Mittwoch, 22. April 2020

Jenseits der Blogroll - 04/2020


"Die Friseure werden nun ebenfalls geschlossen. Bald sehen alle derart scheiße aus, da fällt dann wenigstens das Abstandhalten leichter. […] Ich warte schon auf die Namen der nach der Wiedereröffnung umbenannten Frisiersalons: »Hairzweiflung«, »Locke down«, »Corona Haarpfusch« – da einen Termin zu bekommen wird nicht leicht." (Ulli Hannemann)

Zeit wieder für den monatlichen Blick durchs Netz. Ich habe es versucht. Mich bemüht. Ernsthaft. Hat aber nicht geklappt. Ganz ohne Corona geht es nicht. Pardong.

Montag, 20. April 2020

Endgegner Deutschland


Krisenzeiten sind Crackpot-Zeiten. Die momentane Situation befeuert die Phantasie einiger, scheint‘s, so richtig. So will nach einem Bericht der tagesschau eine "selbst ernannte »Reichsbewegung« [...] die Maßnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus boykottieren und droht im Netz Virologen sowie Politikern mit Gefängnis. Anlass sei die »Inszenierung des unglaublich dreisten Corona-'Virus'-Theaters«, das die unbekannten Urheber als »Vernichtungskrieg gegen die europäischen Völker und besonders gegen uns Deutsche« bezeichnen." (tagesschau.de)

Freitag, 17. April 2020

O tempora Corona! (4)


Als Gewohnheitsschwimmer muss man sich zur Zeit alternative Formen suchen, sich zu bewegen. Wie gut, dass das Fahrrad treue Dienste leistet und das Wetter mitspielt. Und die Kirschen blühen auch um die Wette.

Mittwoch, 15. April 2020

Schmähkritik des Tages (37)


Heute: Julie Delpy über den Film 'Forrest Gump' von 1994

"Er [der Film] ist doof und faschistisch. Denn letztlich läuft er auf die Botschaft hinaus: 'Wenn du dumm wie Affenscheiße bist, kannst du es in Amerika zu etwas bringen.' Und das Hippiemädchen, das gegen den Vietnamkrieg demonstriert hat, muss mit Aids bestraft werden. Der Film ist wirklich bösartig. Alle, die gegen diesen Krieg demonstriert haben, werden als Versager gezeigt. Der Schwachsinnige dagegen, der bringt's zu was. Dabei hat die Dummheit ja ohnehin die Oberhand, und dann wird sie hier auch noch glorifiziert." (Tagesanzeiger, 2.5.2012)

Montag, 13. April 2020

O tempora Corona! (3)


Meine Liste an Hassfiguren so far:

Selbstoptimierer
Sieh her, Welt, ich hänge nicht einfach in der Bude herum und sehe zu, wie ich den Tag herumkriege! Nein, ich sportele jeden Tag drei Stunden, lerne eine Fremdsprache, mache zwei Stunden superachtsames Yoga, knüpple Home Office, betreue dabei drei Kinder, denen ich niemals etwas anderes vorsetzen würde als bioveganes Überessen aus frischen Zutaten. Nebenher schreibe ich, weil ich jetzt endlich mal Zeit habe ohne Ende, an meinem großen Gesellschaftsroman, der im Herbst erscheinen wird. Das alles dokumentiere ich natürlich lückenlos auf Instagram und meinem YouTube-Kanal, den ihr gefälligst abonniert, ihr Minderleister.

Samstag, 11. April 2020

Ronny des Monats - Corona-Edition


Das Land ist zwar im Lockdown, doch das bedeutet natürlich nicht, dass Ronny und Co deswegen untätig wären. Ein wahrer Nationalistendödel kennt keine Pause vom harten, aufopferungsvollen Dienst am Vaterlande. Es gibt weiterhin viel zu tun: Hakenkreuze sind zu schmieren, Fake News zu verbreiten, Gräber zu schänden und was fremd erscheint, auch weiterhin rassistisch bepöbelt zu werden. Wo kämen wir denn sonst hin? Das ist umso heftiger zu würdigen, als dass die linksgrünversiffte Multikulti-Terrordiktatur das wahrscheinlich selbstgezüchtete, völlig harmlose Virus als Vorwand nimmt, Ansammlungen von mehr als zwei Personen untersagt. Erschwerend kommt hinzu, dass die AfD wegen der momentanen Nachrichtenlage auf ihre medialen Steigbügelhalter und Büchsenspanner verzichten muss.

Donnerstag, 9. April 2020

In die Vormoderne


"Ich sehe in Ächtung und Boykott eine schwarze Pädagogik am Werk, die letztlich die Welt zu keinem heileren Ort macht." (Anselm Neft)

Das Vereinigte Königreich ist definitiv ein Land, in dem es nicht mit rechten Dingen zugeht. In einem Land, in dem es mit rechten Dingen zuginge, würde man einem wie Boris Johnson nicht einmal die Verwaltung einer Klassenkasse anvertrauen. Erst wochenlang weiter Hände geschüttelt, während Europa schon im Lockdown war. Wegen Splendid isolation vermutlich und weil man ja schließlich Churchills legitimer Nachfolger ist, ein ganzer Kerl dank Chappi, dem das doofe Virus nix kann, und die ganzen Virologen- und Epidemiologen-Eierköpfe doch eh nur Panik machen. Dann noch die schwangere Lebensgefährtin infiziert und jetzt auf der Intensivstation gelandet - Glückwunsch, so ziemlich alles falsch gemacht, was geht. Depp.

Sonntag, 5. April 2020

Gewinnler und Verlierer


Gut, gebe ich zu, im ersten Moment habe ich mich angesichts des Shutdowns großer Teile des Wirtschaftslebens ein wenig hinreißen lassen. Ganz kurz gedacht, es könnte sich ein bisschen was ändern, da jetzt Leute auf den Trichter kommen, dass sich‘s auch ohne doofes Dauerkonsumieren passabel leben lässt. War zwar nicht völlig ernst gemeint, aber trotzdem naiv. Man irrt sich halt mal. Tatsächlich spricht einiges dafür, dass nach der Krise keine besseren, sondern für viele deutlich härtere Zeiten anbrechen werden. Weil wir Kapitalismus haben. Immerhin, wir können uns dann daran erfreuen, uns wieder gemeinsam zu besaufen.

Donnerstag, 2. April 2020

Bald vorbei?


Nö. Es geht wohl gerade erst los, wenn man Mai Thi glauben kann. Nicht mehr "Flatten the curve!" ist das Ziel, sondern "Zurück zu Phase 1!" - Für den Fall, dass wer sich Hoffnungen machen sollte auf die Rückkehr der großen Freiheit nach Ostern.

Montag, 30. März 2020

Was ist der Trick?


Liebe…, sagen wir, vorsorglich agierende Zeitgenossen! Ich habe da mal eine Frage: In den letzten Wochen ist es euch ja gelungen, alle verfügbaren Klopapierbestände des Landes komplett aufzukaufen. Noch nicht einmal in Fachgeschäften für Hygieneware, die immerhin noch Seife führen, ist noch ein Fitzel zu bekommen. (Nebenbei: Ist euch eigentlich klar, dass eure bis unters Dach mit papiernem Arschwischkram vollgepfropften Häuser und Wohnungen im Fall eines Brandes die reinsten Fackeln sein werden? Ist mir gerade so eingefallen. Never mind.) Ist aber auch nix wirklich Neues.

Sonntag, 29. März 2020

Apokalypse. Paradies. Lektüre


"Erwartet euch nicht zu viel vom Weltuntergang!" (Stanislav Jerzy Lec)

Es hat wohl mit den momentan herrschenden Zuständen zu tun, in denen unter anderem viele Menschen deutlich mehr Zeit haben als sonst, dass feuilletonistisch Agierende ein wenig zum Extrem neigen. Entweder, die Welt, wie wir sie kennen, endet gerade vor unseren Augen (eine schöne Zusammenstellung findet sich bei Michael Miersch) oder die Seuche wird die Menschheit auf eine schönere, höhere Stufe ihres Seins katapultieren.

Donnerstag, 26. März 2020

Gallisches Dorf, verwaist


Auf dem Grabstein des 1977 verstorbenen René Goscinny steht völlig selbstverständlich Écrivain. Das hätte in Deutschland vermutlich zu Kontroversen geführt, denn Goscinny hatte Comics gemacht und Comics galten hierzulande noch bis in die Siebziger als amerikanisch-kulturimperialistischer Schund (was nicht selten mit latent antisemitischem Subtext gewürzt wurde), der Kinder fernhält von 'Früscherluft' und 'Gutenbüchern', sie zu weichbirnigen Troglodyten verformt.  Darin waren sich linksliberales und rechtsbürgerlich-konservatives Bürgertum durchaus einig. Was nicht ohne Ironie ist, wenn man bedenkt, dass viele dieser bürgerlichen Haushalte mit dem gänzlich unamerikanischen Comic-Pionier Wilhelm Busch deutlich weniger Berührungsängste hatten.

Dienstag, 24. März 2020

O tempora Corona! (2)


Als hätte man‘s geahnt. Sonntag noch mal mit der lieben U. und dem lieben S. ein Stündchen durch die schöne Haard spaziert. Mit Sicherheitsabstand, versteht sich. Man sieht sich ja kaum noch. Am selben Abend dann: Ab Montag ist so was nur noch zu zweit gestattet.

Sonntag, 22. März 2020

Jenseits der Blogroll - 03/2020


Es ist wieder Zeit für den monatlichen Blick ins Netz. Natürlich ist das Thema Corona gerade quasi allgegenwärtig. Darüber ist aber überall mehr als genug zu lesen, daher soll hier, von zwei Ausnahmen abgesehen, anderes im Vordergrund stehen. Es gerät ja leicht in Vergessenheit, dass die Welt sich auch in diesen Krisenzeiten weiterdreht und diverse Schweinereien munter weitergehen. Interessiert sich noch jemand für das Drama an der griechisch-türkischen Grenze? Und trotz allem soll das gute Leben auch nicht zu kurz kommen, wenn man schon daheim bleiben muss.

Freitag, 20. März 2020

Corona-Spezial: Noch mehr Homeoffice-Tipps!


Na, können Sie auch nicht genug bekommen von den ganzen irren supercrazy Tipps, wie man im Homeoffice mindestens genauso produktiv und busy ist wie im richtigen Office? Hier sind noch welche. Willkommen in der FB-Clickbait-Fotostrecke ohne Fotos:

Dienstag, 17. März 2020

Kein harmloser Flohmarkt


Ein Versuch über die höchst erfolgreiche ZDF-Sendung 'Bares für Rares'

Wer zumindest einen Teil seiner Zeit an einer bzw. mehreren Universitäten oder Fachhochschulen oder in einschlägigen Szenekneipen verbracht hat, kennt sie. Diese Aushänge an Schwarzen Brettern, auf denen diverses zum Kauf angeboten wird Oft mit mittels Cuttermesser kunstvoll geschnitzten Abreißstreifen versehen auf denen die Telefonnummer, später immer öfter auch eine Mailadresse standen. Die meisten waren Mietgesuche um eine bezahlbare Unterkunft. Alltag. Andere erzählten zum Teil Geschichten. Etwa wenn jemand unbedingt eine Frau wiedersehen wollte, die er auf dem Campusfest getroffen, aber aus den Augen verloren hatte und nun mit nichts als dem Vornamen dastand. Und dann gab es welche, die einen traurig stimmten. "Stereoanlage abzugeben (neuwertig). Dringend! 300,-- V.B.". "Fahrrad schnellstmöglich zu verkaufen! 200 Mark."

Samstag, 14. März 2020

O tempora Corona!


Inmitten der grassierenden Poputz-Papier-Panik (vierfache Alliterarion! Was sind das für Zeiten!) stellt sich heraus, dass man in einigen Punkten die ganze Zeit recht hatte. Man fühlt sich wie der irre Wissenschaftler aus diesen B-Filmen der Fünfziger und Sechziger. "Ich hatte recht! Die ganze Zeit! Muhahahahaha!"

Nehmen wir Urlaubsreisen. Habe ich seit jeher eine Abneigung gegen. Nix gegen reisen und Tapetenwechsel. Tue ich gern. Ich setze mich dann recht kurzfristig ins Auto oder den Flieger (Buhhh, Flugscham!) und komme bei lieben Menschen unter, die dort wohnen, wo es schön ist bzw. in deren Nähe. Salzburger Land, England. Mansfelder Land. Im Oldenburgischen. Oder ich fahre einfach los und gucke, dass irgendwo ein Zimmer in einer Pension frei ist. Und grinse mir eins über alle, denen sich jetzt nackte Angst in die Gesichtszüge gräbt, ob ihre gebuchten Malle-/Tunesien-/Türkei-Pauschalspäße abgeblasen werden.

Dienstag, 10. März 2020

Ronny des Monats - März 2020


Irgendwie kennt man sich ja gar nicht mehr aus. Das Händeschütteln zum Beispiel ist ja angeblich einer der Inbegriffe hiesiger Leitkultur (Thomas De Maizière 2017: "Wir geben uns die Hand."), in Dänemark wird nur noch eingebürgert, wer brav Händchen schüttelt. Und nu? Corona. Hat sich was. Berühren von Figüren mit den Pfoten ist verboten, lautet nunmehr die Devise. Geht nun das Abendland unter? Was soll nur werden ohne Händeschütteln?

Sonntag, 8. März 2020

Schmähkritik des Tages (36)


Heute: Meike Winnemuth über Kinderkönige und »die«

"Das Problem ist die verbreitete Anschauung, dass »die« – wer immer das auch ist, und das ist denen, die »die« sagen, komplett egal – sich schon drum kümmern werden. »Die« werden deine Kartons zerlegen, die du nicht etwa selbst zusammenfaltest, sondern so, wie sie sind, in die öffentliche Altpapiertonne stopfst oder, weil die Tonne ja schon mit anderen unzerlegten Kartons gefüllt ist, der Einfachheit halber danebenstellst. »Die« werden deinen stehen gelassenen Einkaufswagen aus dem Weg schieben und deinen Scheiß-E-Roller auch, »die« werden deine Chipstüte am Strand einsammeln, »die« werden hinter dir herräumen, hinter dir und deinem achtlosen Kinderkönigverhalten.

Freitag, 6. März 2020

Age Of Anxiety


Marketingexperten wissen, die dankbarsten Opfer sind die, die sich für besonders schlau halten. Die glauben, smarter zu sein als die Werbung und der ganze Rest. Die zieht man besonders gründlich über den Leisten. Nicht unähnlich verhält es sich mit Menschen, die Angst haben. Sie selbst würden normalerweise nie zugeben, dass sie Angst haben, sondern bloß behaupten, besonders vorsichtig zu sein. Schlauer als viele, die die Gefahr nicht sehen wollen. Oder sie rationalisieren ihre Angst als von der Natur clever eingerichtetes Frühwarnsystem.

Montag, 2. März 2020

Terror in Sinsheim


Immer wieder faszinierend, was so alles eine Geld- und Klassenfrage ist. Obwohl das natürlich nicht wirklich überrascht. Nehmen wir das Skandälchen vom Wochenende, als in der Prezero-Arena Spruchbänder entrollt wurden mit persönlichen Schmähungen gegen den milliardenschweren TSG-Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp. Der gilt, seit er 2008 darangegangen war, die Sinsheimer Kickercombo TSG 1899 Hoffenheim mit massiven Investitionen in die Bundesliga zu hieven, als Gottseibeiuns aller traditionsbewussten Fans (auch jener, deren Objekte ihrer Liebe längst Kapitalgesellschaften sind), als Symbolfigur für die Kommerzialisierung des Fußballs.

Samstag, 29. Februar 2020

Freitags in Deutschland


Ein Selbstversuch

Was die Frau Klink kann, kann ich schon lange, dachte ich mir so. Rührei, Pellkartoffeln, Rahmspinat, jenes klassischte aller klassischen deutschen Freitagsessen, in Bio-Qualität zu Tisch bringen nämlich. Genügend Exemplare der werten Frau Linda waren noch vorrätig, ebenso ein paar Eier von anständig gehaltenen Hühnern. Fehlte noch der Rahmspinat. Nun muss ich gestehen, schon als Kind durchaus ein Fan dieser undefinierbaren, mit Milchpulver und Bindemitteln angereicherten und in stapelbarer Quaderform gefrosteten grünen Matschepampe gewesen zu sein. Diesmal aber wurde zu Testzwecken zum TK-Bioprodukt gegriffen.

Donnerstag, 27. Februar 2020

Rechts ran, bitte!


Geradezu esoterisch könnte man werden in diesen Tagen! Ist es wirklich bloß Zufall, dass gemeinsam mit Friedrich Merz auch Lars Windhorst wieder aus der Versenkung auftaucht? Jener einstige, mit Augenbrauen Waigelschen Ausmaßes ausgestattete Junginvestor, der schon als fast noch Minderjähriger neben irgendwelchen Wolkenkratzermodellen und Helmut Kohl posierte? Der ihn im Chor mit neoliberaler Journaille artigeifrig als Wunderkind und Hoffnungsträger der deutschen Wirtschaft präsentierte?

Montag, 24. Februar 2020

Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (22)


Es gibt ja diverse Exemplare der Gattung Mann, die sich der allfälligen Feminisierung der Gesellschaft mutig entgegenstellen, indem sie nach außen demonstrieren, was für echte Männer sie sind. Nein, MÄNNA. Nee, MÖNNOH. Tragen rasputinhafte geplatzte Seegrasmatratzen am Kinn, die sie regelmäßig in Barbershops (wo nur MÖNNOH Zutritt haben) pflegen lassen und geben sich MÖNNLÖCHEN Hobbys hin. Sich großflächig tätowieren lassen. Barbecue. Essen im Stehen halbroh angebranntes, aus dem Internet heruntergeladenes Edelfleisch vom Grill. Dazu süppeln sie kennerisch Craftbeer aus kleinen Microbreweries. Überhopfte, gallenbittere Gewaltgesöffe, die kein mit durchschnittlichem Geschmackssinn ausgestatteter Mensch ohne Würgereiz durch den Hals kriegt.

Sonntag, 23. Februar 2020

Jenseits der Blogroll - 02/2020


Die Links und Fundstücke des Monats. Dominiert dieses Mal vor allem von den Ereignissen von Erfurt und Hanau. Quasi als Ausgleich gibt es auch viel Kultur.

Politik. Georg Seeßlen über Politik in Zeiten der Postdemokratie.

"In der Postdemokratie gehört der Erfolg offensichtlich nicht mehr jenen Personen und Organisationen, die am meisten moderierte und rationale Zustimmung in der Mitte erzielen, sondern jenen, die das Geschäft der Spaltung mit der größten Skrupellosigkeit betreiben."

Samstag, 22. Februar 2020

Tatäh!


Karneval ist Außenstehenden wie mir mitunter schwer zu vermitteln. Ein ehemaliger Arbeitskollege, der eine Zeitlang für die Colonia-Versicherung in Köln tätig war, erzählte mal, wie er auf eine Veranstaltung in einen öden Gemeindesaal in einem öden Vorort mitgeschleppt worden war. Als irgendwann dieser als Jungfrau verkleidete Mann in Begleitung von fünf dieser Zinnsoldaten reinmarschiert kam, sei der Saal förmlich explodiert. Alles habe sich selig schunkelnd in den Armen gelegen, teils mit Tränen in den Augen. Und er so: Hä? Hab ich was verpasst? Wäre mir vermutlich ähnlich gegangen.

Donnerstag, 20. Februar 2020

Tut nicht so überrascht!


Drecksfaschos. Jetzt hat Tobias Rathjen, einer dieser selbsternannten Abendlandsretter, in Hanau zehn Menschen getötet und sich selbst. Abgesehen davon, den trauernden Hinterbliebenen alles Mitgefühl auszusprechen, fällt einem nicht mehr viel ein, was man noch sagen könnte. Dieses inzwischen so routiniert wirkende Gedenken! Das Überraschtsein! Dabei hatte man das längst kommen sehen können, wenn man denn nur gewollt hätte. Seit dreißig Jahren, als in den neuen Ländern Nazis 'National Befreite Zonen' errichteten. Seit ungefähr zehn Jahren, als Rassismus salonfähig wurde. Seitdem die zunächst zu 'Döner-Morden' verharmloste NSU-Mordserie bekannt wurde. Halle. Lübcke. Warnzeichen gab es, massenhaft. Überraschend war da gar nichts.

Montag, 17. Februar 2020

Wahre Worte


"Wenn man sich mit Menschen über die Verteilung der Vermögen und Einkommen in Deutschland unterhält, klagen erst einmal viele darüber, wie ungerecht es in Deutschland doch zugeht. Wenn man mal etwas genauer nachfragt, kann man aber auch feststellen, dass einige Leute in Wirklichkeit gar kein Problem mit der Verteilung des Vermögens oder mit arm und reich haben, sondern dass sie in erster Linie ein Problem damit haben, dass sie auf der falschen Seite stehen. […] 140 Millionen abgegebene Lottotipps pro Woche sprechen m.E. für sich." (Ein Nutzer im SPON-Forum)

Samstag, 15. Februar 2020

Links, rechts, Hufeisen


"Die DDR und die Sowjetunion sind Schnee von vorgestern, und dabei sollte es auch bleiben. [...] Die Gräuel des Staatssozialismus des 20. Jahrhunderts sollten nicht dafür missbraucht werden, jede Kritik an den Problemen des heutigen Kapitalismus zum Verstummen zu bringen." (Kristen Ghodsee)

Groß ist ja seit dem Tag von Erfurt im bourgeoisen Preßwesen auch das Erstaunen darüber, dass die hirnlose Hufeisentheorie vielleicht doch nicht so das hammermäßige politische Universal-Welterklärungsmodell ist, so alles in allem. Wenn auch zähneknirschend muss man sich eingestehen, dass ein Bodo Ramelow, obschon Mitglied der Linken, während seiner Amtszeit nachweislich anderes im Schilde führte als Gulags und Mauern errichten, rote Fahnen hissen, Landwirtschaft kollektivieren, Staatsfeinde liquidieren, Geheimpolizeien aufbauen, Bürger in hässliche blaue Hemden zwingen oder gar, Horror of Horrors des deutschen Bildungsbürgers, das Gymnasium abzuschaffen.

Dienstag, 11. Februar 2020

Ronny des Monats - Februar 2020


Bei allem Rummel um die Ereignisse in Thüringen ist fast untergegangen, dass auch noch anderes Berichtenswertes geschehen ist in letzter Zeit. Wiewohl vermutlich nicht geplant, geriet dadurch das gerade in der Woche zuvor stattgefundene Gedenken an den 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz in den Hintergrund. Was umso pikanter ist, als dass maßgebliche Teile der AfD, allen voran der Thüringische Franktionsvorsitzende, das als Teil eines angeblich krankhaften ‚Schuldkultes‘ gern zur Fußnote schrumpfen würden. Aber:

Samstag, 8. Februar 2020

Gespalten und verhöhnt


Sieben Thesen zu Thüringen

Da der ganze Qualm nun langsam sich verzieht, kann man sich vielleicht an einer nüchternen Analyse versuchen. Was genau ist da am Mittwoch in Erfurt eigentlich genau passiert? Passiert ist folgendes: CDU und FDP wollten in Thüringen um jeden Preis einen Ministerpräsidenten Ramelow verhindern, der im Land allgemein beliebt ist. Weil die eigenen Stimmen der Thüringer Knackwürste dazu nicht reichten, haben sie die AfD ins Boot geholt. Vermutlich von langer Hand geplant. Das hat allgemein zu so großer Empörung geführt, dass Union und Liberale hastig zurückruderten. Jetzt hat eine Forsa-Umfrage ergeben, dass der geniale Coup komplett nach hinten losgegangen ist. Satte Gewinne für die Linke (+ 10), leichte für SPD (+1) und Grüne (+2), Klatsche für CDU (-10) und FDP (-1, < 5%), nur plus 1 für die AfD. Ein Versuch der Einordnung in sieben Akten.

Donnerstag, 6. Februar 2020

Ein Tag mit Folgen


"Nur bleibt, auch wenn viele Leute den Vergleich mit 1933 satthaben, stehen: Die FDP hat in Thüringen den Tabubruch begangen. Das, was von demokratisch, tolerant, antifaschistisch gesinnten Menschen in Deutschland seit den Wahlen im vergangenen Jahr gefürchtet worden war, ist eingetreten." (Barbara Junge)

Es stellt sich zunehmend dringender die Frage, wieso Liberale und Konservative sich eigentlich so standhaft weigern, historische Parallelen zu erkennen, die mit Händen zu greifen sind, ja, jedem entsprechend Halbgebildeten förmlich ins Auge springen müssen? Dass es weiß Gott reicht, schon einmal einem Faschisten ins Amt geholfen zu haben, weil man fälschlicherweise glaubte, ihn locker kontrollieren, vulgo: An die Wand quetschen zu können.

Sonntag, 2. Februar 2020

Peripherie


Die auch durch mein Heimatsprengel führende Autobahn 2 trägt hier den inoffiziellen Namen 'Warschauer Allee'. Ein Teilstück davon, das zwischen dem Kreuz Oberhausen und der Ausfahrt Hamm-Uentrop nämlich, könnte man auch, analog zur 'Romantischen Straße' oder zur 'Deutschen Alpenstraße', problemlos in 'Deutsche Kohlekraftwerksstraße' umbenennen. An den Gestaden von Rhein-Herne- und Datteln-Hamm-Kanal liegt dort wie an einer Perlenschnur ein kohlegefeuerter Meiler neben dem anderen. Da denkt man sich als Hiesiger zuweilen: Wieso eigentlich das ganze Aufhebens um dieses Dattelner Kraftwerk? Darauf kommt es nun wirklich nicht mehr an. Und der Rest der Republik so: Datteln? Sind das nicht diese picksüßen Gnubbel, die man im Supermarkt bekommt?