Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Donnerstag, 13. September 2018
Steinerne Schlussstriche
Vorweg ein Bekenntnis: Ich habe durchaus etwas über und ein Faible für alte Gemäuer und so genannte 'geschichtsträchtige' Orte. Stehe ich im Oktogon des Aachener Doms, vor dem Speyerer Dom, in der Hagia Sophia, der Kathedrale von Saint-Denis, am Londoner Tower, auf dem Forum Romanum, der Nürnberger Kaiserburg oder an ähnlichen Orten - you name it - und lasse die Gedanken schweifen, dann geht mir das Herz auf. Als Kind und Heranwachsender fand ich den alten Kram erst totenöde, da komplett uninteressant, dann war er mir egal. Als ich begann, mich für Geschichte zu interessieren, wurde das anders. Wer mit mir in den Kölner Dom geht, muss sich auf einen längeren Aufenthalt gefasst machen, denn ich finde immer was Spannendes zu entdecken. In Stratford-upon-Avon hätte ich einmal fast meinen Zug verpasst, weil ich mit einem freundlichen und hochkompetenten Mitarbeiter der Shakespeare-Gedenkstätte ins Fachsimpeln geraten war.
Montag, 10. September 2018
Ronny des Monats - September 2018
"Meine Zweifel an der Lernfähigkeit der Gesellschaft wachsen." (Bettina Gaus)
Schaut man sich die Masse der Bewerber an, dann könnte man nach den Ereignissen der letzten Wochen glatt den Eindruck bekommen, nicht wenige Leute hielten den Ronny des Monats für einen echten Preis. Die Auswahl war riesig dieses Mal, die Shortlist lang. So haben Wissenschaftler jetzt herausgefunden, dass es eine Korrelation gibt zwischen gehäuft auftretender Hate Speech in sozialen Netzwerken und realer rassistischer Gewalt. Wow! Was finden die als nächstes heraus? Dass Kaffee ohne Zucker weniger süß schmeckt? Wer hat die Studie verfasst? Captain Obvious?
Samstag, 8. September 2018
Über die Maaßen klebrige Stühle
"Das sind meine Prinzipien. Wenn die Ihnen nicht gefallen, habe ich noch andere." (Groucho Marx)
Vieles war und ist mit Recht zu hören und zu lesen vom Verrat, den die moderne Sozialdemokratie an ihrer proletarischen Kernklientel begangen habe. Wenngleich leicht in Vergessenheit gerät, dass der Arbeiterverrat bei den Sozialdemokraten, beginnend mit 1914, eine über 100jährige Tradition hat und nicht erst mit Gerhard Schröder angefangen hat. Über all dem darf aber nicht der permanente Verrat vergessen werden, den moderne Konservative seit Jahrzehnten begehen. Den an ihren Idealen nämlich. Ja, richtig gelesen. Konservative, zumindest einige unter ihnen, hatten mal Ideale. Etwa das unerschütterbare Bekenntnis zu Europa eines Helmut Kohl. Man sollte das natürlich nicht überbewerten. Konservative Ideale waren meist eher Feigenblätter, ein Hauch von nichts, maximal dehnbar. Oder von solch rührender Unterkomplexität wie der plumpe Antikommunismus eines Franz Josef Strauß.
Dienstag, 4. September 2018
Vom Starkmachen der Rechten
"Die deutschen Konservativen und ihre Führungsriege sind unfähig, sich von rechts wirklich bedroht zu fühlen. Für sie steht der eigentliche Feind immer noch links. Rechts - das sind irgendwie ungezogene Verwandte."
Fällt das nur mir auf? Egal, was man tut oder nicht tut, man macht damit die Rechten stark. Ignoriert man sie, macht sie das stark, weil sie glauben, niemand wehre sich und die Straße gehöre ihnen. Protestiert man, macht sie das stark, weil sie sich dann als diskriminierte Opfer fühlen. Diskutiert man mit ihnen, macht sie das stark, weil es sie aufwertet, verweigert man jegliche Diskussion, macht sie das ebenfalls stark, weil das ihre Wahrnehmung vom arroganten Mainstream nur bestätigt. Andere wieder behaupten, man mache die Rechten stark, wenn man sie so nenne, denn schließlich seien sie nach eigenem Bekunden ja gar keine, aber... Man fragt sich ernsthaft, ob es eigentlich noch irgendwas gibt, was man tun oder lassen kann, das die Rechten nicht stark macht.
Sonntag, 2. September 2018
Werte Wespen,
wir müssen mal reden. Ich verstehe euch ja in vieler Hinsicht. Vor allem in der, dass ihr dauernd auf Nahrungssuche seid. Alles roger, sind wir alle, irgendwie. Weil ihr aber im Gegensatz zu unsereins keine Aldimärkte habt, müsst ihr, wie die meisten Tierarten, halt gucken, wo es gerade was zu spachteln gibt. So weit, so schön. Wir wollen alle leben. Ich sollte auch erwähnen, dass ich im Gegensatz zu anderen meiner Artgenossen keine Panikattacken kriege, wenn ich eine von euch bloß von weitem sehe, weder gegen eure doofe Stecherei allergisch bin noch sonst irgendwie Angst habe vor euch. Erst recht nicht vor eurem anorektischen 'Biene Maja in böse'-Look. Wir könnten also wunderbar nebeneinander her existieren auf diesem Planeten. Wenn, ja wenn ihr euch nicht so steindumm anstelltet.
Freitag, 31. August 2018
Jenseits der Blogroll - 08/2018
Überschattet von aktuellen Ereignissen, kommt die allmonatliche Linksammlung dieses Mal erst zum Ultimo. Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht: Es hat sich wirklich verdammt viel angesammelt dieses Mal. Mag daran liegen, dass ich Urlaub hatte und damit auch mehr Zeit zum Lesen. Aber immer dran denken: Man muss das nicht alles lesen. Kein Druck!
Zuvor aber noch ein wichtiger Hinweis (danke, Claudia!): Es führt wohl kein Weg daran vorbei, sich als Blogger näher mit dem geplanten neuen Rundfunkstaatsvertrag zu befassen. Regelmäßige Leser dieser kuscheligen Ecke im Netz wissen, dass Kulturpessimismus mir auf den Sack geht, dass ich normalerweise nicht zum Schwarzsehen neige, eher zurückhaltend bin mit Kurzschlüssen wie 'Zensur!' oder 'Beschneidung der Meinungsfreiheit' und mich darob auch schon mal anlege mit wem. Wenn aber das stimmt, was da im Gespräch ist, könnte der Vertrag in dieser Form wohl wirklich das Ende der Bloggerei bedeuten, wie wir sie kennen. Dann wäre nämlich auch ich gezwungen, eine Rundfunklizenz zu beantragen (die mir jederzeit wieder entzogen werden könnte). Wieder stellte sich die Frage: Ist das den Spaß noch wert? Ich bin da noch am Anfang, bin juristisch nicht wirklich qualifiziert und auch bei der als ebenso tödlich für Kleinblogger geltenden DSGVO ist der ganz große Weltuntergang bislang ausgeblieben. Trotzdem scheint mir da erhöhte Wachsamkeit geboten.
Dienstag, 28. August 2018
Sachsen konkurrenzlos
Die Fakten, so weit bekannt: Ein 22jähriger Iraker und ein 23jähriger Syrer sollen am Wochenende in Chemnitz einen 35 Jahre alten deutschen Staatsbürger mit kubanischen Wurzeln so schwer verletzt haben, dass er kurze Zeit später im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen ist. Die beiden Tatverdächtigen wurden inzwischen dem Haftrichter vorgeführt. Chemnitz trauerte. Und wie es trauerte! In der Praxis sah das dann unter anderem so aus:
Sonntag, 26. August 2018
Lenny@100
Mir ging's vermutlich wie vielen Heranwachsenden: So genannte 'Klassische' Musik fand ich totenöde. Hintergrundbeschallung für Oma-Kaffeekränzchen. Staubige Sterbebegleitmusik für scheintote, schickgemachte Rentner. In den Konzerten war stundenlanges Stillsitzen Pflicht, wer hustete oder mit dem Stuhl knarzte, musste befürchten, auf der Stelle gelyncht zu werden. Oder vom damals allgegenwärtigen, stets hohepriesterlich einherschwebenden Herbert von Karajan mit einem gruseligen Bannfluch belegt zu werden. Schlimmer als in jeder Kirche. Dann aber sah ich eines Sonntagmorgens im TV zufällig das hier:
Freitag, 24. August 2018
Der Elefant im Raum
#MeToo wäre tatsächlich eine Chance gewesen, über wirklich wichtige Dinge ins Gespräch zu kommen. Über Ausbeutung zum Beispiel. Es ist doch so einfach: Immer wenn irgendwo Geld, Macht, Einfluss winken, wird Sex zur Ressource. Oder droht es zumindest zu werden. Männer? Frauen? Zweitrangig. Es geht darum, wer in welcher - no pun intended - Position ist. Hätte man drüber debattieren können. Statt dessen werden überwiegend die sattsam bekannten Dummformeln abgelaicht: Männer sind Täter, Frauen sind hilflose, schutzbedürftige Engel (wahlweise sind sie omnipotente, moralisch höher stehende Superwesen, je nach dem), die grundsätzlich nur Gutes im Schilde führen und die mit aller staatlichen Macht vor jeder erdenklichen Zumutung geschützt werden müssen.
Dienstag, 21. August 2018
Craftgebiere
Am Wochenende war Hopfenfest in der Heimatstadt. Ein Franchise namens 'Hopfen sei Dank'. 200 verschiedene Biere gab es zu probieren. Dazu Streetfood. Zum Preis von 4 Euro konnte man ein Glas erwerben mit Eichstrichen bei 0,1, 0,2 und 0,3 l. 0,1 l gab es für 1-1,50 Euro. Teurer als in der Kneipe, sicher, aber angesichts des Gebotenen keine Mondpreise, musste man schon sagen. Außerdem gab es so die Chance, sich ordentlich durchzutesten, ohne auf halber Strecke schon hackenstramm zu sein. Abgesehen davon, dass es gruseliges Ankobersprech wie die Aufforderung, gefälligst "Teil einer Genussbewegung" zu werden, geflissentlich zu ignorieren galt, gäbe es für mich also eigentlich gute Gründe, das Event prima zu finden.
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