)

 
Heute: Micky Beisenherz und Jan Böhmermann über Dubai

"[Wenn] Sie sich immer schon gefragt haben, was all diejenigen, die fürs neue iPhone oder neue Yeezies vorm Laden pennen, am Black Friday die Malls stürmen, sonst noch für Sehnsüchte haben: Et voilà. There you have it: Dubai it is. […] Gegen diese Destination wirkt selbst Las Vegas wie das Forum Romanum. Wobei Rom die Sklaverei schon eine ganze Weile hinter sich gelassen hat. Davon können Millionen Pakistanis, Inder oder Bangladeschis hier nur träumen. Irgendeiner muss den Scheiß ja billig hochziehen, oder. Eben. […] Für jemanden mit dem Feinsinn einer Knochensäge ist Dubai genau das richtige Pflaster." (Stern, 05.01.2021)

Dienstag, 16. Februar 2021

The Fleischsalat Years

 
Aschermittwoch special: Carne, vale!
 
Erinnert sich noch wer an Stulli, das Pausenbrot? Das war die Hauptfigur eines Comics von Rattelschneck, der bis 2012 in der 'Titanic' erschien. Stulli war eine humanoide Klappstulle und von dem Wunsch beseelt, endlich genüsslich von jemandem verputzt zu werden. Das scheiterte regelmäßig daran, dass alle sich sofort reihernd übergaben, sobald sie erfuhren, dass Stulli "schön mit Margarine beschmiert und dick mit Fleischsalat belegt" sei.

Samstag, 13. Februar 2021

Vier Wände für ein Halleluja

 
"Alles, was aus Anstrengung entsteht, ist Scheiße. Hör dir die Musik im Radio an. Leiernder, wehleidiger, stumpfer Dreck. Entstanden aus Anstrengung. Gemacht von Leuten, die Häuser abbezahlen müssen. Stumpf anmoderiert von Leuten, die Häuser abbezahlen müssen. Kapitalismus macht stumpf. Ich habe mich noch keine fünf Minuten im Leben angestrengt. Man muss sich entscheiden. Gute Kunst entsteht nicht aus Anstrengung. Sondern absichtslos. Aus Lust." (Christian 'Flake' Lorenz)

Und? Hammsegelesen? Hammsegehört? Die grünen Spinner wollten Einfamilienhäuser verbieten! Alarm! Unerhört! Das ist mindestens genau so schlimm wie einen Veggietag in Kantinen und Mensen einführen zu wollen und damit Millionen deutsche Arbeitnehmer sowie den akademischen Nachwuchs zu zwingen, sich einmal pro Woche ihre mittägliche Gammelfleischration beim Dönermann oder an der Currywurstbude zu besorgen. Glücklicherweise konnte das damals abgewendet werden. Puh! Am Ende hätte noch eine Stütze der Gesellschaft wie Clemens Tönnies Konkurs anmelden müssen, wenn Millionen Kantinengänger herausgefunden hätten, dass man sich auch fleischlos gut ernähren kann. Nicht auszudenken, das!

Mittwoch, 10. Februar 2021

Ronny des Monats - Februar 2021


So, die allmonatliche Verleihung des Ronny des Monats liegt wieder auf dem Tapet. Da der Karneval dieses Jahr wegen der Seuche weitgehend flachfallen muss, gibt es deutlich weniger Chancen, öffentlich dumme Witze auf Kosten von Minderheiten zu machen und das für Kultur auszugeben als in üblichen Jahren. Trotzdem war genug übrig, dass es auch diesen Monat wieder für die Top 5 reicht:

Samstag, 6. Februar 2021

Banane unvollendet

 
Wenn es einen hiesigen Literaten gibt, auf den das abgegriffene Attribut 'verkannt' vollumfänglich zutrifft, dann ist es der 2016 verstorbene Wolfgang Welt. Er pflegte einen Briefwechsel mit Peter Handke und seine Bücher wurden bei Suhrkamp verlegt, doch konnte er vom Bücherschreiben nie leben. Von einer schweren psychischen Erkrankung aus der Bahn geworfen und aufgequollen von den Medikamenten, hielt er sich den Rest seines Lebens als Nachtwächter über Wasser, davon die letzten 25 Jahre im Bochumer Schauspielhaus. Diverse prominente Kollegen am Theater, darunter Leander Haußmann, wussten um sein Schreibtalent, konnten ihm aber auch nicht wirklich helfen. Ein Unvollendeter (noch so einer aus der Mottenkiste des Feuilletonschreibens).

Dienstag, 2. Februar 2021

Kopfkino, verhartzt

 
Wussten Sie schon? Hartz IV-Empfänger, wie Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch gemeinhin genannt werden, sind faul, dreist, unverschämt und verlogen! 1.300 Schleifen pro Monat hauen so welche mal eben zu zweit auffen Kopp. Einfach so. Von unsern Steuergeldern! Ehrlich! Stand in der Zeitung. Wenn ich so was lese, dann frage ich mich oft: Wie kommt das in die Welt? Was denken sich die, die so was schreiben? Was geht in ihnen vor, was bewegt sie, was treibt sie an? Tja, und dann rattert das Kopfkino los bei mir. Ich sehe vor mir eine Lokalredaktion im Ruhrgebiet. Es ist früher Nachmittag, der Spaß beginnt.

Sonntag, 31. Januar 2021

Sentimental Journey (2)


Das ging ja fix. Nicht mal einen Monat nach meiner letzten Stippvisite am Haus meiner Kindheit und Jugend ist schon die Baustelle eingerichtet und es wird entkernt. Arenberg 21.

Freitag, 29. Januar 2021

Steine in den Weg

 
Immer noch spukt da gelegentlich diese Assoziation bei mir im Hinterkopf herum: Unternehmen, die Dinge herstellen und vertreiben, die einem einst die Kindheit verschönert, ja, verzaubert haben, sind nicht wie die anderen. Keine Ausbeuter und Kapitalistenärsche. Nein, das können sie unmöglich sein. Die doch nicht! Wie könnten sie sonst so was Schönes herstellen? (Bevor irgendwelche Schlaubischlumpf-Kommentare aufschlagen: Natürlich ist mir bewusst, dass das irrationaler Quatsch ist. Ich habe das Problem erkannt und arbeite seit längerem daran.)

Mittwoch, 27. Januar 2021

Lest we forget (4)

 
"Es ist geschehen und folglich kann es wieder geschehen." (Primo Levi)

Heute vor 76 Jahren, am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Truppen der 322. Infanteriedivision das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Knapp 6.000 entkräftete, unterernährte und kranke Häftlinge fand man noch vor, von denen trotz sofortiger medizinischer Hilfe noch mehrere Hundert starben. 30.000 waren ein paar Tage zuvor 'evakuiert' worden, wie es hieß. Was bedeutete: Auf einen der 'Todesmärsche' quer durch das Reichsgebiet getrieben. Ferner fanden die Soldaten vor: über 40.000 Paar Schuhe, hunderttausende Kleidungsstücke und sieben Tonnen Haare.