Mittwoch, 21. März 2018

Ein Jubiläum (5)


Heute vor 100 Jahren, am 21. März 1918, begann die so genannte 'Michael-Offensive' der deutschen Armee

Mit der Bemerkung, Recht sei kostbarer als Frieden, hatte der pazifistisch gesinnte US-Präsident Wilson im April 1917 den Eintritt der bis dahin mehrheitlich isolationistischen USA in den ersten Weltkrieg begründet. Auf Friedensangebote Wilsons ging man nicht ein, da man immer noch die Möglichkeit eines 'Siegfriedens' sah und dergleichen Verhandlungen als verbrämte Kapitulation auffasste. Ende 1917 sah die Entente sich keineswegs auf der Siegerstraße und auf deutscher Seite dachte man, mit einer letzten großen Offensive im Westen, es wäre die erste seit 1916, müsste sich das Blatt wenden lassen. 'Kaiserschlacht', so wurde das Vorhaben auch genannt. Doch Wilhelm II. war politisch längst kaltgestellt und bloß noch Symbolfigur. Auch wusste man um die Stimmung in der Heimat. Diese eine allerletzte Anstrengung, so erzählte man den Soldaten und der Bevölkerung, ein letzter Schlag, und die kriegsmüden Alliierten würden umkippen wie ein tönerner Riese, dann würden die Osterglocken den Sieg einläuten. Es sollte, wie so oft in diesem seit dreieinhalb Jahren dauerndem Krieg, anders kommen.

Montag, 19. März 2018

Bärendienste


Es ist verständlich aber sinnlos, Jens Spahn eine Zeitlang vom Hartz-IV-Regelsatz leben lassen zu wollen.

Es sagt so einiges, dass unter denen, die jetzt nicht müde werden, die immensen Leistungen des verstorbenen Stephen Hawking zu rühmen, genügend sein dürften, die andernorts nicht müde werden, Sozialstaatlichkeit als linke Humanitätsduselei zu bekämpfen. Hawking selbst, obwohl aus durchaus situierten Verhältnissen stammend, hat zu Lebzeiten immer wieder darauf hingewiesen, dass sein unerwartet langes Leben und seine Arbeit als Wissenschaftler vor allem der Unterstützung des NHS (National Health Service), dem steuerfinanzierten Gesundheitsversorgungssystems in Großbritannien, zu verdanken waren. Dessen weitgehende, am liebsten völlige Abschaffung gehört seit geraumer Zeit zu den vorrangigen Projekten jener konservativen Politiker auf der Insel, die sich jetzt im Glanz von Hawkings Meriten mitsonnen. Zurück auf den Kontinent.

Samstag, 17. März 2018

Schmähkritik des Tages (16)


Heute: Jens-Christian Rabe über das neue Albung der Band Frei.Wild

"Ja, es ist wieder einmal so weit: Es gibt mit »Rivalen und Rebellen« [...] ein neues, zwölftes Album der Südtiroler Dampfstrahl-Punkrock-Band Frei.Wild, die gerne mit allerlei Völkisch-chauvinistisch-nationalistischem herumzündelt, aber dann noch nicht rechts sein will, sondern einfach dagegen. Also gegen den Mainstream und seine »Systemmarionetten«, die die Band und ihre Anhänger angeblich nicht so sein lassen wollen, wie sie am Ende aber doch sind. Das hässliche Hölzchen, über das die Freunde und Feinde diesmal springen dürfen, heißt »Geartete Künste hatten wir schon« und ist der Soundtrack zur Metapolitik der Neuen Rechten, bei der es im Kern ja nie um die Sachen selbst geht, sondern immer nur darum, dass alle anderen ewig »im Gleichstrom« schwimmen und die »wahren Rebellen« nur sie selbst seien. Musik zur Zeit in ihrer gruseligsten Form, die in den deutschen Mainstream-Pop-Charts ganz weit oben landen wird, sehr wahrscheinlich sogar auf dem ersten Platz, wie seit 2012 allein drei der vier letzten Alben der Band." (Süddeutsche Zeitung, 16.3.2018)

Mittwoch, 14. März 2018

Hängt ihn höher!


Es ist eine durchaus spannende Frage, ob die westdeutsche Gesellschaft der Achtziger eine befriedetere war als die heutige. Das lässt sich etwa diskutieren am Beispiel der Geiselnahme von Gladbeck, die sich heuer zum 30. Male jährt. Obwohl die Tragödie von München damals gut fünfzehn und der so genannte 'Deutsche Herbst' gerade mal knapp zehn Jahre her waren, schien man in keiner Weise vorbereitet auf zwei völlig planlos agierende Typen, die im Prinzip bloß das kopierten, was Gangster in Filmen machen. Leider waren die Waffen echt. Über vieles könnte man eigentlich nur lachen, wenn nicht zwei unbeteiligte Menschen ums Leben gekommen wären, deren Tod höchstwahrscheinlich vermeidbar gewesen wäre und deren Hinterbliebene noch heute darunter leiden.

Sonntag, 11. März 2018

Ronny des Monats - März 2018


Beginnen wir diese Ronny-Verleihung mit einer guten Nachricht außerhalb des Wettbewerbs: Die vom NRW-Verfassungsschutz als rechtsextrem bezeichnete Kleinstpartei 'pro Köln' hat ihre Selbstauflösung beschlossen. Als (nicht im 'Postillon' erschienene) Begründung ließ man verlauten, man habe seine "Mission erfüllt". Aha. Welche war das? Falls es die gewesen sein sollte, sich in einer Tour gnadenlos zu Deppen zu machen, dann kann man in der Tat nur sagen: Glückwunsch! Mission accomplished. Man könnte zur allgemeinen Erheiterung auch erwähnen, dass im Februar der erfolgreichste 'Artikel' in Sachen Interaktionen bei Facebook eine frei erfundene Meldung des berüchtigten Halle-Leaks-Blogs war. Der anonyme Autor titelte: "Laut Merkel ist Flüchtlingen bei den Tafeln unbedingter Vorrang zu geben - Wir luden sie ein". Nun gut, was soll man schon erwarten in einer Zeit, in der es, wie Bill Maher treffend zusammenfasste, schon als Debatte gilt, wenn drei Idioten ohne Privatleben sich darüber aufregen, dass Jennifer Lawrence keinen Mantel trägt (und in der Facebook immer noch für eine ernstzunehmende Informationsquelle gehalten wird, möchte man ergänzen)?

Genug der Komödie, zum Ernst des Lebens - die Preisträger im März:

Mittwoch, 7. März 2018

Verlorene Kulturgüter


Es war ja noch nie so leicht wie heute, ein Snob zu sein. Einmal bei chefkoch.de oder in ähnlichem Umfeld behauptet, dass man vielleicht Butter verwenden sollte statt gehärtetem Pflanzenfett, sich vielleicht gar geoutet als jemand, der weiß, dass es einen Unterschied gibt zwischen Süß- und Sauerrahmbutter - zack, schon haste das Stigma auf der Stirn pappen.

Klar, früher, da hat man sich die Wochenenden anders um die Ohren gehauen. Heute? ich bitte Sie! Freitags vielleicht kurz bei der Tafel vorbeischauen und sich köstlich darüber amüsieren, wie die Habenichtse sich um Aussortiertes prügeln, danach Streetfood und in die Schampus-Bar. Anschließend Clubbing. Samstags Brunch und Powershopping, dann Essen im Sternelokal des Vertrauens. Wenn das Diner dann beendet ist und der Küchenchef sich persönlich versichert hat, dass auch alles zum allerbesten war und diverse Ründchen aufs Haus hat springen lassen, der hauseigene Limousinen-Service einen am Hotel abgesetzt hat, wo man noch einen kleinen Absacker nimmt, vielleicht einen 85er Château Petrus (oder doch den 89er Pomerol?), heißt es zeitig zu Bett. Fit for job bleiben, am Sonntag um sechs geht’s joggen. Na kommen Sie, so geht’s doch zu in diesem Deutschland, in dem wir gut und gerne leben, noch nie so viele Arbeit hatten wie heute und die Personalchefs der Nation schon den Kopf in der Schlinge haben, weil sie einfach keine Leute mehr finden, obwohl sie schon astronomischste Löhne zahlen.

Montag, 5. März 2018

Banking Bad


Das Bankgeschäft ist eigentlich eine sehr simple Angelegenheit. Kann jeder kapieren, der rudimentär der Grundrechenarten mächtig ist. Wovon leben Banken? Davon, Geld zu leihen und zu verleihen. Leihen sie sich Geld, dann heißt das Konto, Sparbuch, Festgeld etc., verleihen sie welches, heißt das Kredit. Von der Differenz zwischen Einlagen- und (höheren) Kreditzinsen lebt die Bank. So simpel wie genial war es ursprünglich gedacht und auch gar nicht blöd. Funktioniert übrigens heute noch. Im Schwäbischen gibt es Kleinfilialen der Raiffeisenbank, die bieten bis heute nur drei Dinge an: Ein Girokonto, ein Sparbuch und einen Kredit. Rechnet sich, immer noch.

Freitag, 2. März 2018

Armutskitsch


Die Vergangenheit der 'Harry Potter'-Erfinderin Joanne K. Rowling ist oft kolportiert worden. Wie sie im bitterkalten Edinburgh als allein erziehende Mutter auf Sozialhilfe angewiesen war und ganze Tage in Cafés verbrachte, da diese im Gegensatz zu ihrer Wohnung geheizt waren. Und wie sie, während das Kind schlief, Entwürfe für die 'Harry Potter'-Reihe auf Servietten notierte, weil die im Gegensatz zu Schreibpapier kostenlos waren. Dieses Bild der darbenden jungen Autorin in spe ist tief ins öffentliche Bewusstsein gesickert. Ihr quasi offizielles Portrait in der Londoner National Portrait Gallery zeigt sie barfuß  an einem Kaffeehaustisch sitzend in einem engen, kargen, mit einem Elektroofen beheizten Zimmer.

Montag, 26. Februar 2018

Tut es nicht, Genossen!


"Wir erinnern [...] an das Desaster von 1928. Es ging damals im Wahlkampf um die Finanzierung der Marine. Die rechten Parteien wollten den Bau des teuren Panzerkreuzers A durchsetzen, kürzten aber zugleich die Zuschüsse für die Schulspeisung armer Kinder. Mit der Parole 'Kinderspeisung statt Panzerkreuzer' zogen wir in den Wahlkampf. Das hat uns viele Stimmen gebracht, aber nicht genug, um allein zu regieren. Also bildeten wir eine Große Koalition. Das Erste, was diese beschloss, war die Finanzierung des verhassten Panzerkreuzers. Unsere Minister fielen um, weil sie den Bestand der Koalition nicht gefährden wollten. Wir waren entsetzt. Die SPD-Basis revoltierte. Aber der einmal eingetretene Glaubwürdigkeitsverlust war nicht wiedergutzumachen. 16 Monate später platzte die Koalition wegen einer geringfügigen Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Bei den Neuwahlen 1930 verzeichnete die SPD herbe Verluste, die NSDAP schnellte von 2,6 auf 18,3 Prozent. Unsere Minister hatten 'staatspolitische Verantwortung' gezeigt, aber langfristig unermesslichen Schaden angerichtet. Auch das spukt uns dieser Tage im Kopf herum.

Sonntag, 25. Februar 2018

Halbkritisches zu Olympia (2)


Dass ich zu Olympischen Winterspielen eine Zeitlang eine Art special relationship pflegte, mag an den ausgeübten Sportarten liegen. Während Sommerspiele, wie die wunderbare Anja Rützel jetzt so richtig anmerkte, sich beim Zusehen vor allem nach Schweiß und Anstrengung anfühlen, strahlen Winterspiele eine "gefrostete Eleganz" aus, weil sich Athleten dort nur mit Wurstpellenanzügen den Elementen entgegenstellen in Sportarten, die im Gegensatz zu den sommers betriebenen oft abenteuerlich und gefährlich sind. Und dass amusische, stockhomophobe Familienoberhäupter sich alle vier Jahre für Eiskunstlauf begeistern können, ohne verklemmte Schnappatmung zu kriegen, das kriegt wohl wirklich nur Olympia zustande.

Freitag, 23. Februar 2018

Jenseits der Blogroll - 02/2018


Wie immer zu Beginn der letzten Woche des Monats eine Sammlung dessen, was mir seit dem letzten Mal Interessantes, Überraschendes und Bedenkenswertes begegnet ist. Viel Spaß.

Wie sieht eigentlich Armut aus? Nach immer noch gängiger Auffassung tragen Arme zerfledderte Klamotten, leben unter der Brücke, decken sich mit der Zeitung zu und sind überhaupt selber schuld, weil es das bei uns ja gar nicht geben kann wegen unserem supertollen Sozialstaat. Elfriede Hammerl hat einmal durchgespielt, wie Armut inmitten wohlsituierter Mittelschichtmenschen aussieht und wie sie sich auswirkt. Nota bene: Frau Hammerl ist Österreicherin, dort gibt es noch keine 'Agenda 2010'. Etwas in der Art soll es aber bald geben dort, wenns nach den Schwarzblauen geht.

Mittwoch, 21. Februar 2018

Wenn Blicke...


Das Düsseldorfer Original Manes Meckenstock meinte einmal, der Lieblingssport nicht weniger Düsseldorfer sei 400 Meter blöd gucken - auf der Kö. Der Mann muss es wissen, der ist von da. Zumal ein Bummel über die teure Meile einem zu verraten vermag, dass er damit nicht völlig unrecht hat. Was ich nicht wusste, ist, dass blöd schauen auch ein echtes Geschäftsmodell sein kann. Und damit herzlich Willkommen zu einem unserer viel zu seltenen Ausflüge in die faszinierende Welt der Esoterik. Dieses Mal geht es nicht um heilende Steine, Channeling, Lichtnahrung oder Flache Erde, sondern um einen Mann, der allein kraft seines Blickes wahre Wunder bewirken kann.

Montag, 19. Februar 2018

#DenizFree


Natürlich freue ich mich, dass Deniz Yücel freigelassen wurde. Dass er es geschafft hat, diktatorisch tickende Arschgeigen gleich in zwei Ländern gegen sich aufzubringen, ist definitiv ein Zeichen, dass der Mann seinen Job kann. Und je mehr hier diejenigen, die sich einreden, für das Volk zu sprechen, weil sie Kommentarspalten fluten, schäumen und sich empören, desto besser geht es mir. Dass dieser dahergelaufene "Kameltreiber" (André Poggenburg) und "Kümmelhändler" (Poggenburg) unsere schöne Presse- und Meinungsfreiheit missbraucht hat für sarrazin- und deutschfeindliches Geschmiere, das sie nicht müde werden auszubuddeln (und aus dem Zusammenhang zu reißen), werden sie ihm eh nie verzeihen. Und obzwar wohl auch Erdogan als "Kameltreiber" (Poggenburg) und "Kümmelhändler" (Poggenburg) gelten muss, dürften nicht wenige insgeheim ein wenig neidisch sein auf dessen Möglichkeiten, unliebsame Stimmen quasi nach Belieben ins Loch werfen zu lassen.

Samstag, 17. Februar 2018

Schmähkritik des Tages (15)


Heute: Jennifer Nathalie Pyka über Dresdner Gedenken

"Die Dresdner verfügen über eine einzigartige Begabung, sobald es darum geht, sich selbst zum unschuldigen Opfer der Geschichte zu befördern. Einer Geschichte, die laut sächsischer Überlieferung natürlich erst in diesem Februar 1945 losging – also zu dem Zeitpunkt, als auch die Dresdner selbst den bis dahin schon sechs Jahre andauernden Krieg zu spüren bekamen. Von da an mauserten sich die Elbflorenz-Bewohner zu Experten für angewandte Kritik einer auf die Zivilbevölkerung ausgerichteten Kriegsstrategie. Als die deutsche Luftwaffe ihre Bomben etwa über Warschau und Coventry abwarf, waren die Dresdner dahingehend bedauerlicherweise noch nicht so weit. Einige von ihnen sind es bis heute nicht. Insofern ist es nur konsequent, dass daneben auch der deutsche Vernichtungsfeldzug im Osten sowie die Gaskammern ihren Platz im örtlichen Geschichtsbuch räumen müssen. An ihre Stelle tritt die vom Bombenkrieg betroffene Oma, die exklusiv und ausschließlich als Bombenopfer betrachtet wird. Dass Oma nicht nur Opfer der britischen Luftangriffe, sondern womöglich auch eine glühende Nationalsozialistin war; dass beides eventuell sogar in Zusammenhang zueinander steht – wenngleich die Bomben keinen Unterschied zwischen Tätern, Mitläufern, Unschuldigen und Verfolgten machten –, gilt von Dresden aus betrachtet nicht selten als pure Ketzerei. An der Elbe hat man es lieber bekömmlich." (Salonkolumnisten, 13.02.2018)

Mittwoch, 14. Februar 2018

Geknusper, gegendert


Indra Nooyi, CEO des Nahrungsmittelgiganten Pepsico, zu dem auch der Knabberkramhersteller Doritos gehört, hatte jetzt eine bomfortionöse Idee. In einem Interview mit freakanomics enthüllte sie, man arbeite daran, spezielle Chips für Frauen auf den Markt zu bringen. Moment mal, dämmert's einem da, das ist doch ein ganz alter Hut, so was gibbet doch längst:

Montag, 12. Februar 2018

Ronny des Monats - Februar 2018


"Wenn die Feministinnen um Andrea Nahles es erstmal hingekriegt haben, sich sexlos zu klonen, dann stecken sie uns nämlich alle mit falschen Vergewaltigungsvorwürfen in den Gulag und übermalen dann laut lachend unsere Kunst am Bau. Mit Menstruationsblut." (Peter Weißenburger)

So viel zu den Sorgen und Nöten Besorgter Bürger. Karneval ist auch wieder. Zwar soll dies keine Karnevalssonderausgabe werden, doch fällt auf, dass des Öfteren von rassistischen Ausfällen zu hören ist bzw. dass immer öfter faschistoid bis rassistisch auf Kosten von Minderheiten gescherzt wird. Einzelfälle noch, aber es häuft sich. Bereits an anderer Stelle wurde hier verhandelt, dass dem so weltoffenen Selbstbild der Jecken nicht zu trauen ist, zumindest nicht überall. Entgegen ihres Selbstbildes, sind Narren meist keine Widerstandskämpfer. Die Komiker vom Rhein etwa hatten kein Problem, das Niveau ihres Frohsinns zwischen 33 und 45 dem der Machthaber anzupassen. Karneval ist - Plattitüde voraus! - ein Spiegel der Gesellschaft. Und rückt die nach rechts, dann tut es auch der Karneval. Wundern sollte einen also gar nichts.

Freitag, 9. Februar 2018

Das kleine Grokodil


"Außenpolitische Stabilität wird innenpolitisch mit der endgültigen Aushöhlung der Volksparteien erkauft. Wer noch Kritik an der 'Groko' loswerden möchte, der sollte das bald tun: Die aktuelle wird vermutlich die letzte sein, die noch eine eigene Mehrheit hat." (Richard Volkmann)

Ex-Kanzlerkandidat und Ex-100-Prozent-Parteivorsitzender Machtin Chulz hat es doch noch um Haaresbreite verbockt, sich echte Meriten zu erwerben. Er hatte eine echte Chance, "Großes für den Glaubwürdigkeitsverlust von Politikern" (Bettina Gaus) zu leisten. Das hätte er zweifellos auch getan, wenn er tatsächlich nach der x-ten Kehrtwende binnen eines Jahres noch das Amt des Außenministers angetreten hätte. Tut er nun nicht. Warum ist mir übrigens egal. Sorgen um ihn wird man sich wohl nicht machen müssen. Unter denen, die nun zu Minister/innen aufsteigen, werden schon welche sein, die ihren Platz auf der Landesliste für ihn freimachen und ihm dadurch zu einem Bundestagsmandat verhelfen werden.

Dienstag, 6. Februar 2018

Elitesündenböcke


'Elite' war früher mal eine Joghurtmarke. Die gibt es nicht mehr. Elite aber ist inzwischen zum arg zweischneidigen verbalen Schwert mutiert, so rein semantisch. Einerseits ist es als Präfix vielen eine willkommene Hilfe beim alltäglichen Dicketun und Selbstüberschätzen. Etwa weil sie ein Profil bei 'Elitepartner' unterhalten, jenem Paarungsportal derer, die sich selbst schon ein Stück weit zu den gebildeten Ständen zählen und daher gern eine/n scharfe/n und/oder zahlungskräftige/n Akademiker/in abkriegen würden. Andererseits ist Elite als Substantiv, hier vor allem im Plural, also im Aggregatszustand der 'Eliten' mittlerweile zum Universalwatschenmann geworden für alles, was so schief läuft.

Samstag, 3. Februar 2018

Chefgekoche


"Schlecht kochen ist keine Kunst, das kann jeder. Aber auch noch stolz darauf sein, das bringen nur deutsche und englische Hausfrauen fertig." (Wolfram Siebeck) 

So ziemlich jeder hat so seine guilty pleasures. Dinge, die eigentlich nicht gehen, die man aber trotzdem mal macht. Und sich hinterher ein wenig schlecht fühlt deswegen. Beim Essen etwa. Auch ich bin nicht frei davon. Gut, Dosenravioli kriege ich beim besten Willen nicht mehr durch den Hals, aber so hin und wieder mal ein 'Original italienisches Spaghettigericht' für 70 Cent, obwohl das mit Pasta nur sehr am Rande zu tun hat. Kindheitserinnerungen. Es kommt durchaus vor, dass ich - shocking! - ein paar Spritzer Maggi an eine Dosensuppe gebe. In meinem Kühlschrank befinden sich Dinge wie Tomatenketchup (wenn auch aus dem Bioladen) und Majonaise. Überhaupt koche ich zwar so oft es geht aus frischen Zutaten, aber nicht so oft, wie ich das gern täte. Der selige Paul Bocuse möge sich meiner erbarmen. Und selbstverständlich hat auch jeder das Recht auf so was. Wieso auch nicht? Wir sind alle keine Heiligen und es gibt immer Idealvorstellungen und Realitäten. Alles fein bis hierher.

Mittwoch, 31. Januar 2018

Überschätztes Mitgefühl


Mitgefühl kann etwas Wunderschönes sein, keine Frage. Ein lieber Mensch, ob nahestehend oder nicht, der ahnt, dass es einem schlecht geht und ohne viel Federlesens im richtigen Moment das Richtige sagt und tut, kann ein Segen sein. 

Wenn Mitgefühl jedoch zur bloßen Floskel verkommt, zum spottbilligen Marketingmittel, aus dem rein gar nichts folgt, wird es eklig. Neulich gab mein smartes Endgerät wieder einmal den Geist auf und weigerte sich, hochzufahren. Muss daher eingeschickt und repariert werden. Dauert. Das ist umso ärgerlicher, als dass das bedeutet, sich danach längere Zeit mit dem Wiederherstellen diverser Daten befassen zu müssen. Ja, natürlich hätte ich mal ein Backup machen müssen. Nur reicht bei einem Android-Gerät ein reines Backup mithilfe der Hersteller-Software nicht wirklich aus. Denn das sichert nur Kontakte, Telefonate, SMS ("Was ist eine SMS, Opa?") sowie Mediendateien. Alles andere, also diverse Apps, Whatsapp/Threema etc., muss extra in irgendwelchen Clouds abgelegt, wofür weitere Benutzerkonten mit neuen Passwörtern angelegt werden müssen etc. Aus 'mal eben schnell ein Backup machen' wird da leicht mal ein abendfüllendes Programm. Also lässt man es schon mal. Dummerchen.

Montag, 29. Januar 2018

Re: Inbus-Ingvar


"Doch es gab auch den anderen Kamprad. Der sich noch bis in seine späten 20er in Nazikreisen bewegte. Der nichts dabei fand, dass politische Gefangene in der DDR für sein Unternehmen ausgebeutet wurden und Kindersklaven in Pakistan Ikea-Teppiche knüpften. Der seinen Lieferanten Bedingungen diktierte, die eine anständige Bezahlung ihrer Beschäftigten unmöglich machte. Und der das Land, mit dessen Farben er Ikea schmückte, schon 1973 verließ, weil er in Schweden keine Steuern zahlen wollte. Eigentlich wollte er nirgendwo Steuern zahlen und ließ seinen Konzern entsprechend verschachtelt konstruieren. Doch das Bild dieses Kamprad hatte nie eine Chance gegen die gelungene Inszenierung des anderen." (Reinhardt Wolff)

Samstag, 27. Januar 2018

Es solo un poema


"Fünfzig Jahre nachdem der beste Teil der akademischen Jugend aus dem Zombiefriedhof Nachkriegsdeutschland ein erträgliches Gebilde zu formen begann, müssen sich Studierende wieder »barbarischen Schwachsinn« (Christoph Hein), pardon, andichten lassen." (Ambros Waibel)

Man muss gelegentlich daran erinnern, was an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin eigentlich genau geschehen ist. Das muss einem nicht passen, aber man sollte vielleicht respektieren, dass die Entscheidung, Eugen Gomringers Gedicht auf der Südfassade zu übermalen und gegen ein anderes zu ersetzen, zuvörderst einmal Sache der Hochschule und damit zu respektieren ist, sofern alles mit rechten Dingen zugegangen ist dabei. Natürlich kann man eine Menge Kritisches anmerken zu dieser Entscheidung. Man kann sie etwa heillos überzogen nennen. Oder finden, dass es wichtigeres gibt. Das wäre im übrigen auch meine Lesart. Wenn der AStA es als Hauptproblem identifiziert hat, dass die Gegend um den Platz vor der Hochschule eine sei, in der sich Frauen eh schon unwohl fühlten und das Gedicht da lediglich verstärkend wirke, dann darf man selbstverständlich fragen, wieso dann nicht jenes Hauptproblem angegangen wird.

Freitag, 26. Januar 2018

Jenseits der Blogroll - 01/2018


Die letzte Woche eines jeden Monats ist ja seit neuestem Netzwerk-Zeit. Links zu interessanten Sachen, auf die ich so gestoßen bin und gern verbreitet sähe. (Das muss übrigens nicht immer brandaktuelles  Zeug sein, sondern kann auch mal Patina angesetzt haben.) Die letzten Tage standen leider sehr unter dem Eindruck des völlig unerwarteten Verlusts des Kollegen und Mitbloggers Charlie. Ich mag da nichts groß aufwärmen - was ich dazu öffentlich zu sagen hatte, habe ich letztens gesagt - aber hier noch einmal auf Worte anderer Blogger hinweisen, etwa auf die von Arbo, Schirrmi, Pantoufle und flatter - Chronistenpflicht, traurige. Wer einen weiteren Nachruf gefunden hat und gern publik gemacht hätte, ist selbstverständlich herzlich eingeladen, das per Kommentar zu tun.

Dienstag, 23. Januar 2018

Non scholae... (2)


Hey, verbeamtete Lehrer, die sich beim Bundesverfassungsgericht ein Recht auf Streiken einklagen wollen,

ich mag wirklich nicht auf euren durchaus zahlreichen Privilegien herumhacken oder auf der Tatsache, dass ihr automatisch jene Gehaltserhöhungen, die eure, exakt die gleiche Arbeit tuenden, aber deutlich weniger verdienenden angestellten Kolleginnen und Kollegen erstreiken, bequemerweise auch bekommt. Ich will auch nicht die blöde Leier anstimmen, von wegen: Augen auf bei der Berufswahl. Dass niemand gezwungen wird, ein Beamtenverhältnis einzugehen, das per Definition eben kein Angestelltenverhältnis ist. Dass euer Dienstherr das mit dem Deal Unkündbarkeit plus andere Vorzüge gegen Streikverbot im voraus immer völlig offen handhabt und dass man ein Beamtenverhältnis auch wieder aufheben kann, wenn's denn gar so sehr drückt.

Sonntag, 21. Januar 2018

Ein paar Worte


Natürlich soll man über Tote nur Gutes sagen, ihnen zumindest keine Schmähungen hinterherrotzen, doch betreibt man sicher keine Leichenschändung, wenn man sagt, dass der am Donnerstag überraschend verstorbene Charlie nicht immer ein einfacher Charakter war. Seinen Hass auf das herrschende System konnte ich noch gut verstehen, nicht zuletzt wegen der Kämpfe, die er als chronisch Kranker mit dem Jobcenter auszufechten hatte. Wie er sich aber des Öfteren förmlich verbiss in einzelne Leute, etwa andere Blogger, darunter welche, die politisch gar nicht mal so auseinanderlagen mit ihm, ging mir meist deutlich zu weit.

Samstag, 20. Januar 2018

No words.


Am heutigen Samstag, dem 20. Januar 2018, postete der altautonome zu Charlies letztem Beitrag auf dem Narrenschiff folgenden Kommentar:

Freitag, 19. Januar 2018

Unter der Sonne nichts Neues


Momentan ist man nicht sicher, was schlimmer ist: Der Eiertanz, den die Spezialdemokratie seit der Bundestagswahl veranstaltet, oder dessen mediale Aufarbeitung. Himmel, Himmel, Himmel, was ist nur mit der SPD los, wird da mit Stauneaugen und offenen Mundes gebarmt. Schau sich einer diese Zerrissenheit an! Mei oh mei, wo kommt die denn auf einmal her? Dabei müsste eigentlich jedem mit einem Rest nichtverschüttetem Zehnteklassewissen Geschichte im Brägen doch sonnenklar sein, dass das, was die SPD da seit einiger Zeit aufführt, nichts anderes ist als gelebte Normalität seit 1914. Man ist mehrheitlich eine kleinbürgerliche Partei, die mit dem Kapital gemeinsame Sache macht und sich einen linken Flügel hält, der ein wenig stören darf, aber nicht zu sehr. Die Jusos dürfen sich bisschen ausprobieren und sich die Hörner abstoßen, für Höheres kommt nur infrage, wer irgendwann vernünftigTM wird. So wie Andrea Nahles.

Mittwoch, 17. Januar 2018

Schmähkritik des Tages (14)


Heute: Robert Pfaller über Freiheit, vermeintlich linke Identitätspolitik und die Folgen

"Den Begriff »Freiheit« wenden viele derzeit fälschlicherweise auf ihr privates Leben an. Sie meinen mit »Freiheit«, dass sie ihren Launen, Identitäten, Befindlichkeiten und Empfindlichkeiten freien Lauf lassen dürfen. Freiheit ist aber genau das Gegenteil davon: Sie ist unsere Fähigkeit, diese »pathologischen« Neigungen, wie Immanuel Kant sagt, und Marotten hinter uns zu lassen. Erst dann werden wir zu etwas Allgemeinem, zu politischen Bürgern. Nur in dieser Eigenschaft können wir uns auch dauerhaft mit anderen solidarisieren: Denn wir können nicht mit den Befindlichkeiten der anderen solidarisch sein, sondern nur mit deren Fähigkeit, sie hinter sich zu lassen. […] Eine staatliche und mediale Pädagogik aber, die uns ständig als unmündige, empfindliche, verletzliche und kränkbare Wesen hinstellt, arbeitet am Gegenteil. Sie tut so, als ob die Befindlichkeiten der Menschen das Beste an ihnen wären, und fragt sie ständig: »Stört dich da nicht etwas? Sollen wir den anderen - und dir - vielleicht noch etwas verbieten?« Auf diese Weise macht die Politik, unterstützt von bestimmten Medien, aus den Menschen furchtsame, feige, gehorsame, traurige und neidische Wesen, die das Glück des anderen immer nur als Nachteil erleben können und für autoritäre Politik anfällig sind." (Der Standard, 14.07.2013)

Sonntag, 14. Januar 2018

De Bagger kütt


Wer die Quelle des sprichwörtlichen rheinischen Frohsinns erkunden will, muss raus aus Köln in Richtung Aachen, in die Kölner Bucht, ins rheinische Braunkohlerevier, wo die RWE, ehemals Rheinbraun, buddelt wie nicht gescheit. Man verlässt das quirlige Köln, das liebliche Rheintal, das bei Bonn beginnt, ist aber noch nicht in der herben, aber landschaftlich reizvollen Eifel angelangt, die erst hinter Aachen langsam losgeht. Hier verwandeln sie seit 100 Jahren den Planeten mithilfe immer gewaltigerer Maschinerie in eine Mondlandschaft. Und weil es praktischer ist, die Kohle gleich in der Nähe zu verarbeiten, das heißt vor allem, zu Strom zu verarbeiten, herrscht hier die höchste Dichte an Kohlekraftwerken, und sie sind riesig. Riesig wie die Löcher, die hier gegraben werden.

Freitag, 12. Januar 2018

Ronny des Monats - Januar 2018


So, die erste Ronny-Verleihung des nicht mehr gar so frischen Jahres steht an. Nun, da mit dem Popanz von marodierenden Silvester-Sexmobs auch der verpeilteste Springerpresse-Leser nicht mehr hinter dem Ofen hervorzulocken war, stand der heurige Jahreswechsel ganz im Zeichen des uralten Bangemachmärchens vom unschuldigen deutschen Jungmädel, dessen Ehre von heidnischen muselmanischen Giergrabbeln bedroht ist. Man sollte darüber nicht unbedingt Witze machen, denn der Fall des 15jährigen Mädchens, das von ihrem Ex-Freund am helllichten Tage erstochen wurde, ist wirklich schlimm. Aber eben noch lange kein Grund, ein braunes Güllesüppchen im Hordentopf zu kochen, wie das jetzt etwa anlässlich der Kika-Dokumentation über die 16jährige Malvina und ihren aus Syrien stammenden Freund vielerorts passiert. Das hat Kollege Pantoufle wunderbar auf den Punkt gebracht: Die junge Dame ist alt genug, sich für eine Karriere als Soldatin zu entscheiden, wird aber von gewissen Kreisen für zu unreif gehalten, ihren Lebens- und Liebespartner frei zu wählen.

Montag, 8. Januar 2018

Non scholae...


Manchmal kann ich, wie ich zugeben muss, Gevatter Wutbürger, der permanent mit einer Riesenkrawatte auf 'Das System' und 'Die Eliten' rumläuft, ein kleines Stück weit verstehen. (Ob man sich deswegen unbedingt öffentlich zum Dömmel machen muss, ist freilich eine andere Frage.) Ich meine, wir leben in einer Gesellschaft, in der so genannte kleine Arbeitnehmer und andere Ausgebeutete andauernd befürchten müssen, beim kleinsten Fehltritt gefeuert zu werden, wohingegen es so aussieht, als genösse man in öffentlichen Ämtern und im öffentlichen Dienst weitgehende Narrenfreiheit. Das kann man natürlich ungerecht finden. Nicht minder deppert aber sind auch einige Reaktionen auf so was.

Freitag, 5. Januar 2018

In parallelen Universen


Mehr oder weniger geordnete Gedanken zu den mehr oder weniger geordneten Gedanken des Alexander Dobrindt

Es waren die frühen Neunziger. Hans-Hubert 'Berti' Vogts hatte das Amt des Fußball-Bundestrainers von 'Kaiser' Franz Beckenbauer übernommen. Der hatte unmittelbar nach dem Titelgewinn 1990 verkündet, die deutsche Nationalmannschaft werde von nun an auf Jahrzehnte unschlagbar sein. Ja gut, das sei jetzt zwar schon irgendwie blöd für alle Gegner, das wisse er, aber das sei leider nun einmal so, hugh, der Große Häuptling habe gesprochen. Beckenbauer hatte zeitlebens die Gabe, zu zirka 95 Prozent heiße Luft zu reden, das aber auf eine weltmännisch wirkende, leicht strizzihafte Art und dabei so zu tun, als nähme er sich selbst nicht völlig ernst. Das genügte, um ihn in den Augen diverser Medien und nicht weniger Deutscher zu einer Lichtgestalt zu machen.

Dienstag, 2. Januar 2018

Geht ja gut los


Da habe ich gedacht, ich könnte mir zum Start des Jahres gleich eine bequeme Nummer abholen. Arbeit sparen. YouTube-Video von Brookers Jahresrückblick hier einbauen und fertig ist der Lack. Ein wenig recherchieren im voraus hätte vielleicht helfen können:
Soso. Kann also keine 400 Sachen auf einmal machen. Der feine Herr! Und was wird jetzt aus uns?