Freitag, 11. September 2020

Ronny des Monats - September 2020


So, Sommerpause rum, Ronny ist wieder da. Tja, wen soll man da küren bei all der Auswahl? Andreas Kalbitz, den braunen Bomber mit den rustikalen Begrüßungsritualen? Oder den Betreiber eines Edeka-Marktes in Greifswald, der seinen Laden angeblich mit Schildern in Nazi-Schrift schmückt? Wobei, da sollte man vorsichtig sein. Die Schrift, die in dem Markt verwendet wird, ist eine so genannte gebrochene Grotesk, vermutlich - bin kein Typografie-Experte - die 'Tannenberg', die während der 1930er sehr beliebt, aber keinesfalls exklusiv für das NS-Regime war, sondern noch heute in diversen Berliner U- und S-Bahnhöfen verwendet wird. Ein schönes Beispiel also, wie schnell jemand durch einen falschen oberflächlichen Eindruck tatsächlich unschuldig in die rechte Ecke geraten kann. Anyway, es gab genug anderes. Die Top 5 für September:

Platz 5: Maske runter, sonst…
Bei aller berechtigten Debatte über deren tatsächlichen Anteil kann es keinen Zweifel geben, dass sich im Milieu der 'Corona-Kritiker' bzw. '-leugner' auch der eine oder andere mehr oder minder kryptofaschistische Stinkmorchel tummelt. So wurde jetzt der Leiter eines Gymnasiums in Ilmenau bedroht, nachdem er einen Schüler, der ohne Mund-Nasen-Schutz zum Unterricht erschienen war, wieder nach Hause geschickt hatte. In der ersten Mail sei ihm erklärt worden, "nach der Systemwende" werde man ihn "zur Rechenschaft" ziehen. Daraufhin seien weitere Mails aus ganz Deutschland eingegangen. Vorläufiger Höhepunkt seien Drohnachrichten auf seinem Privathandy gewesen. Jaja, alles nur brave, um die Grundrechte besorgte Bürger.

Platz 4: Hang zur Selbstverletzung
Scheint in Kreisen der AfD irgendwie Schule zu machen. Sich selbst auf die Omme geben oder anderswie Schaden zufügen und das dann der Antifa in die Schuhe schieben. Funktioniert nur meistens nicht und der Schwindel fliegt auf. Wie jetzt auch im Fall eines Hamburger AfD-Mitglieds. Netter Versuch.

Platz 3: Selige Burschenherrlichkeit
Mitglieder der Heidelberger Burschenschaft 'Normannia' sollen einen Gast der Burschenschaft 'Alte Leipziger Landsmannschaft Afrania' angegriffen haben, der vorher erwähnt hatte, dass er jüdische Vorfahren habe. Mitglieder der Normannen, der 'Ghibellinia zu Prag' aus Saarbrücken sowie der 'Germania' aus Köln sollen ihn daraufhin antisemitisch beleidigt, mit Münzen beworfen und mit Gürteln geschlagen haben

Ja, aber, aber aber aber, die 'Normannia' hat doch ihre 'Aktivitas' mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Also alles wieder roger, oder?

"Die Auflösung der 'Aktivitas' könnte laut AIHD auch dazu dienen, die Aufmerksamkeit weg von den Alten Herren der Stiftung zu lenken: »Darunter finden sich beispielsweise David Milleker (Chefökonom der Union Investment), Gerd Neubeck (ehem. Oberstaatsanwalt in Dresden, ehem. Stellvertretender Polizeichef von Berlin, ehem. Sicherheitschef der Deutschen Bahn), Markus Prien (Geschäftsführer MVV Regioplan) sowie der immer wieder durch rassistische Äußerungen auffällig gewordene ehemalige Polizeifunktionär Egon Manz (CDU, DPolG). Mit Christian Wirth sitzt sogar ein 'Alter Herr' der Burschenschaft für die AfD im Bundestag.«" (Stefan Lauer)

Kann man sich jetzt so seine Gedanken zu machen, wenn man mag.

Fun fact: Die Recherche hat die Antifaschistische Initiative Heidelberg erledigt.

Platz 2: Pastor Latzel reloaded
Pastor Latzel, der Bremische Böllerschütze Gottes und Verteidiger der Christlichen Werte, hatte sich zu dem Ausspruch hinreißen lassen: "Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day.", und dafür eine Anzeige wegen Volksverhetzung kassiert. Später entschuldigte er sich für die Worte und führte an, er habe nichts gegen Homosexuelle.

Nee, iss klar, passiert mir auch andauernd, dass ich Menschen, gegen die ich nichts habe und die sich strafrechtlich absolut nichts haben zuschulden kommen lassen, einfach so öffentlich als Verbrecher bezeichne.

Platz 1 und Ronny des Monats für:

Michael Ballweg 
Der offenbar leicht schwarzweißrot-blinde Initiator der größten Demo aller Zeiten (GröDaZ) meinte im Inverview mit dem DLF, als er auf die nicht eben wenigen Reichs(kriegs)flaggen angesprochen wurde, die dort wehten, das folgende:

"Ja, da war die eine oder andere zu sehen. Das stimmt. Da haben wir dann die Deeskalationsteams hingeschickt und haben die Teilnehmer dann gebeten, die Kundgebung zu verlassen, wobei die Deeskalationsteams mir auch zurückgemeldet haben, dass die Fahnen wohl irgendwo verteilt wurden und die Teilnehmer teilweise gar nicht wussten, was das für eine Fahne ist."

Nee, iss klar, passiert mir auch andauernd, dass mir Wildfremde auf einer Demo eine Fahne in die Hand drücken, deren Bedeutung mir nicht mal im Ansatz bewusst ist, und ich dann fröhlich damit schwenkend durch die Gegend latsche.


Und die Honourable Mention, der Ehrenronny, geht an:

Das Fitnessstudio 'BodyFit' im westfälischen Dülmen

Es gibt ja welche (Facebook), die sehen das christliche Abendland in Gefahr, weil diverse Lebensmittelhersteller sich entschieden haben, ihre 'Zigeunersauce' umzubenennen. Dazu gehören offenbar auch die Betreiber des ländlich gelegenen Körperoptimierungstempels. Die warben jüngst mit folgendem Hammerangebot:

"Keine Aufnahmegebühr und ein Monat gratis, wenn du bei deiner Anmeldung mit Zigeunersauce kommst. Wir mögen normale Mitglieder, die sich in unserer familiären Atmosphäre wohlfühlen."


Aha. Und wer keine Industriepampe mit Paprikastücken mag, ist unnormal oder was? Die Fittis präzisierten weiter:

"Im BodyFit fühlen sich Menschen aus allen Bevölkerungsschichten und Ländern wohl. Bei 'normalen' Mitgliedern sprechen wir hier von allen Menschen, die genauso normal denken wie wir und nicht verstehen, warum eine Mohren-Apotheke, eine Zigeunersauce, ein Negerkuss oder Ähnliches umbenannt werden soll."


Äh, aus demselben Grund, aus dem der Gebrauch von Worten wie 'Neger' zwar nicht ausdrücklich verboten, aber einigermaßen verpönt ist? Aus demselben Grund, aus dem es inzwischen, allen sonstigen Gender-Verrenkungen zu Trotze, zu recht mindestens als unhöflich gilt, wenn nicht ebenfalls verpönt ist, Frauen bei öffentlichen Ansprachen einfach stillschweigend 'mitzumeinen' vielleicht? Fragen über Fragen. Ist an dem dummen Klischee, notorische Eisenpumper wie die Jungs von der Burschenschaft 'Normalia' hätten zwar einiges in den Armen, dafür aber woanders eher weniger, am Ende doch was dran? Hülfe es vielleicht, wenn das 'BodyFit' auch eine Abteilung 'BrainFit' unterhielte? Und warum zum Fick fühle ich mich so an das hier erinnert?






16 Kommentare :

  1. »Pastor Latzel, der Bremische Böllerschütze Gottes und Verteidiger der Christlichen Werte,…«
    …kann nur eingeschränkt Empfänger dieses Preises sein. Diese verrottete Kirche, die ihn jetzt wieder frei laufen läßt, wäre der würdigere Preisträger. Was ist das für ein vollkommen überflüssiger, aus der Zeit gefallener Verein!

    der seinen Laden angeblich mit Schildern in Nazi-Schrift schmückt»dass sich im Milieu der 'Corona-Kritiker' bzw. '-leugner' auch der eine oder andere mehr oder minder kryptofaschistische Stinkmorchel…«>/em/
    Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis die mit angespitzten Stöcken oder Feuerzeugen selbst für »Ordnung« sorgen. Der massive Hirnschwund und die zunehmende Skrupellosigkeit läßt das Schlimmste befürchten. Das Schwadronieren über angebliches »Kindeswohl«, über das man angeblich kaum noch Schlaf findet, klingt langsam aber sicher wie eine Aufforderung zum Amoklauf mit Großvaters Schrotflinte. Und genau so ist es vermutlich gemeint.
    Wie gut, daß die allermeisten dieser Brüllaffen selber keine Kinder haben (hoffentlich!).

    …der seinen Laden angeblich mit Schildern in Nazi-Schrift schmückt…«
    Ja, das ist »Tannenberg«. Was wenig daran ändert, daß es in Antiquariaten immer wieder zu Begegnungen der dritten Art kommt, wenn jemand ein Buch zur Hand nimmt, mit der Fraktur überfordert ist und sinnend bemerkt, daß er Nazischrift nicht lesen kann. Es ist zum heulen. Das erinnert mich an einen Ausflug mit einer Ami-Crew in Jena, bei der eine panische Verkäuferin von der Kasse ins Hinterzimmer flüchtete. »Kann mal jemand nach vorne kommen? Die sprechen alle ausländisch!«

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    1. Unter dem Mäntelchen der Protestanten hatte immer schon so einiges Platz. Eine meiner persönlichen Lieblingsveranstaltungen waren übrigens die 'Deutschen Christen' - die wollten das Alte Testament 'entjuden' und hallelujaten A.H. zur Erlöserfigur hoch wie heute die Evangelikalen Donald Trump. Geschichte wiederholt sich wohl als Farce.

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  2. Hab mir alle fünf angeklickt … die Quellenlage ist mehr oder weniger einheitlich: Blogs oder Zeitungsartikel. Es steht mir also frei, was da steht zu glauben oder nicht.

    Anders als etwa bei Wissenschaftsartikeln ist der Wahrheitsgehalt zweitrangig – falls es mal falsch war, kommt allenfalls die Entschuldigung „kommt vor, dass wir irren, aber nicht, dass wir täuschen“.

    Zu meiner Schulzeit (bin Bj. ʼ54) war „Links“ Opposition. Heute ist „Links“ opportunistisch.

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  3. Zu meiner Schulzeit (bin Bj. ʼ54) war „Links“ Opposition. Heute ist „Links“ opportunistisch.
    Sagt wer? Irgend ein Kommentator auf irgend einem Blog? Das ist jetzt nicht gerade die Speerspitze der Seriosität, geschweige denn eine zitierfähige Quelle.

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    1. Ich. Nicht Zitat sondern Einschätzung.

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    2. Ich sollte das ausführen. Ich selbst stamme aus dem Milieu der Linken – „Lager“ will ich dazu nicht sagen, das wäre verkommen. In den Siebzigern war ich in einer Linken Gruppe (keine „K“-Gruppe). Inc. Ideologieschulung, Marxʼ Veröffentlichungen, Analyse des Wertschöpfungsprozesses. Intellektuell ging es recht straight zu. Was Torfköpfe in jener Zeit nicht ausschließt.

      In der Theoretischen Arbeit gab es als Auflösung des Kapitalismus-Konflikts das Konzept „Stamokap“. Kannst du googeln, ich führe es nicht aus. – Das Narrativ jener Zeit lautete „der Staat ist eine Beute des Kapitals“. Auch das führe ich nicht aus, auf Anfrage beantworte ich aber alles. In der Kürze liegt die Würze.

      Man kann über den Theoretischen Hintergrund heute diskutieren (ich tu das jedenfalls mit mir selbst) – in der Gruppe, die sich heute „Links“ nennt, finden ich weniger als nichts davon wieder. Ich behaupte mal kraft meiner Frechheit, der Mehrheit der Leser hier ist das ratzeputz neu.

      Insbesondere ist der ursprüngliche Wesensgehalt von „Links“ und „Rechts“ vollständig vergessen. Ersatzweise gilt: „Links“ ist, was „Gut“ ist (was „Wir“ sind). Die „Anderen“ (die „Bösen“) sind folglich „Rechts“. Schließt Corona-„Leugner“ ein.

      Beispiel? Siehe oben, Stefan Rose, 14.9.20, 12:20: „Unter dem Mäntelchen der Protestanten hatte immer schon so einiges Platz.“ Als „Protestanten“ dürfte die Querdenker-Demo gemeint sein, mit „Einiges“ die „Rechten“. Ein lustiges Beispiel gibts gleich dazu.

      In Ermangelung von Theorie wirds halt praktisch. Mit dem, der „Rechts“ (= „Böse“) ist, wird nicht diskutiert, der wird physisch nieder gemacht. (Was nun folgt betrifft weder Stefan Rose noch dich persönlich, sondern eure Szene:) beim Arbeitgeber angeschwärzt; seine Hausfassade appetitlich verfeinert; Briefkasten desgleichen (Buttersäure, gefrorene plattgeklopfte Hundekacke). Wer denjenigen im Disput zitiert wird mit dem Konzept der Kontaktschuld bekannt gemacht.

      Konsequenz: auch der eigentlich „Normale“ hütet sich, diese Grenze zu übertreten. Soziale Ausgrenzung ist ebenso traumatisch wie nachhaltig.

      An der Stelle kommt von mir ein „нет“. Mach ich nicht mit. Wer sich heute „Links“ geriert ist ein Opportunist – es sei denn, er hätte Argumente mit Hand und Fuß zur Hand, dann ist er mir willkommen.

      Falls du mir nicht zustimmst, fühl dich eingeladen, mir zu widersprechen.

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    3. Und heute drehen Sie rechts, weil Sie glauben, da an Fleischtöpfe zu kommen? So ein Möchtegern-Elsässer,-Mahler, etc.? Da müssen Sie sich aber mal ranhalten, da sind Andere aber schneller ne große Nummer geworden.
      Eigentlich würde ich Sie ja gern bitten, dass Ihre Propaganda nicht ganz so dämlich und intelligenzbeleidigend bleibt, aber ich glaub, das mach ich lieber doch nicht.

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    4. @Anonym – Widerspruch, danke. Also.

      „… heute drehen Sie rechts …“ – das wäre Auswechseln des unreflektierten Glaubens. Konvertiten verachte ich von Herzen. Also nein.

      „… an die Fleischtöpfe …“ – ich lebe von einer kleinen, aber ausreichenden Rente. Mein Auskommen wäre gefährdet allenfalls durch plötzliche Inflation. Also auch nicht.

      „… Propaganda nicht ganz so dämlich …“ – konkret, was genau an meiner Rede ist nicht nachvollziehbar?

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    1. Richtige Entscheidung. Dein Hirnchen könnte Falten werfen.

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    2. Stimmt, es könnte sich in dieselben Falten legen wie Ihres. Das ist in der Tat kein schöner Gedanke.

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    3. Externe Sicht auf eine Wohlfühlblase

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    4. Bin soeben auf ein Video gestoßen, das ein déjà vu bei mir auslöst – 3:30 – „… nämlich die vollkommene Ideenlosigkeit der Linken …“

      https://www.bitchute.com/video/vZM5odiBPvW8/

      Liegt auf Bitchute, kann also nicht ohne weiteres „moderiert“ werden wie bei Youtube.

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  5. Na,wenn das nix ist! Die habe ja gleich zwei Kreuze zum tragen! Danke, den Verein kannte ich noch nicht.

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  6. Leider lässt sich langsam nur noch sagen, es handelt sich hier um "business as ususal".

    Der Trachtenverein DC ist irgendwie ein Widerspruch in sich gewesen wie so vieles bei dieser Ideologie. Einerseits sollen Religionen für alle gelten und hier wurde über zusammenfantasierte Stränge ein Verbund mit nordischerer Mythologie, Germanentum und ähnlichem Unsinn eine Art deutscher, nationaler Protestantismus zusammengeklebt. Dieser war dann selbst innerhalb dieser Glaubensströmung die "besssere" Religion, weil sie nur von einer bestimmten Klientel ausgeübt werden sollte bzw. nur für diese galt.

    Es lässt sich dabei schwer sagen, ob das ein paar Kirchenvertreter waren, die der nationalsozialistischen, faschistischen Sicht zusprachen und deshalb diesen Verein hochgezogen haben oder ob es sich um einen Versuch gehandelt hat, die eher verpönte Kirche in das Gleichschalten einzubinden. Wahrscheinlich ist es ein Gemisch aus allem mit recht hoher Schnittmenge gewesen, wobei der protestantische Zweig und diesem Glauben Anhängige ohnehin von Anfang an mehr Sympathien für die Nazis hegten entgegen ihren katholischen Glaubensbrüdern und -schwestern. Das zieht sich bis heute durch, sind doch auch jetzt wieder die protestantischen Hochburgen nahezu flächendeckend auch die, in welchen solche Bewegungen der Sorte "ich-bin-weiss-Gott-kein-Nazi, aber..." Konjunktur haben.

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  7. Wg. Greifswald: Yepp, das dürfte die Tannenberg sein, die ich übrigens gern mal auf dem T-Hemd spazieren trage. Man findet sie aber auch an anderen passenden Orten.

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