Samstag, 29. Januar 2022

Vermischtes und Zeugs (XIV)

 
Es gibt Länder, in denen sind Staatsgeheimnisse die Abschusscodes von Atomraketen. Oder die Baupläne streng geheimer Atom- und Brennstoffzellen-U-Boote. Aufmarschpläne. Neue Panzer. Irgendwas mit Militär und Krieg halt. In Österreich ist es die Faltung der Kaiserserviette. Jenes "Geheimnis [...], wie aus einem etwa einen Quadratmeter großen Stück Stoff ein kunstvoll gefaltetes Gebilde wird, in dem zwei Stück frisches Jourgebäck (ein Semmerl links, ein Salzstangerl rechts) Platz haben, das einer liegenden Lilie nachempfunden ist - und nur ganz kindische Menschen ein bisserl an ein männliches Gemächt erinnert." Felix Austria!  

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Der neue Robin Hood heißt Lidl. Man obsiegte juristisch gegen die Firma Vorwerk, die den Discounter des Plagiats bezichtigt hatte. Der bietet unter dem Namen 'Monsieur Cuisine' ein Produkt feil, das unübersehbare Ähnlichkeit aufweist mit Vorwerks vollcomputerisierter Überküchenmaschine 'Thermomix'. Ferner hat Lidl unter dem Namen 'Playtive Clippys' Klemmbausteinsets im Sortiment. Die wiederum haben große Ähnlichkeit mit denen des Marktführers und Platzhirsches Lego, wofür die Billunder andere Konkurrenten schon abgemahnt oder verklagt haben. Im Falle Lidl hielt Lego aber schön die Füße still, so vermeldete der 'Held der Steine' nicht ohne eine gewisse, in seinem Fall durchaus nachvollziehbare Häme.

Vorwerk SE & Co. KG hatte 2020 einen Umsatz von 3.8 Mrd. €, Lego A/S 5,9 Mrd. € und die Lidl Stiftung & Co. KG knapp 90 Mrd. €. Man kann die Preis- und Sortimentspolitik von Lego gewiss mit Gründen kritisieren. Ebenso die von Vorwerk, wo sie für ihr komisches Thermoteil den Monatslohn eines Niedriglöhners auf den Bon schreiben. Soll man es aber ehrlich begrüßen oder gar erfreulich finden, dass ein Riese sich so was erlauben kann, weil er fünfzehn- bis dreiundzwanzigmal mehr in der Tasche hat als die Konkurrenten?

Es mag sein, dass einiges von Lego gekauft wird, weil die lieben Kleinen da entsprechend Druck machen. Den meisten Umsatz machen die Klötzchenhöker aber längst mit erwachsenen Zielgruppen. Auch wird niemand gezwungen, sich so einen sündteuren Vorwerk-Thermoeimer in die Küche zu stellen. Eines sollte man aber lassen: Lidls Vorgehen als David gegen Goliath-Nummer abfeiern. Fragt sich nämlich, wer hier David ist und wer Goliath.

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"Following the science only as long as science fits your agenda isn’t actually following the science."
Las ich jetzt.

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Kein Steak mehr an jedem Werktag - so jubelt's in der taz. Fleisch muss teurer! The meat party is over. Ja, nee, iss klar. Listen, love: Diejenigen, die sich's leisten können, werden auch weiterhin auf kein einziges Steak verzichten, wenn ihnen nicht danach ist. Die verzichten schon jetzt nicht auf nur eine Flugreise, obwohl die inzwischen viel teurer sind. Die lassen auch weiterhin ihren Elitenachwuchs per Flieger ins Social gap year nach Neuseeland düsen oder jetten nach Südamerika zum Trekking oder nach Indien zur Ayurveda-Kur. Weil sie es sich wert sind. So wie es den Porsche- oder Benzfahrer nicht weiter juckt, ob sein Ticket fürs Falschparken vor dem Edelitaliener nun fünf, zehn oder fünfzig Euro kostet. Kratzen tut das nur die, die... How do you spell "Klassenaspekt"?

Sorry taz, ich habe einfach zu viele Grüne und deren Wähler erlebt im Leben, die ihren Mitmenschen damit auf den Geist gingen, dass sie ja kaum mehr Fleisch äßen, und wenn, dann nur ganz selten und nur demeter aus dem Hofladen und es gäbe ja auch sooo tolle vegane Produkte inzwischen. Und deren heimische Kühlschränke schier platzten vor Aldi-/Lidl/-Penny-Billigfleisch. Ausnahmsweise, hihi. Sonst nie. Ehrlich. Weil's die Kinder halt so gern mögen. Weil der Hofladen gerade ausverkauft war. Der Weg zum Hofladen mit dem Auto ja auch schlecht fürs Klima ist irgendwie. Außerdem kenne ich niemanden, der jeden Werktag Steak frisst. Vielleicht kenne ich aber mal wieder nur die falschen Leute.

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Liebes Tagebuch! Heute ist ein ganz besonderer Tag. Ich habe mich nämlich dabei ertappt, wie ich Margarete Stokowski vollumfänglich recht gegeben habe. Der geht es gewaltig auf die Nerven, wenn sich vor allem ganz bestimmte Leute immer wieder darüber aufregen, dass es heutzutage keine Debattenkultur mehr gebe:

"Wann soll diese Zeit gewesen sein, in der es eine richtig gute Debattenkultur gab? Als es noch Duelle gab? Als im Bundestag noch gewettet wurde, ob eine bestimmte Politikerin einen BH trägt oder nicht? Als Nikel Pallat in einer Talksendung eine Axt rausholte, um einen Tisch zu zerschlagen, oder als Joschka Fischer erklärte: »Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!« - oder wann genau? War diese gute Zeit zufällig in der Studienzeit der Leute, die sich heute danach zurücksehnen" (Stokowski, a.a.O.)


(Disclaimer: Der Autor könnte rein vom Alter her Frau Stokowskis Vater sein und hat sich an seinem 30. Geburtstag im Stillen geschworen, nie so zu werden wie die alten Säcke, über die er sich bis dahin immer lustig gemacht hatte.)







4 Kommentare :

  1. " ... sich an seinem 30. Geburtstag im Stillen geschworen, nie so zu werden wie die alten Säcke ..."
    Vergiss es! Hehres Ziel. Am ehesten bekommen es die Esotheriker hin — abgedreht im hohen Alter, weil sie mit 30+ falsch abgebogen sind und seitdem stur geradeaus fahren (ey Alter, haste mal nen Heilstein für mich?)

    Gruß
    Jens

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    1. Jens: Heute sind Klangschalen im Angebot.

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  2. Herzlichen Dank für „ihr komisches Thermoteil“ und besonders den „Vorwerk-Thermoeimer“. Mit Deiner freundlichen Erlaubnis werden diese Ausdrücke meinen Vorrat an Schmähausdrücken für derlei Kochvermeidungsgerätschaften bereichern.

    Schönen Sonntach noch! Ich geh dann mal gucken, ob der Paneer von gestern inzwischen schnittfest ist …

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