Sonntag, 8. Oktober 2017

Im falschen Heimatfilm


Wieder einmal scheint's, als sprüngen die etabliert-sklerotischen politischen Kräfte über ein Stöckchen, das ihnen die Rechten hinhalten. Der Festrede des aktuellen Bellevue-Insassen zum Nationalen Feiertag zufolge, ist man offenbar fest entschlossen, ihnen, also den Rechten, den Begriff 'Heimat' nicht widerstandslos zu überlassen. Fragt sich nur, ob das Heimatgetümel bei denen nicht sogar am besten aufgehoben ist. Es mag meinethalben eine zutiefst menschliche Regung sein, sich mit dem Landstrich in den man zufällig hineingeboren wurde und den Leuten, unter denen man so groß werden musste, irgendwie zu identifizieren. Die Frage ist aber schon, ob man dem mehr Bedeutung beimessen sollte als unbedingt nötig, und ob ein wenig davon nicht bereits zu viel ist. Es gibt zahlreiche Regungen, die irgendwie zutiefst menschlich sind, sich aber völlig zurecht in diversen Tabuzonen befinden bzw. im Strafgesetzbuch stehen. Man nennt das: Zivilisation.

Donnerstag, 5. Oktober 2017

Schöngeister in weiß


Unter der Woche bin ich nicht zum gründlichen Lesen gekommen, aber neben den üblichen Aufregern scheint mir die Tage viel über das Medizinstudium geredet zu werden. Darüber, ob der (Einser-) NC bei zunehmendem Ärztemangel noch zeitgemäß ist oder ob man den Zugang vielleicht gar ein wenig lockern soll, entscheidet jetzt sogar das Bundesverfassungsgericht. Weil wir in Deutschland sind, schwingen im Hintergrund nicht selten Fragen mit wie: Sollen solche Leute das dürfen? Also bitte, soll denn jetzt etwa jeder? Medizin studieren dürfen? Die so grundlegende wie scheinbar blöde Frage nach dem Was, also was denn ein guter Arzt eigentlich können sollte bzw. welche Voraussetzungen einem das Studium und die Arbeit erleichtern, scheint mir dabei regelmäßig etwas kurz zu kommen.

Montag, 2. Oktober 2017

Alle sind im Widerstand


"Metal ist keine Rebellion mehr." (Mikael Åkerfeldt)

Widerstandskämpfer gehen mir inzwischen gewaltig auf den Sack. Also nicht echte Widerstandskämpfer, die wirklich was riskieren, sondern die, die sich dafür ausgeben. Weil's Sympathien bringt. Die fliegen edlen Streitern für das Gute und Wahre nämlich zu, und zwar so sehr, dass Fakten zuweilen egal werden. George Lucas zum Beispiel hat das gewusst. Die Truppe, die in 'Star Wars' (1977) antrat, die weit entfernte Galaxie vom finsteren Todesstern zu befreien, war ein Haufen, dem man normalerweise nicht die Organisation einer Tombola auf dem Gemeindefest anvertraute, weil das todsicher im Chaos enden würde. Ein inzestuös veranlagter Schulabbrecher und Verkehrsrowdy, ein esoterischer Opa, der beim ersten Laserschwertduell draufgeht, ein gesuchter Schmuggler und dessen bester Freund, ein 2,50 Meter großer, wandelnder Flokati, der nicht sprechen kann, dafür aber zwei Roboter, von denen einer in einer Tour Blech redet. Aber egal. Sie kämpften für das Gute gegen einen übermächtigen Bösewicht und schienen keine Chance zu haben. Deshalb mochten wir sie, feuern sie an, bangten und hofften mit ihnen und hielten zu ihnen.

Samstag, 30. September 2017

Notizen aus der Provinz


Promis, meinte die ostwestfälische Nachtigall einst, seien Erbrochenes auf der Windschutzscheibe des Lebens. Dem ist nur schwer zu widersprechen. Zumal damit ja nicht gemeint ist, Menschen, die der Menschheit wirklich etwas zu geben haben, den gebotenen Respekt zu versagen. Die sind oft gar nicht das Problem, denn die pflegen sich durch das mitzuteilen, was sie tun und ansonsten meist keine Lallbacken zu sein. Nein, es geht um Promis. Um jene Leute also, die aus irgendwelchen Gründen Medienpräsenz bekommen für irgendwas Belangloses und es deswegen gewaltig nötig haben. Und je belangloser das, was sie tun, desto mehr haben sie's oft nötig. So landet man am Ende bei ridikülen Phänomen wie 'It-Girls'. Normschöne junge Frauen, die für ihre bloße Existenz bezahlt werden sowie dafür, mit mehr oder minder Aufwand momentan gültigen ästhetischen Idealen zu entsprechen und zu den richtigen Events eingeladen zu werden.

Donnerstag, 28. September 2017

Elf Thesen zur Bundestagswahl


Na ja, wirklich lichtet sich der Nebel noch nicht, dafür ist immer noch zu viel Gerede im Schwange, aber das ganz aufgebrachte Hin- und Hergeschnatter wird so langsam leiser. Vieles kann man sagen zu dieser Bundestagswahl. Es gibt Gründe für die Befürchtung, dass wir ihre Nachwirkungen noch lange spüren werden (beim linken GÜV mögen wieder die Alarmsirenen heulen, aber ich halte überhaupt nichts von der denkfaulen Behauptung, Wahlen veränderten eh nichts). Anyway, immer wenn viele disparate Gedanken durcheinander gehen, tut man gut, sie nicht alle in eine Form zwingen zu wollen, sondern sie nebeneinander stehen zu lassen. Also, meine elf Cents zu Sonntag:

Sonntag, 24. September 2017

Passt!


Nicht immer, aber manchmal braucht man in der Tat nur Wikipedia zu zitieren. 1980 gab der damalige Kanzler Schmidt angesichts von Gruppierungen wie der Wehrsportgruppe Hoffmann, einer wieder erstarkenden NPD und Neugründungen wie der FAP die so genannte SINUS-Studie zum Rechtsextremismus in Auftrag. Dazu wurden 7.000 wahlberechtigte Westdeutsche befragt. Die Ergebnisse:

Samstag, 23. September 2017

Die Partei, die Partei...


... die hat nicht immer recht.

"Um die Moral zu heben, muß man die Ansprüche senken." (Stanislaw Jerzy Lec)

Gar heftig rauschte es die Tage im linken Blätterwalde, als bourgeoise Preßbengels wie Jörg Wimalasena und Martin Kaul sich erfrechten, die 'Partei' schnöde abzuwatschen. Jene einzige bzw. letzte politische Kraft, die desillusionierte, ironiegestählte Fastgarnichtmehrwähler eventuell doch zu wählen sich überlegen würden. Sogar Margarete Stokowski sah sich herausgefordert, dem Verein mit einem für ihre Verhältnisse durchaus unaufgeregten Beitrag beizuspringen und sah erstaunlicherweise darüber hinweg, dass dort fast ausschließlich Männer das Sagen haben. Die Reaktionen in Kleinbloggersdorf indes waren teils dermaßen heftig, dass man fast glauben mochte, da habe wer aber einen empfindlichen Punkt getroffen. Die Empörung frommer Katholiken im Angesichte einer geschändeten Hostie könnte nicht größer sein.

Es gibt Leute, die sind offenbar leicht zu triggern. Könnten wir uns jetzt alle mal ein wenig abregen? Danke.

Mittwoch, 20. September 2017

Wahl-O-Mat light, zwei und zwei


Na, sind Sie auch schon gespannt wie ein Flitzebogen, wer am Sonntag wohl das Rennen machen wird und Angela Merkel die nächsten vier Jahre bei der endgültigen Installation der neoliberalen Elitendemokratie den Steigbügel halten und die Tasche tragen darf? Huiii! Sind Sie auch so frustriert, weil der blöde Wahl-O-Mat auch nach dem fünften Durchlauf 'AfD' ausspuckt, obwohl Sie doch eigentlich Grünen-Stammwähler sind und sich selbst für ganz schön links halten (und man doch schließlich kein Nazi ist, bloß weil man ein Problem damit hat, dass im heimatlichen Kiez eine Flüchtlingsunterkunft steht und man den ökovegan ernährten Nachwuchs ausschließlich in private Einrichtungen gibt)? Glauben Sie, eine Wahl zu haben, haben aber andererseits auch keinen Bock, sich voll öde durch 38 doofe Fragen zu klicken? Hilfe naht! Beim 'Eulenspiegel' haben sie einen Wahl-O-Mat light aufgesetzt, der den Job in weniger als zehn Sekunden hervorragend erledigt. Alles, was Sie tun müssen, ist eine Frage beantworten:

Samstag, 16. September 2017

Willkommen in der MRD


"Everybody's darling is everybody's Arschloch." (Volksweisheit)

Die Älteren werden sich vielleicht erinnern: Früher hatten überall Graue Herren das Sagen. Sie hatten alle gedient, trugen graue Anzüge und Pomade im Haar, schleppten dicke Kassenhornbrillen auf der Nase herum und mufften streng nach billigem Aftershave (das überdeckte ihren Körpergeruch, weil sie nur einmal in der Woche badeten - die schlechten Zeiten!). Wenn jemand irgendwo etwas ganz Provokantes sagte, dann reagierten diese Herren, so sie nicht Franz-Josef Strauß hießen, meist, indem sie über den Rand ihrer dicken Hornbrillen guckten oder sie abnahmen, gravitätisch dreinschauten, mit ihrer Rauchware pafften und sagten: Nun ja, das ist halt so dummes, unreifes Gerede von jungen Leuten, das sollte man nicht allzu ernst nehmen. Natürlich war das herablassend, altväterlich. Oft kochte man innerlich, da man sich nicht ernst genommen vorkam. Was wohl auch Sinn der Sache war.

Dienstag, 12. September 2017

Unter falscher Flagge...


... hau'n wir auf die Kagge

Gestern war es wieder einmal so weit: Remember, remember Elfter September! - so lautete der Tagesbefehl. Aber das Ganze war ja eh ein Inside Job. Eine False Flag-Aktion, ins Werk gesetzt von  Bush, Cheney, Wall Street, Geheimdiensten, Militär und/oder wem auch immer. So behaupten es jedenfalls so genannte Truther.

Klar, an der Nummer hätten, je nach Variante, tausende von Leuten beteiligt gewesen sein müssen. Wolkenkratzer hätten monatelang aufwändig zur Sprengung vorbereitet, Flugzeuge gegen identische, speziell für den Angriff auf die Türme des WTC präparierte ausgetauscht und die Insassen der eigentlichen Maschinen später im Nirgendwo exekutiert werden müssen. Das alles hätte komplett unbemerkt geschehen müssen, um damit einen Casus belli für den angeblich seit langem geplanten Krieg in Afghanistan in der Hand zu haben. Ferner hätte man diverse Bekennervideos und -schreiben von Osama Bin Ladin fabrizieren, die Hintergrundgeschichten der Angreifer um Mohammed Atta stricken und die u.a. deutschen Geheimdienste entsprechend hinter die Fichte führen müssen (gut, die drei letztgenannten Dinge dürften noch am ehesten machbar gewesen sein).

Samstag, 9. September 2017

Ronny des Monats - September 2017


Und schon wieder ist der Monat rum. Der Geliebte ArbeitgeberTM hat was überwiesen, an dem diverse Abgreifer aus den Branchen Immobilien, Gas/Wasser/Elektro, Telekommunikation und Versicherungswesen sich bereits bedient haben, der kalendarische Herbst hat begonnen, und es gilt wieder einmal den monatlichen Ronny zu küren. Ich muss sagen, dieses Mal kaum Probleme mit der Wahl des Preisträgers und des Ehrenronnys gehabt zu haben, da mir selten zwei so überzeugende Bewerbungen ins Haus geflattert sind (no pun concerning feynsinn intended). Auch dahinter wurde es diesen Monat eng. So galt zu meinen jungen Jahren ein vor einer Universität geparkter Opel Manta als maximalst denkbarer Widerspruch. Der dürfte inzwischen von rassistischen Sprüchen auf Universitätsgebäuden als maximalst dem eigentlichen Geist von Universitäten Hohn sprechendem Gegensatz abgelöst worden sein.

Mittwoch, 6. September 2017

Another one down...


... one left - Holger Czukay (1938-2017). Dabei musste heuer hier schon Jaki Liebezeit verabschiedet werden. Jetzt ist nur noch Irmin Schmidt übrig von der Band, deren Einfluss sich nur mit demjenigen von 'Kraftwerk' vergleichen lässt.

Sonntag, 3. September 2017

Depression, Mehltau, Gerede


Wäre dieses Land kein Land, sondern ein Individuum, müsste man wohl eine Depression diagnostizieren. Auf die Zumutungen des Lebens reagieren wesentliche Teile dieses Landes entweder hasenfüßig-resigniert (Weiter so. Keine Experimente. Lass Mutti das mal machen.) bis trotzig-aggressiv (Grenzen dicht! Merkel muss weg! Diktatur! Rabäääh!), gelegentlich auch mit einer Mischung aus beidem (Wir schaffen das – nicht!). Im Gegensatz zur Medizin gibt es dagegen kein Antidepressivum. Und weil auch der einzigen Partei, die wirklich die Systemfrage stellt, sich aus dem Rennen nimmt, weil auch ihr kaum was anderes einfällt als Steuern wie damals unter Kohl und ein büschen Umverteilung, haben wir bei der anstehenden Bundestagswahl nur mehr die Wahl zwischen zwei Geschmacksrichtungen von Weiter so. 

Samstag, 2. September 2017

Schmähkritik des Tages (11)


Heute: Michael Herl über das Marketing von Firmen wie Wiesenhof und Rügenwalder

"Nun plötzlich kräht es abermals laut aus dem Norden der Republik: Wir machen nun bio! Ich frage mich halt immer wieder bei solchen Kehrwenden, nicht nur bei Rügenwälder und Wiesenhof: Wenn nun das Biozeug der absolute Clou Eurer Klitschen ist, was ist denn dann mit dem aus normalem Fleisch? Ist das schlechter? Sollen wir das dann nicht mehr kaufen? Und wenn Ihr plötzlich so von Bioprodukten überzeugt seid, warum nehmt ihr dann alle anderen nicht aus dem Sortiment? Das wäre doch konsequent, oder? Oder wirft Konsequenz nicht genug ab?

Donnerstag, 31. August 2017

Mehr als Aschenputtel


Vor 20 Jahren, am 31. August 1997, verstarb die ehemalige Prinzessin Diana bei einem Autounfall. Das ist politisch relevanter als es scheint.

Selbstverständlich weiß ich, wo ich war und was ich tat, als die Nachricht vom Tode der damaligen Ex-Prinzessin Diana mich ereilte. Es war ein Samstagabend, ich saß daheim auf der Couch und hatte eine Bierflasche in der Hand. Ich war relativ früh von einem mäßig unterhaltsamem Spieleabend (ich kenne eigentlich keine anderen) heimgekehrt und wollte mir zur Wiederholung des 'Aktuellen Sport-Studio' noch ein oder zwei Kaltgetränke geben, als es passierte: "Die in Paris verunglückte Prinzessin Diana ist den Folgen ihrer Verletzungen erlegen. Mehr in Kürze" - so in etwa hieß es in der Einblendung. Meine Reaktion: Aha. Tragisch. Alt ist sie nicht geworden. Friede ihrer Seele. Immerhin, für die Hinterbliebenen wird wohl irgendwie gesorgt sein. Damit war der Fall für mich so weit erledigt.

Montag, 28. August 2017

Fundstück: Venceremos, Amigos!


Die stets unbestechliche Titanic-Humorkritik brachte mich dorthin. Die vierteilige Dokumentation 'Die phänomenalen Amigos' ist zwar nicht auf YouTube zu sehen, dafür aber in der ARD-Mediathek (Teil 1 - Teil 2 - Teil 3 - Teil 4). Und man weiß nicht, ob man es nun mit der hessischen Variante von 'This Is Spinal Tap' zu tun hat oder mit einem wirklich ernst gemeinten Portrait. Letzteres kann einfach nicht sein, meint man immer wieder, während man sich's gibt. Denn dafür sind die Lobhudeleien auf das ungelenke Schlagerduo einfach zu sehr over the top, die Bratwurstjournalismus-Phrasen aus dem Off zu platt, als dass ein Redakteur mit einem Rest an Berufsethos das noch durchwinken könnte. Oder ist das am Ende doch ernst gemeint? Ganze vier Teile à 45 Minuten über "zwei schlimmst frisierte, herbstliche Brüder aus dem Hessischen, die neben dem Beruf simpelste Schlager schreiben"? (Titanic, ebd.)

Samstag, 26. August 2017

Hüben und drüben - U.S. Edition


Man kann, wenn man mag, durchaus Parallelen ziehen zwischen Donald Trump und Ronald Reagan. Letzterem ist es während des Wahlkampfes 1979 gegen Jimmy Carter gelungen, die bis dahin eher unpolitischen evangelikalen Christen der USA zu mobilisieren und als Wählerreservoir für die Republikaner zu erschließen. Seither hat ein religiöser Rollback in der US-Politik stattgefunden. Kaum ein Kandidat für ein öffentliches Amt, zumindest bei den Republikanern kann es sich erlauben, bei jeder Gelegenheit seine christliche Gesinnung unter Beweis zu stellen und vorzugeben, beseelt Gottes Willen zu vollstrecken. Stimmen gegen Einflussnahme, so ging der Deal. 

Dienstag, 22. August 2017

Deutscher Herbst 1992


Vor genau einem Vierteljahrhundert, am 22. August 1992, begann ein enthemmter faschistischer Lynchmob in Rostock-Lichtenhagen, angefeuert und beklatscht von einer Horde Gaffer und Mittäter im Geiste, mit Bockwurst und Bier versorgt von fliegenden Händlern und, vergessen wir das nicht, materiell wie ideologisch aufgerüstet von westdeutschen Neonazi-Kadern, erstmals im großen Maßstab gegen die vorzugehen, die er für schuld an seinem gefühlten oder realen Elend hielt: Die in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZAst) im so genannten 'Sonnenblumenhaus' untergebrachten Asylbewerber und im selben Haus lebende, ehemalige vietnamesische 'Vertragsarbeiter'. Vier Tage dauerte das an und wie durch ein Wunder wurde kaum einer der Bewohner verletzt, obwohl die marodierenden Horden sich maximale Mühe gegeben hatten, auf Menschenleben minimale Rücksicht zu nehmen.

Sonntag, 20. August 2017

Foodblog London


An die 17.000 Restaurants und um die 4.500 Pubs soll es 2015 in London gegeben haben. Menge Auswahl. Warum, so frug ich mich jetzt, hier nicht mal ein paar von denen empfehlen, die ich so getestet und für gut befunden habe bislang? Als kleine Hilfe für den Fall, dass jemand demnächst mal nach in die, trotz aller Berliner Bemühungen, einzige echte Weltstadt Europas kommen sollte. Den erstmaligen Besucher mag überraschen, dass man in London vergleichsweise billig herumkommen kann. Eine Day Travel Card für die Tube ist für £ 8.00 zu haben, und an einer der teuersten Einkaufsstraßen der Welt, etwa der Oxford Street, kosten die Sandwiches bei Marks & Spencer keinen Penny mehr als überall anders. Hinkommen? Wer nicht an Flugangst leidet und auf den Anblick der White Cliffs verzichten kann, bekommt Flüge, die günstiger sind als so manche innerdeutsche Zugfahrt. Leider ist Übernachten meist ein teurer Spaß. Es sei denn, man hat kein Problem damit, im Hostel mit 12 besoffenen Australiern auf dem Zimmer zu liegen. Aber das ist ein anderes Kapitel.

Freitag, 18. August 2017

Zum Saisonstart


Wie und warum  wird man eigentlich Fan eines bestimmten Fußballvereins? Aus Familientradition? Weil der beste Freund/die beste Freundin auch Fan ist? Weil man irgendwann mal mitgeschleppt wird zu einem Spiel. Man irgendwo dazugehören will? Bei mir war's ein langweiliger Samstagnachmittag im Jahre 1989. Meine hier gelegentlich erwähnte Sympathie für die Dortmunder Borussia war eine arg späte Liebe. Als Ruhrpöttler musst du dich entscheiden. Farbe bekennen. Butter bei die Fische tun. Herne-West oder Lüdenscheid-Nord? Notorischen Underdogs wird noch Anhängerschaft zum VfL Bochum, zu Rot-Weiß Essen oder den Zebras aus Duisburg gestattet, aber seitdem die nicht mehr die Bundesliga bevölkern, reduziert sich's hier vornehmlich auf die Gretchenfrage: Schwarzgelb oder blauweiß?

Mittwoch, 16. August 2017

Reiseimpressionen (7)


Undenkbares

Bis vor ein paar Jahren galt: Wer vom europäischen Kontinent per Flieger nach England wollte, und qua Geiz oder mangels dicker Hose nicht First Class gebucht hatte, tat sehr gut daran, den Flughafen London-Heathrow nach Möglichkeit zu meiden. Nach Heathrow flog nur, wer nicht anders konnte. Das alte Terminal 1, in dem die meisten innereuropäischen Flüge abgewickelt wurden, war ein dusterer, abgerockter Moloch mit endlosen Gängen und kryptischer Personenführung. Hatte man endlich sein Gepäck wieder, konnte durchaus noch ein Fußmarsch von 15-20 Minuten vor einem liegen. Entsprechende Erfahrungen brachten mich dazu, über mehrere Jahre die Dienste des als Fluggesellschaft getarnten Leutezusammenpferchers easyJet in Anspruch zu nehmen. Zumal es sich vom Miniflughafen Dortmund recht kommod reisen und die knappe Stunde in der engen Mühle sich aushalten ließ.

Dienstag, 8. August 2017

Ronny des Monats - August 2017


Bevor es hier in eine einwöchige Sommerpause geht, noch schnell die fällige Ronny-Verleihung für August. Man muss beizeiten daran erinnern, dass Ronny und Konsorten nicht nur gegen alles Frrremdrrrassige aktiv sind, sondern auch gegen alles, was sie als Links ausmachen. Und weil Ronny und Co. normalerweise schon ziemlich weit rechts stehen, kann da eine ganze Menge zusammenkommen. Nehmen wir den G20-Gipfel in Hamburg, über den hier ja einigermaßen ausführlich berichtet worden ist. Natürlich war die Gewalt, zu der es gekommen ist, nicht in Ordnung. Die Reaktionen aus gewissen Kreisen allerdings auch nicht. Bernhard Torsch hat dankenswerterweise einige Screenshots aus diversen Facebookgruppen gesammelt, die illustrieren, wie gewisse Leute sich das Vorgehen gegen die Randalierer von Hamburg so vorstellen. Ein paar Kostproben:

Sonntag, 6. August 2017

Bourgeoise Besseresser/in


Denise Snieguole Wachter verdingt sich beruflich als 'Genussredakteurin' bei der Zeitschrift 'Stern'. In dieser Funktion ist sie - öhöm, öhöm - "für Kulinarik zuständig" und nach eigenem Bekunden "hungrig auf alles, was mit gutem Essen und köstlichem Wein (und auch anderen Getränken) zu tun hat". Nicht die schlechtesten Voraussetzungen also. Überdies verfügt sie offenbar über die magische Gabe der Bilokation. Mit anderen Worten: Sie kann sich zweiteilen. Anders ist es nämlich nicht zu erklären, wieso sie selbstgemachte Gemüsechips als leckere und gesunde Alternative zu Kartoffelchips anpreist, um im nächsten Moment zu warnen, Gemüsechips seien keinen Deut besser als Kartoffelchips und daher mit genau so viel Vorsicht zu genießen.

Freitag, 4. August 2017

Kultureller Käse


Der bayerische Obazda ist, sofern ich recht informiert bin, ursprünglich eine Möglichkeit, Camembert, Brie oder anderen Schimmelkäse, der ein wenig 'drüber' ist, genießbar zu machen. Irgendwer hatte herausgefunden, dass ein Matsch aus überreifem Käse, Butter, gehackter Zwiebel, edelsüßem Paprika und eventuell etwas Kümmel hervorragend zu Bier und Brezn passt. Dass aus Resteverwertungen Spezialitäten werden, ist übrigens etwas durchaus Alltägliches. Und etwas Sympathisches, weil es darum geht, nichts wegzuwerfen. Das hiesige Hühnerfrikassee ist nichts anderes als eine Möglichkeit, das weitgehend geschmacksfreie Fleisch, das nach dem Auskochen von einem alten Suppenhuhn übrig ist, in etwas Essbares zu verwandeln. Genauso wie der französische Coq au vin. Ein coq ist weder ein Brathähnchen (poulet) noch ein Masthuhn (poularde), sondern ein alter Hahn, der, ähnlich seinem weiblichen Pendant, dem Suppenhuhn, seinen Dienst getan hat und in den Topf wandert, wo er zunächst in kräftigem Wein mariniert und dann lange auf kleiner Flamme weichgeschmort wird.

Mittwoch, 2. August 2017

Kost alles extra


Ins Kino zu gehen ist inzwischen eine anspruchsvolle, mit zahllosen Entscheidungen gepflasterte Angelegenheit. Früher konnte man wählen zwischen Parkett bzw. Sperrsitz und Loge. Wobei 'Loge' in den meisten Provinzkinos nichts anderes hieß, als dass Plätze in den letzten Reihen 1 bis 2 Mark extra kosteten. Einem alten, nicht auszurottenden Ammenmärchen zufolge, weil man dort die beste Sicht auf die Leinwand hat. War natürlich Quatsch, in Wahrheit ging es um was anderes. Wer es als Jungspund schaffte, eine Angebetete ins Dunkel des Kinos auszuführen, investierte hier. Erstens, weil hier die Chance auf ungestörtes Rumknutschen und Fummeln bestand, da ja niemand mehr hinter einem saß, und und zweitens in der stillen Hoffnung, die Dame würde vielleicht denken: Wow, ein Logenplatz, welch ein Gentleman! Heute ist die Sache trotz moderner Technik nicht einfacher, sondern eher noch komplizierter.

Montag, 31. Juli 2017

Ein Jubiläum (3)


Heute vor 100 Jahren begann die Schlacht um Passendaele

"Krieg ist ein Zustand, bei dem Menschen aufeinander schießen, die sich nicht kennen, auf Befehl von Menschen, die sich wohl kennen, aber nicht aufeinander schießen." (George Bernhard Shaw)

Nüchtern betrachtet, bestand der erste Weltkrieg an der Westfront ab Ende 1914 im wesentlichen aus einer Reihe immer aufwändigerer Versuche, das gegnerische Stellungssystem zu durchbrechen. Weniger nüchtern betrachtet, artete das aus in bis dahin nicht für möglich gehaltene, immer noch Schlachten genannte, wochen- und monatelange Massenschlächtereien. An zwei davon, die bei Verdun und an der Somme, ist hier bereits erinnert worden.

Freitag, 28. Juli 2017

Verdammte Neosoziallinkslibgerechte!


Oder: Das Kreuz mit den politischen Schubladen.

Überfordern zuverlässig jeden nach Orientierung Gierenden. Kein Wunder, dass alle Wutbürger werden...

Dienstag, 25. Juli 2017

Mutterkreuzzug


Natürlich ist es nicht per se ein No-Go, mit Bildern von Kindern und Babys Wahlwerbung zu betreiben, wie zahlreiche Beispiele der so genannten 'etablierten Parteien'TM zeigen (CDU/CSU - SPD - Grüne - FDP). Es ist eben eine Sache, mithilfe von Bildern lachender Kinder nebst sie umgebender, aggressiv Fröhlichkeit versprühender junger Familienhackfressen gut Wetter bzw. in Optimismus machen zu wollen. (Was bleibt Wahlkampfstrategen auch anderes als auf Ooochhhwiesüß-Effekte zu setzen in Zeiten, in denen Parteiprogramme weitgehend austauschbar geworden sind, möchte man fragen). Auch gehört es seit langem zum Standardrepertoire von Politikern, den eigenen Nachwuchs in die Öffentlichkeit zu zerren, wenn es gilt, sich als treusorgender Vater/gute Mutter zu inszenieren. Es kommt halt, wie so oft, auf den Kontext an.

Montag, 24. Juli 2017

Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (14)


Ende eines unfreiwilligen Selbstversuchs.

"Das dauert etwa fünf bis zehn Werktage, Herr Rose", flötet die freundliche Frauenstimme aus dem Festnetztelefon. Unerhört, erwidere ich so höflich wie möglich, wir lebten schließlich im 21. Jahrhundert und ob sie wisse, ja, ob sie eine entfernte Vorstellung habe davon, wie abhängig man inzwischen von den Dingern sei. Man könne ja quasi gar nicht mehr ohne, das sei ja gleichsam ein Körperteil heutzutage und ob es nicht möglich sei, mir einfach auf Gewährleistung ein Austauschgerät zukommen zu lassen. "Ich habe volles Verständnis für Ihren Ärger, Herr Rose, aber Sie müssen bitte auch den Hersteller verstehen, denn…" An dieser Stelle legte ich auf, bevor ich der Dame etwas in der Art reinschraubte wie: "Wissen Sie, wohin Sie sich ihr klebriges, verlogenes Gratisverständnis…?"

Samstag, 22. Juli 2017

Vive Le Tour!


Die Tour de France ist nach den Olympischen Spielen und der Fußball-WM das drittgrößte Sportereignis der Welt. Morgen geht sie zu Ende und es gibt vieles, das sich dagegen einwenden lässt. Dass das Ganze eine einzige, riesige, aufgeblasene Kommerzveranstaltung ist etwa. Dass die Unkenrufe, dem Großteil der Aktiven werde pharmazeutisch auf die Sprünge geholfen, wohl nicht ohne Grund ums Verrecken nicht verstummen wollen. Die oft schreiend bunte Aufmachung der Fahrer, die sie in lebende Litfasssäulen verwandelt. Das Sponsorentheater bei jeder Siegerehrung, der Filz, der sich mit der Zeit zwangsläufig in so einer Veranstaltung breitmacht wie Schimmel in altem Brot.

Mittwoch, 19. Juli 2017

Schmähkritik des Tages (10)


Heute: Lucy Fricke über ihre Demisexualität und das gegenwärtige Dating-Treiben

"Wer demisexuell ist, fühlt sich nur zu Menschen sexuell hingezogen, zu denen er eine starke emotionale Bindung aufgebaut hat. In Videos bieten Menschen ihre Hilfe an, sollte man ebenfalls von Demisexualität betroffen sein, in Foren kann man sich darüber austauschen. […] In einem Blog schreibt einer, dass er darüber mit niemandem sprechen wird, erst recht nicht mit seinen Eltern. Ja, sind denn alle verrückt geworden? Gestern noch eine Romantikerin, heute schon demisexuell. Bei mir fehlt nur noch der Griff zum Wegwerfen. […]

Das muss man sich mal vorstellen! Es gibt Menschen, die nur mit anderen Menschen ins Bett gehen wollen, die sie wirklich mögen. Menschen, die sie klug und witzig finden, denen sie sich nah fühlen, denen sie vertrauen, in die sie womöglich sogar verliebt sind. Nein, darüber kann man nicht mit seinen Eltern reden, das sollte man öffentlich auch besser nie zugeben. [...]

Samstag, 15. Juli 2017

Ronny des Monats - Juli 2017


Puh, über den Ereignissen in Hamburg ist die fällige Ronny-Verleihung des Monats ein wenig nach hinten gerückt (einen hervorragenden Beitrag zum Thema, der einen weitgehend vernachlässigten Aspekt des ganzen Affentheaters aufgreift, lieferte übrigens noch Herr Droste). Zunächst aber ein Nachtrag: Wer gewisse Freunde hat, der benötigt, einer alten Weisheit zufolge, keine Feinde mehr. So bekam der hier bereits ausführlich gewürdigte Xavier Naidoo nicht nur Schützenhilfe vom Jürgen Elsässers Wahrheitssucher-Postille 'Compact', sondern auch eine eigene, haarsträubende Ballade gewidmet. Und zwar vom mehrfach vorbestraften Holocaustleugner und Neonazi Gerd Honsik. Wenn das nicht was für die Wettsing- und Wettheulshow 'Sing meinen Song' ist, dann weiß ich auch nicht.

Donnerstag, 13. Juli 2017

Ein Letztes


(hoffentlich)

"In der Psychoanalyse heißt es, dass Verdrängtes als Störung zurückkommt. Wenn der Staat der Verdränger der Gewalt ist, die er in sein Monopol überführt hat, dann ist sie beim G20-Gipfel in Hamburg als Kollektivneurose zurückgekehrt; inklusive Hysterie im Nachgang." (Leander F. Badura)

Es ist eine Binse, dass man Menschen am besten an dem erkennt, was ihnen versehentlich so herausrutscht. Dazu gehört definitiv nicht das, was Springers Vierbuchstabenblatt, dessen Namen ich mich konsequent weigere, hier zu nennen, weil schon tote Fische gesehen worden sein sollen, die protestiert haben, darin eingewickelt zu werden, am Montag gebracht hat. Nein, der fröhliche Aufruf zu Denunziation und Selbstjustiz war kalt kalkulierte, lange geübte Praxis und zeigt, wie wenig man sich bei dieser Postille, allen netten Imagekampagnen zum Trotze, geändert hat. Leider ein Anlass, wieder einmal Max Goldts Diktum in Erinnerung zu rufen, auch wenn es weh tun mag: