Sonntag, 28. Mai 2023

Schwarzgelbe Trauer

 
Wenn man wie ich fußballaffin, aber nicht bereit ist, sein sauer verdientes Geld einem PayTV-Sender in den gierigen Rachen zu schaufeln, ist man spieltags entweder auf das Radio angewiesen oder den Liveticker des 'Kicker' (weil ich meinen Blutdruck ein wenig im Auge behalten muss, wähle ich meist letzteren). Und da gab es bis zur heurigen Rückrunde an jedem Spieltag der Bundesliga ein lieb gewonnenes Ritual: Spätestens nach zehn Minuten meldete sich die Kicker-App und gab ein Gegentor gegen Dortmund bekannt. An guten Tagen bekamen die Schwarzgelben das ausgeglichen, an besseren drehten sie das noch, an schlechten nicht.

Samstag, 27. Mai 2023

Buntmetallisches

 
Tja, gibste öffentlichkeitswirksam das Benin-Buntblech an Nigeria zurück, stellste fest: Das geht gar nicht in den Besitz des Volkes über und landet auch nicht, wie angekündigt, in einem schmucken Museum zu Nutz, Frommen und Erbauung der Allgemeinheit, sondern geht über in den Besitz des heutigen Oba von Benin, der damit, wenn er mag, seinen Partykeller dekorieren oder die Teile bei Sotheby’s verscheppern kann, wenn's mal klemmen sollte.

Mittwoch, 24. Mai 2023

Vermischtes und Zeugs (LI)

 
Treppenwitz des Tages: Früher waren es Konservative, die bei dem Film 'Life Of Brian' Krämpfe bekamen, heute sind es Progressive. Vorausgesetzt, man hält woke Identitätspolitik für progressiv anstatt für reaktionär. John Cleese möchte jetzt eine Bühnenfassung von 'Life Of Brian' inszenieren. Sein ehemaliger Kollege Eric Idle hat sich schon mal distanziert. Man habe ihm aber gesagt, die Szene, in der Stan/Loretta gesagt bekommt, er/sie könne keine Kinder bekommen ("Aber du hast keine Mumu. Eine Gebärmutter hast du auch nicht. Wie soll denn das funktionieren? Willst du’s in ’ner Zigarrenkiste aufheben?") müsse entfallen, da das heute nicht mehr ginge.

Sonntag, 21. Mai 2023

Unter Realitätsverweigerern


In letzter Zeit fällt mir immer öfter das ein, was ich irgendwann mal 'atheistischer Fehlschluss' nannte. Atheisten, und nicht nur die, neigen mitunter zu der Annahme, ein Verschwinden der Religion aus dem öffentlichen Leben bzw. ein Verlust an Bedeutung führe dazu, dass überall Vernunft und Rationalität Einzug halten. Ich bin da skeptisch, würde sogar sagen, das Gegenteil ist richtig. Gilbert Keith Chesterton, Erfinder der Figur des Pater Brown, sagte einst den klugen Satz:

Freitag, 19. Mai 2023

Dolce vita alla scatola


"Dosenravioli verfeinert man am besten, indem man sie ungeöffnet in den Müll schmeißt." (Kommentar auf chefkoch.de)

Zwei Dinge sollte man tunlichst nicht in einem Topf verrühren: Das, was man essen würde, wenn es sonst keine Alternative gibt zum Hungertod (das ist eine Frage des nackten Überlebens), und das, was man essen würde, wenn man mehr oder minder die Wahl hat (das ist eine Frage von Geschmack, Esskultur und meinetwegen auch von Gesundheitsbewusstsein; neuerdings immer öfter auch eine Frage der Moral).

Dienstag, 16. Mai 2023

Vermischtes und Zeugs (L)


"Nur Unerwachsene, Schwächlinge und Feiglinge sind stolz darauf, einer Nation anzugehören." (Wiglaf Droste)

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte für das Diktum, Deutschland sei das Land der Unentspannten, genügt ein Blick in die medialen Reaktionen auf das deutsche Abschneiden beim heurigen ESC. Man hat sich doch solche Mühe gegeben, nicht uncool zu sein, und dann das!

Samstag, 13. Mai 2023

Schmähkritik des Tages (66)


Heute: Bernhard Torsch über den Kampf der Rechten gegen angebliche 'Frühsexualisierung'
 
"Lange hatten rechte und rechtsextreme Kräfte nach einem Thema gesucht, mit dem sie die gesellschaftliche Liberalisierung skandalisieren können - in der herbeiphantasierten »Frühsexualisierung« unschuldiger Kinderlein haben sie es gefunden. Das Geraune von der »Frühsexualisierung« entpuppt sich oftmals als projektiver Ausdruck der eigenen Phantasien. An einer Lesung von Männern und Frauen in Drag vor Kindern ist objektiv nichts sexuell oder gar erotisch. Kinder ab vier Jahren, an die sich die Münchner Lesung richten sollte, betrachten Trans-Personen nicht mit der verklemmten Geilheit erwachsener rechter Politiker, sondern eben mit Kinderaugen.

Mittwoch, 10. Mai 2023

Ronny des Monats - Mai 2023


Naheliegend mag es erscheinen, den Ronny des Monats dieses Mal an Boris Palmer zu vergeben. Aber ich mag nicht. Ich kann mich selbstredend täuschen, aber der Mann ist kein Rechter oder Nazi, sondern wirkt bloß wie jemand, der Zeit seines Lebens gern provoziert hat und die empörten Reaktionen als Beleg dafür nimmt, richtig zu liegen. Der aber irgendwann den Knall nicht mehr gehört hat und inzwischen wirkt wie der peinliche Onkel Erwin auf der Familienfeier, der immer diese haarscharf daneben liegenden Witze raushaut, der pubertierenen Nichte Komplimente macht, die eine kleine Spur drüber sind und der höchst beleidigt reagiert, wenn jemand ihn, egal wie dezent, darauf hinweist. Nee, reicht nicht, bedaure.

Sonntag, 7. Mai 2023

Kopf. Krone.


Disclaimer: Ich habe mir die gestrige Krönungszeremonie angesehen. Aus Interesse. Wenn der nunmehr Bekrönte so lange durchhält wie seine Mutter, dann gönge ich bei der nächsten Krönung in Westminster Abbey stramm auf die Achtzig zu. So ich dieses Alter erreiche. Vielleicht teilt Charles III. bis dahin aber auch das Schicksal seines Namensvetters aus dem 17. Jahrhundert, der sein Leben bekanntlich mit 30 Zentimetern weniger Körpergröße beendete. (Dekapitation war damals ein so legitimes wie erprobtes, auf jeden Fall sicheres Mittel, dynastische Scherereien final zu regeln. Wäre heute nicht mehr so das Mittel der Wahl.)

Donnerstag, 4. Mai 2023

Kopf. Tischkante.


"Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken können - das macht den Journalisten." (Karl Kraus)

Es gibt so Momente, da fragt man sich: Meinen die das jetzt wirklich ernst? Oder testen die einfach nur aus, was so geht ohne schallend ausgelacht und mit nassen Fetzen aus der Stadt getrieben zu werden? Nehmen wir Nikolaus Blome, eins der Sturmgeschütze des Neoliberalismus beim Spiegel. Dort verbrutzelte er jetzt eine Kolumne, in der er den gierigen Gewerkschaftern mangelnde "linke Solidarität" vorwarf. Denn sie dächten, so ist dem Teaser zu entnehmen, nur an sich und ihre Geldbeutel und nicht an ihre arbeitslosen Genossen. Pfui!