Montag, 5. Februar 2024

Moderne Reliquien


Bei Thomann, Deutschlands größtem Online-Instrumentenhändler, ist eine in Mexiko hergestellte Fender Telecaster ab 750 Euro zu bekommen. Je nach Ausführung können durchaus auch ein paar Tausender fällig werden. Gibson Les Paul-Gitarren sind so ab 1.400 Euronen aufwärts erhältlich. Das sind erstaunlich stabile Preise: In den Achtzigern klampfte ich als Schüler mäßig begabt auf der Gitarre herum, träumte aber gleichwohl heftig von der Fender Stratocaster im Schaufenster einer örtlichen Musikalienhandlung. Dafür hätte ich damals um die 1.500 D-Mark zusammenkratzen müssen. Schwierig, wenn man nebenbei noch den Ehrgeiz hat, eine Plattensammlung aufzubauen.

Freitag, 2. Februar 2024

Das einzig Stetige


"Wer allzuviel umarmt, der hält nichts fest." (Hofmannsthal)

Wenn in einer Mensa oder einer Kantine eine vegetarische oder vegane Option gefordert wird, was nur einen geringen Prozentsatz der Bevölkerung abbildet: Aufschrei von wegen Zwangsbeglückung und grüntotalitäre Erziehungsdiktatur! Wenn die Politik gegen eine Erbschaftssteuer agiert, die nur einen sehr geringen Prozentsatz der Bevölkerung beträfe: Na ja, muss man schon verstehen, irgendwie. (Ja, der Vergleich hinkt ein wenig, denn von Essen sind wir alle jeden Tag sehr real umgeben, während Erbschaftssteuern im Alltag der meisten Menschen eher abstrakt bleiben.)

Mittwoch, 31. Januar 2024

Vermischtes und Zeugs (LXXV)


Die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) hat jetzt den World Mayor Award der City Mayors Foundation zur Bürgermeisterin des Jahres 2023 bekommen, und zwar für "für ihren selbstlosen Einsatz für ihre Stadt und deren Bürger", wie es in der Laudatio heißt. Eine Kommunistin! Geht es wieder los? Ist das der neuerliche Beginn des Langen Marsches? Der Kulturrevolution 2.0? Werden sie uns wieder alles nehmen, uns enteignen und ins Gulag stecken, wo nur noch der heiße Atem der Kosaken uns wärmen wird? Linke, die sich selbstlos um reale Sorgen realer Menschen kümmern! Was kommt als nächstes? Pünktliche Züge bei der Deutschen Bahn?

Sonntag, 28. Januar 2024

Jenseits der Blogroll - 01/2024


Vorab: Die letzten Wochen waren ja geprägt von einer der größten Demonstrationswellen, die das Land bis dato gesehen hat. Ich bin mitgegegangen und werde das bei nächster Gelegenheit wieder tun. Ich demonstriere da nicht für die Ampel, sondern gegen die Pläne der AfD, die nun dankenswerterweise offen und nicht mehr wegdiskutierbar zutage liegen. Keine Ahnung, was daran falsch sein soll. Wie die meisten anderen, bin ich auch der Meinung, dass die Demos bloß ein Anfang sind, aber ein wichtiger. Es geht zunächst einmal darum, der AfD und ihren Anhängern den Zahn zu ziehen, sie stünden für irgendwie für 'das Volk', sprächen für die 'schweigende Mehrheit'. Und das scheint sogar zu funktionieren, wie die Unruhe in den Reihen des Vereins zeigt.

Donnerstag, 25. Januar 2024

Best of both Worlds


Dass Eisenbahnen früher staatlich und Eisenbahner Beamte waren, hatte seinen Grund. Ursprünglich waren Bahnen privatwirtschaftliche Kinder des Frühkapitalismus. Einzelne Unternehmen, die auf eigene Rechnung fuhren. Die erste deutsche Eisenbahn, die zunächst zwischen Nürnberg und Fürth verkehrende Königlich privilegierte Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft, war eine Aktiengesellschaft. Staatlich wurden Bahnen erst später.

Dienstag, 23. Januar 2024

Vermischtes und Zeugs (LXXIV)


Angeblich ist 'Skill Based Hiring' der neueste brüllheiße Scheiß in der Recruiting-Szene. Im Gegensatz zum 'Degree Based Hiring', wo es auf Abschlüsse und Qualifikationen ankäme, liege beim 'Skill Based Hiring', so ist zu erfahren, der Fokus auf 'Mad Skills', was auch möglichst verrückte Hobbys sein könnten. "Beispiele für sogenannte Mad Skills sind etwa, dass man regelmäßig tauchen oder klettern geht, im Improvisationstheater spielt, Geocaching betreibt oder Schach spielt.", so Karriereexpertin Gaby Wasensteiner. Gut, unter abgefahrenen bzw. 'verrückten' Hobbys würde ich in Zeiten, in denen jeder zweite Siebtklässler volltätowiert ist, eher so Giftnatternzucht, Crossdressing, Wettkampf-Nasepopeln, 20fach-ultra-Triathlon oder so verstehen. Zumal das natürlich auch ein bisschen ungünstig ist, halten einen dergleichen zeitraubende Hobbys doch davon ab, 24/7 für seine Arbeit 'zu brennen', jederzeit 'vollen Einsatz' zu zeigen und immer 'alles fürs Team' zu geben.

Samstag, 20. Januar 2024

Vom Sofa


Die bescheidene Heimatstadt kommt vom Sofa. 12.000 Menschen sollen es laut Schätzung der Polizei gewesen sein. Erst auf dem Marktplatz, später auf dem Rathausplatz. Das wären ca. 10 Prozent der Bevölkerung. Hamburger Verhältnisse - läuft. Alles friedlich und freundlich. Besser noch: Die AfD hat hier bei der letzten Kommunalwahl 11 Prozent der Stimmen bekommen. Also sind wir mehr, und zwar deutlich mehr. Danke an Peter Gerwinat, das Bündnis 'Es REicht', alle anderen Organisatoren und alle, die da waren.

Donnerstag, 18. Januar 2024

Sozialstaats-Blamegame


Das Framing, Naming und Blaming der vergangenen Jahrzehnte war insofern erfolgreich, als dass vielen als erstes faule, überversorgte Arbeitslose in den Sinn kommen, wenn irgendwo die Rede ist von 'ausuferndem Sozialstaat'. Dass Sozialstaat aber weit mehr ist als Arbeitslosengeld, fällt regelmäßig unter den Tisch, und man hat den Verdacht, nein, man kann kaum anders als zu denken: Das soll auch so sein.

Sonntag, 14. Januar 2024

Vermischtes und Zeugs (LXXIII)


"Es gibt drei Dinge, die sich nicht vereinen lassen: Intelligenz, Anständigkeit und Nationalsozialismus. Man kann intelligent und Nazi sein. Dann ist man nicht anständig. Man kann anständig und Nazi sein. Dann ist man nicht intelligent. Und man kann anständig und intelligent sein. Dann ist man kein Nazi." (Gerhard Bronner)

Peter Sloterdijk war lange Mitglied des Vereins Deutsche Sprache e.V. Nachdem nun ruchbar wurde, dass VDS-Vorständin Silke Schröder bei der Wannseekonferenz 2.0 zugegen war, kündigte er seine Mitgliedschaft umgehend. Das ist natürlich zu begrüßen. Trotzdem: Ist dem Mann tatsächlich erst jetzt aufgefallen, dass der Laden eine Ansammlung überwiegend reaktionärer, teils rechtsoffener Ewiggestriger ist, deren Vorstandsmitglied Schröder regelmäßig für den AfD-nahen ‚Deutschland-Kurier‘ schreibt? Ein echter Blitzmerker, will mir scheinen.

Freitag, 12. Januar 2024

Ronny des Monats - Sonderausgabe


"Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen." (Primo Levi)

Dieses Mal, liebe Lesende, ein Novum. Es gibt keine Top 5, keine warmen Worte zur Einleitung und auch keinen Ehrenronny. Das ist praktischerweise gar nicht nötig, denn was sich da in Potsdam in Schlagdistanz des Wannsees im handlichen Tagungsformat getroffen hat, nimmt einem viel an Recherchearbeit ab. Dank der Recherche von correctiv.org wissen wir, was für eine Geisterbahn aus Rechten, Ganzrechten und Nazis mit einem österreichischen Faschohipster und Führer der 'Identitären Bewegung' als Hauptreferenten dort über das beriet, was nach einer Machtergreifung mit dem Land passieren soll. Im Kern geht es um Errichtung eines völkischen Ethnostaates mittels Massendeportationen.