Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Montag, 24. Dezember 2018
Jenseits der Blogroll - 12/2018
Weihnachtssondernummer
Pünktlich zum Fest die letzte Linksammlung des Jahres. Dies Format hat vor ziemlich genau einem Jahr ganz bescheiden mit gerade mal sieben zaghaften Links angefangen. Inzwischen muss ich aufpassen, dass das nicht jedes Mal viel zu viel Holz wird. Derlei Zurückhaltung habe ich mir für diesen Monat aber nicht auferlegt, denn es wollen bei einigen vielleicht ein paar (hoffentlich) ruhige Tage gefüllt werden. Lesen und sich bilden sind da zwei der nicht ganz schlechten Ideen. In diesem Sinne: Schöne Feiertage - ob, wie und mit wem sie nun begangen werden oder auch nicht.
Sonntag, 23. Dezember 2018
Besinnliches zum Fest
Abt.: Warten aufs Christkind mit Prof. Lesch
Harald Lesch, hauptberuflich Professor für Physik an der LMU München und gefühlt allgegenwärtiger Hauswissenschaftler des ZDF, mit einem hörenswerten Vortrag an der TU Ilmenau über den Zustand der Menschheit und den Klimawandel. Lesch nennt das Erdzeitalter, in dem zu leben wir die Aufgabe haben, übrigens nicht 'Anthropozän', wie es gerade populär ist, sondern, nota bene: 'Kapitalozän'...
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Mittwoch, 19. Dezember 2018
The longer read: Von bösen Ismen
Heute: der Rass- und der Antisemitis-
Die folgenden Ausführungen sind auch als Antwort gedacht auf die Frage eines Kommentators letztens, ob man denn nicht einfach Kritik an der israelischen Siedlungspolitik üben dürfte, ohne gleich als Antisemit abgestempelt zu werden. Die Antwort lautet, kurz: Im Prinzip ja, aber… Der Rest ist aber nicht so einfach, daher länger. Es wurde gewarnt.
Gibt immer wieder so Missverständnisse. Etwa, dass jemand, der nie ein Problem mit Juden hatte, dem die schrecklichen Aspekte der Geschichte des 20. Jahrhunderts stets vollauf bewusst sind, der KZ-Gedenkstätten besucht, Kontakt zur örtlichen jüdischen Gemeinde pflegt und sich aufrichtig einsetzt für ein 'Nie wieder!', doch unmöglich selbst antisemitische Denkmuster hegen kann. Oder darauf hereinfallen kann, wenn andere es tun. Ein anderes ist, dass Linke sich oft nicht selten immun glauben gegen Antisemitismus und Rassismus. Weil sie dazu neigen, sich klüger zu dünken als der doofe Rest. Und nicht merken, wie sie rechts überholt werden. (Ihr geneigter Schreiberling will und kann sich übrigens nicht immer guten Gewissens ausnehmen davon.)
Samstag, 15. Dezember 2018
Ist das ein Mensch oder kann das weg?
Das einzig Einfache an der Frage, wie mit Schwangerschaftsabbrüchen rechtlich umzugehen sei, ist, dass nichts daran wirklich einfach ist. Keine Frau mache sich diese Entscheidung leicht, heißt es allüberall. Das ist ein tröstlicher Gedanke, ich will das gern glauben und das mag für die Mehrheit sicher auch zutreffen. Aber eben nicht auf alle. Vielleicht bin ich auch bloß zu weichlich für diese pimmelharte Welt, aber die Eiseskälte und Rohheit, mit der ich einzelne Frauen über Abtreibungen habe reden hören, als handele es sich um eine Mandeloperation, und mit der nicht wenige der 'Mein Bauch gehört mir!'-Fraktion von jeher auftreten, hat mich schon immer abgeschreckt. Im Zusammenhang mit einem heranwachsenden Menschen von "Wegmachen lassen" zu sprechen, war da noch eine der harmloseren Äußerungen.
Dienstag, 11. Dezember 2018
Blut, Schweiß und Tränen - begraben unter 'Schwarzem Gold'
Ein Gastbeitrag des altautonomen
Am Freitag, 21.12.2018, endet mit der Schließung von Prosper Haniel in Bottrop als letzter Zeche im Ruhrgebiet die Geschichte des Steinkohlebergbaus in Deutschland. Die Abschlussfeierlichkeiten werfen bereits seit einigen Wochen in Gestalt von Reportagen und historischen Rückblicken in den Medien ihre Schatten voraus. Es kündigt sich im Vorfeld die emotionale Orgie einer Lebenslüge an.
Mein Elternhaus stand 500 Meter von der Zeche Lothringen entfernt an der Straße 'Knappensiedlung' in Herbede, heute ein Ortsteil von Witten. Alle der rund 100 Familien, die dort wohnten, kannten sich untereinander. Die Hausfrauen trafen sich in den 50er und 60er Jahren völlig unbefleckt von Alice Schwarzer gemäß der damals standardisierten Rollenverteilung zum Schwätzchen im Tante-Emma-Laden, beim Milchbauern oder beim ambulanten Gemüsehändler. Die Männer nach Feierabend auf dem lehmigen Fußballplatz des lokalen Vereins aus der dritten Kreisklasse und beim Bierchen nah dem Heimspiel. Der männliche Nachwuchs verschwand nach der Schulzeit selbstverständlich auch im Förderkorb. Leider gab es für die Familien im Ruhrgebiet nach dem Krieg kaum Alternativen.
Sonntag, 9. Dezember 2018
Ronny des Monats - Dezember 2018
So denn, Zeit für die letzte Ronny-Verleihung des Jahres. Weihnachten ist ja die Zeit der Weihnachtsmärkte und traditionsreicher christlich-abendländischer Symbolik wie blinkende Weihnachtsmannmützen und Glühwein mit Schuss. Da sind Ronny & Co. Immer besonders auf der Hut, dass wir hier nicht islamsiert und umgevolkt werden, weil etwa irgendwo ein 'Lichtermarkt' veranstaltet wird anstatt eines deutschen Weihnachtsmarktes. Neben vielem Schlimmem, das passiert ist und selbstverständlich vermeldet werden muss, lässt sich allerdings auch ein erfreulicher Trend feststellen. Nämlich der, dass es Teilen der rechten Szene offenbar sehr um das Amusement der überwiegenden Bevölkerungsmehrheit bestellt ist. Zumindest wenn man sich die köstlichen Protestaktionen ansieht, die sie sofort zu veranstalten pflegen, wenn sie irgendwo einen Witz nicht verstanden haben.
Donnerstag, 6. Dezember 2018
Wenn Kunst mal weh tut
Das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) hat bekanntlich das Projekt 'Soko Chemnitz', bei dem zur Denunziation von Nazis aufgerufen wurde, mit bestem Dank vom Netz genommen und enthüllt, dass es sich um einen 'Honeypot' gehandelt habe. Eine Falle, um möglichst viele der Angesprochenen zum Anklicken zu bewegen und so an ihre Daten zu kommen. Die Aktion sei, heißt es, umstritten. Zu recht. Und absolut nicht schlimm, im Gegenteil. Die bürgerliche Presse sieht das überwiegend anders. Deren Sturmgeschütz Jochen Bittner verstieg sich gar zu der rhetorischen Frage, ob die, die die Aktion des ZPS gutheißen, es auch als Kunst goutierten, wenn 'Identitäre' demnächst Bilder von Linksextremisten veröffentlichen würden. Aha.
Dienstag, 4. Dezember 2018
Untote
"Merz will Parteivorsitzender anstelle der Parteivorsitzenden werden, vermutlich dann auch Kanzler anstelle der Kanzlerin. Nach allem, was man bisher weiß, hat er sich zu diesem Zweck vorgenommen, erst die Partei, dann das Land in die Vergangenheit zu führen. Denn was er etwa über das Asylrecht sagt - und gar nicht so gemeint haben will -, hat er ganz genau so schon im Dezember 2000 gesagt, und dabei alles, was sich seitdem verändert hat, offenbar nicht mitbekommen. Das sollte man ihm nicht vorwerfen, denn er war damit beschäftigt, als Banker Millionen zu verdienen, was wiederum nichts Verwerfliches ist." (Jakob Augstein)
Was ist der Unterschied zwischen Friedrich Merz und dem völlig zu Unrecht verstorbenen Manfred Krug? Antwort: Manne Krug, der olle Crooner, hat’s irgendwann begriffen. Dass dem Volk massenhaft Aktien aufzuschwatzen nicht zu allgemeinem Wohlstand führt, sondern vielmehr dazu, dass ein paar wenige gewinnen und ziemlich viele mehr oder minder viel verlieren. Wie sollte es auch anders im herrschenden Wirtschaftssystem? Leider kann er nicht mehr widersprechen, aber Krugs Lernfähigkeit könnte unter anderem damit zusammenhängen, dass er während seiner Jugend, die er in der DDR verbrachte, mehr über Kapitalismus gelernt hatte als viele im Westen, wenn auch aus anderer Perspektive.
Sonntag, 2. Dezember 2018
In der Lindenstraßen-Diktatur
Es soll ja Leute geben hierzulande, die wähnen sich in einer Diktatur. In der man ohne Gerichtsverfahren ins Verlies geworfen wird und mit der linksgrünversifften Nazikeule eins übergebraten bekommt, bloß weil einem mal irgendwo rausgerutscht ist, was man mit Flüchtlingen am besten machen sollte. Ist natürlich Quatsch, also das mit der Diktatur. Bester Beweis: Frau Merkels Linienflug nach Buenos Aires, weil die Flugbereitschaft der örtlichen Streitkräfte mal wieder indisponiert war. Hefte raus, mitschreiben! Alle Diktaturen dieser Welt hatten und haben eines gemeinsam: In ihnen mag nichts, aber auch gar nichts funktionieren, bis auf die Armee. Diktaturen verfügen immer über hoch effizientes Militär. Deutschland über die Bundeswehr.
Mittwoch, 28. November 2018
Um der Menschlichkeit willen
Warum es lohnt, David Chazelles großartigen Film 'Aufbruch zum Mond' anzusehen
"Dass ich so was noch erleben darf!", war mein erster Gedanke, als der Film ausblendete und der Abspann einsetzte. Ich hatte mich zwei Stunden und zwanzig Minuten keine Minute gelangweilt, obwohl es die Nachmittagsvorstellung und ich müde von der Arbeit war. Ich war ehrlich berührt. Musste das erst mal verdauen. Was erwartet man, wenn man einen amerikanischen Film anschaut über Neil Armstrong und die erste Mondlandung 1969? Es gruselt einen bei dem Gedanken, was etwa ein Michael Bay aus diesem Sujet gemacht hätte. Ein nur mit viel Bier erträgliches, auf bloße Überwältigung angelegtes, nationalistisches Special Effects-, Propaganda- und Schnulzenspektakel wahrscheinlich. David Chazelle dagegen hat in 'Aufbruch zum Mond' fast alles anders gemacht und damit ein Meisterwerk abgeliefert.
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