Sonntag, 22. September 2024

Vermischtes und Zeugs (XCI)


Fällt das nur mir auf? Nach dem Tod Willy Brandts 1992 wurden sehr schnell jede Menge Straßen, Plätze, Schulen etc. nach ihm benannt. Zumindest hier in NRW. Helmut Schmidt hat es immerhin zum Namenspatron einer Uni gebracht. Bei Helmut Kohl aber scheint es irgendwie ganz finster auszusehen. Die hiesige Partei (Achtung, Satire!) hat wohl im Stadtrat mal den Vorschlag gemacht, einen der hässlichsten Plätze der Innenstadt, einen Parkplatz mit eher so gemischt schöner Bebauung drumherum, nach Birne zu benennen. Ist wohl irgendwie im Sande verlaufen.

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"Die Faszination des Internets ist begrenzt, damit wird man eine Zeit lang spielen. Aber diese Pseudo-Kommunikation ist etwas für kleine und mittlere Talente. Alles wird wieder aufs Buch zurückkommen." (Günter Grass)

Ok, Boomer!

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Die  Pager der Hisbollah-Milizen alle gleichzeitig ferngezündet zu sprengen, war eine beeindruckende Demonstration technischer Überlegenheit. Zumal das fast ausschließlich die richtigen getroffen hat und kaum 'Kollateralschäden' angerichtet haben dürfte. Noch schwerer als der Verlust vieler Kommandeure wiegen der psychologische Effekt sowie die Auswirkungen auf die Kommunikation der Hisbollah. Die hat Pager benutzt, weil das einer der letzten sicheren Kanäle war. Festnetzleitungen können angezapft, Handys abgehört werden, Briefe kann man abfangen, dauern außerdem ewig. Die werden jetzt wieder wie vor Urzeiten per Boten kommunizieren, mit toten Briefkästen, Kassibern etc. arbeiten müssen (vielleicht kann Deutschland mit Faxgeräten aushelfen). Der strategische Vorteil, den die Israelis sich damit verschafft haben, ist kaum abschätzbar.

Ein Problem gibt es allerdings: Die Sache gibt Verschwörungserzählern Oberwasser. Bislang konnte man immer argumentieren, es sei quasi nicht möglich, eine koordinierte Aktion ab einer gewissen Größe eine Zeitlang wirklich geheimzuhalten. Einer verplappert sich immer irgendwo. Jetzt wissen wir: Es ist möglich, Tausende Pager mit Sprengstoff zu präparieren, auszuliefern und fernzuzünden, ohne dass jemand vorher was davon mitbekommt. Damn!

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Es ist wieder Oktoberfest. Das bedeutet, es erscheinen in den Qual-itätsmedien drei Wochen lang keine puritanischen Warnartikel wider den Saufteufel mit Überschriften wie: "Es gibt keinen sicheren Alkoholkonsum!" bzw. "Nur gar kein Alkohol ist gesund!". Statt dessen bekommen wir B- bis N-Promis zu sehen, wie sie mit Maßkrügen posieren und wir erfahren, dass bereits zwei Stunden nach dem traditionellen "O’zapft is’!" die erste Bierleiche abtransportiert werden musste.

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Apropos Boomer: Rein vom Geburtsjahrgang her, zwischen 1965 und 1980 nämlich, muss ich mich zur Generation X zählen. Die sei, wie Matthias Kalle jetzt durchaus scharfsichtig am Beispiel Hendrik Wüsts analysiert, die gearschte Generation. Sei auf die Wohlstands- und Aufstiegsversprechen der Boomer reingefallen, habe sich brav angepasst, sei überwiegend unpolitisch und unideologisch gewesen, habe sich in einer intellektuell anspruchslosen postmodernen Wurstigkeit eingerichtet und auch dann nicht aufgemuckt, als die Eltern mittels diverser 'Reformen' exakt jene Strickleitern hinter sich hochzogen, die ihnen selbst einst den Aufstieg ermöglicht hatten. Und nun werde sie, da sie ihrerseits in der zweiten Lebenshälfte sich befände und die Jugendfrische langsam nachließe, allenthalben von Millenials und Generation Z überholt.

Wenngleich das mitunter arg pauschal gerät, sind das, wie gesagt, durchaus anregende Gedanken und ich ertappte mich unbequemerweise dabei, mich da durchaus wiederzufinden. Weil ich ein Wessi bin. Ich glaube, für jemanden, der in den Achtzigern und Neunzigern in der DDR bzw. den neuen Ländern groß wurde, stellt sich das ein wenig anders dar.

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Finde den Fehler:

 
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Fällt das nur mir auf? Menschen, die von sich behaupten, dieses oder jenes zu sein, sind meist das genaue Gegenteil davon. Wer sich als "schon ein bisschen verrückt" bezeichnet, ist eigentlich immer ein arger Langweiler. Wer von sich selbst als "totalem Genussmenschen" schwärmt, hat von gutem Essen meist keine Ahnung und verkehrt in mediokren Pizzerien, in denen Innenarchitektur und Geschirr wichtiger sind als das Essen. Und wenn sich im Netz wer einen Nick wie 'kritischer_geist' oder 'freiesdenken' verpasst, kann man davon ausgehen, es mit einem Faschisten oder mit einem verquastes Zeug redenden Volldeppen zu tun zu haben.












14 Kommentare :

  1. Vielleicht sollte man wenigstens in Oggersheim eine Idee aus Dithmarschen aufgreifen: https://www.kohlosseum.de/

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    1. Kulinatisch sollte doch immer gehen. Noch nicht einmal der Deidesheimer Hof hat ihm ein Denkmal gesetzt. So weit ist es gekommen.

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  2. Mir fällt da grad noch eine wirklich beeindruckende Demonstration technischer Überlegenheit ein: die Zündung der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki. Soweit ich weiß, stand damals der Großteil der Bevölkerung Japans auf der Seite seiner Kriegsherren, sogar die Kinder waren nahezu komplett indoktriniert. Die Säuglinge wohl nicht, aber „Kollateralschäden“ lassen sich ja nie ganz vermeiden. Insofern hat es auch damals fast ausschließlich die Richtigen getroffen, nicht wahr? Meinen Glückwunsch nachträglich, nicht zuletzt auch für den psychologischen Effekt dieser technischen Glanzleistung, den gab es ja tatsächlich, wie die zeitnahe Kapitulation Japans beweist.
    Ich bin jedenfalls schon außerordentlich gespannt auf kommende beeindruckende Demonstrationen solcher Überlegenheiten. Mögen sie auch zukünftig (fast ausschließlich) die Bösen treffen und nicht etwa z.B. die friedliebenden Säufer*innen auf den großen und kleinen Oktoberfesten auf der Sonnenseite unserer schönen neuen Welt.
    Oder ist sie am Ende vielleicht doch bloß die schäbige mörderische alte?

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    1. Volle Zustimmung! @unbeherrscht

      "Die Pager der Hisbollah-Milizen alle gleichzeitig ferngezündet zu sprengen, war eine beeindruckende Demonstration technischer Überlegenheit. Zumal das fast ausschließlich die richtigen getroffen hat und kaum 'Kollateralschäden' angerichtet haben dürfte."

      Es ist abstoßend, so über gezielt ermordete Menschen zu sprechen udn zu schreiben. Darunter waren auch Kinder.

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    2. @unbeherrscht: Auschwitz wurde nicht von Friedensdemonstranten befreit, sondern von der Roten Armee. Und bevor Sie hier weiter Vorlesungen über die unschuldige japanische Bevölkerung halten, informieren Sie sich bitte über japanische Kriegsverbrechen im zweiten Weltkrieg. Die waren ein wahrhaft würdiger Vebündeter des NS-Regimes. Die japanische Armee hat eine einige Spur von Mord und Gewalt hinterlassen, aber hinterher, wenn es dafür die Quittung gibt, sind die übelsten Massenmörder immer die allerärmsten Opfer. Das ist schäbig.
      @Anonym: Und die Hisbollah nimmt inwieweit genau Rücksicht auf israelische Kinder? Ach ja, Israel hätte doch einfach 'verhandeln' können, stimmt's?

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    3. Bei den entführten Israelis, von denen etliche/viele inzwischen tot sind, wohl auch... Man bedenke, wer angefangen hat.
      Und wäre dies nicht passiert, wäre Netanjahu schon längst, wo er hingehört - in der politischen Bedeutungslosigkeit und am besten noch im Knast.

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    4. Schäbig? Hm.

      Ich hab nichts gegen Polemik, lieber Herr Rose, ich bin selbst oft und gern polemisch, wie Sie vermutlich schon gemerkt haben. Sie gelegentlich auch, wie ich Ihren Texten entnehmen kann. Allerdings sollte Polemik, jedenfalls akzeptable, möglichst frei von Unterstellungen sein, finde ich. Sonst ist sie noch nicht mal schäbig, sondern bloß: dumm.

      Also: Wie eigentlich kommen Sie darauf, dass ich nicht wüsste, dass Auschwitz von Soldaten der Roten Armee befreit wurde? Oder welche Entsetzlichkeiten die japanischen Besatzer den Menschen antaten, die das Pech hatten, plötzlich in der „Großostasiatischen Wohlstandssphäre“ leben bzw. sterben zu müssen? Und wo bitte schön hab ich aus üblen Massenmördern die „allerärmsten“ Opfer gemacht?

      Und meinen Sie allen Ernstes, dass die Tötung von Abertausenden Zivilisten auf einen Schlag auch nur entfernt gleichgesetzt werden kann mit der Befreiung eines Nazi-Vernichtungslagers bzw. mit der Befreiung der wenigen, die dort die Nazi-Mordmaschinerie überlebt hatten? Und meinen Sie tatsächlich, dass Hiroshima und Nagasaki bloß von üblen Massenmördern bevölkert wurde, die ihre Auslöschung verdient hatten?

      Das alles sind natürlich nur rhetorische Fragen, die Sie mir nicht beantworten müssen. Sie müssen gar nichts, das hier ist schließlich Ihr Blog.

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    5. Natürlich waren Hiroshima und Nagasaki nicht von Kriegsverbrechern bevölkert. Das Problem, das Sie offenbar nicht sehen (wollen), ist aber: Sowohl für Japan als auch für das deutsche Reich war der Krieg militärisch Ende 1944 verloren. Man hätte ihn beenden können, indem man kapituliert. Das hätte viele Menschenleben gerettet. In beiden Fällen entschieden Regierungen, bis zum bitteren Ende weiterzukämpfen. Die Atombomben wären nicht geworfen worden, etliche deutsche Städte wären nicht bombardiert und die ungarischen Juden wären auch nicht ermordet worden. Aber daran, dass das dann passierte, daran sind allein die bösen Alliierten schuld oder was? Weil sie sich nicht an die guten Sitten gehalten haben? Gegenüber Regimes, die sich in Sachen Gewalt und Terror so gar keinen Zwang antaten. Ich nenne das Täter-Opfer-Umkehr.
      Auch die Hamas und die Hisbollah können das Leiden sofort beenden: Indem sie ihre Angriffe gegen Israel einstellen.

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    6. Genau das wird hier leider auch gerne unterschlafen/ausgeblendet: Wer diesen Mist unter welchen Voraussetzungen angefangen hat und dass dabei Hamas und Hisbollah das Spiel "Guter Bulle - böser Bulle" in Perfektion spielen.

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  3. @Stefan Rose

    Es sollte eigentlich eine Binse sein, dass Unrecht nicht mit Unrecht bekämpft werden kann.

    Plakativ ausgedrückt: es gibt keine "gute Atombombe" (USA) und eine "schlechte Atombombe" (Iran). Das gleiche gilt für den Krieg.

    Es gibt nur Kriege und Atombomben, die unendlich viel Leid anrichten. "Moral" ist nur für den Pöbel zur Rechtfertigung des Unrechts.

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    1. Schwachsinn.
      Aber schön, für Sie, dass Sie nicht "Pöbel" sind.

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  4. Bei den Willy-Brandt-Plätzen hier im Süden fällt (mir) auf, dass das öfters Bahnhofsvorplätze sind. Und obwohl Oggersheim von hier aus gerade mal auf der anderen Seite Mannheims (und des Rheins) liegt, kenne ich weder Kohl-Platz noch -Straße noch was anderes.

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  5. ... guten Tag,
    Brandts Ruf ist im Nachhinein einfach moralisch unbefleckter als jener von Kohl. Vom "absägen" Schmidts per Misstraunsantrag bis zu Spendengeldaffäre (blühende Landschaften im Osten ... hihi)
    Die Bayer haben seltsamerweise ein recht entspanntes Verhältnis zu F. J. Strauß, obwohl dieser ja bewiesenermaßen — ähemm — auch charakterliche Defizite hatte.

    Gruß Jens

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    1. Wenn ich mir unser damals (und heute) agierendes politisches Personal so anschaue, dann scheint es mir, dass charakterliche Defizite zu haben Voraussetzung ist für politische Karrieren. Ausnahmen bestätigen die Regel.

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