Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Dienstag, 15. September 2015
The Jeremy Days
Die Wahl Jeremy Corbyns als demographisches Phänomen
Glaubt man den hysterischen Reaktionen der Journaille im In- und Ausland, dann handelt es sich bei dem mit knapp 60 Prozent zum neuen Chef der britischen Labour Party gewählten "Außenseiter" (ZEIT) Jeremy Corbyn um eine Art Mao von Islington. Ist natürlich Quatsch, trotzdem herzig, wie etablierte Journalisten gemeinsam mit New Labour-Profiteuren und 'sozialdemokratischen' Funktionären, da plötzlich das Ende aller Zivilisation heraufbeschwören. Und das nur, weil da die Basis einer sozialdemokratischen Partei sich symbolisch dazu entschieden hat, künftig lieber sozialdemokratische Inhalte statt Oberschichtinteressen zu vertreten, wie's ein Kommentator im 'Standard' schwer übertrefflich formulierte.
Donnerstag, 10. September 2015
Leave Eddie alone!
1977 brachten die Damals-noch-nicht-Rock-Dinosaurier von Uriah Heep das Album 'Innocent Victim' heraus. Das arg gewollte Cover kann man für damalige Verhältnisse als durchaus ein wenig gruselig bezeichnen. Im Jahr darauf befand die Band sich auf großer Tournee, die wohl auch in die Nähe meiner Heimatstadt führte. Neben der Grundschule, die ich damals zu besuchen die Pflicht hatte, war zu dieser Zeit eine größere Baustelle, die mit einem hölzernen Bauzaun abgesperrt war. Jede Menge Platz für Plakate also. Und er wurde genutzt. So auch für das Plakat für Uriah Heeps 'Innocent Victim'-Tournee. Das Teil zeigte im wesentlichen das Cover des Albums und wurde flächendeckend verklebt.
Samstag, 5. September 2015
Zahn, Zeit und der Rest
Seien wir ehrlich: Älter zu werden ist ab einem gewissen Punkt scheiße. Ja, sicher, man gewinnt an Lebenserfahrung, wird abgeklärter, hat vielleicht nicht mehr dauernd das Gefühl, sich oder anderen was auch immer beweisen zu müssen, wenn man so drauf ist. Aber irgendwann fangen einfach die Nachteile an zu überwiegen. Andauernd zwickt es irgendwo, aber das ignoriert man nicht mehr so einfach, seitdem Gevatter Hein angefangen hat, seine knochige Hand auch nach der eigenen Altersklasse auszustrecken. Hoppala, kommt dieser ziehende Schmerz da im Schulterbereich jetzt von der etwas zu ambitionierten Runde schwimmen oder kündigt sich da etwa ein Infarkt an? Sollte man das nicht mal abklären lassen? Puh, schon drei Flaschen Wasser heute! Liegt das nur an den 35 Grad im Schatten, oder dräut da Diabetes?
Dienstag, 18. August 2015
Bedrohte Arten
Heute: Das Kompliment
Wir wollen fair sein. Es mag sein, dass es nicht der Feminismus allein ist, der die Geschlechterbeziehungen in den Augen vieler so kompliziert gemacht hat. Nur ist, wenn es zwischen den Geschlechtern kompliziert wird, meist eine Feministin nicht weit. Ferner ist es ein Irrtum, wenn auch ein verbreiteter, dass Feminismus sich gegen Männer richte. Das stimmt insofern nicht, als dass Feminismus sich im Zweifel gegen alles richtet, was nicht auf dessen Linie liegt. Also durchaus auch gegen Frauen, das vielleicht gar in höherem Maße. Wer das nicht glaubt, sehe sich an, mit welchem Absolutheitsanspruch auf Deutungshoheit Alice Schwarzer gegen Amnesty International auskeilte - eine Organisation mithin, die bislang nicht eben als Zuhälter- und Mädchenhändlerring auffällig geworden ist.
Samstag, 15. August 2015
Ein Knackpunkt?
Es gibt Knackpunkte, die sich erst hinterher als welche erweisen. Im Frühjahr 1989 etwa ging in West- wie Ostdeutschland noch alles seinen gewohnten bleiernen Gang und jeder, dem man gesagt hätte, am Ende diesen Jahres würden die Grenzen offen sei, Reisefreiheit herrschen und man würde von Wiedervereinigung reden, hätte einen schallend ausgelacht. Im Mai des Jahres fanden in der damaligen DDR Kommunalwahlen statt. Die SED hatte nichts anderes gemacht als all die Jahre zuvor und die Ergebnisse ins Groteske frisiert. Doch dieses Mal schluckte das Volk die Wahlfälschungen nicht mehr achselzuckend und protestierte erstmals seit 1953.
Montag, 10. August 2015
Wunderland mit Rissen
Immer wenn ein Modellbahnhersteller pleite geht, wie jetzt Fleischmann, gibt mir das einen klitzekleinen Stich ins Herz. Sollte Fleischmann es nicht schaffen, wieder auf die Beine zu kommen und verschwinden, dann ginge da wieder ein Stück Kindheit und ein Stück ihres Zaubers. Natürlich ist mir bewusst, dass Modellbahnhersteller schnöde Unternehmen sind wie alle anderen auch, die Gewinne machen müssen und wollen und eben irgendwann weg vom Fenster sind, wenn das nicht mehr der Fall ist. Trotzdem hat sich bei mir der Rest des Kinderglaubens gehalten, dass Firmen, die die Menschheit mit so etwas schönem bereichern, vielleicht doch etwas Besonderes sind. Ist natürlich Quatsch, aber richtig objektiv bin da bis heute nicht, siehe oben.
Montag, 3. August 2015
In der Nudgokratie
Mein ehemaliger Adoptivhund, ein freundlicher Boxer, hatte mich schnell durchschaut. Er wusste, dass ich morgens nach dem Aufstehen meist noch einen Moment auf der Bettkante sitzen bleibe. Genau dann kam er, drängelte sich sanft zwischen meine Beine und setzte sich, den Rücken zu mir, vor mich auf den Boden. Wink mit dem Zaunpfahl: Ausgiebig kraulen bitte, sonst kommst du hier nicht weg, Kollege. Kein Zweifel, das Tier hatte begriffen, was Nudging ist. Hunde können das eh gut. Ein sozialisierter Hund weiß, dass er nicht in der Position ist, Befehle zu erteilen, also versucht er, auf die nette Tour seinen Willen zu kriegen. Etwa, indem er mit seinem Spielzeug im Maul ankommt und einen vorsichtig anstupst oder so.
Samstag, 1. August 2015
Reiseimpressionen (5)
TraumWerk, Anger
Längst nicht allen, die gern ihrem Stolz auf deutsche Wertarbeit Ausdruck verleihen, oft, ohne je selbst einen Handschlag dafür getan zu haben, ist bewusst, dass die Familie Porsche mitnichten aus Deutschland, sondern aus Österreich stammt. Auch die Familie Piëch haust hier in der Gegend. Gut, wir wollen nicht pingelig sein. Als der alte Ferdinand Porsche noch im Auftrag des Gröfaz KdF-Wagen und Panzer entwarf, war er zwangsläufig Deutscher, weil der Staat Österreich da gerade Pause hatte, aber das nur am Rande. Ist zwar unwichtig, mag aber die Frage beantworten, warum der Porsche-Spross Hans-Peter ausgerechnet in Anger bei Ainring ein Privatmuseum namens TraumWerk errichtet hat (man beachte übrigens die originelle Binnenmajuskel - ich sag's ja, Profis eben).
Freitag, 31. Juli 2015
Reiseimpressionen (4)
Rupertus-Therme, Bad Reichenhall
Die Gegend hier nennt sich Rupertiwinkel. Diese alte, auf den heiligen Rupert bzw. Rupertus zurück gehende Bezeichnung wurde irgendwann für das Tourismusmarketing entdeckt. Alleinstellungsmerkmal, Baby! Daher bekommt hier so ziemlich alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist oder sich mit Händen und Füßen wehrt, das Präfix 'Rupertus-' bzw. 'Ruperti-' vorn dran getackert.
Donnerstag, 30. Juli 2015
Reiseimpressionen (3)
Vorder- und Rückseiten
Eigentlich gibt es einiges, das die Altstadt von Salzburg für mich zu einem höchst unsympathischen Fleckchen Erde machen müsste. Fängt damit an, dass hier zu Festspielzeiten einer der größten Promi- Wichtig- und Adabei-Auftriebe des Planeten herrscht. Geht damit weiter, dass die Weltkulturerbe-Altstadt vielerorts aussieht wie ein auf Hochglanz poliertes Touristen-Disneyland. Und ist mit Phänomenen wie dem, dass um die proppenvolle Getreidegasse herum an gefühlt 80 Prozent der Lokale und anderen vom Fremdenverkehr lebenden Betrieben 'Nepper, Schlepper, Bauernfänger' als unsichtbare Leuchtschrift zu prangen scheint ("Authentic Austrian/Bavarian food!"), noch lange nicht zu Ende. Außer Venedig und Schloss Neuschwanstein gibt es wohl nur wenige andere Orte, an denen sich solche Touristenmassen, vornehmlich aus Fernost, Italien und den USA, so klischeehaft benehmen wie hier.
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