Mittwoch, 15. Februar 2023

Manni, feste!

(kommentierte Ausgabe)
 
Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer haben die Tage ein Friedensmanifest verfasst, das binnen kurzem, wie es heißt, von nicht weniger als 69 Prominenten unterzeichnet wurde. Darunter illustre Namen wie Franz Alt nebst Gattin, Franziska Becker, Thilo Bode, Christoph Butterwege, Rainer Mausfeldt, Reinhard Mey nebst Gattin, Eugen Ruge, Hanna Schygulla, Günther Verheugen und andere. Offiziell vorgestellt werden soll das am 25. Februar bei einer Kundgebung am Brandenburger Tor in Anwesenheit von Unternehmensberater und Brigadegeneral a.D. Erich Vad, der schon des öfteren durch hanebüchene Fehleinschätzungen auffällig wurde.

Dienstag, 14. Februar 2023

Vermischtes und Zeugs (XLIII)


Was ich wieder einmal nicht verstehe: Lange vor der Wiederholungswahl in Berlin wurde ein Ergebnis prognostiziert, wie es am Sonntag eingetreten ist: Deutliche Gewinne für die CDU, FDP raus, Verluste für die Regierungskoalition, drohender Machtverlust der Regierungskoalition, und das obwohl der CDU-Kandidat angeblich über das Charisma eines verbogenen Schuhlöffels verfügt. Das hat man im wesentlichen so kommen sehen. Am Wahlabend dann: Drama, Baby, drama! Oh my goodness, dieses schockierende Ergebnis muss uns alle demütig machen! Oh ja, natürlich. Warum nicht mal so: Das war das erwartet schlechte Ergebnis. Meine Güte noch eins!

Sonntag, 12. Februar 2023

Ronny des Monats - Februar 2023

 
Der Februar,  liebe Närrinnen und Narren, ist bekanntlich der Monat des Karnevals, aus dem ich mir nichts mache. Der Versuch, mich zu einer närrischen Veranstaltung zu schleifen, erfordert sehr schweres Gerät. Dennoch bin ich gezwungen, die grassierende Narretey zumindest mit einem Auge zu beobachten, weil sich da immer wieder welche für einen der begehrten Ronnys bewerben. Dieses Jahr wieder mit Erfolg. Und so sind auch wieder viele heiße Kandidaten auf der Longlist geblieben: Etwa der Reichsbürger in Neuruppin, der sich der Protestform des Nacktprotestes bediente. Was kommt da auf uns zu? Auch der Typ im niedersächsischen Sande, der dem Bürgermeister allen Ernstes mit einem Militärgericht drohte, hat heftig "Hier!" gerufen und sei erwähnt. Menge los mal wieder.

Mittwoch, 8. Februar 2023

Mind the gap!


Geschlecht ist eine Ursache für Lohnungleichheit. Das aber isoliert zu skandalisieren, wird das Problem nicht lösen.

Momentan wird wieder einmal viel über das Gender-Pay-Gap geredet. Immer noch skandalöse 18 Prozent weniger verdienten Frauen im Schnitt, heißt es. (Das bereinigte Gender-Pay-Gap, also jenes, aus dem Faktoren wie Teilzeitarbeit herausgerechnet sind, liegt seit vielen Jahren nur mehr im einstelligen Prozentbereich.) Erstaunlich ist, dass bei allen schlauen Analysen kaum je davon die Rede ist, dass nicht allein Geschlecht der große Graben ist, sondern auch, von welchem Wirtschaftssektor die Rede ist.

Montag, 6. Februar 2023

Schmähkritik des Tages (64)


Heute: Bernd Rheinberg über die Lebenslüge Russlands

"Russlands Selbstbewusstsein als Imperium, das auf dem Triumph über den Nationalsozialismus, dem Drachentöter-Nimbus gegen Hitler, dem Geschichtsbild der unbesiegbaren Nation gründet und gerade wieder bei den Stalingrad-Feierlichkeiten und auch jeden 9. Mai, dem »Tag des Sieges«, aufgerufen wird, ist eine Lebenslüge. Zwar hat die Sowjetunion unter immensen Opfern und Verlusten (rund 13 Mio. Soldatinnen und Soldaten) mit den anderen Alliierten tatsächlich das Dritte Reich niedergerungen. Aber der Roten Armee wäre das niemals gelungen ohne die Unterstützung der USA. Und diese Unterstützung war gewaltig. [...]

Samstag, 4. Februar 2023

KI-lling Jobs


Wer glaubt, diverse aktuelle Debatten seien etwas irre Neues, sollte sich vom Arzt auf Amnesie oder Demenz testen lassen. In den Achtzigern habe ich kurz bei einer Schülerzeitung mitgemacht. Deren Layout wurde noch komplett von Hand erledigt. Also Schreibmaschine, Tipp-Ex, Letraset, Schnippelbuch und die handgemachten, verschnörkelten, vornehmlich floralen Designbemühungen einer Mitredakteurin, die das wandelnde Klischee einer Ökotussi war: Wollsocken und Birkenstocks, Batiktuch mit Bommeln, Henna im Haar, John-Lennon-Nickelbrille auf der Nase und je nach Jahreszeit wollene oder leinene, auf jeden Fall irgendwie härene Oberbekleidung (unter der sich allerdings eine sehenswerte Oberweite verbarg #aufschrei!!! #sexismus!).

Dienstag, 31. Januar 2023

Tisch und Bett


"Zunächst soll man seinen Gegner nicht im Bett aufsuchen." (Tucholsky)

RTL-Nachrichtenvorleserin Franca Lehfeldt hat sich letzte Woche in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit bekanntlich einen schweren Versprecher geleistet. Zum 27. Januar wusste sie zu berichten, das Konzentrationslager Auschwitz sei von der Roten Armee Fraktion befreit worden. Wäre der Anlass nicht so traurig, könnte man das natürlich irre witzig finden, einen historischen Treppenwitz gar.

Samstag, 28. Januar 2023

Vermischtes und Zeugs (XLII)


Manchmal fragt man sich, wo eigentlich die Kriegstreiber sitzen. Mit dem Beschluss, der Ukraine M1 Abrams- und Leopard 2-Panzer zu liefern, drehen nicht wenige 'Alternativmedien' völlig frei: Kriegkriegkrieg! Dritter Weltkrieg! Mindestens! Alarm, Alarm! Der Westen will Krieg! Unbedingt! Kein Zweifel mehr möglich. Und das, obwohl sie nunmehr seit knapp einem Jahr predigen, es wäre besser, der Westen würde endlich verhandeln, anstatt den Friedensbringer Putin unnötig weiter zu reizen. Und, was macht der Westen? Hört einfach nicht auf sie. Frechheit!

Montag, 23. Januar 2023

Jenseits der Blogroll - 01/2023


"Avantgarde ist das, was die meisten Menschen erst einmal nicht mögen. Als Motor der Entwicklung ist sie dennoch unentbehrlich, in der Musik oder Bildenden Kunst ebenso wie in der Kulinarik." (Bernd Matthies)

Zeit für die ersten Fundstücke des neuen Jahres. Die Nachricht, die wie eine Bombe eingeschlagen hat, ist sicher die, dass Küchenchef René Redzepi sein 'Noma' in Kopenhagen schließt. Ab 2024 kein 26-Gänge-Menü mehr zu Schnäppchenpreisen um die 500 Euro (ohne Weinbegleitung, versteht sich)! Was soll nur werden? Scherz beiseite, bin ich bei so was immer zwiespältig: Einerseits finde ich solch kulinarische Avantgarde grundsätzlich spannend, auch wenn ich mir das nicht leisten kann, andererseits kommen mir immer die Lerchenzungen und Otternasen aus 'Leben des Brian' in den Sinn. Wie dem auch sei, ist es wohl eine der positiveren Auswirkungen der Pandemie, dass die ärgsten Überspanntheiten sich offenbar nicht mehr rechnen (mehr dazu weiter unten).

Samstag, 21. Januar 2023

Bin ich denn der Leo?

 
Hätten Sie's gewusst? Die Volksrepublik China war seit 1950 an 18 Militäroperationen unterschiedlichen Ausmaßes beteiligt, die Sowjetunion im gleichen Zeitraum an insgesamt 12, Russland seit 1991 an 21. Die USA kommen im selben Zeitraum auf 43 Kriege. Womit zweifelsfrei bewiesen wäre, dass die Vereinigten Staaten von Bösemerika der Oberverbrecher der Welt sind. Das ist umso gravierender, als dass der Amerikaner zwecks Kriegstreiberei bekanntlich lügt, wenn er bloß den Mund aufmacht, wohingegen benevolente Friedensfürsten wie Vladimir Putin stets nur ihre wohlverstandenen und berechtigten Sicherheitsinteressen und die Freie Welt gegen den imperialistischen Wertewesten sowie von selbigem installierte ukrainische Nazi-Bots verteidigen.

Donnerstag, 19. Januar 2023

Bildungscontent, mittelalt


Das Mittelalter hat nicht den besten Ruf. Nicht selten wird es immer noch mit dem Attribut 'finster' belegt. Dabei gerät oft außer Acht, dass die Wahrnehmung des Mittelalters vor allem durch die Renaissance geprägt wurde (allein die Bezeichnung ist eine Fremdzuschreibung -- kein Mensch, der zwischen dem 6. und dem 16. Jahrhundert lebte, hätte 'seine' Epoche so genannt). Man wollte eine Brücke schlagen zur gloriosen Antike und sich abgrenzen von den als primitiv gesehenen Jahrhunderten zuvor. Auch das 19. Jahrhundert, in dem das Mittelalter zur bloßen Vorgeschichte des Deutschen Kaiserreichs gemacht und deutschnationalisiert wurde, war eher wenig hilfreich.

Dienstag, 17. Januar 2023

Vermischtes und Zeugs (XLI)


Das immer wieder gern hergenommene, fälschlicherweise Winston Churchill zugeschriebene Bonmot "Wer mit 20 Jahren nicht Sozialist ist, der hat kein Herz, wer es mit 40 Jahren noch ist, hat kein Hirn.", ist selbstgefälliger Quark. Man wird nicht konservativ, bloß weil man älter wird, sondern weil man es sich leisten kann und etwas zu verlieren hat. Wer sich mit, sagen wir, 40, 45 Jahren etabliert, was aufgebaut hat, Karriere, Häuschen, Familie, Dienstwagen etc., würde das gern behalten und ist tendenziell weniger empfänglich für egalitäre Politik als jemand, der am unteren Ende der Skala der Altersarmut entgegendümpelt.

Freitag, 13. Januar 2023

Von Herzen

 
In pädagogischer Hinsicht ist die 'Sesamstraße', die die Tage ihr 50jähriges Jubiläum der deutschen Erstausstrahlung feierte, ununwunden zu loben. Hier wurde und wird endlich mal der inflationär erhobene Anspruch eingelöst, Kindern etwas 'auf spielerische Weise' beizubringen. Schon die ersten nicht synchronisierten amerikanischen Folgen, die ich als Vorschulkind sah, brannten sich mir tief ins Bewusstsein ein. Die verschraddelte Kulisse in der Bronx sah ein bisschen aus wie Gelsenkirchen-Bismarck. Nur dass das Personal ganz anders war. Neben Bob und dem Kramladenbesitzer Mr. Hooper tauchten auch die People of Colour Gordon und Susan auf. Und dieser große Vogel. Und ein Zottel in einer Mülltonne, der alles toll fand, was die Eltern bäh fanden und einem immer austreiben wollten.

Dienstag, 10. Januar 2023

Ronny des Monats - Januar 2023

 
Es ist wieder Zeit für die monatliche Ronny-Verleihung. Die steht dieses Mal im Zeichen der furchtbaren Szenen, die sich in der Silvesternacht abgespielt haben und den Reaktionen darauf. Was für furchtbare Szenen sich da angespielt haben müssen! So haben in Borna bei Leipzig an Silvester 200 junge Menschen auf dem Marktplatz randaliert. Zunächst versuchten sie den Weihnachtsbaum anzuzünden, dann schossen sie Raketen auf das Rathaus. Eintreffende Ordnungskräfte wurden mit Böllern und anderer Pyrotechnik angegriffen, ein Zeitungskiosk wurde stark beschädigt. Ein Bild der Verwüstung!

Sonntag, 8. Januar 2023

Vermischtes und Zeugs (XL)

 
"Wer ständig im feindlichen Feld nach Anzeichen des Beifalls Ausschau hält, macht seine Feinde zu Schiedsrichtern des eigenen Redens."  (Hans Magnus Enzensberger)

Obiges Zitat stammt aus dem Jahr 1962 und ist in letzter Zeit unter Querdenkern und Radikalpazifisten aus verständlichen Gründen wieder sehr beliebt. Das entbindet einen jedoch nicht davon, immer mal wieder seinen eigenen politischen Wertekanon zu kalibrieren. Sich Frage zu stellen wie: Warum laufen auf meinen Demos eigentlich immer Nazis, Reichsbürger AfDler etc. mit? Was ist für die bloß so attraktiv an unsereins? Und was kann ich tun, um mich wirksam dagegen abzugrenzen?

Donnerstag, 5. Januar 2023

Parallelwelt

 
Dass der nunmehr verstorbene Joseph Ratzinger a.k.a. Benedikt XVI,. ein hochintelligenter Mann war, darüber wird man gewiss nicht streiten müssen. Ob bzw. inwieweit man mit den Früchten seiner hohen Intelligenz jeweils konform geht oder nicht, steht freilich auf einem anderen Blatt. Vieles, das an seiner Amtsführung falsch lief, erklärt sich vielleicht, wenn man sich die Welt ansieht, in der Joseph Ratzinger einst groß geworden ist und welchen Stellenwert die Katholische Kirche darin hatte.

Dienstag, 3. Januar 2023

Ballaballa - geht schon gut los

 
"The times, they are-a changin" nölte binsenweise einst Bob Dylan zur Klampfe. Und damit willkommen in 2023 und allen ein frohes Neues. Tja, die Zeiten ändern sich. Zum Beispiel scheint heutzutage mehr Leuten Silvesterknallerei deutlich mehr auf den Sack zu gehen als früher. Bzw. scheinen immer weniger bereit zu sein, das als lustige Folklore zu tolerieren, die halt irgendwie hinzunehmen ist. Man kann durchaus diskutieren, ob Sprengstoff in Händen besoffener Privatleute als Freizeitbelustigung nun ziemlicher Quatsch ist oder nicht.

Samstag, 31. Dezember 2022

2022 - abgehakt

 
So denn, liebe Lesende, das Jahr neigt sich. Der Sekt ist warm-, die Böller kaltgestellt. So weit das bei diesen Frühlingstemperaturen machbar ist. Und ich gönne mir die alljährliche Bauchpinselei, die zehn meistgeklickten Beiträge des fallenden Jahres noch einmal aufzulisten.

Donnerstag, 29. Dezember 2022

Vermischtes und Zeugs (XXXIX)


Da wir gerade dabei sind: Der Unterhaltungskonzern Disney bringt demnächst eine Realverfilmung von 'Schneewittchen' heraus, in der die sieben Zwerge von kleinwüchsigen Schauspielern dargestellt werden sollen. Das wird nicht nur in der betroffenen Community gemeinhin als unsensibel empfunden. Der aus 'Game Of Thrones' bekannte Peter Dincklage wird zitiert, bei Disney seien sie "»sehr stolz darauf, eine Latino-Schauspielerin als Schneewittchen zu besetzen«, aber sie erzählten immer noch »diese rückständige Geschichte über sieben Zwerge, die zusammen in einer Höhle leben«".

Dienstag, 27. Dezember 2022

Dilemma

 
Produzent/Regisseur/Obermotz James Cameron hat im Zusammenhang mit seinem Film 'Avatar' vor zwölf (!) Jahren mal etwas zweifellos sehr Dummes gesagt. Und weil ja immer irgendwo irgendwer wegen irgendwas beleidigt ist, soll man nun, so verfügen's Indigene in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldet, dessen neuen Film 'Avatar 2' auf gar keinen Fall ansehen. Weil: rassistische Kackscheiße. Howgh! Nun brauche ich dafür aber gar keinen Großen Häuptling, der mir das befiehlt. Weil ich mich deutlich zu alt fühle, mir 192 Minuten (plus Trailer) meiner Restlaufzeit den Hintern plattzusitzen, um eine öde, dröge, von computergenerierten Riesenschlümpfen gespielte Predigt über mich ergehen zu lassen.

Samstag, 24. Dezember 2022

Jenseits der Blogroll - 12/2022

 
"Als junger Mann war ich meistens zu aufgeregt, um irgendwie cool zu wirken. Mittlerweile fühle ich mich zu alt und zu müde, um mich über jeden Scheiß aufzuregen. Ich würde mich sehr freuen, wenn jemand das mit Coolness verwechseln sollte." (Kurbjuhn)

Die letzten Links und Fundstücke dieses verrückten Jahres. Vor zwölf Monaten hätte wohl noch niemand für möglich gehalten, in welchem Ausmaß wir über Krieg debattieren würden. Klar, es gab ein paar, die warnten, in der Ukraine braue sich etwas zusammen, aber das waren bloß Putin dämonisierende Kriegstreiber, die offenkundig Lack gesoffen hatten. Aber der Krieg in der Ukraine ist bloß ein Element unserer tiefgreifenden Verunsicherung. Peter Unfried hat das, wie ich meine, ziemlich gut auf den Punkt gebracht:

Montag, 19. Dezember 2022

Vermischtes und Zeugs (XXXVIII)

 
Argentinien gegen Frankreich war für das Emirat das Traumfinale schlechthin. Denn da standen am Sonntag mit Kilian Mbappé und Lionel Messi die beiden Multimillioneninvestments des Katarischen Milliardeninvestments Paris Saint Germain gegeneinander auf dem Platz. Win-win!

Samstag, 17. Dezember 2022

Praktisches Weihnachtsfilmlexikon, A-Z


Da nunmehr der Geburtstag des Religionsstifters wieder einmal naht, gibt es, verehrte Lesende, nach mehreren Jahren der Pause heuer wieder einen Weihnachtsservice bei den Fliegenden Brettern. Nach "Was hat es mit diesem Brauchtum auf sich?" und "Was will dieses Geschenk mir sagen?" heißt es nunmehr: "Welchen Film soll ich an Weihnachten bloß gucken?" Nicht dafür!

Batman returns (USA 1992)
Gilt als der beste der frühen 'Batman'-Verfilmungen. Mit dem bühnenerfahrenen Michael Keaton als Batman, der hinreißenden Michelle Pfeiffer als Catwoman und Danny DeVito als Supergangster Pinguin, der diverse Weihnachtsfestivitäten schreddert.

Mittwoch, 14. Dezember 2022

Re: Sich wehren

 
Es war ein kühler, trübgrauer Herbstmorgen im Jahr 1990. Ich hatte gerade zu studieren angefangen und wollte BAFöG beantragen. Vatern war der Meinung, paar Mark extra vom Staat zur Unterstützung des studierenden Sohnemanns könnten nicht schaden. Mühevoll hatte ich den für mich kaum verständlichen, wohl zwanzigseitigen Antrag ausgefüllt und stand nun in der Schlange. Es nieselte. Das BAFöG-Amt war in einem Betonbau vor dem Haupteingang der Beton-Uni untergebracht. Von drinnen strahlte bläuliches Neonlicht durch Gardinen. Belangloser Smalltalk unter den Wartenden.

Sonntag, 11. Dezember 2022

Ronny des Monats - Dezember 2022

 
"So ist der frei sich dünkende Bequemmensch: Nimm ihm die Insignien seines Sklavenlebens weg, und er geht dir an die Kehle." (Wiglaf Droste)

Dieser Tage offenbart sich sehr schön, wie die Prioritäten so liegen im bürgerlichen Lager. Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: Da werden 52 Personen von Polizei und Spezialeinheiten hopsgenommen wegen des dringenden Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Unter anderem Richter, Soldaten, Politiker und ein Prinz haben sich zusammengerottet, um einen bewaffneten Staatsstreich zu planen. Aber ein paar Junge Leute, die sich an Straßen und Landebahnen festkleben, werden panisch als "neue RAF" befingerzeigt. 'Grotesk' reicht da als Attribut langsam nicht mehr.

Donnerstag, 8. Dezember 2022

Vermischtes und Zeugs (XXXVII)

 
Von Zeit zu Zeit bekomme sogar ich als weitgehender Mode-Legastheniker mal was aus der Welt der Mode mit: Beim offenbar satirisch gedachten Modehaus Balenciaga, wo man für abenteuerliche Summen Geschmackloses wie zerschossene Treter, lederne Ikea- oder Chipstüten und Müllsäcke bekommt, hat man jetzt Ärger mit einer Kampagne. Man bietet zum Weihnachtsgeschäft zerrupfte Teddybären in Peitsch mich!-Aufmachung feil, gemeinsam im Bild mit Kindern im Vorschulalter und sieht sich mitten im Zentrum eines Schittsturms. Was lernen wir daraus?

Sonntag, 4. Dezember 2022

Neues von Iwan - wer ist das Opfer?


"Denn was habe Russland seinen einfachen Bürgern zu bieten außer der Vorstellung, Angehöriger einer besonderen Gemeinschaft zu sein, die sich permanent gegen äußere Feinde verteidigen muss? Namentlich gegen den dekadenten Westen, der, so die Propaganda, sich die Ukraine geschnappt hat und nichts dagegen hätte, auch Russland in ein dekadentes, von homophilen Schwachköpfen regiertes Land zu verwandeln, »in dem bereits kleine Kinder zur Geschlechtsumwandlung gezwungen werden«." (Pawel Filatjew)

Vielleicht muss man manchmal das Undenkbare denken. Etwa, dass Russ:innen grosso modo nicht blöder sind als der Rest der Welt und nur ein kleinerer Teil von ihnen auf Quatschpropaganda hereinfällt, wie sie der russische Ex-Soldat Pawel Filatjew da schildert. Wenn dem so ist, dann sollte das aber auch für Ukrainer:innen gelten. Vielleicht haben die einfach mal gen Westen über die Grenze geguckt und gesehen, wie die Menschen dort leben, und dann gen Osten und haben verglichen. Und sind dann mehrheitlich ganz von selbst auf die Idee gekommen, dass eine Orientierung nach Westen irgendwie cooler wäre, ohne dass es dazu finsterer, von George Soros und aus Washington orchestrierter Propaganda- und Gehirnwäschekampagnen und/oder des Terrors ukrainischer Nazis bedurft hätte.

Freitag, 2. Dezember 2022

WM-Katarrh (3) - Aus! Aus! Das Spiel ist aus!

 
"Jeder einzelne deutsche Mallorca-Assi, der in seinem Leben mal in die Schinkenstraße gekotzt hat, sollte sich aber ganz schleunigst hinterfragen. Und zwar schonungslos." (11 Freunde)

Es gibt zwei gute Nachrichten: Die erste ist, dass alle Gewissenskonflikte nunmehr ein Ende haben. Keine quälendes "Soll man sich das korrupte Spektakel übehaupt angucken? Kannmandenn? Darfmandenn? Ich weiß, ich sollte nicht, aber..." Dafür und dafür, angesichts des fragwürdigen Spektakels in Katar Haltung gezeigt und die Sache bei der ersten Gelegenheit beendet zu haben, gebührt Hansi Flick und der deutschen Fußball-Nationalmannschaft Dank und Respekt. Nicht ganz so konsequent wie die österreichische Mannschaft, aber das wird schon noch.

Mittwoch, 30. November 2022

Jobs, Jobs, Jobs...


Ein Problem in Deutschland ist ja, dass es einen Arbeitskräftemangel vor allem in jenen Tätigkeitsfeldern gibt, in denen er nicht ohne weiteres auszugleichen ist. Gut, Qualifizierungen nach § 34a GewO für das Sicherheitsgewerbe, welche zum Sicherungsposten, Hygieneschulungen o.ä. sind in der Regel leicht realisierbar. Werden von Arbeitsagenturen und Jobcentern bevorzugt per Bildungsgutschein finanziert. Ist schnell gemacht, vergleichsweise günstig und bringt auch Arbeitslose in Jobs. Bei Umschulungen, die bis zu 30 Monaten dauern, liegt die Latte aus Kostengründen schon deutlich höher.

Sonntag, 27. November 2022

Jenseits der Blogroll - 11/2022

 
So, mal sehen: Nürnberger Lebkuchen? Check. Spekulatius? Check. Lübecker Marzipan? Check. Mandarinen? Check. Nüsse? Check. Ein wenig (!) dezente (!) Deko? Check. Alles da, der Geburtstag des Religionsstifters kann nahen. Moment mal! Christliches Propagandamaterial in einem Agnostikerhaushalt? Was kommt als nächstes? Ein Adenauer-Poster überm Bett? Mumpitz! Erstens haben viele (Vor-)Weihnachtsbräuche heidnische Wurzeln und zweitens wusste schon der große René Goscinny: "Man kann doch Barbar sein und trotzdem Blumen lieben!" Stopp, Halt! Eines fehlt. Die monatliche Linksammlung. Hier isse:

Freitag, 25. November 2022

Schmähkritik des Tages (63)

 
Heute: Stefan Reinecke über Friedrich Merzens Sieg über das Bürgergeld

"Friedrich Merz behauptet, dass die Union den »Kern des Bürgergeldes« zerstört habe. Die CSU, die in der Debatte durch besonders unschöne Hetze gegen Arbeitslose auffiel, klopft sich auf die Schulter und bescheinigt sich, »schwere Systemfehler« beim Bürgergeld gestoppt zu haben. Wenn man recht versteht, hat die Union mit ihrem tapferen Widerstand gerade noch so verhindert, dass die Mittelschicht in der Bundesrepublik ab dem 1. Januar ihre Jobs kündigt und es sich in der sozialen Hängematte gemütlich macht. Wer sich so wuchtig selbst lobt, scheint es nötig zu haben." (taz, 22. November 2022)

Mittwoch, 23. November 2022

WM-Katarrh (2) - Hinter der Binde


Was mir so auffällt: Die hiesige Nationalmannschaft hat gar keinen Spitznamen mehr. Einst gab es ja 'Bertis Buben' und danach 'Jogis Jungs'. Und nun? 'Hansis Honks'? 'Hansis Hosenscheißer'? Hier und da ist ja medial zu lesen, die feigen, rückgratlosen deutschen Spieler sollten sich doch bitte mal ein Beispiel an den mutigen Iranern nehmen. Deren Protest richtete sich zwar an das Mullah-Regime daheim, während es sich bei der Sache mit der Binde vor allem um eine Machtprobe mit der FIFA handelt, aber wer wird schon so pingelig sein.

Sonntag, 20. November 2022

Ad astra


Seit 1953 leistet die bescheidene Heimatstadt sich eine Volkssternwarte, die dank des langjährigen Institutsleiters Joachim Herrmann 1966 erweitert wurde um ein Kleinplanetarium mit 8 Meter Kuppeldurchmesser und 75 Sitzplätzen. Als Herrmann 1996 in Pension ging, war von Schließung die Rede. Das konnte mit viel bürgerschaftlichem Engagement (Förderverein, Initiativkreis) abgewendet werden. Nach langer Durststrecke steigen seit einigen Jahren die Besucherzahlen wieder, es konnte eine weitere wissenschaftliche Mitarbeiterin eingestellt werden und 2017 wurde sogar ein neuer Erweiterungsbau realisiert.