Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Mittwoch, 11. Juli 2018
Ronny des Monats - Juli 2018
Im Gegensatz zu diversen Fernsehsendungen und sonstigen Einrichtungen ist bei der Ronny-Jury keine Sommerpause angesagt. Wäre auch schwierig bei all dem Material, das einem so Monat für Monat auf den Schreibtisch flattert. War auch dieses Mal wieder so einiges an Grenzwertigem, das es leider nur auf die Backlist geschafft hat. Dass der ehemalige, mit Staatskohle bestens versorgte Ex-Polizeigewerkschaftssupremo Rainer Wendt das rechtsstaatliche Gedusel manchmal schon echt lästig findet. André Poggenburg, der die Bundeswehr entschwulen will und sich nach seinem Erwin sehnt. Die Entsorgungs- und Säuberungsphantasien von AfD-Männern wie Dubravko Mandic und Carsten Härle. Dass Teilnehmer des heurigen Kyffhäuser-Treffens Journalisten bedroht und attackiert haben. Dass ORF-Mitarbeiter auch privat einen Maulkorb verpasst bekommen sollen. Oder, apropos Österreich, dass der Salzburger Gemeinderat zum wiederholten Male einstimmig (!) gegen die Umbenennung der Josef-Thorak-Straße entschieden hat.
Und und und. Menge Holz also. Die Top 5 des Monats
Samstag, 7. Juli 2018
Mittwoch, 4. Juli 2018
Lernen vom Sieger
"Das Wasser ist trüb, die Luft ist rein, Franz Josef muss ertrunken sein." (Otto Waalkes)
Als ich vor einigen Jahren auf Besuch war bei der bayerischen Verwandtschaft, herrschte dorten gerade Landtagswahlkampf. Oder zumindest das, was man angesichts der alle vier Jahre anstehenden CSU-Reakklamation so nennen kann. Einen Tag wartete ich im damals beschaulichen Freilassing - es war der Sommer, bevor Gevatter Flüchtling aufschlug - an der Kirche auf den Bus, der mich nach Salzburg kutschieren sollte. Mein Blick fiel auf eine Plakatwand. Auf der waren so ziemlich alle zur Wahl stehenden Parteien vertreten. Alle hatten sich irgendwie Mühe gegeben, einen wenn auch hochgradig nichtssagenden Slogan zu verzapfen. "Für ein starkes Bayern", "Voran mit Alois Hinterzipfler" oder so was in der Art.
Sonntag, 1. Juli 2018
Auch heuer wieder
Die alljährliche 'Extraschicht' hier im Ruhrgebiet ist eines dieser Events, die man uneingeschränkt empfehlen kann. Wenn das Wetter gut ist. Das Ticket ist mit 17 € (VVK, AK: 20 €) nicht ganz billig, dafür ist überall freier Eintritt und freie Fahrt mit allen Öffis. Wer sich das nicht leisten kann bzw. möchte, radelt zu einem der größeren Veranstaltungsorte (die ehemaligen Zechengelände, wie hier Ewald in Herten, sind inzwischen gut mit Radwegen auf ehemaligen Bahntrassen vernetzt) und tut ich das Volksfest an. Essen, trinken, Livemusik, die Atmosphäre genießen. Kein Verzehrzwang, niemand mit mitgebrachten Getränken wird dumm angemacht oder des Ortes verwiesen. Inklusiv, entspannt, unaggressiv, das Ganze. So muss das.
Samstag, 30. Juni 2018
Eine Zäsur
Es wird ekelhafter, jeden Tag. Auch im Alltag. Sie verbrämen es längst nicht mehr, erst recht nicht verschämt. Die Tage erst, im Büro: Arbeitslose und Flüchtlinge bekämen Luxus-Zahnersatz gratis, während wir unser sauer verdientes Geld... Jede Gegenrede ist da sinnlos, verfängt nicht. Du kannst mit dem SGB V in der Hand argumentieren, du kannst belegen, so unaufgeregt, freundlich und sachlich wie möglich. Irgendwann erwidern sie garantiert, sie kennten da einen, der einen kenne, der säße da an der Quelle und wisse da ganz genau Bescheid. Über jeden Zweifel erhaben. Diskussion beendet. Ja, danke auch fürs Gespräch.
Mittwoch, 27. Juni 2018
Jenseits der Blogroll - 06/2018
So, alles rollt die schwarzrotgüldenen Feudel wieder zusammen, packt die Fanartikel in die Mottenkiste und geht nach Hause. Sinniert vielleicht darüber nach, ob das grottendämliche Verhalten zweier DFB-Angestellter am Samstag die Schweden vielleicht noch extra motiviert haben könnte, den Mexikanern einen reinzutun. Müßig. National Tickende können sich entweder bestätigt sehen oder es sich als Verdienst anrechnen, es zwei Spielern mit Migrationshintergrund richtig gegeben und sie schwachgepfiffen zu haben. Wenn sie mögen. (Gewissen Leuten ist da einiges zuzutrauen.) Oder man nutzt als Fußballfan die nächsten zwei Wochen, um Mannschaften bei der Arbeit zuzuschauen, die den Job können. Und ja, okay, ich lag falsch mit meiner Prognose, ein Vorrundenaus der deutschen Mannschaft für unwahrscheinlich zu halten.
Dienstag, 26. Juni 2018
Schmähkritik des Tages (19)
Heute: Ilja Behnisch über den Island-Hype bei der WM
"Es ist schick, die Wikinger aus dem Huh super zu finden. Seit der Europameisterschaft vor zwei Jahren hält die Island-Euphorie nun schon an. Die tollen Nordlichter zeigen es den großen Nationen aber eben auch mal so richtig. Ein Land mit der Einwohnerzahl Bielefelds. Und dabei sind sie noch so freundlich. Und der Trainer ist doch Zahnarzt. Und sie haben ein Feen-Ministerium. Und überhaupt sind ja 20 Prozent aller Isländer in Russland bei der WM. Lauter großartige, ganz unbedingt sympathische Geschichten aus der Fußball-Diaspora.
Montag, 25. Juni 2018
Nationale Sippenhaft
"Nationalismus bedeutet Krieg" (François Mitterand)
Das Spiel der deutschen Mannschaft gegen die schwedische am vergangenen Samstag hat sehr schön offenbart, was das Problem ist am Konzept des Nationalismus. Es bedeutet, von welchen, die so gar nichts haben außer ihrer Nationalität, in Sippenhaft genommen zu werden. Etwa von Leuten, die damals, als Dezenz und gute Manieren verteilt wurden, offenbar gerade kacken waren. Oder anderweitig beschäftigt. Vielleicht damit, anderen Menschen überheblich ins Gesicht zu grölen. Die beim DFB schaffenden Herren Behlau und Voigt sind solche Prachtexemplare. Und denen soll ich mich nun irgendwie näher fühlen als den freundlichsten Mitmenschen aus irgendeinem beliebigen anderen Land? Wegen Nation? Weil wir zufällig Herkunftsgegend, im Pass eingetragene Staatsbürgerschaft und Muttersprache teilen?
Samstag, 23. Juni 2018
Einer von uns
Mesut Özil ist in Gelsenkirchen quasi auf dem Aschenplatz groß geworden. Als wie er im Ruhrgebiet Sozialisierter weiß ich ungefähr, was das heißen kann. Fußball hat hier schon immer und immer noch mehr mit Maloche zu tun als mit Spiel, noch einen Tick mehr mit Eierhaben (Kahn) und Dreck fressen als anderswo. Auf zahlreichen Plätzen beschränkt sich das Standardrepertoire taktischer Anweisungen noch immer auf: "Tu ihn angehön!", "Los, tretn'umm!", "Lass domma datt Fummeln, ey!", "Lauf, du Sack!" und "Getz spieldo'ab, Mann!". In dieser Welt ist der Ruf, ein 'Schönspieler' zu sein, mitunter fatal. Wer ihn anpappen hat, muss doppelt so gut sein wie jeder rustikale Gegnerumhauer. Wem noch das verwandte Etikett, eine 'Schwuchtel' zu sein anhaftet, dreimal so gut. Wenn überhaupt.
Donnerstag, 21. Juni 2018
Nicht ganz dicht
Momentan droht die Regierung ja an der Migrationsfrage zu zerfliegen. Und zwar, das ist wichtig, allein weil es einem bayerischen Provinzfürsten, in dessen Windschatten und in dessen Rektum rechte Nachwuchskräfte an die Fleischtöpfe sich zu glitschen trachten, so gefällt. Noch einmal: Es geht weder um Migranten, noch um das deutsche Vaterland und erst recht nicht um Menschlichkeit. Es geht nur noch darum, Angela Merkel zu stürzen. Das wäre keine Katastrophe und auch nicht der Weltuntergang. Sie ist weiß Gott keine Heilige. Aber man sollte zur Kenntnis nehmen, dass sie momentan eine der letzten ist, die sich, entgegen allen rechten Gegeifers und aller Verleumdungen, noch an geltendem Recht orientieren. Ihr größter Fehler war nicht die imaginierte Grenzöffnung, sondern den Bitchmove Österreichs und Ungarns im Sommer 2015 nicht rechtzeitig durchschaut und nicht erkannt zu haben, wie die Rechten jene imaginierte Grenzöffnung seither zur Dolchstoßlegende 2.0 aufbauen.
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