Sonntag, 16. Februar 2025

Vermischtes und Zeugs (CIV)


Momentan weiß man nicht, ob man Satiriker beneiden oder bedauern soll. Weil ihr Job gerade entweder sehr einfach oder überflüssig geworden ist. Ein US-amerikanischer Vizepräsident, dessen Boss kritische Journalisten aus Pressekonferenzen werfen lässt und vor gut vier Jahren ein reguläres Wahlergebnis mittels eines gewaltsamen Staatsstreichs mit Toten und Verletzten wieder rückgängig machen wollte, hält auf der Münchner SiKo den frappierten Anwesenden Vorträge über Demokratie und erklärt ihnen, das größte Problem in Europa sei die Unterdrückung der Meinungsfreiheit.

Dann besucht er die KZ-Gedenkstätte Dachau, um daraufhin den Deutschen ungefragt den Ratschlag zu erteilen, unbedingt eine Partei an die Regierung zu lassen, für die solche Gedenkstätten bloß Teil eines albernen "Schuldkultes" sind und deren Kanzlerkandidatin genervt die Augen rollt, wenn das Thema zur Sprache kommt. Was willst du da noch machen als Satiriker?

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Erstmals seit 20. Januar: Vernünftiger Mensch im Oval Office gesichtet

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— Der Postillon 📯 (@der-postillon.com) 12. Februar 2025 um 15:07

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"Eine Studie der Macromedia Hochschule hat 2019 gezeigt, dass ausländische Tatverdächtige in Fernsehberichten 19-mal häufiger genannt wurden als es ihrem statistischen Anteil entspricht, in Zeitungsartikeln sogar 32-mal häufiger. Oder anders gesagt: Obwohl es mehr als doppelt so viele deutsche wie ausländische Tatverdächtige gab, kamen im Fernsehen mehr als acht ausländische auf  einen deutschen Tatverdächtigen und in Zeitungen  mehr als 14 ausländische auf einen deutschen  Tatverdächtigen.

Natürlich bekommt man dann das Gefühl, dass »diese Ausländer« alle kriminell sind. Aber deshalb ist es noch lange nicht wahr. Und viertens stimmt es zwar trotzdem, dass Flüchtlinge - in sehr viel geringerem Ausmaß -  proportional mehr Straftaten begehen als der gesellschaftliche Durchschnitt. Bloß gibt es dafür ausreichend Erklärungen, die alle nicht bedeuten, dass Leute aus egal welchem Land schlechtere Menschen sind." (Sarah Bosetti)


Alle Welt redet von Staatsversagen. Einige fluchen schon auf die Politik, wenn der Chip im Einkaufswagen klemmt. Wann wird endlich über eklatantes Medienversagen geredet? Für rechte Parteien hat es fast ausschließlich Vorteile, die Migrationsfrage zur wichtigsten, existenziellsten von allen hochzujazzen: Man kann wunderbar von der Tatsache ablenken, dass Deutschland mittlerweile bei der Einkommensverteilung inzwischen in der Liga von Malta, Zypern und dem Libanon kickt. Wer die Hosen voll hat vor gruppenvergewaltigenden und massenmordenden Asylbetrügern, ist eher bereit, noch die härtesten sozialen Einschnitte hinzunehmen.

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Wenn ich die Memes betrachte, die mir als WhatsApp-Status so reinflattern, dann lässt sich die Gedankenwelt nicht weniger deutscher Durchschnittsarbeitnehmer mittleren Alters in etwa wie folgt zusammenfassen:

Ich hasse meine Frau, ich hasse meinen Job, ich hasse meinen Chef, ich hasse die Grünen, ich hasse Migranten. Ich liebe Bier, Fleisch und meinen Verbrenner. Die Jugend ist faul, dumm und taugt nix, Frauen sind doof, früher war alles besser, ohne Kaffee bin ich klinisch tot, ich lebe nur für die Wochenenden, den Urlaub und auf die Rente hin.

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Härteste Tür der Gegend...


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Eine der wenigen guten Nachrichten zur Zeit: Es wird vorerst keinen 'Volkskanzler' Kickl in Österreich geben. Man kennt natürlich keine Details, aber die Tatsache, dass Kickl in den ganzen letzten Monaten angeblich nur sieben Stunden mit am Verhandlungstisch saß, wirft möglicherweise ein Licht auf eine Achillesferse der FPÖ und anderer rechter Bewegungen: Sie hassen das bestehende System und würden es am liebsten abschaffen. Das verleitet offenbar auch einen ansonsten so disziplinierten Politiker wie Kickl dazu, die Sache nachlässig und mit einen nonchalanten Unernst anzugehen. Auch in den USA zeigt sich das vor allem in der Besetzung wichtiger Schlüsselpositionen mit inkompetenten, aber loyalen Trump-Followern.







11 Kommentare :

  1. Kickl spekuliert vielleicht auf Neuwahlen. Die FPÖ kam in den beiden neuesten Umfragen auf 34,3 bzw. 35 Prozent und liegt damit ca. 6 Prozent über dem Wahlergebnis von 2024. Alle anderen Parteien stagnieren oder verlieren (ÖVP).

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    1. Das wäre natürlich eine mögliche Erklärung. Zumal laut aktueller Sonntagsfrage die NEOS für eine Regierungsmehrheit gebraucht würden, aber die haben das ja schon mal vor die Wand gefahren.

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    2. Deswegen werden diesmal alle anderen Parteien Neuwahlen unter keinen Umständen zulassen. Die FPÖ gewinnt bei jeder, wiederhole: jeder! Wahl zuverlässig dazu, und da Neuwahlen von einer Mehrheit im Nationalrat beschlossen werden müssen, werden die anderen Parteien ihre allerletzte Chance nützen dies zu verhindern solang sie selber überhaupt noch miteinander eine parlamentarische Mehrheit haben. ÖVP/SPÖ sehen sich letztmalig gezwungen, sich zu einer – wenn auch noch so ungeliebten – Zweckallianz zusammenzuraufen, andere Option gibts keine: anderenfalls sie das ein weiteresmal nicht zustandebringen bliebe ihnen nur mehr die Kapitulation vor den Rechtspopulisten/-extremen, und das wissen freilich beide.

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  2. "Wer die Hosen voll hat vor gruppenvergewaltigenden und massenmordenden Asylbetrügern, ist eher bereit, noch die härtesten sozialen Einschnitte hinzunehmen."
    ... da hat der neoliberale, faschistische Kapitalist ja alles richtig gemacht:
    Hauptsache der Pöbel ist mit TikTok und X und seinem indifferenten Hass beschäftigt. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass er sich mit den 15 Euro Mindestlohn-Thema beschäftigt.
    Gruß Jens

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  3. Der kleine Blondschopf hinter dem präsidialen Signiertisch guckt aber irgendwie auch ziemlich fies aus der Wäsche, finde ich. Kein Wunder, wenn man von Donald und Elon adoptiert wurde. Haben die beiden inzwischen eigentlich wirklich geheiratet?

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  4. Zur Jugend hätte ich etwas. Ist zwar keinesfalls repräsentativ, da die "Konservativen" mit ihren Meinungen und Forderungen sich merkwürdigerweise nicht öffentlich zeigen wollten, wie das Alex Prinz etwas süffisant erwähnt. Aber die so oft mindestens etwas von oben herab und halb bedauernd, halb nicht für voll genommenen Halbwilden haben teils vernünftigerere Ansichten wie die Generationen vor ihnen. Leider tendiere ich zu der Annahme, dass "die Politik" diese Wünsche entweder ignoriert oder ungelöst an die Wand quatscht, weil diese Klientel nicht ihre ist, auf das die nächste Generation verbitterter Dauernörgler und gesellschaftlicher Abstinenzler damit herangezogen wird.

    Meines Erachtens spüren die jetzigen Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehr gut, dass ihre Welt der Zukunft gerade von denen mit Ansage zerlegt wird, die selber in den 2-4 Generationen davor das Glück hatten, in einem seit etwa 80 Jahren weitestgehend friedlichen Europa zu leben, selbst wenn je nach Herkunft der gesellschaftliche Überbau ein nicht wirklich demokratischer war. Andererseits zeigt sich wieder, dass der scheinbare Sieger der Geschichte namens Kapitalismus eben nicht in der Lage ist, trotz seiner Überschüsse und damit dem zumindest finanziellen Vermögen nach die dräuendsten Probleme dieser Welt zu lösen. Das nötige Wissen darum ist da und unseren Erben mehr als bewusst und es wird weiter regiert und gewirtschaftet auf Teufel komm raus bis zum Knall, bei dem lediglich die Frage ist, ob Krieg oder Klima diesen verursachen wird...

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    1. Interessant in diesem Zusammenhang die Zustimmung, die die Linke offenbar gerade unter Jugendlichen hat.

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    2. Diese Zustimmung hat mich (auch?) ziemlich überrascht. Gibt's da vielleicht doch noch ein Licht am Ende des Tunnels?

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    3. Der Zuspruch zur Linken dürfte daran liegen, dass die jetzige Generation weder ideologisch vorbelastet ist mit der ewigen Drohkulisse Kommunismus und SED-Nachfolgepartei und andererseits sieht, dass die klassischen Parteien eben solche der alten Säcke sind, die eben bei den Themen Umwelt und Soziales permanent patzen, um nicht entgegenzuwirken zu sagen. Genauso peilen die auch, dass der derzeitige Dauer-Bohei um Migration eben nur Fassade ist, um andere Themen wegzudebattieren. Auch die Grünen haben dabei längst ihr Fett weg, weil sie eben offensichtlich auch gegen FfF geackert haben und deren Politik teils gegen ihre Aussagen steht.

      Wie gesagt spüren die sehr wohl, dass sie die am wahrscheinlichsten Betroffenen sein werden von den jetzigen politischen Fehlern und die checken auch, wer da so was sagt und wie handelt. Am anderen Ende sind die bisherigen Statussymbole des Wohlstands mit "Mein Haus, mein Boot, mein Auto" für sie gar nicht mehr so wichtig, weil sie deutlich die negativen Seiten dieser Entwicklung sehen. Dafür brauchen die weder Hannah Arendt gelesen zu haben noch ein entwickeltes Klassenbewußtsein. Letzten Endes sind es meist bürgerliche Kinder, die einfach ihre Zukunftschancen auschecken und dabei zu einem Gutteil in den Themen der Linken sich wiederfinden.

      @Jens

      Bei denen, die so abdriften, nützt das nichts. Und auch bei Jugendlichen gilt halt, dass sie bei extremeren Lebensumständen plus elterlicher Prägung zu extremeren Weltbildern tendieren.

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  5. "Meines Erachtens spüren die jetzigen Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehr gut, dass ihre Welt der Zukunft gerade von denen mit Ansage zerlegt wird, die selber in den 2-4 Generationen davor das Glück hatten, in einem seit etwa 80 Jahren weitestgehend friedlichen Europa zu leben, selbst wenn je nach Herkunft der gesellschaftliche Überbau ein nicht wirklich demokratischer war."

    Davon bin ich nicht überzeugt.
    Ich plädiere für die gegenseitige, gezielte Bombardierung einiger Großstädte in Europa, um ein Bewusstsein für den Wert der 80-jährigen Friedenszeit und die Überwindung des Faschismus wieder zu beleben.
    So 100.000 Tote Zivilisten europaweit sollten reichen.
    Gruß Jens

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  6. @Jens

    "Ich plädiere für die gegenseitige, gezielte Bombardierung einiger Großstädte in Europa, um ein Bewusstsein für den Wert der 80-jährigen Friedenszeit und die Überwindung des Faschismus wieder zu beleben. So 100.000 Tote Zivilisten europaweit sollten reichen."

    Das ist genau das Problem der Bessermenschen. Anderen "Hass und Hetze" vorwerfen und selbst voller Inbrunst die AfD hassen. Anderen Menschenverachtung vorwerfen und dann selbst solche menschenverachtenden Beiträge absondern. Das ist auch nicht lustig. Du redest hier von Massenmord, um Menschen zu "erziehen".

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