Sonntag, 13. November 2016

Ronny des Monats - November 2016


Kinder, wie die Zeit vergeht! Vor einem Jahr wurden zum ersten Mal die Ronnys des Monats vergeben, auf dass schöne Einzel- und Gruppenleistungen auf dem Gebiet des Rechtsradikalismus und Faschismus nicht der Vergessenheit anheim fallen. Und es sieht nicht danach aus, dass die Kandidaten mir ausgehen. Inzwischen mischt auch die CSU fast immer mit beim fröhlichen Niveau-Limbo. So etwa der dritte Bürgermeister von Altdorf bei Nürnberg, der sich angesichts der Tatsache, dass der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland zu einer Veranstaltung anlässlich des Reformationstages eingeladen wurde, zu der Vokabel "Islamschweinerei" hinreißen ließ. Das erinnert nicht nur an längst vergangen geglaubte Zeiten, in denen man politischerseits ähnliches Vokabular benutzte, sondern hätte ihn auch gleich von Null in die Charts gebracht, wenn, ja wenn nicht wieder im letzten Moment die AfD ums Eck gekommen wäre.

Freitag, 11. November 2016

Ein Dammbruch?


So, nun, ja, Trump. Rückblickend wird natürlich einiges klarer und hinterher ist man bekanntlich immer schlauer. Trotzdem kam das überraschend. Und es bedeutet eine ganze Menge, bin immer noch am sortieren. Hat daher etwas gedauert. Ich lege mich mal fest: Die kommende Präsidentschaft Donald Trumps ist entweder eine politische Wetterscheide oder bleibt pure Episode, dazwischen scheint es nur wenig zu geben. Drunter mache ich es nicht. Vieles, leider allzu vieles, spricht dafür, dass die des öfteren anzutreffende Einschätzung, der 9.11.2016 sei der 11.9. für das liberale Zeitalter, wohl zutrifft. Die per se ja gar nicht üble Idee des Liberalismus wurde leider auf Jahrzehnte an die Wand gefahren durch die unter Ronald Reagan, einem von Trumps Vorgängern im Amte, begonnene neoliberale Verarmungspolitik der letzten 35 Jahre. Bei uns von den gegelten Klassensprecher-Schnullis von der FDP. Kein Wunder, dass niemand traurig ist. Vielleicht sollten wir aber.

Montag, 7. November 2016

Doppeltmoralinsaurer Demokratierest


"Die oberen Zehntausend dieser Gesellschaft sind ein Sumpf. Sollen sie fälschen, betrügen, sich schmieren lassen, koksen, wie es ihnen beliebt. Wenn sie uns nur verschonten mit ihrer Moral." (Hermann L. Gremliza)

Es kann hilfreich sein, sich klarzumachen, dass das, was wir bürgerliche Werte nennen, ursprünglich der Abgrenzung und Selbsterhöhung des etwa ab dem 18. Jahrhundert aufstrebenden Bürgertums gegenüber dem Adel diente. Blaublütige bildeten sich traditionell etwas darauf ein, keiner Erwerbsarbeit nachzugehen, weil das das gottgegebene Los von Bauern und Plebejern war ("Im Schweiße deines Angesichts..."). Sonderlich sparsam war man in diesen Kreisen meist auch nicht. Die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes wäre ohne das entspannte Verhältnis zum Geld, das diverse Fürsten pflegten, um etliche repräsentative, kunsthistorisch bedeutende Bauten ärmer. Die Bürgerlichen setzten solcher Verschwendungssucht das Ideal des fleißigen, sparsamen, korrekten Frühaufstehers und Schaffers entgegen, der seine Finanzen im Griff hat. So kam auch das Denken in die Welt, (Erwerbs-) Arbeit sei ein Wert an sich und wer nicht arbeite, demnach nichts wert.

Samstag, 5. November 2016

The longer read: Literatur in Zeiten des Mega-Ich


Über dicke Bücher im Allgemeinen und den irrtierenden Erfolg des Norwegers Karl Ove Knausgård im Speziellen

Einen Hang zur Kürze pflege ich von jeher. Als Schüler hatte ich kein Verständnis dafür, wie man bei einer Oberstufenklausur Seite um Seite mit Geschwafel vollschmieren konnte, nur um der Quantität willen. Meine Klausuren waren in der Regel kurz und bündig und deswegen unterm Strich weder besser noch schlechter benotet als die der notorischen Vielschreiber. Seitdem ist es nicht besser geworden. Mit zunehmendem Alter reagiere ich unleidlicher, wenn ich das Gefühl habe, ein Redner, ein Regisseur oder eben ein Schreiber will mir mit endlos langem hohlem Geklapper die kostbarer werdende Zeit klauen. Wie an anderer Stelle erwähnt, sind mir Menschen höchst suspekt, die das Leistungsprinzip auf den Umfang ihrer Lektüre ausdehnen, will heißen: für die Bücher unter 500 Seiten bloß Prospekte sind. Bei mir verhält es sich umgekehrt. Ein Buch über 500 Seiten muss richtig gut sein, der Verfasser verdammt was draufhaben, damit ich nicht die Geduld verliere und es wieder beiseite lege.

Mittwoch, 2. November 2016

Sündenstolze Sippenhaft


Sicher ist der Umgang der Deutschen mit ihrer Vergangenheit so einiges, bestimmt aber nicht immer unproblematisch. Schlussstriche zu fordern ("Ja, das waren gewiss ganz schlimme Dinge, die diese Verbrecherclique, die aus dem Nichts über Deutschland gekommen war, angerichtet hat, aber irgendwann muss es auch endlich auch mal gut sein mit den alten Kamellen."), ist ungefähr so alt wie die Unterschriften der Wehrmachtsgeneräle auf den Kapitulationsurkunden. Etwas jüngeren Datums ist die seinerzeit von Hermann Lübbe geprägte Invektive vom 'Sündenstolz'. Was ungefähr bedeutet, die Deutschen seien in toto insgeheim ein bisschen stolz auf die Überverbrechen der NS-Zeit ("Den Holocaust macht uns so schnell keiner nach."), zumal das die Möglichkeit verschaffe, sich mittels besonders penetrant zelebrierter Vergangenheitsbewältigung als moralisch höher stehende Menschen zu gerieren. Logisch, dass entsprechend Interessierte Kreise das dankbar aufgriffen.

Montag, 31. Oktober 2016

R2G-Socken


Es sind diese kleinen Dinge, die einem deutlich machen, in welch verrückten Zeiten wir leben. Nehmen wir die x-te Exhumierung der Rote-Socken-Panikmache durch die CSU. Als Westkind bin ich damit groß geworden, dass Konservative immer mit apokalyptischem Unterton in der Stimme davor warnten, dass 'die Roten' an die Macht kommen. Fragte man, wieso, dann bekamen ihre Mienen einen Ausdruck namenlosen Entsetzens. "Wie kann man bloß so dumm fragen? Weil das unser aller Untergang wäre.", brachten sie hyperventilierend und mit letzter Kraft über die zitternden Lippen. "Willst du etwa leben wie drüben?". Das musste als Argument normalerweise reichen. Auch wollten sie einem immer verbieten, YPS* zu lesen und später den SPIEGEL. Alles von Moskau finanzierte kommunistische Kampfblätter, das, die der Roten Gefahr den Weg ebnen sollten, indem sie die Hirne unschuldiger Kinder und Heranwachsender wuschen.

Samstag, 29. Oktober 2016

Warum nicht mal ein Arschloch?


Könnte, so habe ich mich während dieses Jahres schon des öfteren gefragt, Freund Hein zur Abwechslung auch mal ein richtiges Arschloch zu sich holen, wenn er heuer schon so einen Bodycount hinlegt? Viele Gute hat es dieses Jahr erwischt. Jetzt Manfred Krug. Mit 79. Geht in Ordnung, kann man nicht meckern. Er selbst war's auch zufrieden, hatte sich ja schon seit längerem aus der Öffentlichkeit verabschiedet. Krug kam aus der DDR, hat sich nie verbiegen oder vereinnahmen lassen und war in vielem das, was der eitle Wolf Biermann immer so verzweifelt zu sein begehrte: Ein Künstler, ohne klischeehaft zu sein, ein Übersiedler ohne Gewese drum zu machen, ein Dissident ohne zu nerven, ein Kerl ohne ein Macho zu sein. Darüber hinaus uneitel und verdammt cool, vor allem aber: anständig. Als er einsehen musste, dass er durch seine unseligen Werbeaktivitäten für Telekom-Aktien dazu beigetragen hatte, dass viele Kleinanleger ihr Erspartes verloren, entschuldigte er sich öffentlich. Für so was brauchst du Rückgrat. Dafür liebten ihn die Menschen. Gäbe es mehr von seiner Sorte, die Welt wäre vermutlich eine bessere.

Freitag, 28. Oktober 2016

Gallisches Dorf vs. Konzernokratie


"Dumme kann man gescheit machen, aber wenn einer ein Interesse hat, dann können Sie sich tot reden, der weiß genau, was sein Interesse ist." (Kurt W. Rothschild)

Zu erwarten war es ja irgendwie. Haben sie die widerständigen Wallonen doch noch rumgekriegt, jenes kleine Gallische Dorf der EU, das ein paar Tage lang öffentlich wagte, gegen das Freihandelsabkommen CETA zu sein und so die Hoffnung nährte, jenes Gebilde namens Europa sei doch noch irgendwie demokratisch. Ich bin schon ein wenig neugierig, wie diese Einigung am Ende zustande gekommen ist. Waren die Wallonen jetzt einfach zufrieden mit den paar Extrawürsten, die sie herausverhandeln konnten, oder musste man ihnen erst mit dem Beispiel Griechenlands drohen, um ihnen Vernunft beizubringen?

Montag, 24. Oktober 2016

Die Jungsantwort - was fehlt


"Es hilft alles nichts, die zweite Lebenshälfte beginnt inzwischen, und da geht es eigentlich nur noch darum, dem Verfall irgendwie würdig zu begegnen." (Don Alphonso)

Zu den unpolitischen Belanglosigkeiten im hiesigen Medienschaffen, bei der ich zuweilen hängen bleibe oder auch nicht, gehört, hiermit sei's offen und ehrlich ventiliert, die Rubrik 'Mädchenfrage/Jungsfrage' bei 'jetzt', jenem irre coolen, hippen Talentelaufstall der ehrwürdigen 'Süddeutschen'. Junge oder auf jung machende Frauen (hier: 'Mädchen') fragen junge oder auf jung machende Männer (hier: 'Jungs') Dinge, über die sie sich bei den jeweils anderen schon immer gewundert haben bzw. vice versa, und bekommen dann eine Antwort. Das ist meiner kursorischen Kenntnis nach meist recht oberflächlich, manchmal auch amüsant. Was völlig okay für mich ist, begehrt man schließlich gar nichts anderes zu sein.

Freitag, 21. Oktober 2016

Alles nur Satire?


Nachdem Kollege Hartmut die Frage aufgeworfen hat, wie lange wohl Frauke Petrys Twitter-Account stillgestanden hätte, wenn die Blitzbirne, die einen Polizeibeamten tödlich verletzt hat, kein so genannter 'Reichsbürger' gewesen wäre, sondern Mehmet geheißen hätte, sind auch mir ein paar Fragen durch den Kopf gegangen. Ich hatte ja schon letztens vorgeschlagen, all diesen Komikern sämtliche ihnen staatlicherseits zustehenden Zahlungen (Sozialleistungen, Kindergeld, Steuerrückzahlungen etc.) in Reichsmark bzw. dem letzten inflationsbereinigten Kurs in Euro auszuzahlen. Fände ich nur fair, schließlich meinen etliche von denen ja auch, es genüge, Briefe mit 4 Cent zu frankieren, weil das dem letzten Briefporto des Deutschen Reiches entsprechen soll.

Dienstag, 18. Oktober 2016

Eitle Tränentiere


Letzte Woche ist bekanntlich Tamme Hanken, der gewichtige Gäuleeinrenker aus Ostfriesland, überraschend und in relativ jungen Jahren verstorben. Der Mann war als 'Knochenbrecher' aktiv und hatte durch diverse Fernsehsendungen im Nordfunk eine gewisse Prominenz erlangt. Habe ich schon mal gesehen, so kurz vor dem Einschlafen. Schien ein korrekter, wenn auch äußerst geschäftstüchtiger Typ gewesen zu sein. Ob das, was er mit den Zossen da veranstaltet hat, seriös war oder nicht, darüber gehen die Meinungen auseinander und ich habe keine Ahnung davon. Da ich weder Pferde noch andere Haustiere habe, ist das aber auch nicht schlimm. Selbstverständlich tut es mir leid um alle, die im nahe standen und ihn schmerzlich vermissen. Um die geht es auch nicht. Es geht darum, dass der Verblichene ein so genannter Promi war und wie das, was inzwischen 'Netzgemeinde' genannt wird, mit so was umgeht.

Samstag, 15. Oktober 2016

Ronny des Monats - Oktober 2016


Meine Güte, war es der nationale Gedenktag, der die Ronnys der Nation sich im letzten Monat so hat ins Zeug legen lassen? Eine Menge an üblichem Kram gilt es zu vermelden. So verging auch dieses Mal der Monat nicht, ohne dass sich  irgendein AfD-Komiker zum Obst gemacht und sehr schön demonstriert hätte, wie wenig Platz in dieser Partei wirklich ist für Kryptonazis und Ewiggestrige. Dieses mal war es der saarländische Spitzenkandidat Rudolf Müller, der sich als nebenberuflicher Devotionalienhändler entpuppte. Apropos Müller: Natürlich gab es auch wieder eine Menge Verbaldiarrhoetiker wie Klaus Müller, die auf Facebook, gern auch unter Klarnamen, aus ihrem Herzen keine Mördergrube machten.

Überhaupt, Dresden. Da wären die Bombenleger, die bewiesen haben, dass man in der Welthauptstadt der Bombenopfer nach wie von ein Händchen hat für so was, und schließlich die Grölemänner vom dritten Oktober. Quasseln was von Diktatur, beschimpfen die Staats- und Regierungsspitze lautstark in einer Weise, für die man sie in jeder Diktatur, die diesen Namen verdient, sofort ins Loch werfen und den Schlüssel wegschmeißen würde, kommen hier aber ungeschoren damit durch und bemerken den Fehler auf dem Bild nicht.

Menge Holz, das. Schwer, da eine Auswahl zu treffen. Ich habe es trotzdem versucht. Die Top 5 des Monats:

Donnerstag, 13. Oktober 2016

Schmähkritik des Tages (4)


Heute: Denis Scheck über Margot Käßmann

"Gibt es Jämmerlicheres, als wenn Erwachsene beim Besuch im Kindergarten oder in der Grundschule so tun, als wären sie selbst Kindergartenkinder oder Grundschüler? Dieses literarische Leben auf Kredit, diese geborgte Naivität, dieses Sich-blöd-stellen mit großen Stauneaugen ist der basso continuo von Margot Kässmanns publizistischem Oevre. 'Für dieses Buch habe ich über viele Monate Zeitungsauschnitte gesammelt und war am Ende fast erschlagen von der Vielfalt der Probleme, der Stimmen, der Ansätze', schreibt sie. Ein unnötiges Buch, von der Konzeption her Kraut und Rüben, in der Ausführung lieblos hingerotzt, ein Buch, dessen Leser sich wie zu Unrecht ans Kreuz geschlagen fühlen müssen." (Über 'Mehr als Ja und Amen')

"Zwölf Aufsätzlein der Ex-EKD-Vorsitzenden zu Themen wie Mut, Trost, Liebe und Geborgenheit versammelt dieses leider illustrierte Büchlein. "Ich denke, jeder Mensch muss für sich selbst herausfinden, wo die eigenen Kraftquellen liegen", schreibt Margot Käßmann darin. Aus dem Mund einer FDP-Vorsitzenden klänge das akzeptabel, für eine protestantische Theologin aber ist das bis zur Selbstaufgabe lasch und opportunistisch: ein Offenbarungseid." (Über 'Sehnsucht nach Leben')

Und, weil's so schön ist und alles nun einmal zwei Seiten hat:

Dienstag, 11. Oktober 2016

Huch! Bio doch nicht besser


Irgendwie war das zu ahnen. Seit Jahrzehnten wird dem deutschen Konsumenten nunmehr gepredigt, er solle sich, ungeachtet finanzieller Möglichkeiten, gefälligst bio ernähren, der bösen Agrarindustrie und der noch verwerflicheren Massentierhaltung durch sein Konsumverhalten dadurch den Stinkefinger zeigen. Nebenbei wurde dem Volke erzählt, Bio-Lebensmittel seien grundsätzlich immer gesünder, ihre Produktion stets ressourcenschonender. Nun scheint sich herauszustellen, dass bei solchen Heilsversprechen eher Zurückhaltung und Skepsis geboten sind. War aber schon länger klar. Wer es wissen wollte, wusste z.B. schon längst, dass im Bio-Landbau kein Kunstdünger erlaubt ist und daher mit Naturdünger gearbeitet werden muss. Das ist entweder Kompost oder, weil der sehr teuer ist, Gülle bzw. Stalldung. Bio-Landwirtschaft ohne Tierhaltung ist also schwierig. Außerdem sind die Erträge niedriger, sodass der Flächenverbrauch höher ist.

Samstag, 8. Oktober 2016

Über hiesige Satire


"Während [Satire] in der Rezeption und Kritik andernorts längst als eine etablierte Kunstform unter anderen gilt, muß es hierzulande stets ans Eingemachte gehen: Hinter jedem miefigen »Was darf Satire?« ist schon der Wunsch eines Verbots erkennbar, es tönt nach Begrenzung und Maßregelung, jeder Witz muß sich dem Kollektiv, der Nation, wahlweise dem Unternehmen Aufklärung oder dem, was sich dafür hält, als dienlich erweisen. Noch die kleinste Ambivalenz, die kleinste Uneindeutigkeit - Elemente, ohne die Humor schlicht nicht denkbar ist - müssen mittels Projektion oder moralischer Vereinnahmung getilgt werden." (TITANIC 10/2016)

Dienstag, 4. Oktober 2016

Singende Tofuletten


Woher rührt eigentlich dieser Irrglaube einiger Hobbymusiker, jenseits privater Anlässe ostentativ vorgetragener Dilettantismus spiele keine Rolle, sei, im Gegenteil, völlig okay oder wirke gar besonders authentisch, solange man bloß für eine edle Sache eintritt? Hach, wir können das ja eigentlich gar nicht richtig, aber unser Anliegen ist uns halt sooo wichtig, dass ihr das bestimmt aushalten werdet, lautet dann meist die Ausrede. Wir sind halt keine Profis, aber bemühen uns doch so dolle. Honoriert das doch auch mal. Nein! So was ist schlicht respektlos. Wieso soll ich gezwungen sein, mich mit Ohrenfolter molestieren zu lassen, bloß weil deren Urheber glauben, die Wahrheit mit besonders großen Löffeln eingepfiffen zu haben? Wer schon einmal vollkornbrotenes Kirchentags-Geklampfe und -Gequerflöte auszuhalten hatte, weiß: Schon ein bisschen davon kann deutlich zu viel sein.

Sonntag, 2. Oktober 2016

Gretchenfragen zum Dritten


Wie anderswo bereits ausgeführt, entspricht mein Verhältnis zum morgigen dritten Oktober, vulgo: Annexionsgedenktag, in etwa dem eines Atheisten zum Weihnachtsfest. Nett, den Tag frei zu haben, ansonsten schnurz. Selbst wenn die Festivitäten gegenüber meiner Haustür stattfänden, meine Lieblingsbands Gratiskonzerte gäben und Mitglieder der Bundesregierung eigens dafür abgestellt würden, sich in Lakaienlivreen um mein Wohl zu sorgen, mir Luft zuzufächeln, mir bis zum Verlust der Muttersprache alle halbe Stunde einen Humpen frisch gezapften Festtagsbieres oder einen Schoppen guten Rheinweines ans Sofa zu bringen hätten, wozu "Kanzlerwanstminister Altmaier" mir die passenden Leckereien kredenzen dürfte (der Mann versteht definitiv was von gutem Essen und das Treppensteigen bekäme ihm sicher hervorragend) - ich nähme dankend an, geriete aber trotzdem nicht in Feierstimmung. Nationalismus ist Sippenhaft und macht doof, und wer behauptet, die Dinge hätten sich seit 1990 für alle zum Besseren entwickelt, hat entweder den Knall nicht gehört oder noch nie was von Neoliberalismus.