Donnerstag, 7. Mai 2020

Tour de Trasse


Die Schwimmbäder sind immer noch zu und Laufen haben meine Gelenke und Sehnen mir schon früher übelgenommen, als ich noch weniger war. Bleibt also nur, wie bereits erwähnt, das getreue Fahrrad aus dem Schuppen zu holen zum Trassenradeln. Früher bildeten hier Zechenbahnen, auf denen vornehmlich Kohle und Koks zu Kanälen und Kraftwerken transportiert wurden, ein zweites, nicht zugängliches Eisenbahnnetz. Seit dem Ende der Kohleförderung werden die Trassen nach und nach zu Radwegen umgebaut. Auf denen lässt es sich entspannt radeln, da Eisenbahnen, die keine Zahnradbahnen sind, nur Steigungen im Promillebereich bewältigen können. Außerdem bekommt man reizvolle Einblicke, weil man sozusagen durch die Hinterhöfe fährt.

Da wäre einmal die Blumental-Trasse. Die ist benannt nach der 1992 stillgelegten Zeche General Blumenthal und als Radweg eigentlich kaum der Rede wert, da ziemlich kurz. Mehr was für Spaziergänge. Die Zeche lag halt in Schlagdistanz zwischen Hamm-Osterfelder und Köln-Mindener Bahn. Aber eine schön renaturierte Bergehalde hat es hier. Und aus dem alten Lokschuppen auf dem unteren Bild soll irgendwann was Kulturelles mit Events werden.



Weiters gibt es hier in der bescheidenen Heimatstadt die König-Ludwig-Trasse. Die heißt so, weil sie zum Teil auf dem Gelände der 1965 stillgelegten Zeche König Ludwig verläuft. Die Bahn verband die vier Schachtanlagen der Zeche mit der Hauptbahn, vor allem aber dem Rhein-Herne-Kanal, wo die Kohle auf Schiffe verladen wurde. Das Bergwerk war übrigens nach Ludwig II. von Bayern benannt. Es war im 19. Jh. Mode geworden, Kohlezechen patriotische Namen zu geben und der hoch verschuldete Schlösserbauer hat (nicht ganz freiwillig) mit seinem (gut bezahlten) Kaiserbrief den Weg für die Gründung des Deutschen Reiches freigemacht.



Ende der Trasse im Nirgendwo bei Henrichenburg

Fun fact: Es waren Bergleute von König Ludwig, die im Winter 1946/47 dem Hamburger Schauspielhaus mit Kohlelieferungen aushalfen, was, so will‘s die Folklore, zur Gründung der Ruhrfestspiele führte.

Die heute so genannte 'Allee des Wandels' war eine Bahnstrecke, die die Zechen Westerholt (stillgelegt 2008) und Schlägel und Eisen (stillgelegt 2000) im Hertener Norden mit den Zechen Ewald (stillgelegt 2001) und Recklinghausen II (Betriebsende 1974) im Hertener bzw. Recklinghäuser Süden miteinander verband und ebenfalls an den Kanal anschloss. Der nördliche Teil der Allee ab Herten-Disteln enthält 2-3 sanfte, langgezogene Steigungen. Wenn man bedenkt, dass hier vor Jahrzehnten rund um die Uhr schwere Kohlezüge von Dampfloks raufgewuchtet wurden - es muss eine Lust gewesen sein, neben der Strecke zu wohnen.

Fördergerüste - Eiffeltürme des Ruhrgebiets...


Ewald zur Extraschicht 2018

Schlägel und Eisen

Was von Recklinghausen II übrig blieb.

Dreieck-Siedlung nach Westen

Und meine speziellen Freunde haben sich auch schon ausgetobt hier. Sie sind viele. Sie kommen vermutlich nachts. Und sie haben Kreide.



(Verleiht dem Namen 'Allee des Wandels' noch mal einen eigenen Twist, wie ich finde.)

Kurz vor Westerholt

P. S.: Der Nachteil ist, dass die hiesigen Trassen (noch) eher kurz sind und daher nichts für den sportlich ambitionierten Radler. Die müssen ins mittlere Ruhrgebiet, da gibt es längere Rundkurse. Aber Spaß macht's schon und man hat keine ewig lange Anreise.

P. P. S.: Wem es noch nicht aufgefallen ist: Die Frau Lavendel und die hier schon bekannte Frau Annika betreiben seit ein paar Tagen einen gemeinsamen Blog in Brief-/Dialogform. Find ich spannend, ist daher in der Blogroll gelandet und es sei hier noch einmal drauf hingewiesen.






4 Kommentare :

  1. Gnihi, hatte bisher keine Ahnung, dass du aus'm Pott bist, war ja bisher nicht das Thema hier und in deinem Impressum hatte ich noch nicht gestöbert... (Habe deinen Feed aber auch noch nicht sehr lange aboniert)

    Bis eben, wo du ein Bild von der Robertstr. in der Dreieckssiedlung zeigst. Da hab ich selbst von 1980-84 gewohnt, bin dann bei meinen Ellis ausgezogen in die Hochlarmarkstr. (Meine Mutter hat dort fast 36 Jahre gewohnt)

    Meine Fresse ist das lange her und doch kommt sofort alles wieder ;-)
    Danke für die Bilder *Daumen hoch*

    Gruß aus Göttingen, wo ich schon seit 30 Jahren wohne ;-)

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    1. Schau an, die Welt ist doch klein (unter 'wer stört' ist aber auch vermerkt, wo ich weg bin). Ich komme eher aus der Gegend um Blumenthal, Hochlarmark war früher für mich immer terra incognita...

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  2. Lieber Stefan, besten Dank für die Verlinkung und das Aufnehmen in deine Blogroll - hab mich sehr gefreut und Frau Lavendel auch.

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    1. Gern doch. Wünsche Mesdames weiterhin viel Spaß mit dem neuen Projekt.

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