Und, haben Sie es mitbekommen? Die neue Bücherverbrennung? Die ein Obernazi im Fernseh veranstaltet hat? Ehrlich, ich liebe Bücher und hüte die meinen. Halte sie in Ehren. Aber jedweder übertriebene Kult darum ist mir suspekt. Meinethalben kann man es geschmacklos finden, wenn der Literaturkritiker Denis Scheck sich ganz in weiß kleidet und als Gott aufspielt. Wenn man religiös ist und diesbezüglich verletzbare Gefühle hat. Wenn er aber in dieser Verkleidung ein Buch verreißt, in dem er es nicht, wie sonst in seiner Sendung, in die Müllkiste befördert, sondern es - poof! - in einer Explosionswolke verschwinden lässt, dann braucht man schon sehr viel Phantasie, um von dort auf die Bücherverbrennungen der Nazis zu kommen. Blödsinn, der bloß von den wahren Problemen ablenkt.
Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Mittwoch, 11. August 2021
Ronny des Monats - August 2021
Und, haben Sie es mitbekommen? Die neue Bücherverbrennung? Die ein Obernazi im Fernseh veranstaltet hat? Ehrlich, ich liebe Bücher und hüte die meinen. Halte sie in Ehren. Aber jedweder übertriebene Kult darum ist mir suspekt. Meinethalben kann man es geschmacklos finden, wenn der Literaturkritiker Denis Scheck sich ganz in weiß kleidet und als Gott aufspielt. Wenn man religiös ist und diesbezüglich verletzbare Gefühle hat. Wenn er aber in dieser Verkleidung ein Buch verreißt, in dem er es nicht, wie sonst in seiner Sendung, in die Müllkiste befördert, sondern es - poof! - in einer Explosionswolke verschwinden lässt, dann braucht man schon sehr viel Phantasie, um von dort auf die Bücherverbrennungen der Nazis zu kommen. Blödsinn, der bloß von den wahren Problemen ablenkt.
Samstag, 7. August 2021
Vermischtes und Zeugs (IV)
Martin Perscheid ist bekanntlich nicht mehr. Außer dem letztes Jahr verstorbenen Uli Stein, der einzige mir bekannte deutsche Cartoonist, der richtig scharf schießen konnte, und das auch konsequent tat. Luschen und Halbbegabte erkennt man zuverlässig daran, dass sie es nötig haben, eigens auf die Schwärze ihres Humors hinzuweisen, Perscheid brauchte dergleichen Geblähe nicht. Auch rechtsverschwiemeltes Getue um wie auch immer geartete 'Politische Unkorrektheit' hatte er nicht nötig. Zumal er mit dem Milieu, in dem so was besonders goutiert wird, absolut nichts am Hut hatte.
Donnerstag, 5. August 2021
Halbkritisches zu Olympia (3)
Meine früheste olympische Erinnerung datiert von 1972. Ich war als knapp Dreijähriger mit meinen Eltern und einer befreundeten Familie im Urlaub auf Texel. Mein Vater hatte den familieneigenen transportablen Telefunken-Schwarzweißfernseher mitgeschleppt. Also theoretisch war das Gerät transportabel. Das heißt, es hatte einen Griff. Aber man brauchte viel Kraft. Nachdem die Apparatur einige Minuten vorgeglüht hatte (nicht ausgeschlossen, dass die verbaute Bildröhre bereits zum Aufspüren feindlicher Bomberverbände gedient hatte), sah ich, wenn auch verschwommen, folgendes: Unter Trompetengeschmetter trugen junge Frauen in knielangen Dirndln Kissen mit Medaillen zu einem Siegerpodest. Die Medaillen wurden dann welchen für was umgehängt. Wenn ich fragte, hieß es: "Pscht!"
Montag, 2. August 2021
Sommerloch: Glück durch Arbeit
2., durchgesehene Auflage
Über die Maßen nervig ist diese kreuzdämliche Leier vom Glück durch Erwerbsarbeit. Dieser von Karriereberatern bzw. -coaches gern gepredigte Humbug, mit ein bisschen gutem Willen und ein wenig (kostenpflichtigem) Coaching sei es quasi jedem möglich, eine erfüllende, den eigenen Neigungen und Stärken entsprechende Arbeit zu finden. Die Ratgeberliteratur ist voll von inspirierenden Geschichten über glückliche Strahlefressen, die öden Job gekickt haben, ihrem Herzen gefolgt sind und nunmehr als kernzufriedene Spaßbacken ihr Restdasein verbringen. Und der Restwelt damit nicht selten gehörig auf die Eier gehen. Das Problem ist ja nicht, dass es solche Menschen gibt, sondern dass suggeriert wird, jeder, bei dem das nicht so sei, mache gewaltig etwas falsch.
Samstag, 31. Juli 2021
Reiseimpressionen (11)
Schau an, es gibt ihn also noch. Jan Cux, jenen semmelblonden Mützenmann und Maskottchen der Gemeinde Cuxhaven, nebst seiner Gespielin Cuxi. Die beiden zierten damals, als Autoaufkleber noch nicht weitgehend verpönt und nicht so dezent waren wie heute meist, die Hecks so einiger Autos. Das war nicht nur Souvenir, sondern auch Statement: Wir sind bodenständig. Wir brauchen keine Pauschalreisen, wir bleiben im Land. Wir schippern auch nicht per Fähre auf eine der Nordseeinseln mit Mondpreisen im Laden. Nein, wir machen drei Wochen Deich. Den rauf- und runterradeln. Hafengucken. Krabbenkutterfahren. Wattwandern. Strandkorb sitzen. Kugelbake kucken. Tagesausflug nach Helgoland machen (früher gern auch wegen der günstigen Zigaretten und der billigen Butter). Dann wieder Strandkorb. Bei gutem Wetter. Sonst Ölzeug.
Donnerstag, 29. Juli 2021
Sommerloch: Mittags. Pause am Rande des Ruhrpotts
Mein Problem mit Kantinen (Wdh.)
Ein Mittagesser bin ich schon lange nicht mehr. Zwar esse ich gern gut, aber dummerweise pflege ich nach einer ordentlichen Mahlzeit für längere Zeit in eine Art Fresskoma zu fallen. Muss ich nicht haben. Kann daran liegen, dass mein Organismus eher auf Nachteule gepolt ist. Wenn es im Sommer heiß ist, käme ich erst recht nicht auf die Idee, mir in der Mittagshitze noch etwas Warmes einzupfeifen. Normalerweise frühstücke ich solide, esse abends in aller Ruhe warm und rette mich mittags mit etwas Mitgebrachtem über den Tag. Mögen Ernährungsexperten meinetwegen rummoppern, aber so funktioniert's für mich nun einmal am besten.
Dienstag, 27. Juli 2021
Vermischtes und Zeugs (III)
Ob diese Welt eine bessere wird, wenn gar niemandem mehr irgendwo ein böses Wort entfleucht, wage ich zwar zu bezweifeln, aber schön, nehmen wir’s einfach mal an. Hypothetisch. Wenn dem so wäre, dann erscheint das absurde Theater, das momentan um Annalena Baerbocks 'N-Wort'-Oopsie veranstaltet wird, noch ein Stück absurder. Ich bin absolut kein Fan der Grünen und auch nicht von Baerbock, so viel vorweg. Aber ich verstehe das nicht. Als antirassistischer Aktivist müsste ich doch sehen, dass außer Teilen der Linken es gerade die Grünen sind, die, Boris Palmer hin oder her, von allen Parteien mit Perspektive auf Mitreden beim Regieren noch die klarste antirassistische Agenda auf dem Zettel haben. Die Kandidatin exakt dieser Partei nun wegen eines ärgerlichen Versprechers wegzumobben, der allenfalls eine gewisse Nachlässigkeit offenbart, aber bestimmt nicht tiefsitzenden Rassismus, zeugt von Unreife und genereller Politikunfähigkeit.
Sonntag, 25. Juli 2021
Jenseits der Blogroll - 07/2021
Die Links, Fundstücke und Leseempfehlungen des Monats:
Politik. Stefan Sasse mit einem Essay über die Weimarer Verfassung. Die ging nicht, wie oft in Geschichtsbüchern zu lesen, an inhärenten Konstruktionsfehlern zugrunde, sondern funktionierte auch dann noch sehr gut, als ein erklärter Antidemokrat wie Hindenburg Reichspräsident wurde. Der amtierte immerhin fünf Jahre lang, ohne die Verfassung irgendwie zu beschädigen. Sie scheiterte, weil Konservative und Liberale beschlossen, "die Demokratie zugunsten eines autoritären Systems abzuschaffen." (Sasse, a.a.O.) Die nachkriegsdeutsche Gewissheit, unser Grundgesetz, das die inhärenten Konstruktionsfehler der Weimarer Verfassung nicht mehr enthält, werde uns im Zweifel schon retten, ist daher unangebracht.
Freitag, 23. Juli 2021
Sommerloch: Der Wikinger an der Ecke
Wie bei uns in der Provinz doch einmal etwas Weltbewegendes passierte und niemand es bemerkte (Wdh.).
Bekanntlich komme ich aus und lebe in der Provinz. In der Provinz ist das so: Die was reißen wollen im Leben, sind schon als Kinder quasi permanent auf dem Sprung und hauen bei erster Gelegenheit ab in die große Welt. Die fängt bei uns in Münster oder Bochum an, je nach Richtung. Die, die bleiben, verinnerlichen schnell, dass im heimatlichen Kaff, allen Träumen und Ambitionen zum Trotze, höchstwahrscheinlich niemals etwas passieren wird, das irgendjemanden interessiert außer örtlichen Honoratioren und dem Redakteur des Lokalblättchens, der jeden Tag ein paar Seiten vollkriegen muss, und erwarten daher nicht viel. Und groß fragen tut man da auch nicht. Normalerweise ist das eine einigermaßen gesunde Einstellung, manchmal aber ist es ein Fehler.
Mittwoch, 21. Juli 2021
Schmähkritik des Tages (50)
Heute: Matthias Eberling über Mansplaining
"Das ungefragte Erteilen guter Ratschläge ist in Deutschland zum Volkssport geworden. Es wird gerne unter dem Begriff Mansplaining abgebucht, aber ich finde, die Frauen sind genauso unerträglich. Themen wie Gesundheit und Ernährung spreche ich in ihrem Beisein erst gar nicht an, weil ich mir die dummbräsigen, selbstgerechten Stehgreifreferate ersparen möchte." (Kiezschreiber, 21. Juli 2021)
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