Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Dienstag, 2. Juni 2020
Bye bye, Bufett!
"Das Frühstücksbufett ist tot", meint Gastronomieberater Jörg Reuter. "Und das ist auch gut so!", möchte man da ergänzen. Und zwar nicht nur Frühstücksbuffetts. All you can eat-Bufetts sind eine Entwicklung der letzten 20 Jahre. Sie basieren auf der Rechnung, dass es billiger ist, ein Überangebot vorzuhalten, dessen Reste vernichtet werden, als ausreichend Servicepersonal. Sparen am Service, gib ihnen zu fressen, lautet die Devise. Bufett sieht aus wie das Versprechen eines Schlaraffenlandes, ist aber letztlich bloß in Vitrinen gekübelter Wareneinsatz, "ein Symptom für Serviceunlust und Personalabbau" (Buggisch). An dem Elend ändern auch einzelne rühmliche Ausnahmen wie das inzwischen geschlossene Café Seitenblick in Bochum und Essen nichts.
Sonntag, 31. Mai 2020
Normalität, eingeschränkte
Re: voriger Post, letzter Absatz
Fürs Schwimmen muss man sich anmelden, in Kneipen und Restaurants Namen und Adresse hinterlassen. Lästig. Und nicht immer datenschutzkonform (beim Verlassen eines Ladens konnte ich der am Eingang offen ausliegenden Liste problemlos Namen, Adresse und Telefonnummer der attraktiven jungen Dame, die nach mir den Laden betreten hat, entnehmen - üben wir noch). Aber trotzdem...
Freitag, 29. Mai 2020
Je suis Dieter
Die Älteren werden sich erinnern. Damals in den Achtzigern machte man nicht Party, sondern Feten. Bei uns nur stilecht mit dem langgezogenen E auf der ersten Silbe. Feeeten. Man traf sich aber nicht im Feeeten-, sondern im finsteren Partykeller irgendeines Elternhauses, tanzte ganz easy eine Runde zu Chartmusik, klönte dann ein wenig schlaues Zeug und hoffte, irgendwie cool rüberzukommen und bei den Mädels landen zu können. In Wahrheit war man bloß ein ungelenk rumzappelnder Spätpubertant mit Pickeln und Schwitzehändchen, der streng nach einer Überdosis 8x4 roch und seine Hemmungen hinter altklugem Gesabbel versteckte.
Mittwoch, 27. Mai 2020
Schmähkritik des Tages (38)
Heute: Marina Hyde über Dominc Cummings
"Half an hour late on Monday afternoon - like he's Mariah Carey and not some spad in inside-out pants - the Islington-dwelling humanities graduate took to Downing Street’s rose garden. There, he delivered the most preposterous address to a nation since Tiger Woods stood in front of an audience, including his mother, and apologised to his wife and sponsors. The difference is that Woods had a problem with cocktail waitresses, while Cummings fucks entire public health messages in the middle of a deadly pandemic. Also, he’s not remotely sorry. [...]
Sonntag, 24. Mai 2020
Jenseits der Blogroll - 05/2020
Die Links und Fundstücke des Monats. Beginnen wir aus aktuellem Anlass mit der Rubrik Corona.
"Diese Männer werden in einem eigenen Raum zurückgelassen. Sie finden keinen Zugang zur Problematik und suchen verzweifelt nach einem Punkt, an dem sie ansetzen können. Anstatt innezuhalten und sich zu fragen, was das alles bedeutet, vergraben sie sich in Daten und spielen mit Statistiken herum, von denen sie selten wissen, welche Bedeutung sie haben und wie diese Daten überhaupt zustande kommen. Begriffe wie Triage, Durchseuchung, Herdenimmunität, Risikogruppen mit Vorerkrankung werden einfach so in den Raum geworfen, als wenn automatisch alle etwas damit anzufangen wissen. Sie graben und graben und finden nichts und rufen ihr Unverständnis in die Welt hinaus. Aber plötzlich werden ihre Ängste und Sorgen nicht mehr wahrgenommen, niemand will ihnen zuhören und entgegenkommen. Im Gegenteil sie werden als Störenfriede der Debatte wahrgenommen! Also wird noch lauter gerufen."
Freitag, 22. Mai 2020
Hungernde Kinder
Leider ist ein wenig untergegangen, dass der zu recht heftig kritisierte Tübinger OB Palmer in einem SAT 1-Interview nicht nur meinte, man solle sich überlegen, ob es sich wirklich lohne, Menschen zu behandeln, die ein halbes Jahr später sowieso tot seien. Palmer verwies weiters darauf, dass die weltweiten Zerstörungen der Weltwirtschaft nach Einschätzung der Vereinten Nationen allein dieses Jahr zusätzlich eine Million Kinder das Leben kosteten. Woher er diese Zahl genau nahm bzw. wie sie zustande gekommen ist, ließ er offen. Ist aber nicht wichtig, denn wer die Karte mit den hungernden Kindern ins Spiel bringt, hat den Moral high ground inne.
Dienstag, 19. Mai 2020
Haptik & Statistik
Endlich mal den Keller ausgemistet. Da lagerten noch jede Menge Computerspiele aus den Neunzigern. Gezockt wie blöd damals. Wing Commander. Panzer General. (Für Panzer General IIID habe ich damals eine Weihnachtsgratifikation vom Nebenjob auf den Kopp gehauen, heute gibt es das als Browserspiel.) Grand Prix. Secret Weapons Of The Luftwaffe. Falcon 2.0. UFO: Enemy Unknown. Steel Panthers. Civilization. Caesar. Great Naval Battles. Seit 20, 25 Jahren nicht mehr angefasst, den Kram. Also weg damit.
Samstag, 16. Mai 2020
Horror vacui
Auch wenn die Glücks- und Unterhaltungsindustrie sowie diverse Rattenfänger uns was anderes glauben machen möchten: Was wir gemeinhin Realität nennen, war schon immer so unendlich komplex, dass sie jeden Menschen per se überfordert und das Leben ist für die allermeisten seit jeher eine einzige Reihe von Zumutungen. Dagegen half und hilft Religion. Keine Sorge, dies wird kein Versuch, die geneigte Leserschaft zu bekehren, sondern lediglich einer, gewisse Dinge zu verstehen, die gerade so passieren. Man kann die 'Hygiene-Demos' genannten Masernpartys, die auch an diesem Wochenende wieder vielerorts stattfinden und die immer absurderen Narrative in den 'sozialen' Medien nämlich auch als Indizien dafür lesen, wie sehr Religion an Bedeutung verloren hat.
Dienstag, 12. Mai 2020
Systemrelevante Wurst
Was anstelle von Fleisch verzehrt zu werden pflegt, umwehte und umweht teilweise immer noch etwas mumpfig Freudloses. Grünkernbratlinge, mit denen sich auch Eishockey spielen ließ. Weitgehend geschmacksfreier Tofu. Gummiartiges Wurstimitat. Yuck. Wenn das so war, dann hatte das nicht nur mit mangelndem Knowhow zu tun, sondern auch damit, dass die Entscheidung, solche Produkte zu essen, nicht aus Gründen des guten Geschmacks erfolgte, sondern oft aus ethischen. Lecker war da erst mal nicht so wichtig. Nun bin ich zwar weder Vegetarier noch Veganer, dafür aber geradezu manisch neugierig. Und so geriet ich letztens an dieses Produkt und griff zu. Im Dienste der Wissenschaft, versteht sich.
Sonntag, 10. Mai 2020
Ronny des Monats - Mai 2020
"Und nun ist Deutschland mehrheitlich das, was es immer ist, nämlich zugleich gedankenlos und sehr aufgeregt, und das führt immer zu sehr Unangenehmem, um es zurückhaltend zu formulieren. Nun wird also lamentiert und gemeckert und »Freiheit!« gerufen oder sich um Friseurtermine gedrängelt, weil weiß ja jeder, ohne Façonschnitt keine Bürgerrechte, und alte Leute sterben ja sowieso bald, da ist es doch nun wirklich egal, ob sie zehn Jahre früher oder später nicht mehr da sind. Und man sitzt da und staunt, wer plötzlich alles Coronaleugner-Querfrontseiten und Ähnliches bei Facebook liket und kommt mit dem Entfreunden gar nicht mehr hinterher, und man ist sie so satt, diese absolute und dazu auch noch so offensive, stolze Blödigkeit, mit der unfassbarer und völlig unlogischer Schwachsinn* verbreitet wird." (Elke Wittlich)
Ganz kurz sah es so aus, als hätten die Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung der kurrenten Seuche nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die rechte Szene heruntergefahren. Im März wurde gar berichtet, die AfD-Parlamentarier hätten sich ausnahmsweise durchaus konstruktiv gezeigt. Spätestens mit den Lockerungen aber scheint alles beim Alten. Die Widerwärtigkeiten im Alltag, gegen alles, was nicht deutsch genug ist, all die Beschimpfungen, tätlichen Angriffe, Drohungen, Schmierereien, Brandstiftungen etc. scheinen wieder auf Stand zu sein. Natürlich sollte das nicht wirklich überraschen. Neu ist allerdings, dass wegen des chinesischen Ursprungs der Pandemie jetzt auch Menschen mit sichtbar asiatischem Migrationshintergrund, die von Rassisten sonst gern als vorbildlich mucksche und fleißige Parademigranten vorgeschoben wurden - man hat ja nichts gegen Ausländer! -, zunehmend zu leiden haben.
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