Sonntag, 2. März 2025

Vermischtes und Zeugs (CVI)


Der Fehler, den strahlende Wahl'sieger' immer wieder machen, ist zu glauben, sie hätten die Wahl gewonnen und das Volk habe nunmehr sie beauftragt, die Dinge endlich in Ordnung zu bringen. Wiewohl das rein formaljuristisch natürlich nicht ganz falsch ist, geht dabei meistens unter, dass neue Leute meist nicht aus Euphorie über deren Angebote gewählt werden, sondern dass in erster Linie das alte Personal abgewählt wird. Berühmtestes Beispiel: Die Bundestagswahl 1998, die Schröder und Fischer ins Amt brachte, war kein strahlendes Votum für Rot-Grün, sondern vor allem eine Abwahl des sichtlich amtsmüden Helmut Kohl.

Die Bundestagswahl 2021, bei der Merkel nicht mehr antrat, hat sich der Souverän eigentlich für niemanden so recht entschieden. Wäre Merkel noch einmal angetreten, wäre die Wiese gemäht gewesen. Laschet hat die Sache auf den letzten Metern durch einen Moment des Unernstes verspielt, den der politische Gegner geschickt auszunutzen wusste, und Scholz wurde es. Auch heuer sieht es nicht nach Wechselstimmung aus. Man hatte die Nase voll von Papa Schlumpf und seiner dauerstreitenden Rasselbande, sieht in Merz nicht wirklich eine Alternative, aber er ist halt nicht Scholz, das ist das wichtigste.

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Angesichts des unwürdigen, zutiefst albernen Affentheaters, das Trump und sein Assi im Weißen Haus mit Selenskyj veranstaltet haben, kann man nur hoffen, dass Marx recht hatte damit, dass Geschichte sich zweimal ereigne: Einmal als Tragödie und einmal als Farce. Faschismus als Tragödie hatten wir ja schon.

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Wo war eigentlich Friedrich Merz, als Walter Lübke ermordet wurde?

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Was mich ernstlich umtreibt: Allerspätestens seit Freitag ist es endgültig offiziell, dass wir in Zeiten leben, für die es Politiker von einem gewissen Format bräuchte. Das heißt: Die in der Lage sind, strategisch zu denken sowie dazu, die Menschen zu überzeugen und mitzunehmen. Ihnen zu vermitteln, dass sie zumindest eine grobe Vorstellung haben, wie es weitergehen könnte. Wer mag, kann das Charisma nennen. (Und nein, die AfD ist es definitiv nicht. Die können nur: Wir hauen einfach den Staat kaputt wie Elon Murks und schmeißen ein paar Millionen Ausländer raus, dann wird alles besser. Das ist das Gegenteil von Politik.)

Was wir hingegen haben, ist Personal, das mit den kurrenten Anforderungen überfordert ist, wenn nicht sein muss. Funktionärstypen, die zwar wissen, wie sie ihre Karrieren vorantreiben, ihre Ratlosigkeit ansonsten hinter hohlen Formeln verstecken und sich zu Tode konferieren. Und im Kanzleramt sitzt demnächst ein unsouveräner Sauerländer Brausekopf ohne jede Regierungserfahrung, vor allem ohne außenpolitische, dafür mit dem sicheren Instinkt für das falsche Wort zur falschen Zeit. Der zwar versucht, einen auf starker Mann zu machen und auf den Tisch haut, dabei aber wirkt wie ein hilflos rumbrüllender Schulhausmeister, dem die Kinder wieder einen Streich gespielt haben. Der immer noch das Märchen verbreitet, man könne eine stotternde Volkswirtschaft durch striktes Sparen ankurbeln sowie dadurch, dass man Arbeitslose härter drangsaliert.

Fast kommen einem Parallelen zu 1914 in den Sinn. Da hätte es einen Bismarck gebraucht und einen Kaiser, der seine Grenzen kannte und wusste, wann er die Klappe zu halten und die Sache Profis zu überlassen hat. Statt dessen hatte man als Kaiser einen selbstherrlichen, launischen Gernegroß mit sicherem Instinkt für das nächste Fettnäpfchen und in der Reichskanzlei überforderte, mittelmäßige Aktenstudierer. Auch hier wieder die Hoffnung, dass Geschichte sich als Farce wiederholen möge und wir die Tragödie bereits hinter uns haben.

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Auch ich sehe zuweilen Gesichter. Vorgestern: Boden eines Weißbierglases.



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Was ist denn mit dem FC Rheinmetall plötzlich los? Zweiter Bundesliga-Sieg in Folge. Geht da noch was? Was ist da passiert? Ich glaube ja, Watzke ist vor die Mannschaft getreten und hat gesagt: "So, Jungs, wenn das mit Kovac jetzt nicht klappt, dann holen wir Magath."








2 Kommentare :

  1. "Wer mag, kann das Charisma nennen"
    Wie wäre es mit Intelligenz, strategischem Denken, Unbestechlichkeit und Empathie? Gepaart mit dem Attribut "uneitel".
    Oder wäre das ein übertriebenes Anforderungsprofil?
    Gruß Jens

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  2. Politiker mit Format scheinen inzwischen in den allermeisten Fällen eine contradictio in adiecto zu sein. Ob das wohl daran liegt, dass früher alles viel besser war und dass wir nunmehr in "ruchlosen Zeiten" leben, wie es jüngst unsere Ministerin des Äußersten äußerte?

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